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Pfad: Gesellschaft / Gender / Frauen / Politik / Frauen in der Politik
Um diese Fragen zu beantworten, soll zunächst ein Blick auf den aktuellen Stand der politischen Beteiligung von Frauen in
Parteien, Parlamenten und Regierungen geworfen werden.
In den einzelnen Parteien fällt der Frauenanteil allerdings sehr unterschiedlich aus, wobei die kleineren Parteien führend sind.
An der Spitze stehen Bündnis90/Die Grünen und die Linke mit einem Frauenanteil von jeweils rund 37 Prozent. Mit einigem
Abstand folgen dann die SPD (31 Prozent), die CDU (26 Prozent) sowie die FDP (23 Prozent). Das Schlusslicht bildet die
bayerische CSU mit einem Frauenanteil von lediglich 19 Prozent (Niedermayer 2010).
Betrachtet man die parlamentarische Ebene, dann zeigt sich Folgendes: Im Deutschen Bundestag beträgt der Frauenanteil
aktuell rund 33 Prozent und hat sich damit seit 1998 (30,9 Prozent) nur geringfügig erhöht. Die derzeitigen Regierungsparteien
erweisen sich hier, wie schon in den Wahlperioden zuvor, als wenig frauenfördernd. So stellen die weiblichen Abgeordneten in
der Fraktion der CDU/CSU ein Fünftel, in der FDP-Fraktion nur ein Viertel aller Abgeordneten. Deutlich höher fällt
demgegenüber der Frauenanteil in der SPD mit 38 Prozent aus, während bei der Linken und bei den Grünen Frauen mit jeweils
54 Prozent sogar die Mehrheit bilden (vgl. Deutscher Bundestag: Frauen und Männer ) Im Vergleich zu 2005 konnten SPD und
Linke somit ihre fraktionsinternen Frauenanteile jeweils erkennbar steigern, bei Bündnis90/Die Grünen ist der Frauenanteil –
allerdings auf hohem Niveau – leicht gesunken, und für CDU/CSU und FDP ist Stagnation zu verzeichnen.
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Auch auf der Länderebene sind Frauen in den Parlamenten im Durchschnitt zu etwa einem Drittel vertreten, wobei zwischen
den einzelnen Bundesländern aber eine große Spannweite der Frauenanteile besteht. In den Kommunalparlamenten schließlich
fällt die durchschnittliche Repräsentation von Frauen am geringsten aus; lediglich ein Viertel aller Ratsmitglieder ist weiblich.
Generell gilt hier allerdings: je größer die Stadt, umso höher der Frauenanteil. Dieser Trend wird im Allgemeinen mit einem für
Frauen günstigeren politischen Klima in Groß- und insbesondere in Universitätsstädten erklärt. So ist die politische Kultur in
Großstädten weniger durch traditionelle Rollenvorstellungen geprägt als in kleineren Kommunen, was wiederum die
Rekrutierung von interessierten Kandidatinnen erleichtern dürfte.
Blickt man schließlich noch auf die mit besonderer Macht ausgestattete Regierungsebene, dann sind die Kabinette in den
letzten Jahren zwar durchaus "weiblicher" geworden, gleichwohl dominieren nach wie vor die Männer. In der ersten von Angela
Merkel geführten Bundesregierung betrug der Frauenanteil 40 Prozent, im zweiten Kabinett Merkel liegt er aktuell bei 38
Prozent (REGIERUNGonline: Das Bundeskabinett Stand: 10/2010). Demgegenüber sind Frauen in den Regierungen der
Länder mit durchschnittlich einem Viertel deutlich schlechter vertreten. Eine Ausnahme bildet hier das neue Kabinett von
Nordrhein-Westfalen, in das Ministerpräsidentin Hannelore Kraft fünf Frauen berufen hat; das entspricht einem Frauenanteil
von 50 Prozent. Bei der Ressortvergabe bestehen zudem noch immer geschlechtsspezi sche Muster. Zwar hat sich die
Dominanz der so genannten "weichen" Politikfelder (z.B. Soziales, Bildung, Gesundheit) insbesondere auf der Länderebene
inzwischen abgeschwächt, doch auf der Bundesebene gab es bislang keine Innen-, Außen-, Verteidigungs- oder
Finanzministerin. Entsprechendes gilt für das Ministerpräsidentenamt. Unter den 16 Regierungschefs nden sich mit Christine
Lieberknecht und Hannelore Kraft derzeit lediglich zwei Frauen. Festzuhalten bleibt: Auch heute stellen Frauen nur eine
Minderheit in der Politik, und noch immer besteht zwischen den Geschlechtern ein deutliches politisches Machtgefälle.
Repräsentative Umfragen belegen immer wieder, dass sich Frauen für Politik deutlich weniger interessieren als Männer. Nach
einer jüngsten Umfrage des Allensbacher Instituts zeigen sich nur 39 Prozent der Frauen, aber 59 Prozent der Männer an
Politik interessiert. Da das politische Interesse aber als Voraussetzung für ein politisches Engagement gilt, dürfte hier ein
wichtiger Grund für die Unterrepräsentation von Frauen in der Politik liegen. Einschränkend ist allerdings anzumerken, dass
sich dieses geringere politische Interesse von Frauen in erster Linie auf Politik in ihrer institutionalisierten Form (z.B.
Mitgliedschaft in einer Partei, Bereitschaft zur politischen Amtsübernahme) bezieht, denn im so genannten unkonventionellen
Bereich (z.B. Demonstrationen, Mitarbeit in einer Bürgerinitiative oder Sammeln von Unterschriften) fallen die
Geschlechterdifferenzen deutlich geringer aus (Politische Partizipation in Deutschland 2004).
Die Formen politischer Arbeit sind männlich geprägt und Frauen eher fremd
Bis zum Jahr 1908 war Frauen durch das preußische Vereinsgesetz von 1850 die Mitgliedschaft in Parteien untersagt, und
auch das allgemeine Frauenwahlrecht erhielten sie erst 1919 und damit 50 Jahre später als die Männer. Insofern hatten Frauen
an der Gestaltung des politisch-parlamentarischen Systems keinen Anteil. Vielmehr fanden sie beim Eintritt in die politische
Sphäre eine bereits verfestigte Grundstruktur vor, und auch heute noch sind die Formen der politischen Arbeit, also die
Organisationsstrukturen sowie die Versammlungs- und Kommunikationsstile männlich geprägt. Wenn Frauen sich in diesem
Politikfeld engagieren, dann sind ihnen die Abläufe und Kommunikationsstrukturen somit oftmals fremd. Studien über Frauen
in Parteien belegen beispielsweise, dass die weiblichen Parteimitglieder eine Distanz zu den routinierten
Versammlungsabläufen haben. Sie beklagen den Formalismus der Parteiversammlungen, aber auch manche
Endlosdiskussion, in der ein roter Faden und der inhaltliche Kern der Auseinandersetzung nicht mehr zu erkennen sind. Darüber
hinaus werden ein ausgeprägtes Konkurrenzdenken sowie männliche Pro lierungssucht kritisiert. (Vgl. hierzu u.a. Schöler-
Macher 1994; Hoecker, 1999; Kürschner 2009) Vor diesem Hintergrund kann es nicht verwundern, dass Frauen die eher
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spontanen und weniger formalisierten Beteiligungsformen insbesondere der neuen sozialen Bewegungen bevorzugen.
In unserer Parteiendemokratie beginnt eine politische Karriere üblicherweise in den lokalen Führungsgremien der Parteien, von
wo aus dann der schrittweise Aufstieg ("Ochsentour") erfolgt. Neben einem akademischen Studium und beru ichem
Fachwissen ist insbesondere die individuelle Abkömmlichkeit von zentraler Bedeutung, da sich die politische Arbeit von einer
Feierabendtätigkeit immer mehr zum eigentlichen Hauptberuf entwickelt. Gerade diese zeitliche Abkömmlichkeit aber bereitet
Frauen größere Probleme als Männern, da Familienp ichten und Kinderbetreuung zumeist eher von Müttern als von Vätern
wahrgenommen werden und sie daher weniger präsent, exibel und verfügbar sind. Nur durch Verzicht auf eine eigene Familie
können folglich viele Parlamentarierinnen das hohe Arbeitspensum bewältigen; für männliche Abgeordnete ist es dagegen
normal, verheiratet zu sein und Kinder zu haben. Diese ungleiche Lebenssituation von Männern und Frauen, die wiederum auf
traditionellen Rollenvorstellungen beruht, ist zudem auch der Grund dafür, dass die Quotenregelungen der Parteien nur eine
begrenzte Wirksamkeit entfalten; denn sie verändern zwar parteiinterne Nominierungsmuster zugunsten von Frauen, nicht aber
die geschlechtsspezi sche Arbeitsteilung in der Gesellschaft.
Für eine erfolgreiche politische Karriere ist die Einbindung in informelle Entscheidungs- und Machtstrukturen von zentraler
Bedeutung. Gerade Frauen aber sind von diesen informellen Kreisen, sei es in Parteien oder Parlamenten, oftmals
ausgeschlossen. Hier üben Männer den Schulterschluss gegenüber den Ansprüchen ihrer Parteikolleginnen und verweigern
oftmals eine angemessene Unterstützung. Dabei bedient man sich häu g subtiler Formen der Diskriminierung. So halten
Parteifunktionäre beispielsweise an ihrem gewohnten Abstimmungs- und Nominierungsverhalten zugunsten von Männern
fest; zudem werden an die politischen Quali kationen von Frauen und Männern unterschiedliche Maßstäbe angelegt.
Insbesondere Frauen in politischen Spitzenpositionen sehen sich häu g einer härteren Kritik ausgesetzt als ihre männlichen
Kollegen. Umgekehrt ist die Anerkennung ihrer Leistungen als Politikerinnen nicht selten von männlicher Herablassung
geprägt. (Vgl. hierzu Hoecker 1999)
Um in der Politik Erfolg zu haben, müssen sich Frauen nicht nur im innerparteilichen Konkurrenzkampf bewähren, sondern
benötigen zur Wahrnehmung in der Öffentlichkeit zugleich die Medien. Wie Untersuchungen belegen (Holz-Bacha/König-
Reiling 2008), entspricht die mediale Darstellung von Politikerinnen aber keineswegs der von Politikern. Zum einen werden
Politikerinnen in der Berichterstattung marginalisiert, d.h. die Medien berichten quantitativ deutlich weniger über sie. Zum
anderen ist eine geschlechtstypische Darstellung auffällig: neben dem sachlichen Zusammenhang richtet sich das mediale
Interesse bei Politikerinnen viel stärker auch auf ihre Privatsphäre und ihr Äußeres. Diese Trivialisierung geht einher mit einer
eher abwertenden Berichterstattung über die politische Rolle und die Leistungen von Politikerinnen (Holz-Bacha/König-Reiling
2008). Welche Auswirkungen diese Art der Darstellung von Politikerinnen auf das politische Interesse von Frauen und ihre
Bereitschaft zur politischen Beteiligung hat, ist offen. Die Vermutung liegt allerdings nahe, dass Marginalisierung und
Trivialisierung letztendlich zur Verfestigung traditioneller Geschlechterstereotype – und damit zur Unterrepräsentation von
Frauen in der Politik – beitragen.
3. Perspektiven
Soll Politik nicht eine männliche Domäne bleiben, dann stellt eine konsequente Politik der Geschlechtergleichheit mit die
wichtigste Aufgabe dar. Insbesondere die Parteien sind aufgefordert, Frauen nicht nur in Wahlkampfzeiten als relevante
Zielgruppe zu umwerben, sondern ihren Lebenslagen und Interessen in der politischen Praxis permanent Rechnung zu tragen.
Darüber hinaus kann Gleichberechtigung nur gelingen, wenn die Politik auch Männer in den Blick nimmt und einen Wandel des
männlichen Rollenverständnisses intendiert. Erste Ansätze, wie z.B. das Elterngeld oder das Netzwerk "Neue Wege für Jungs",
gibt es inzwischen. Und schließlich müssen auch die Medien ihrer Sozialisationsfunktion nachkommen und neue
Gechlechterrollenbilder vermitteln. Die Verwirklichung der Geschlechterdemokratie bleibt somit eine Herausforderung auch für
das 21. Jahrhundert.
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Wahlberechtigte, Wählerinnen und Wähler in absoluten Zahlen und Wahlbeteiligung in Prozent, Bundestagswahl 2009
Männer
unter 21 1.217 769 63,2
21 bis <25 1.782 1.058 59,4
25 bis <30 2.179 1.315 60,3
30 bis <35 2.001 1.286 64,2
35 bis <40 2.244 1.525 68,0
40 bis <45 3.105 2.222 71,6
45 bis <50 3.255 2.362 72,6
Literatur
Bertelsmann-Stiftung (Hrsg.) (2004): Politische Partizipation in Deutschland. Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage,
Gütersloh.
Hoecker, Beate (2008): 50 Jahre Frauen in der Politik: späte Erfolge, aber nicht am Ziel. In: Aus Politik und Zeitgeschichte, 24-
25/2008, S. 10-18.
Hoecker, Beater/Scheele, Alexandra (2008): Feminisierung der Politik? Neue Entwicklungen und alte Muster der
Repräsentation. In: Femina Politica. Zeitschrift für feministische Politikwissenschaft, Heft 2/2008.
Holtz-Bacha, Christina/König-Reiling, Nina (Hg.) (2008): Warum nicht gleich? Wie die Medien mit Frauen in der Politik umgehen,
Wiesbaden.
Kürschner, Isabelle (2009): Den Männern überlassen wir´s nicht! Erfolgreiche Frauen in der CSU, Baden-Baden.
Niedermayer, Oskar (2010): Parteimitgliedschaften im Jahr 2009. In: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Heft 2/2010.
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Schöler-Macher, Bärbel (1994): Die Fremdheit der Politik. Erfahrungen von Frauen in Parteien und Parlamenten, Weinheim.
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