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F A C H B E I T R A G Dietmar Lengauer
das kuschelzelt
F A C H B E I T R A G
kuschelzelt
durchführen (Farbrückstände könnten gen Informationen werden im Rahmen kation teilweise möglich, hämodynamisch
die andere Wäsche verfärben) und stets des Erstgesprächs ermittelt. Die Lieb- stabil, kein Fieber; Respiratorische
farbschonende Feinwaschmittel verwen- lingsfarben des Patienten und sonstige Situation: Klient atmet rhythmisch selber,
den. Nun kann mit dem Auftragen der interessante und spezielle wissenswerte aber wirkt oft gestresst und erhält regel-
Stoff- und Druckfarbe begonnen werden. Informationen (Klaustrophobie,...) wer- mäßig CPAP-Therapie. Linke Körper-
Die universelle Stoff- und Druckfarbe den erhoben. Sollte der Patient geeignet hälfte ist plegisch, rechte obere Körper-
nach dem Aufschütteln je nach ge- sein, wird mit den Angehörigen oder der hälfte gut beweglich, an der unteren rech-
wünschtem Muster auf das eingefärbte Bezugperson ein passendes Leintuch aus- ten Körperhälfte beginnt sich eine
Leintuch auftragen. Dies kann je nach gesucht und ein individueller Pflegeplan Beugekontraktur zu entwickeln. Klient
Lust und Laune oder Inspiration mit den erstellt. Sehr gut geeignet ist das Zelt war bis vor dem Unfall in der Familie ver-
Fingern, Füßen oder anderen Techniken auch für verwirrte und wahrnehmungsge- sorgt. Hat ein gutes soziales Umfeld. Es
durchgeführt werden. Der Fantasie und störte Patienten. Zum bevorzugten bestehen einige brauchbare Ressourcen,
Kreativität sind hier keine Grenzen ge- Klientel gehören zudem neurologische, die in der Pflege angewandt werden kön-
setzt. Es empfiehlt sich, nicht zu bunte, geriatrische und pädiatrische Patienten. nen.
schrille und nicht zu eintönige, dunkle
Farben zu verwenden. Nach dem Trock- Achtung: Seine Frau kann gut in den Pflegeablauf
nen mit dem Bügeleisen fixieren. An- Das Kuschelzelt darf bei Patienten involviert werden und stellt eine wichtige
schließend wird das nun fertige Leintuch mit Platzangst (Klaustrophobie) und Rolle in der moralischen Motivation dar.
noch einmal gewaschen. Nach dem neu- bei sehr unruhigen und nicht koope- Deshalb wurde Frau L. A. das Pflege-
erlichen Trocknen bügeln und fertig ist rativen Patienten nicht verwendet kuschelzelt angeboten. Aus den nötigen
das Kuschelzelt. werden! Informationen, die wir von ihr bei der
Anamnese erhalten haben, haben wir für
Praktische Umsetzung an einem Einzellfalldarstellung diesen Patienten ein individuelles Pflege-
Patientenbeispiel Patient: L. J., 68 Jahre alt, männlich, nach programm (festgehalten im Pflegeplan,
einem Arbeitsunfall seit 10 Tagen auf der Schwerpunkte Basale Stimulation® und
Das Zelt wird nur für solche Patienten Intensivstation. Aromapflege) erstellt.
angewandt, die gewisse Kriterien erfüllen!
So zum Beispiel wird es nur bei Patienten Medizinische Anamnese: Z.n. Oberschen- So konnten im Verlauf der Anwendung
angebracht, die lange auf Intensivstatio- kelmarknagelung links und Z.n. UTN einige Veränderungen am Patienten fest-
nen verweilen oder vermehrt Pflege rechts; V.a. Post-Emboliesyndrom, V.a. gestellt werden. Diese Veränderungen
bedürfen. Natürlich ist das bemalte Lein- postoperative Myocardischämie, Z.n. werden an Hand von einigen Beispielen
tuch nicht das Wichtigste in der Akut- MODS. erklärt:
phase eines polytraumatisierten Klienten
und hat hier mehr den optischen Effekt, Neurologischer Status: Patient öffnet die Bei der beruhigenden Waschung können
den Angehörigen eine neutrale Blickzone Augen spontan, hat gezielte Schmerzab- die Aromen der Pflegemittel unter dem
anzubieten. Vielmehr gewinnt das wehr, sprachliche Reaktion nicht feststell- Zelt ihre Wirkung entfalten. Der Patient
Kuschelzelt, später dann im Durchgangs- bar, durch Tracheostomaanlage, Pupillen schläft zu Hause gerne ohne Nachthemd,
syndrom oder in der Weaningphase an reagieren prompt und seitengleich, der dieses kann er getrost auch im Kranken-
(therapeutischer) Bedeutung. Denn genau Wachheitszustand somnolent, Parese haus tun, da er unter dem Zelt liegt. Der
hier kann gezielt der Wach und Schlaf- linke OE und UE, Sensibilität ist gege- Sichtschutz ist gegeben und seine Intims-
rhythmus beeinflusst werden, der beson- ben, da Klient auf Schmerzreize reagiert. phäre wird am Tag z.B. an einem heißen
ders durch die vorangegangene Sedierung Pflegerischer Istzustand: Klient wach, sehr Sommertag oder auch nachts gewahrt.
gestört ist. Wichtig ist die positive unruhig, zeitlich, zur Person und örtlich Bei Herrn L. wurde gezielt Aromapflege
Einstellung der Angehörigen. Die nöti- nicht orientiert, nonverbale Kommuni- angewandt. In das Kuschelzelt wurde ein
www.oe gkv.at 17 ÖSTERREICHISCHE PFLEGEZEITSCHRIFT 11/05
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kuschelzelt
Taschentuch mit zwei Tropfen Berg- beim Schlafen beschrieben. Dies waren händen und Kinderfüßen. Dieses Muster
lavendelöl gelegt und so konnten sich die einige der bemerkenswerten Feststellun- ist besonders gut für neurologisch einge-
beruhigenden Aromen entfalten (Bitte gen, die vom Pflegeteam und mir in der schränkte Klienten geeignet, da es zum
beachten: dieses Taschentuch nach einer Pflegedokumentation festgehalten wur- Beispiel bei hemiplegischen Patienten
halben Stunde wieder entfernen, da der den. einen visuellen Effekt oder Reiz bewirkt.
Klient nach andauernder Anwendung Es soll den Erkrankten die eingeschränk-
nicht mehr reagiert. Besser öfter und Bilder vom Kuschelzelt te Seite in Erinnerung rufen oder besser
nicht zu lange anwenden). Dadurch wird Einzelzimmer einer Intensivstation mit gesagt, ihn veranlassen, dass er diese Seite
der Klient ruhiger und es müssen nicht Standardpatientenplatz. Die blaue Farbe nicht vergisst und sich damit beschäftigt.
unbedingt starke Beruhigungsmedika- des Leintuches ist die Lieblingsfarbe des Gut zu sehen ist bei diesem Klienten, wie
mente verwendet werden. So kann z.B. in Herrn L. J. mit Aufdruck von Kinder- er sich in der Linksseitenlage in das Bett
einem Mehrbettzimmer unter jedem Zelt hineinkuschelt. Der Klient schläft und
eine andere Aromapflege, dem Patienten lässt sich in seinem Zelt nicht durch die
individuell angepasst, durchgeführt wer- Fotoaufnahmen stören.
den, ohne dass es den anderen stört bzw.
beeinflusst. Allgemeine weiterführende
Überlegungen
Bemerkenswert waren die Erfahrungen
beim Stuhlabsetzen. Auch wenn der Das Kuschelzelt lässt den kühlen, eintö-
Patient nicht aufstehen konnte und nigen und mit diversen medizinischen
immer noch unter leichtem Morphinein- Geräten ausgerüsteten Patientenplatz
fluss stand, konnte der Patient mit relativ etwas anschaulicher, angenehmer und in
wenig zusätzlichem Aufwand Stuhl unter einer gewissen Art und Weise menschli-
dem Zelt absetzen. Wie die Praktiker wis- cher wirken. Es wird positiv von anderen
sen, ist das Stuhlabsetzen im Krankenbett Mitarbeitern angenommen und wird so
eine heikle Angelegenheit. Aber wie ich auch von verschiedenen Bereichen wahr-
feststellte, kann durch zusätzlichen Sicht- genommen. Das Leintuch könnte zur
schutz (Intimsphäre) diesem Problem Abwechslung als Tagesdecke für das
relativ einfach entgegengewirkt werden, Patientenbett verwendet werden. Es
auch wenn der Patient wahrnehmungsge-
stört ist (Schamgefühl steckt tief im
Bewusstsein). Von Seiten der Kreislauf-
situation konnte im Verlauf bei der
Anwendung mit dem Kuschelzelt ein ein-
deutig stabiler Verlauf aufgezeichnet wer-
den. Das heißt, der Klient war nicht mehr
tachykard, Blutdruck im Normbereich
und Atemfrequenz ruhig und gleich-
mäßig. Weniger Stresssymptome waren
diesbezüglich zudem bemerkbar.
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kuschelzelt
muss nicht immer nur die einfärbige kann es durchaus länger als 48 Stunden Ich habe schon mein Ziel erreicht, wenn
weiße oder gelbe Krankenhauswäsche beim Patienten bleiben. einige Leser diesen Artikel gelesen haben
sein. Das bunte Tuch lässt sich auch zur und vielleicht das Kuschelzelt für sich
Raumgestaltung vielseitig umfunktionie- Resümee selbst oder einen Patienten anfertigen.
ren. So zum Beispiel kann es über die
Trennwände gehängt werden und da- z Die Arbeit hat sich für mich gelohnt; Die Erfahrung hat mir gezeigt, dass
durch die Raumaufteilung einladender z Teile meiner Überlegungen bezüglich durch einfache, individuelle und kleine
wirken lassen. Denkbar wäre, ganz kreati- Raumgestaltung wurden sogar schon Veränderungen im Pflegeablauf immer
ve Zelte sogar als Bild (Kunstwerk) an die auf Intensivstationen an der Universi- wieder etwas „Neues und Gutes“ für den
Wand zu hängen. Oder für Angehörige tätsklinik Innsbruck umgesetzt; Patienten bewirkt werden kann. Das soll
und Patienten, als Erinnerung für den z Besonders erstaunlich waren die Reak- unser aller Ziel sein und diese Bemühun-
unter Umständen langen Weg der Krank- tionen bei allen Beteiligten (Patient, gen bleiben nicht nur positiv im Gedächt-
heitsbewältigung. Ich könnte mir gut vor- Angehörige, Mitarbeiter,...); nis des Patienten, sondern auch in den
stellen, das Kuschelzelt auf Kinderstatio- z Bemerkenswert waren die Reaktionen Köpfen der Angehörigen. Dies ist die
nen in Zusammenarbeit mit den Kindern beim Patentamt (was ist bitte ein Stärke unserer Berufsgruppe und wird als
und Eltern anzufertigen und anzuwen- „Kuschelzelt“?); „Markenzeichen“ des Pflegeberufs in die
den. Eine abwechslungsreiche Möglich- z Medizinische (positive) Veränderungen Öffentlichkeit getragen. Es steht für
keit wäre es, einmal in einem ruhigen wie z.B. Abnahme der Stresssymptome Pflegequalität bzw. Professionalität in der
Dienst die Handmalerei vom Pflege- gaben reichlich Diskussionsstoff; Pflege, die jeder von uns umsetzen soll
personal selber anzufertigen. So könnte z Das „Kuschelzelt“ wird in naher Zu- bzw. kann und so als Grundprinzip unse-
man die Teamfähigkeit, die Kreativität kunft als käufliches Produkt hergestellt res Pflegeberufes und dessen Berufsbild
fördern und vielleicht die Arbeitsmoral und so im Krankenhausbereich sowie steht.
steigern. im Privatbereich angeboten;
z Das Kuschelzelt für den Patienten ist
Hygiene sicher noch ausbaufähig wie z.B. in der
individuellen Farbgebung (Farbthera- DGKP Dietmar Lengauer
Eine relativ große Herausforderung war pie);
es, das Kuschelzelt mit den strengen z Toll waren das mediale Interesse und Intensivausbildung, Stationsleitung
Hygienestandards kompatibel zu machen. die Ideen und Reaktionen der Bevölke- Pflegepreisträger 2003
Darum lag das Hauptaugenmerkmal in rung; Dietmar.Lengauer@chello.at
der Reinigung der eingefärbten Lein- z Und ich kann durch die gewonnen
tücher. Da von Seiten der meisten Farb- Erfahrungen sehr viel für mein weite-
firmen ein Waschen mit 90°C möglich ist res Leben mitnehmen.
und so alle Keime und Bakterien abgetö-
tet werden, konnte dieser Punkt dann Es war eine private Erfahrung die mich,
doch recht komplikationslos umgesetzt wie in der Einleitung beschrieben, bewegt
werden. Die Verwendungsdauer des hat das Kuschelzelt im Pflegealltag am
„Zeltes“ ist klar geregelt. Wird das Zelt Patienten auszuprobieren. Ob ich meine
über das Bett gespannt, darf es 48 Version des Kuschelzeltes umsetzen
Stunden am Patient verwendet werden. kann, weiß ich noch nicht! Trotzdem bin
Anschließend wird es gegen ein frisch ich der Meinung, dass in unserem techni-
gewaschenes ausgetauscht. Wird das schen Intensivpflege- und Stationsalltag
Tuch nach der Genesung des Patienten für selbst angefertigte Pflegehilfsmittel
nur noch zur Raumgestaltung genutzt, immer ein wenig Platz sein sollte.