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Kapitel: Neue Weltkunde
Einleitung von Joseph E. Stiglitz
3
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Kapitel: Die Zukunft der Energie
Einleitung von Sven Giegold
12 Das US-Imperium bekommt Konkurrenz 72 Klimafaktor Mensch
14 Warum die Menschheit immer älter wird 74 Die Rettung ist finanzierbar
16 Migration – viele Gründe, viele Grenzen 76 Kohle bleibt ein Dauerbrenner
18 Arme Länder, gute Ernten, großer Hunger 78 Das billige Erdöl ist verbraucht
20 Der vergeudete Rohstoff-Boom 80 Der letzte Tropfen wird zu teuer
22 Der Kampf um das Wasser 82 Europas Erdgas aus dem Osten
24 Fundamentalisten sind überal 84 Machtkampf am kaspischen Meer
26 Das seltsame Innenleben der Nato 86 Öl und Armut in der arabischen Welt
28 Rüstung bietet jeden Tod 88 Afrikas Ölquellen locken alte Bekannte
30 Terrain für bewaffnete Gruppen 90 Neue Märchen von der Atomkraft
32 Cyberterrorismus – eine Gefahr, die noch keine ist 92 Der grüne Boom trägt weit in die Zukunft
34 Das Handy drängt ins Internet 94 Europa kann sich selbst versorgen
36 Die Europäische Union auf dem Weg zur Großmacht 96 Ergiebige Winde über dem Meer
38 USA – eine Marke ist beschädigt 98 Die Vision vom Wüstenstrom
40 Lateinamerika entzieht sich den USA
42 China und Indien – zwei Riesen verändern die Welt
4 Kapitel: Viele Hauptstädte, viele Ansichten
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Kapitel: Kapitalismus in der Krise
Einleitung von Bettina Gaus
100 Einleitung von Philippe Rekacewicz
102 Eine Welt mit vielen Zentren
104 Die USA spüren ihre Grenzen
46 Krisen und wer dafür bezahlt 106 Berlin, die neue Mitte Europas
48 Versagen ohne Reue: die Ausreden der Marktradikalen 108 Polen ist längst nicht mehr verloren
50 Steuerzahler als Bankenretter 110 Das zaghafte Europa
52 An der Schnittstelle von Staat und Bank 112 Moskau blickt unsicher nach Osten
54 Kleine Wagen mit großer Zukunft 114 Die Arktis, letzte Grenze der Globalisierung
56 Eine neue internationale Arbeitsteilung 116 Stolz und Stärke in Teheran
58 Welthandelsrunde im Langzeitkoma 118 Neu-Delhi übersieht seine Nachbarn
60 Staatsfonds, die neuen Geldgeber 120 Peking hat die besten Karten
62 Die Krise erreicht IWF und Weltbank 122 Japans unschuldige Gesichter
64 Geld-Wechsel in der Weltwirtschaft 124 Geschwächte Macht am Nil
66 Mehr Geld als Waren in der Welt 126 Vertane Chancen am Kap
68 Der Neoliberalismus belohnt seine Fürsprecher
6
5 Kapitel: Kompliziertes Afrika
128 Einleitung von Prof. Kum’a Ndumbe III.
6 Kapitel: Ungelöste Konflikte
166 Einleitung von Volker Perthes
130 Ungewisse Zukunft nach dem großen Umbruch 168 Schrecken ohne Gleichgewicht
132 Ein Wirtschaftswachstum, das den Armen nicht hilft 170 Millionen Flüchtlinge erhalten keine Hilfe
134 Soziale Proteste aus Notwehr 172 Kosovo und Bosnien, zwei Versuche der Staatsgründung
136 Auswandern – aber wohin? 174 Wie die Eliten des Maghreb den Terrorismus nutzen
138 Megastädte, Megaslums 176 In Westsahara hört die junge Generation nicht mehr
auf die alten Autoritäten
140 Kontinent der Kinder
142 Machtkämpfe im ethnischen Gewand 178 Aus dem Gazakrieg lernen
144 Wettlauf der Religionen 180 Gefährliche Ruhe im Libanon
146 Aufbau in zerstörten Ländern 182 Kurdistan, der Traum vom eigenen Staat
148 UN-Einsatz in Afrika, eine gemischte Bilanz 184 Unversöhnliche Gegner im Südkaukasus
150 Darfur, Chronologie einer Tragödie 186 Tschetschenien bleibt Republik von Moskaus Gnaden
152 Demokratische Anfänge im Kongo 188 Syriens Schlüsselrolle im Nahen Osten
154 Unstaaten am Horn von Afrika 190 Der Irak ist längst noch kein stabiler Staat
156 Die neuen Führungsmächte 192 In Afghanistan kann die Nato nicht gewinnen
158 Im Blickfeld des Pentagon 194 Indien und Pakistan, misstrauische Nachbarn mit Bombe
160 Asien im Afrikafieber 196 Sri Lanka: Kein Frieden nach dem Sieg
162 Alte Schulden, neues Geld 198 Die Volksrepublik China ist nicht für alle Völker da
164 Der lange Weg zur Demokratie 200 Nordkorea, Volksrepublik unter Verschluss
202 Bruchlinien in der Andenregion
204 Kartenverzeichnis
206 Autorenverzeichnis
208 Quellen der Karten
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Zeichen lesen, Zeichen setzen
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Verlagerung in Billigländer die Löhne in eine Abwärtsspirale
gedrückt hat; gegen die Verstaatlichung der Banken, die
schließlich sicherstellen soll, dass Milliarden öffentlicher
Gelder eher in die Kreditvergabe fließen statt als Dividenden an
die Aktionäre ausgeschüttet zu werden; gegen die zusätzliche
Versteuerung hoher Einkommen, wo selbst Henri Guaino, ein
Berater des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, »einen
breiten Aufruhr der unteren und mittleren Schichten gegen die
Einkommensunterschiede« erkennt, »die ein seit dem
19. Jahrhundert nicht mehr dagewesenes Maß erreicht haben«;
und schließlich gegen die Inflation, mit deren Hilfe die
Staatsschulden abgeschmolzen werden könnten.
Von nun an lautet die Frage nicht mehr nur, ob das System
in der Lage ist, sich selbst zu korrigieren, sondern wie lange es
sich noch halten kann, zu welchem Preis und auf wessen Kosten.
Die Antwort wird eine zugleich politische und soziale sein: Da
die Linke keine Alternativen zu bieten hat, steht außer Zweifel,
dass die enormen Defizite, die seit Ende 2008 aufgehäuft worden
sind, um die Banken zu retten und die Finanzindustrie wieder
in Gang zu bringen, den Vorwand liefern für starke Einschnitte
bei den Sozialausgaben.
Die Bruchlandung des Neoliberalismus könnte somit
die nächste Runde an neoliberalen Rezepten einläuten. Die
Europawahlen vom Juni 2009 haben bereits gezeigt, dass die
Rechte aus dem erwiesenen Scheitern ihrer Politik noch Kapital
schlägt, indem sie mit dem eingetretenen Notfall argumentiert,
um noch härtere Einschnitte durchzusetzen.
Die größte Wirtschaftskrise seit 1929 wird vieles verändern,
aber sie erklärt längst nicht alles. Die Kriege im Nahen Osten
und in Afghanistan, die Zerreißprobe im iranischen Regime,
die Konflikte im Kaukasus – sie haben mit der Finanzkrise kaum
etwas zu tun. Aber sie haben eine enorme destabilisierende
Wirkung in einer Welt, die noch nicht weiß, ob die sich
abzeichnenden Risse ins schwarze Loch des Chaos oder
auf die Baustelle einer neuen Ordnung führen werden.
Dieser Atlas ist kühn genug, die Frage zu stellen, und
klug genug, um zu wissen, dass keine Karte die (ganze)
Antwort enthält.
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Damit nicht alles
beim Alten bleibt
von Joseph E. Stiglitz
S eit dem Herbst 2008 erleben wir nicht nur die schlimmste
globale Wirtschaftskrise seit 1945, sondern auch den
ersten schweren Einbruch der Weltkonjunktur im Zeitalter
dessen, was die USA und Europa praktizieren. Das stärkte diese
Volkswirtschaften nicht, sondern schwächte sie, weshalb die
Finanzinstitutionen, die solche Hilfen an Entwicklungsländer
der Globalisierung. Die Finanzmärkte der USA haben ihre vergeben, auf solche Auflagen in Zukunft verzichten sollten.
wesentliche Aufgabe, das Risikomanagement zu kontrollieren Im Übrigen sollten sich die reichen Industrieländer
und das Kapital dorthin zu bringen, wo es gebraucht wird, verpflichten, 1 Prozent ihrer Konjunkturprogramme für die
verfehlt. Die Globalisierung hat dazu beigetragen, die Entwicklungsländer abzuzweigen. Diese Mittel sollten dann
Auswirkungen dieses Versagens über die ganze Welt zu über verschiedene Kanäle verteilt werden, etwa über regionale
verbreiten. Spätestens der 11. September 2001 hat gelehrt, Institutionen oder auch über einen zu schaffenden Kreditfonds,
dass sich mit der Globalisierung auch schlechte Dinge über in dessen Leitungsgremien neue Geberländer (aus Asien und
den Globus ausbreiten. Der 15. September 2008 – der Crash Nahost) wie auch die Empfängerländer stärker vertreten sind.
an der Wallstreet – hat diese Lehre schwarz unterstrichen. Zwar hat die G 20 erhebliche Anstrengungen unter-
Ein globaler Konjunktureinbruch verlangt eine globale nommen, das Kreditprogramm des IWF – zum Beispiel durch
Antwort. Doch unsere Reaktionen beschränken sich meist auf neue »Sonderziehungsrechte« – auszuweiten. Doch von
die nationalen Ebenen und nehmen zu wenig Rücksicht auf diesen Geldern wird am Ende zu wenig bei den ärmsten
die Auswirkungen in anderen Ländern. Die ökonomischen Ländern ankommen.
Anreizprogramme sind zu unkoordiniert und nicht umfangreich Viel effektiver wäre es, Entwicklungsländer vor protek-
genug, weshalb der Abschwung länger dauern und der Auf- tionistischen Maßnahmen der reichen Länder zu schützen.
schwung langsamer vonstatten gehen wird. Und es wird mehr Ein Beispiel: Die USA haben in ihre Konjunkturpakete eine
unschuldige Opfer geben, unter denen viele Entwicklungsländer »buy American«-Klausel eingebaut, von der aber viele
sein werden. Industrieländer nicht betroffen sind, weil ein WTO-Abkommen
In den USA hat sich eine Finanzkrise zu einer Krise der Real- sie gegen Benachteiligung bei der Auftragsvergabe schützt.
wirtschaft entwickelt, in vielen Entwicklungsländern erzeugt Letztendlich trifft diese Maßnahme also die ärmeren Länder
die Wirtschaftskrise eine Finanzkrise – eine Abwärtsspirale, die besonders hart.
sich nur aufhalten lässt, wenn die Globalisierung nicht einfach Auch Subventionen und Zölle verzerren die Bedingungen
so weitergeht. Das hat die G 20 offenbar nicht verstanden. eines freien und fairen Handels, wobei Subventionen die
Bislang hat sie jedenfalls weder für die kurzfristigen Probleme Entwicklungsländer besonders hart treffen, weil sie sich selbst
noch für eine langfristige Restrukturierung überzeugende keine leisten können. Die massiven Staatsgarantien und
Vorschläge entwickelt. Einige der G-20-Staaten würden am Rettungspakete, die in den USA und anderen reichen Ländern
liebsten alles beim Alten lassen. Vor allem die reichen für bestimmte Unternehmen beschlossen wurden, verschaffen
Industrieländer wollen nicht, dass die Kritik an ihren Banken, diesen einen unfairen Wettbewerbsvorteil. Für Firmen aus
die die Krise verursacht haben, allzu scharf ausfällt. ärmeren Ländern ist es schon schwierig, gegen kapitalstarke
Nun mögen Länder wie die USA in der Lage sein, ihre US-Unternehmen zu konkurrieren – gegen Washington
Banken zu retten und ihre Volkswirtschaft anzukurbeln, aber anzutreten, ist noch eine ganz andere Sache.
die Entwicklungsländer sind es nicht. Andererseits waren Auch der Aufbau von Strukturen, die eine wirksame Aufsicht
gerade sie in letzter Zeit ein wichtiger Motor für das Wachstum und Regulierung des Finanzsystems gewährleisten, wird ohne
der Weltwirtschaft, weshalb eine globale Erholung ohne ihre globale Zusammenarbeit nicht möglich sein. Die G 20 beschloss
Mitwirkung kaum denkbar ist. Alle Regierungen sollen jetzt, zwar ein paar überfällige Maßnahmen gegen undurchsichtige
so die allgemeine Forderung, ihre Wirtschaft ankurbeln. Aber Offshore-Banking-Zentren – die allerdings für die aktuelle Krise
vielen der ärmeren Entwicklungsländer fehlt diese Möglichkeit. mehr oder weniger unbedeutend waren. Für die Entwicklungs-
Schon in den Industriestaaten geht heute die Sorge um, wie die länder viel wichtiger ist die Frage des Bankgeheimnisses, das
aufgehäuften Schulden je wieder abgetragen werden sollen. bislang weitgehend unangetastet geblieben ist. Geheime
Die öffentlichen Haushalte von Ländern, die noch immer unter Bankkonten – ob in Offshore-Zentren oder in der Schweiz –
der Last alter Schulden leiden, werden zusätzliche Schulden begünstigen die Korruption, weil sie eine sichere Adresse für
erst recht nicht verkraften. Deshalb muss man diesen gestohlene Staatsgelder sind. Um solche Gelder zurückfordern
Ländern mit Subventionen und nicht einfach mit neuen zu können, bräuchten die Entwicklungsländer zunächst einmal
Krediten weiterhelfen. Informationen über die geheimen Konten.
In der Vergangenheit hat der IWF seine Finanzhilfen stets Die Liberalisierung der Finanz- und Kapitalmärkte und die
an Auflagen geknüpft. In vielen Fällen verlangte er von den Lockerung der Bankenaufsicht haben für den Ausbruch der
betreffenden Ländern, ihre Leitzinsen anzuheben und ihr Krise in den USA wie für deren Übergreifen auf die Entwick-
Haushaltsdefizit mittels Ausgabenkürzungen und/oder lungsländer eine entscheidende Rolle gespielt. Doch die
Steuererhöhungen zu reduzieren – also genau das Gegenteil Industrieländer tun sich schwer mit dem Eingeständnis, dass
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gerade die neoliberalen Rezepte, die sie den Entwicklungs-
ländern eisern aufgedrängt haben, zu dieser Krise maßgeblich Kapitel
beigetragen haben. Wenn das System der Weltwirtschaft
besser funkionieren soll, brauchen wir also institutionelle
Strukturen, die mehr Länder einbeziehen und mehr
repräsentative Elemente enthalten. Das könnte zum
Beispiel ein globaler ökonomischer Koordinationsrat
im Rahmen der Vereinten Nationen sein, der nicht nur
die Konjunkturprogramme der einzelnen Länder zu
Neue Weltkunde
koordinieren, sondern auch strukturelle Mängel der
internationalen Wirtschaftsinstitutionen zu erkennen und zu
korrigieren hätte. Der IWF wäre für diese Aufgabe der Falsche,
weil in ihm die Gläubigerländer das Sagen haben. Genauso gut
könnte man die US-Banken beauftragen, ein anständiges
Insolvenzgesetz zu formulieren.
Am allerwichtigsten wäre aber eine Reform des – immer noch
auf dem Dollar basierenden – Weltfinanzsystems, wie sie eine
von der UN einberufene Beraterkommission fordert. Sie plädiert
für die Schaffung einer neuen globalen Reservewährung, da das
alte System selbst zur globalen Instabilität beigetragen hat.
Unterstützung für diesen Vorschlag kam bereits von den
BRIC-Ländern (Brasilien, Russland, Indien und China), deren
Skepsis gegen den Dollar als globale Reservewährung zunimmt.
Auch wenn wir die Zeit gern zurückdrehen würden, wir
können uns die Rückkehr zu den Verhältnissen vor Ausbruch der
Krise nicht leisten. Es ist höchste Zeit, die Strukturen unseres
globalen Wirtschafts- und Finanzsystems von Grund auf zu
verändern, um es insgesamt stabiler zu machen und die Früchte
des Wohlstands gerechter zu verteilen. Das ist keine Aufgabe, die
sich von heute auf morgen erledigen ließe, aber wir müssen sie
anpacken – sofort.
© Le Monde diplomatique, Berlin
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Das US-Imperium bekommt Konkurrenz
Während des Kalten Kriegs haben
Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Milliarden US-Dollar
die Vereinigten Staaten ihre 60 000 Welt-BIP
Asienkrise, 1997–1998: Beginn im Juli 1997 in Thailand, fast alle 54 300 Milliarden US-Dollar
militärische und ökonomische 50 000 anderen asiatischen Finanzplätze stürzen mit ab, schließlich
auch Russland und Lateinamerika. Sonstige Länder
Vormachtstellung kontinuierlich Abschwung, 1980–1985: Zweiter Ölschock 1979,
40 000
ausgebaut. Zwanzig Jahre nach dem Verdoppelung des Rohöl-Preises, Schuldenkrise der
Entwicklungsländer und erster Liberalisierungsschub.
Mauerfall ist die internationale 30 000
12
Nordamerikanisches
Freihandelsabkommen (Nafta)
Karibische Gemeinschaft (Caricom)
Gemeinsamer Zentral-
amerikanischer Markt (MCCA)
Andengemeinschaft (CAN)
Freihandelsabkommen zwischen
Gemeinsamer Markt Südamerikas (Mercosur; Venezuela hat seinen Beitritt 2006 unterzeichnet, Australien und Neuseeland (Anzcerta)
die formelle Aufnahme steht aus) und assoziierte Staaten (Bolivien, Chile, Kolumbien, Ecuador und Peru.
Verband südostasiatischer Staaten (Asean)
Golf-Kooperationsrat (CCG)
Beobachterstatus bei der Asean:
Europäischer Wirtschaftsraum (EWR) Arabische Maghreb-Union (UMA) Osttimor und Papua-Neuguinea
Gemeinschaft Unabhängiger Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (Cedeao) Schanghaier Organisation für
Staaten (GUS) Zusammenarbeit (OCS)
Südafrikanische Entwicklungsgemeinschaft (SADC)
Organisation für Demokratie und Beobachterstatus bei der OCS:
Wirtschaftsentwicklung (GUAM) Zentralafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (CEEAC) Indien, Iran, Mongolei und Pakistan
tannien wie auch die neue Bundesrepublik Der von der radikalen Privatisierungs- wachs Chinas, am Wiedererstarken eines
und Japan. politik Boris Jelzins begleitete Zerfall des autokratischen russischen Staates, am Wi-
Dann kam die Wirtschaftskrise der Warschauer Pakts und der Sowjetunion in derstand der lateinamerikanischen Län-
1970er-Jahre samt Inflation und Wäh- den Jahren 1989 bis 1991 verschob das der, an der festgefahrenen militärischen
rungsanarchie; Europa und Japan wurden strategische Gleichgewicht: Seither be- Situation in Afghanistan und im Irak, an
ihrerseits zu starken wirtschaftlichen herrschen die USA unangefochten die in- der Schwächung des US-Dollars als inter-
Mächten; die Blockfreien gewannen an ternationalen Sicherheitsstrukturen. nationaler Leitwährung und an der wach-
Einfluss und stellten die Nachkriegsord- Als die mit Abstand größte Militärmacht senden Bedeutung regionaler Organisatio-
nung infrage; in Vietnam erlebten die USA leisten sie sich einen Verteidigungshaus- nen (Mercosur, Asean plus drei usw.). Hin-
ihre bitterste militärische Niederlage – halt, der knapp die Hälfte der weltweiten zu kommt die von den USA ausgehende
und doch konnten die USA diese ganze Zeit Militärausgaben ausmacht. Diese beispiel- weltweite Finanzkrise – mit der womöglich
über ihre Vormachtstellung behaupten. lose Konzentration von ökonomischer und das letzte Kapitel in der Geschichte des Im-
Währenddessen machte auch das Sow- militärischer Macht (hard power) hat so- perium Americanum geschrieben wird.
jetsystem schwere politische und wirt- wohl den – von Regierung zu Regierung un-
schaftliche Krisen durch: Es kam zum Zer- terschiedlich ausgeprägten – Unilateralis-
würfnis zwischen Moskau und Peking; mit mus als auch die Geringschätzung gegen- www
dem Einmarsch in die Tschechoslowakei über internationalen Institutionen und International Relations and Security Network
wurde der Prager Frühling gewaltsam be- die militärischen Interventionen der USA an der ETH Zürich (auf Englisch):
endet; seit den 1970er-Jahren befand sich (Irakkrieg 2003) beflügelt. isn.ethz.ch
Basisinformationen zum Kalten Krieg bei der
die sowjetische Industrie in einem für alle Doch während die Sicherheitsstruk- Bundeszentrale für politische Bildung:
Welt erkennbaren Niedergang – mit dem turen noch unipolar auf die USA ausgerich- bpb.de
Ergebnis, dass Michail Gorbatschow sei- tet sind, haben in den internationalen Be- Interdisziplinäre Forschung zu Russland und
dem eurasischen Raum an der Harvard University
nem Land in den 1980er-Jahren Reformen ziehungen die Zeiten der Multipolarität (Davis Center for Russian and Eurasien Studies):
verordnete, die nie umgesetzt wurden. längst begonnen. Das liegt am Machtzu- http://daviscenter.fas.harvard.edu
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Warum die Menschheit
Anteil an der Weltbevölkerung
in Prozent
20
0
Europa
10
Nordamerika
Jahre 5
Nie ist die Weltbevölkerung so schnell 60 0
Prognose 1800 1850 1900 1950 2000 2050 2150
gewachsen wie in den letzten zwei
Jahrhunderten. Heute schon leben Japan
10
lateinamerika
5
mehr als die Hälfte der Menschen in 0
1800 1850 1900 1950 2000 2050 2150
Städten, vor allem in denen der 50
Entwicklungsländer. Südkorea
20
Afrika
10
Frankreich 0
40
1800 1850 1900 1950 2000 2050 2150
Deutschland 5
Ozeanien
0
1800 1850 1900 1950 2000 2050 2150
Pakistan
60
30
50
40
Mali
20 30
20
weltweiter Durchschnitt 10
Asien
0 0
1950 60 70 80 90 2000 10 20 30 40 50 1800 1850 1900 1950 2000 2050 2150
14
Durchschnittsalter
2006
15–19
19–24
24–30
30–38
38–46
keine Angaben
Schwelle zur zweiten Phase des demogra- mehr gewährleisten und sind folglich zu- leben. Mehr als 2,2 Milliarden Städter, das
fischen Übergangs. Sie haben in den letz- nehmend auf Zuwanderung angewiesen. sind sieben von zehn Stadtbewohnern,
ten Jahrzehnten das schnellste Bevölke- Der zwischen Ländern und Regionen un- leben in Zukunft in einem Entwicklungs-
rungswachstum ihrer Geschichte erlebt, gleichzeitige demografische Übergang hat land. Dies ist eine völlige Umkehrung frü-
das sich allerdings gegen Ende des im Laufe des 20. Jahrhunderts immer wie- herer Verhältnisse: 1950 wohnten ledig-
20. Jahrhunderts wieder verlangsamte. Die der dazu geführt, dass die Verteilung der lich vier von zehn Städtern in einem Ent-
Entwicklung spiegelt sich in der Alters- Bevölkerung auf den Raum wechselte. wicklungsland. Von den zwanzig größten
struktur dieser Regionen wider: Der Alters- 1950 lebten 29 Prozent der Erdbewohner Ballungsgebieten der Welt befinden sich
durchnitt der Bevölkerung liegt bei 16 bis in Europa oder in der »Neuen Welt« (USA, heute dreizehn in Asien und Latein-
18 Jahren. Doch auch in diesen »jungen« Kanada, Australien, Neuseeland), in die amerika.
Ländern findet bereits ein Alterungs- viele Europäer ausgewandert waren.
prozess statt. Dieser Anteil ist gegenwärtig auf 17 Pro-
Im 21. Jahrhundert wird der demogra- zent gesunken, und nach den Vorhersagen
fische Übergang weltweit an sein Ende der UNO fällt er bis 2050 auf 12 Prozent
kommen, und die Zahl der auf der Erde le- (nicht einberechnet der Einfluss der Mi-
benden Menschen wird sich aller Voraus- gration). Dagegen werden dann in Afrika www
sicht nach bei 10 bis 11 Milliarden stabi- (ebenfalls ohne Einbeziehung der Migrati- Max-Planck-Institut für demographische Forschung
lisieren. Das 21. Jahrhundert wird auch onszahlen) 22 Prozent der Erdbevölkerung (mit online-Datenbanken):
das Jahrhundert einer beschleunigten leben, während es 1950 9 Prozent waren demogr.mpg.de
Daten zur Bevölkerungsentwicklung bei der UNO:
Bevölkerungsalterung sein. Trotz unter- und gegenwärtig 14 Prozent sind. http://esa.un.org/unpp/
schiedlicher Bedingungen können sowohl Auf allen Kontinenten lebt heute ein Informationen und Statistiken, nach Ländern und
die Staaten Nordamerikas wie auch die eu- wachsender Anteil der Bevölkerung in Themen beim Population Reference Bureau:
prb.org
ropäischen Länder aus sich selbst heraus Städten. Weltweit werden bis 2010 mehr Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (NGO):
die Erneuerung ihrer Bevölkerung nicht Menschen in den Städten als auf dem Land dsw-online.de
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Migration – viele Gründe,
viele Grenzen
Nordamerika
95,3
In der Hoffnung auf ein besseres
Leben haben Menschen seit jeher
64 % d e s w e l t w e i t e n To u r i s m u s b e i 15 % d e r We l t b e v ö l ke ru n g
ihre Heimat und ihre Familien
verlassen. Im 21. Jahrhundert ist
Migration zur Selbstverständlichkeit
geworden. Auswanderer sind ein Europa Asien
484,4 184 ,3
Lateinamerika
Motor der Globalisierung – und eine und Karibik
wichtige Stütze für die Ökonomie 47,1
1200 1 Milliarde
– ob als Herkunfts-, Aufnahme- oder Tran- im Jahr 2010
800
sitland – praktisch alle Länder der Welt. Anzahl der Touristen
Angesichts dieser neuen Situation wird es 2007, in Millionen 400
16
i n d i e USA
Nordamerika Japan
russischer
Ferner Osten
Mexiko
Südkorea
Russland
Philippinen
n a ch J a p a n China
Mittelamerika und Karibik Zentralasien
Südostasien
Venezuela Westeuropa
Indischer Subkontinent
Bolivien Golfstaaten
Westafrika
Paraguay
Ostafrika
Argentinien
Einwanderungsländer
Auswanderungsländer
südliches Afrika
Niedrig qualifizierte Migranten
Höher qualifizierte Migranten
Starke Binnenmigration
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Arme Länder, gute Ernten,
großer Hunger
Asien
200 Japan,
Nordamerika
Viele Entwicklungsländer nutzen 1 EU
Australien,
5, 5 Neuseeland
ihre großen Anbauflächen nur für 22 96 5
Lateinamerika subsaharisches Afrika
den Weltmarkt. Deswegen müssen
Lebensmittel für den Eigenbedarf
Arbeiter auf 100 Hektar
teuer importiert werden. Um
Ernährungskrisen zu verhindern,
darf der Norden nicht darüber 24 76 9
bestimmen, was auf den Äckern 10 1
des Südens wächst. 133
18
Auf einem von der FAO organisierten
Gipfeltreffen zur Lebensmittelkrise im
Juni 2008 fiel den Teilnehmern nichts Bes-
seres ein, als eine verstärkte Liberalisie-
rung des Handels zu fordern und die real-
wirtschaftlichen Gründe der Preisexplo-
sion kleinzureden: den Rückgang der Le-
bensmittelproduktion für den einheimi-
schen Bedarf und den Boom der Biotreib-
stoffe. Besonders Letzterer hat den welt-
weiten Bestand an Ölpflanzen und Getrei-
de reduziert. Zusätzlich konnten die von
den Preisveränderungen bei Lebensmit-
teln lebenden Investitionsfonds sowie die
Lebensmittelunternehmen des Nordens
und Brasiliens neue Spekulationsgewinne
einfahren. Wertschöpfung pro Arbeitskraft
Die Entwicklungsländer sind vor allem 2005, in US-Dollar, zu konstanten Dollarpreisen von 2000
deshalb so abhängig von den Nahrungs-
mittellieferungen aus den Industrielän- 63–1000 1000–5000 5000 – 10 000 10 000 – 19 000 23 000 – 54 000 keine Angaben
dern, weil sie sich viel schlechter als die
USA und die EU vor den heruntersubven-
tionierten Importen schützen können.
Das Gerede des Nordens und der inter-
nationalen Organisationen von der Not-
wendigkeit der Liberalisierung soll immer
nur für den Süden gelten.
Nötig wäre vielmehr eine Regulierung
des Handels, die auf Ernährungssouve-
ränität basiert, das heißt auf dem Recht,
den eigenen Binnenmarkt zu schützen,
um eine ökonomisch, sozial und ökolo-
gisch nachhaltige Entwicklung zu gewähr-
leisten. In den entsprechenden Abkom-
men müsste festgelegt sein, dass benach-
teiligte Entwicklungsländer Anspruch auf
bevorzugten Zugang haben, sobald sich Anteil der Landwirtschaft am BIP
zeigt, dass steigende Exporte den Klein- 2005–2007, in Prozent
bauern zugutekommen und nicht die be-
nachteiligten Verbraucher bestrafen. Um Siehe auch Karte auf Seite 21 0–5 5–10 10–20 20–30 30–64 keine Angaben
das zu erreichen, muss die Landwirtschaft
dem Einfluss der WTO entzogen werden. Landwirtschaftliche Extreme: Agrarindustrie im Norden, Selbstversorgung im Süden
Die Hungerrevolten von 2008 haben den
Entwicklungsländern endlich die Augen
geöffnet. Sie haben sich geweigert, die Ver-
handlungen der Doha-Runde abzuschlie- gulierung des Handels von Landwirt- schließlich nur einen Planeten und nicht
ßen. Angesichts der extremen Preis- schaftsprodukten würde die Möglichkeit drei – die bräuchten wir nämlich spätes-
schwankungen haben sie die Notwendig- bieten, trotz der Klimaerwärmung die tens dann, wenn 2050 alle Menschen den
keit erkannt, sich von Nahrungsmittelim- 9,3 Milliarden Menschen zu ernähren, die Lebensstil der reichen Industrieländer
porten und -exporten weniger abhängig zu es im Jahr 2050 geben wird. Man müsste übernehmen wollten.
machen. Die Preise für die traditionellen auch die bisherige Strategie aufgeben, Bio-
Weltmarktgüter Baumwolle und Kaffee treibstoffe zu produzieren. Die Spekulati-
sind übrigens viel weniger gestiegen und on mit Lebensmitteln auf den Termin-
seit dem Sommer 2008 stärker gesunken börsen, wie sie in den letzten zwei Jahren
als die für Grundnahrungsmittel, die in zu beobachten war, muss untersagt und
großem Umfang von den Entwicklungs- die Länder sollten dabei unterstützt wer- www
ländern eingeführt werden und gerade die den, Mindestvorräte an Getreide anzule- Bauernbündnis für Ernährungssouveränität:
viacampesina.org
Budgets der ärmsten Familien schwer gen. Außerdem muss der Norden den Kon- UN-Organisationen:
belasten. sum von Fleisch und Milchprodukten wfp.org, www.fao.org, www.undp.org
Nur eine auf Ernährungssouveränität deutlich einschränken, zumal sein Ernäh- Forum für internationale Agrarpolitik:
bukoagrar.de
basierende Umgestaltung der Landwirt- rungsmodell inzwischen im Süden, vor al- Hunger und Krise:
schaftspolitik und der multilateralen Re- lem in China, kopiert wird. Wir haben welthungerhilfe.de/jahresbericht_2008.html
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Der vergeudete Rohstoff-Boom
Viele arme Länder haben trotz neue Industrialisierung bereits dazu ge- und trug dazu bei, dass sich die Schulden
der hohen Erlöse aus ihren führt, dass erste Importe durch eigene der Dritten Welt noch mehr erhöhten.
Produkte ersetzt werden konnten. Durch 2001 kehrte sich dieser Trend um. Zu-
Rohstoffexporten nicht genug für
die Kredite konnten sich die Geldgeber nächst stiegen die Preise für Metalle und
ihre Entwicklung getan. Von der enorme Gewinne sichern, und über die Energie sprunghaft an, dann wurden auch
Liberalisierung profitierte die Vergabekriterien verschafften sie sich zu- Landwirtschaftsprodukte und Lebensmit-
Bevölkerung kaum. Und in der Krise dem Einfluss auf wirtschaftliche und poli- tel teurer. Bis Anfang 2007 stiegen die
tische Entscheidungen in den Ländern der Weltmarktpreise für Lebensmittel um
haben selbst die gesunkenen Preise
Dritten Welt, deren Regierende nebenbei 50 Prozent, die für Energie und Metalle
für importierte Lebensmittel die auch noch saftige Kommissionen einste- verdreifachten sich. Schließlich folgte
Lage nicht verbessert. cken durften. eine regelrechte Preisexplosion: Zwischen
Für die Rückzahlung mussten sich diese März 2007 und März 2008 verdoppelten
Länder auf ein oder zwei Exportprodukte sich die Preise für Reis und Weizen, Mais
festlegen, von denen sie folglich stark ab- kostete über ein Drittel mehr. Die arme Be-
Marokko
Ägypten
Mauretanien
Haiti Mali
Mexiko Bangladesch
Senegal Niger Philippinen
Jemen
Burkina Faso
El Salvador Guinea
Elfenbeinküste
Nigeria
Kamerun Kenia
Indonesien
Mosambik
Simbabwe
Unterernährte
Argentinien Veränderung in Prozent zwischen
1990–1992 und 2003–2005
keine Angaben
-90 -30 -1 0 2 50 100 277
Hungerunruhen 2008
Länder, die am meisten von der weltweiten
Lebensmittelteuerung und -verknappung 2008 betroffen waren
20
und Indien. Gleichzeitig hat die Entwick- Fünf Jahre lang hatten die Staatshaus- systeme, dem Verzicht auf die Selbst-
lung der Biotreibstoffe 2007 dem Nah- halte vieler armer rohstoffexportierender versorgung mit Getreide, der Reduzierung
rungsmittelmarkt mehr als 100 Millionen Länder von den Spitzenpreisen, insbeson- der Sozialausgaben sowie der Abschaffung
Tonnen Getreide entzogen. dere für Bergbauprodukte, profitiert. Doch von staatlichen Subventionen für Brot und
Seit mehreren Jahrzehnten wurden auf dann fielen sie noch schneller als die andere Grundnahrungsmittel. Der Boom
Druck der internationalen Finanzinstitu- Importpreise für Lebensmittel. Ein neuer- bei den Preisen für Bergbauprodukte, Öl
tionen obendrein die Anbauflächen für licher Anstieg von Verschuldung und und Gas hätte in den letzten Jahren – quasi
Nahrungsmittelpflanzen reduziert, um Ex- Armut ist die Folge. Dabei waren manche als späte Dividende für die vorher erlitte-
porte zu fördern, die den Schuldenabbau er- Optimisten zunächst davon ausgegangen, nen Nachteile – die wirtschaftliche Lage
möglichen sollen. In erster Linie ist der dass Länder, die eher schwach in die Welt- der Bevölkerung in den schwach ent-
Preisanstieg von 2007/2008 jedoch auf mas- wirtschaft integriert sind, weniger unter wickelten Exportländern deutlich verbes-
sive Spekulationen der Fonds zurückzufüh- den Folgen der Krise leiden werden. Doch sern können. Doch der Druck, die Aus-
ren, die nach dem absehbaren Platzen der die ausländischen Direktinvestitionen sin- landsschulden zurückzuzahlen, die Ab-
Immobilienblase auch auf Terminmärkte ken, und die Wirtschaftskrise in den wanderung von Unternehmensgewinnen
für Rohstoffe auswichen oder Rohstoffpa- Industrieländern führt dazu, dass eine ins Ausland und die Bereicherung der
piere in ihre Finanzprodukte mischten. nennenswerte Erhöhung der Entwick- nationalen Eliten haben diese Chance zu-
Als dann die Finanzkrise die Industrie- lungshilfe, ohnehin schon kaum wahr- nichtegemacht.
länder in die Rezession stürzte, fehlte es scheinlich, praktisch ausgeschlossen ist.
den Fonds an Liquidität, und sie stiegen Zugleich werden die von der Krise eben-
wieder, oft verbunden mit Verlusten, aus falls betroffenen Arbeitsmigranten in den
den Rohstoffbörsen aus. Auch die von der Industrieländern ihren Familien weniger
www
Preisentwicklung:
Finanzkrise ausgelöste Rezession der Real- Geld überweisen können. hwwi-rohindex.org/
wirtschaft ließ die zu erwartende Nach- Grundsätzlich wurde die enorme www.markt-daten.de/charts/imf/index.htm
frage nach Metallen und Öl sinken. Ein all- Schwankungsbreite der Rohstoffpreise www.indexmundi.com/c ommodities/
Folgen:
gemeiner Kursrutsch war die Folge. Bis erst durch den vom Internationalen Wäh- www.epo.de (Wirtschaft/Rohstoffe anklicken)
Anfang Januar 2009 halbierten sich die rungsfonds und der Weltbank seit 1980 www.africaneconomicoutlook.org
Preise für Metalle, die für Rohöl fielen um forcierten Liberalisierungskurs möglich: Institutionen:
www.unctad.org/Templates/
zwei Drittel, die für Lebensmittel um ein mit seiner Abschaffung von Zollschran- Page.asp?intItemID=1532&lang=1
Drittel – bei weiterhin fallender Tendenz. ken, dem Ende der Preisstabilisierungs- www.bgr.bund.de
Unterernährte 600
Veränderung in Millionen zwischen 400
1990–1992 und 2003–2005
40 200
Überschuss
0
Defizit
Zentralafrika 200
30
400
Indien
600
Ostasien (ohne China)
20 800 Handelsbilanz
Naher Osten mit Lebensmitteln
1000
Ostafrika
Millionen US-Dollar
Südasien (ohne Indien) 1200
10 Westafrika
0
Birma
Lateinamerika
Äthiopien
-10
Haiti
Sudan
Südostasien Afghanistan
Senegal
-20
Jemen
Dem. Rep. Kongo
-30 Malawi
Bangladesch
Angola
-40
Lesotho
-50
China
21
km 3 pro Jahr
2500
2000
1750
Bis 2015 soll, so die Forderung der Nordamerika Europa Asien 1500
Keine Angaben.
Weltweit haben 25 Prozent der Landbevölkerung keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, 40 Prozent leben ohne sanitäre Infrastruktur.
22
und 70 Prozent der Industrieabfälle unbe-
handelt »entsorgt«, sodass sie ins Oberflä-
chenwasser gelangen und die Trinkwas-
serreserven verschmutzen können.
Es gäbe durchaus Möglichkeiten, um
den Wasserverbrauch zu reduzieren und
die Verluste zu begrenzen: Man könnte bei
der Bewässerung gezielt wassersparende
Techniken einsetzen, die Produktions-
und Verteilstrukturen für Trinkwasser ver- 0
bessern, Kläranlagen installieren und eine
ebenso wirksame wie nachhaltige Preis- 0,3
gering
politik für die Verbraucher durchsetzen.
0,5
Doch dafür müsste viel mehr in Technik,
mäßig
Infrastruktur und in die Ausbildung qua- 0,7
lifizierter Arbeitskräfte investiert werden. stark
Aber einstweilen stellen die vom Klima- 1,0
wandel ebenfalls betroffenen Industrie- sehr stark
und mehr
länder ihr Entwicklungsmodell nicht in- Der Wasserstress-Index gibt Auskunft über das Verhältnis zwischen dem
Wasserstress-Index Wasserbedarf und der Verfügbarkeit von sich erneuerndem Süßwasser.
frage, sondern treten eine Flucht nach
vorn an, indem sie immer aufwändigere Verknappung einer lebenswichtigen Ressource
Technologien einsetzen: Entsalzung von
Meerwasser, Verwendung der Abwässer
für Landwirtschaft und Freizeit, ja sogar zung gesprochen, aber die staatliche Ent- berem Wasser führt schon heute zu inter-
für die Versorgung der Haushalte. Durch wicklungshilfe für die armen Länder er- nationalen Konflikten. Es liegt auch im In-
die Annahme der Millenniumsziele haben lebt gerade in diesem Bereich einen Rück- teresse der Industriestaaten, den Kampf
sich alle Länder der Welt verpflichtet, bis gang. In den letzten Jahren haben die gro- um das Wasser nicht eskalieren zu lassen.
2015 den Anteil der Menschen, die keinen ßen Geberländer ihr Engagement ständig
dauerhaften Zugang zu einwandfreiem reduziert. Wenn zugelassen wird, dass die
Trinkwasser und zu sanitärer Basisversor- Entwicklungsländer mit ihrem starken www
gung haben, um die Hälfte zu senken. Bevölkerungswachstum und den vielen Weltwasserforum:
Um das zu erreichen, hat der UN-Beirat Megacitys in ihren Abfallproblemen ver- www.worldwatercouncil.org
für Wasser- und Sanitärversorgung (UNS- sinken, besteht die Gefahr, dass über kurz Bei den Vereinten Nationen:
www.unwater.org
GAB) unter anderem folgende Wege aufge- oder lang die Mehrheit der Weltbevölke- Internationale NGO zum Schutz der Flüsse:
zeichnet: Da über 90 Prozent der weltwei- rung in Kloaken lebt. www.internationalrivers.org
ten Wasserversorgung über Rohrleitungs- Ein Land, das nicht genug Wasser hat, Bei Brot für die Welt:
www.menschenrechtwasser.de
netze in den Händen staatsnaher Versor- kann weder seine Bevölkerung ernähren Hashimoto-Aktionsplan (als pdf):
gungsunternehmen liegen, müssen die Be- noch sich entwickeln. Der Zugang zu sau- www.unsgab.org/docs/HAP_de.pdf
hörden und regionalen Wasserversorger
unterstützt werden. Denn schon durch
kleine Managementverbesserungen las- Perspektive 2050: Wo Überschwemmungen und Dürren drohen
sen sich oft große Fortschritte erzielen. Da
Wasser- und Sanitärinfrastrukturen nicht
umsonst zu haben und zu betreiben sind,
sollte auch die Weltbank den regionalen
Behörden unter die Arme greifen. Vor Ort
müssten nachhaltige und gerechte Gebüh-
rensysteme eingeführt werden. Um das Be-
wusstsein für die knappe Ressource Was-
ser zu schärfen, sollten alle Länder Bewirt-
schaftungspläne für ihre Wasservorräte
aufstellen.
»Es ist an der Zeit zu handeln. Wir dürfen über 20 % mehr
nicht zögern«, erklärte der ehemalige UNS-
GAB-Vorsitzende Ryutaro Hashimoto. So- 0–20 % mehr
fortmaßnahmen können Leben retten und
die Lebensverhältnisse verbessern. »Sie 0– 20 % weniger
sind unverzichtbar, wenn wir alles Leben
über 20 % weniger
und unsere Heimat – unseren empfindli-
chen Planeten Erde – schützen wollen.« Veränderter Wasserzu- und -abfluss
Nie zuvor hat man so viel vom Wasser in Prozent, Vergleich zwischen dem Durchschnitt der
Jahre 1961–1990 und dem mittleren IPCC-Szenario für 2050
und seiner effizienten, sparsamen Nut-
23
Fundamentalisten sind überall
Eine Zeitlang sah es so aus, als
würden religiöse Überzeugungen K eine der großen Weltreligionen – we-
der die drei monotheistischen noch
die kosmischen Religionen des indischen
1. International Sikh Youth Foundation (ISYF).
Sikh-Unabhängigkeitsbewegung: 1984 in
allmählich zur Privatsache. Doch der
Subkontinents und des Fernen Ostens – ist Großbritannien gegründet; zuvor hatte die
Einfluss der Religion auf die Politik ihrem Wesen nach fanatisch oder vertritt indische Armee den Goldenen Tempel im
Pandschab gestürmt.
nimmt welweit zu. Seit den 1990er- eine fundamentalistische Weltanschau-
Jahren werden immer mehr religiöse ung. Doch Glaubensüberzeugungen kön- 2. Al-Aqsa-Stiftung: Islamische Hilfsorganisation
nen sich zur militanten religiösen Ideo- mit dem Hauptziel, die humanitäre Not im
Fanatiker zu Terroristen. Westjordanland und im Gazastreifen zu lindern;
logie verfestigen. Dabei werden stets grobe unterstützt angeblich die Hamas finanziell.
Vereinfachungen vorgenommen, die sich
schließlich in Hetzkampagnen oder einer 3. Hofstadgruppe: Netzwerk junger nieder–
ländischer Muslime, deren Mitglied auch
Verklärung und Radikalisierung des eige- Mohammed Bouyeri, der Mörder des Filme-
nen Andersseins äußern können. machers Theo van Gogh, gewesen sein soll.
Schwarz-Weiß-Denken hat es zwar
4. Volksmudschaheddin: In den 1960er-Jahren im
schon immer gegeben, zumeist spielte es irakisch-iranischen Grenzgebiet entstandene
aber weder in den Gesellschaften noch in iranische Organisation (Sitz seit den 1980er-
den internationalen Beziehungen eine Jahren: Paris), die einen marxistisch inspirierten,
schiitischen Islamismus vertritt. Sie war an der
wichtige Rolle. Dank der Koexistenz der iranischen Revolution von 1979 beteiligt und
großen Religionen im Nahen Osten und strebt inzwischen den Sturz des Regimes im Iran
ihrer Einflüsse und Vernetzungen bis nach an sowie die Gründung einer demokratischen,
sozialistischen, islamischen Republik.
Asien hinein war der religiöse Fundamen-
talismus lange Zeit kein sehr gefährliches 5. Netzwerk sunnitisch-islamistischer Gruppen mit
Phänomen. Ablegern im Nahen Osten, Afrika, Zentralasien
und den USA; 1988 in Afghanistan von Ussama
Seit einigen Jahrzehnten und erst recht Bin Laden im Kampf gegen die sowjetische
seit Anfang der 1990er-Jahre lässt sich ein Besatzung gegründet, seit dem Sturz der Taliban
Aufschwung des Fundamentalismus und 2001 in Afghanistan vermutlich nicht mehr aktiv.
Was sind Ihrer Meinung nach die und Asiens durch die europäischen Groß- 7. Palästinensische Befreiungsfront (Palestine
Hauptursachen für die Spannungen zwischen mächte zurückreichen – damals haben Liberation Front, PLF): 1968 aus einer Abspaltung
dem Westen und dem Islam? der PFLP hervorgegangene palästinensische
sich viele der bis heute wirksamen Bilder
Bewegung, deren Mitgliederbasis derzeit
kulturelle und religiöse Unterschiede und Erinnerungen tief eingeprägt.
Durchschnitt Der Kolonialismus war ein Gemein-
Interessenkonflikte, politische Konflikte schaftswerk von Feldherren, Kaufleuten
Durchschnitt und Missionaren. Die westliche Christen-
in Prozent heit war seit jeher vom Wunsch beseelt ge-
80 60 40 20 0 20 40 60 80 wesen, das Evangelium in die Welt zu tra- nisch-religiöse Reinheit der Gesellschaft
Niger gen. Das änderte sich auch nach der herzustellen beziehungsweise zu wahren.
Kenia Abspaltung der protestantischen Kirchen Das trifft sowohl auf das 1932 gegründete
USA nicht, und so begleiteten evangelische Pas- Königreich Saudi-Arabien zu, wo mit dem
Philippinen
toren und katholische Missionare gern Wahabismus eine damals marginale Spiel-
und eifrig die europäischen Eroberer. art des puritanischen Islams zur Staatsreli-
Deutschland
Diese Allianz überlebte auch die Trennung gion wurde, als auch auf Pakistan (wörtlich
Polen
von Kirche und Staat in den meisten »Land der Reinen«), das die indischen Mus-
Frankreich Kolonialmächten. lime 1947 unter schrecklichem Blutvergie-
Grossbritannien Für die Entwicklung des Fundamentalis- ßen durch Abspaltung von ihrem Mutter-
Indien mus ist historisch zweitens von Bedeu- land gründeten. Es gilt für die Gründung
Italien tung, dass im 20. Jahrhundert moderne des jüdischen Staates Israel im Jahr 1948,
China Staaten entstanden, die sich ausschließ- der zu Lasten der ortsansässigen Bevölke-
Mexiko lich auf eine einzige religiöse Identität be- rung auf dem größten Teil des palästinen-
Libanon
riefen. Für sie besteht die Aufgabe der sischen Territoriums errichtet wurde,
Staatsmacht darin, den göttlichen Geset- ebenso wie für den Iran, wo die Revolution
zen Geltung zu verschaffen und die eth- von 1979 mit Chomeinis »Herrschaft des
24
Stichting Al-Aqsa 2
Hofstadgroep 3
Leuchtender Pfad
Abu-Nidal -Organisation 8
Asbat al-Ansar FPLP-GC 6
Hisbollah FLP 7
Al-Aqsa-Märtyrer-Brigaden
Hamas Kahane Chai 9
Terrororganisationen
Islamischer Dschihad in Palästina FPLP
laut USA und Europäischer Union
laut USA
laut Europäischer Union
Si eh e au ch Kar te Sei te 31
angeblich im Libanon und in Syrien liegt und die dem Tod ihres Anführers Sabri Khalil al-Banna alias US-amerikanischen Rabbi Meir Kahane, tritt für
von 1990 bis zum Sturz Saddam Husseins 2003 Abu Nidal in Bagdad als inaktiv. die Umsiedlung der Araber und die Schaffung
ihren Sitz in Bagdad hatte. eines jüdischen Staates auf der Grundlage der
9. Kahane Chai (»Kahane lebt«), alias Kach: Religionsgesetze und innerhalb der biblischen
8. Abu Nidal: 1974 gegründete Abspaltung der Nationalreligiöse israelische Organisation, Grenzen Israels (»Erez Israel«) ein.
Palästinensischen Befreiungsorganisation, gilt seit gegründet von dem 1990 ermordeten
Rechtsgelehrten« (welayat-e faghieh) den nach Tschetschenien und beteiligten sich limischen Welt, die ihre Religion bedrängt
schiitischen Klerus zur Kontrollinstanz an den dortigen Kämpfen. und verhöhnt sieht, die Fantasie wilde Blü-
über die staatlichen Institutionen erhob. Nach dem 11. September 2001 wurde die ten. Die Religion muss als Erklärung jegli-
Den dritten historischen Kontext ominöse islamistische al-Qaida schnell cher Gewalt auf der Welt herhalten. Sie
schließlich bilden die Anschläge vom zum einzigen öffentlichen Feind der west- wird verfälscht, fremden Zwecken unter-
11. September 2001 und die dadurch aus- lich geprägten internationalen Öffentlich- worfen – und dient nicht zuletzt zur Recht-
gelösten Reaktionen der USA. Die Dschi- keit. In einem neuen »Kreuzzug« drangen fertigung von mehr oder weniger wahnsin-
hadisten, die für die Planung und Durch- ausländische Truppen erst nach Afghanis- nigen Machtfantasien.
führung der Attentate verantwortlich ge- tan, dann in den Irak ein. Auf das seiner-
macht werden, waren zuvor in arabischen zeit durch die Sowjetunion verkörperte
beziehungsweise muslimischen Ländern, »Reich des Bösen« folgte im US-Diskurs
darunter Pakistan und Saudi-Arabien, re- nun die »Achse des Bösen«, bestehend aus
krutiert, trainiert, bewaffnet und mit Geld Nordkorea sowie Iran und Irak, denen www
ausgestattet worden, damit sie – mit vorgeworfen wurde, den islamistischen Zu Glaubensfragen allgemein (mit Linkliste):
Washingtons Segen – in Afghanistan ge- Terrorismus der al-Qaida zu unterstützen. http://religion.orf.at
Zu Islam und westliche Welt (Diskussionsbeiträge,
gen die Sowjetarmee kämpften. Danach Seither treibt sowohl im jüdisch-christ- Veranstaltungen etc., auf Englisch):
zogen sie weiter in die Balkanstaaten und lichen Westen wie in der arabisch-mus- http://centerfordialogues.org
25
Das seltsame Innenleben der Nato
Für die USA ist das Militärbündnis, Es unterstreicht die Unteilbarkeit der halte des wiedererstarkten Russland sowie
dem immer mehr europäische Länder transatlantischen Sicherheit, billigt der Einwände von Frankreich und Deutsch-
Europäischen Sicherheits- und Verteidi- land haben dazu geführt, dass deren Auf-
beitreten, ein Instrument zur
gungspolitik (ESVP) einen Platz zu und er- nahme vertagt wurde. Die Mehrheit der
Durchsetzung eigener Ziele. Globale weitert die Aufgaben der Nato auf Entwaff- ukrainischen Bevölkerung ist gegen einen
Missionen der Nato sind durchaus nung von Konfliktparteien und die Nicht- Beitritt, und die georgische Regierung,
erwünscht – sofern sie dem Pentagon weiterverbreitung von Massenvernich- obwohl prowestlich, gilt seit ihrer militä-
tungswaffen. Das eröffnet dem Bündnis rischen Eskapade vom Sommer 2008 als
Arbeit abnehmen und europäische
die Möglichkeit von Einsätzen außerhalb unberechenbar.
Sonderwege verhindern. Europas. Zwar müsste debattiert werden, Inzwischen ist die Nato im Zuge des US-
ob die ungebremste Erweiterung und die amerikanischen Interventionsdrangs und
Funktion als Instrument der US-Außen- des »Kampfs gegen den Terror« zu einer
26
Sh emy a Isl an d
»alte Europa«, dem viel an einer Macht- bezieht die kleinen Golfemirate (Kuwait, zum Global Player würde materielle, perso-
balance mit Russland liegt, betrachtete Bahrein, Vereinigte Arabische Emirate, nelle und Planungskapazitäten binden
diese Politik reservierter. Ob sich US-Präsi- Katar) ein sowie als Beobachter Saudi-Ara- und damit auch die Entwicklung der euro-
dent Obama vom militärpolitischen Unila- bien und Oman, während der Mittelmeer- päischen Verteidigungsgemeinschaft be-
teralismus, dem Handeln auf eigene Faust, dialog seit 1994 den nordafrikanischen hindern, die für die USA so unerwünscht
abwenden und der Nato mehr abverlangen Maghreb und den Nahen Osten einbindet. ist.
wird als die Erledigung von Aufträgen aus Der Generalsekretär der Allianz schließt
dem Pentagon, hängt auch von der Glaub- die Erweiterung auf alle »Demokratien« www
würdigkeit der Nato-Partner ab. Vor allem (Japan, Neuseeland, Südkorea, Australien Institutionen:
die Verteidigungshaushalte sollen steigen, usw.) mit neuen Aufgaben nicht aus – da- www.nato.int
www.eda.europa.eu
wünscht sich die US-Seite. bei kann es sich um Wiederaufbau-Projek- Nato-Initiativen:
Trotz allem zeichnet sich eine, schon te, die Überwachung des Seehandels, www.nato.int/issues/pfp/index.html
durch ihr eigenes Gewicht in Schwung ge- Cyberdefense und die ominöse, weil www.nato.int/ici/home.htm
Kritiker:
brachte, »globale Nato« ab. Die Istanbuler interventionsverdächtige Energiesicher- www.bits.de
Initiative zur Zusammenarbeit von 2004 heit handeln. Eine solche Entwicklung www.friedenskooperative.de
27
Rüstung bietet jeden Tod
Massenvernichtungswaffen sind im fen in den letzten zwanzig Jahren insge- ßen Länder zusammen. Diese Vormacht-
Krieg das ultimative Mittel. Doch samt verringert. Diesen Rückgang kom- stellung erklärt die Bedeutung amerikani-
pensierten die Großmächte durch die ge- scher Unternehmen bei Produktion und
weitaus mehr Menschen sterben
steigerte Effizienz ihres Waffenarsenals. Vertrieb von Waffen: Von den 100 weltweit
durch herkömmliche Munition. Darin steckt eine neue Gefahr: Je genauer größten Rüstungsfirmen stammen 44 aus
Was immer eine Regierung für ihre eine Atombombe trifft und je weniger groß- den USA. Sie haben 2007 Rüstungspro-
Militärs bestellen will – Konzerne der flächig ihre Zerstörungen sind, umso mehr dukte im Wert von 212 Milliarden Dollar
sinkt die Hemmung, sie einzusetzen. verkauft und erreichten damit einen
Nato-Länder dominieren das Angebot.
Doch die Verbreitung von konventionel- Marktanteil von 61 Prozent des Umsatzes
len Waffen ist nicht weniger beunruhi- der Top-100-Verkäufer.
28
Norwegen
Deutschland Russland
Grossbritannien Österreich
Pazifischer Ozean
Irland Albanien
Luxemburg
Frankreich Japan
Spanien
USA China
San Marino Israel
Heiliger Stuhl Minen und Kriegsschäden
Atlantischer Ozean Minen
Mexiko
Niger Laos Kriegsschäden
Pakistan Indien
Sierra Leone 100 nukleare Sprengköpfe
Indischer Ozean
Streubomben
Pazifischer Ozean Herstellerländer
Gebiete mit Blindgängern
Vierzehn Staaten haben das Übereinkommen über Streumunition (CCM)
ratifiziert. Das Verbot tritt nach der 30. Ratifikation in Kraft. Weitere 94 Staaten
haben das CCM unterzeichnet (Stand: August 2009).
Osten mit Saudi-Arabien, Israel, Ägypten tung für das, was mit den Waffen ge- weniger Schiffe durch die sri-lankische Ar-
und den Vereinigten Arabischen Emiraten schieht, trägt nicht nur der Käufer, son- mee führte zu einer Unterbrechung der
(570 Maschinen). dern auch der Verkäufer. Waffenlieferungen über See an die tami-
Ähnlich sieht es bei den Raketen aus. Die militärpolitische Analyse zeigt, dass lischen Aufständischen. Daraufhin ent-
Von 1991 bis 2006 haben dem US-Kongress das größere Problem nicht die Massenver- schied sich die Regierung gegen eine poli-
zufolge die weltweit wichtigsten Hersteller nichtungswaffen sind, die wegen ihrer tische und für eine militärische Lösung
26 000 Boden-Luft-Raketen, 500 Boden-Bo- apokalyptischen Bedrohung immer im des Konfliktes. Dies mündete im blutigs-
den-Raketen und mehr als 2 700 Seeziel- Vordergrund stehen. Weit mehr Menschen ten Konflikt des Jahres 2008.
flugkörper in Entwicklungsländer ver- werden mit konventionellen, leichten und
kauft. Zwar belegen die USA und Russland kleinkalibrigen Waffen tödlich verletzt;
auf der Liste der Lieferanten die vorderen dazu gehören auch die international ge- www
Plätze, doch auch die europäischen Län- ächteten Antipersonenminen und Streu- Rüstungskontrolle:
www.sipri.org/yearbook
der spielen eine erhebliche Rolle. munition.
disarmament.un.org
Zur Verbreitung von Waffen und zur Auf- Das Kapitel über Waffenlieferungen www.smallarmssurvey.com
rüstung von Staaten gehören immer auch nach Sri Lanka im Jahrbuch 2009 des Frie- www.clusterconvention.org
die Länder, die diese Waffen liefern. Waf- densforschungsinstituts Sipri beschreibt, Informationsstelle Militarisierung:
www.imi-online.de
fenhandel ist ein wirtschaftlicher Vorgang welche Folgen auch kleinere Rüstungs- Rüstungsausgaben, aktuelle Konfliktanalysen (engl.):
mit mehreren Beteiligten. Die Verantwor- beschaffungen haben können. Der Kauf www.globalsecurity.org
0 5 10 15 20 25
29
Terrain für bewaffnete Gruppen
Der Bush-Regierung ist es nicht
gelungen, die amerikanischen Werte E in Zitat von 2007: »Vor zehn Jahren war
Europa noch das Epizentrum der ame-
rikanischen Außenpolitik. Inzwischen ist
Truppen keinen Schritt vorankommen. Im
Irak vermischt sich der Kampf gegen die
ausländischen Besatzer mit religiösen und
in den Ländern des »Großen Mittleren
alles anders. Für Präsident George W. Bush ethnischen Auseinandersetzungen. Der
Ostens« durchzusetzen. Im Gegenteil – und Außenministerin Condoleezza Rice Libanon erlebte im Sommer 2006 einen
nach acht Jahren neokonservativer nimmt der Nahe Osten den Platz ein, den von Israel geführten zerstörerischen Krieg.
Außenpolitik befinden sich mehrere Europa im 20. Jahrhundert bei den jewei- In Palästina haben jüdische Siedlungen,
ligen US-Regierungen einnahm, und das der Sperrzaun und politische Repressio-
Staaten der Region in Auflösung,
wird auch für deren Nachfolger gelten.« So nen die Aufteilung des Territoriums und
und Milizen und Piraten breiten beschrieb der damalige Staatssekretär im die Spaltung der Gesellschaft ebenso be-
sich aus. US-Außenministerium, Nicholas Burns, ein schleunigt wie der Krieg gegen Gaza in der
Jahr vor dem Ende der Bush-Ära die Welt Jahreswende 2008/2009. In die Reihe der
aus der Sicht von Washington. Der »Große verwüsteten Regionen gehören auch So-
Mittlere Osten«, der von Marokko über das malia und Darfur, auch die Attentate in
Horn von Afrika bis Pakistan reicht, war in- Pakistan und die dortigen Kämpfe gegen
nerhalb weniger Jahre zum Hauptschau- die Taliban sowie die terroristische Bedro-
platz US-amerikanischer Machtentfaltung hung in Marokko, Algerien und Tunesien.
geworden. Wegen ihrer Ölvorkommen, Die Formen der Kämpfe sind vielfältig,
ihrer strategischen Lage und wegen Israel die Beziehungen zwischen den Konflikt-
stand die Region zwar schon immer auf herden zahlreich. Waffen, Kämpfer, Takti-
der Prioritätenliste der USA weit oben. ken und Strategien passieren die zuneh-
Doch seit den Anschlägen von 2001 ver- mend durchlässigen Grenzen, manchmal
folgt Washington die politischen und so- sogar im Gefolge der hunderttausenden
zialen Vorgänge in diesem Gebiet ähnlich Flüchtlinge, die von der Grausamkeit der
minutiös wie einst die Vorgänge in seinem Kämpfe ins Exil getrieben werden. So ver-
»Hinterhof« Lateinamerika. breiten sich etwa in Algerien oder Afgha-
Der »Greater Middle East« hat sich, nach nistan andere Kampfformen, wie zum Bei-
der Anzahl der gleichzeitig stattfindenden spiel Selbstmordattentate (die es hier zu
blutigen Konflikte und der direkten Betei- Zeiten der sowjetischen Besatzung zwi-
ligung westlicher Armeen zu urteilen, fast schen 1979 und 1989 noch nicht gab, die
durchgängig in eine Kriegszone verwan- damals aber von Palästinensern in Israel
delt. Afghanistan versinkt im Chaos, wäh- verübt wurden). Gleichfalls in Afghanistan
rend die US-amerikanischen und die Nato- werden unkonventionelle Spreng- und
Brandvorrichtungen (improvised explosive
devices, IED) gegen Truppentransporter
Die Wege der »Gotteskrieger« eingesetzt, wie dies zuvor im Irak verbrei-
tet war. So entstand in den Köpfen US-ame-
a u s G r o ßb r i t a n n i e n , Fr a n k r e ic h , Sp a n i e n u n d D e u t s c h l a n d rikanischer Strategen, denen die Erfolge
Ts c h e t s c h e n i e n Usbekistan der asymmetrischen Kriegsführung zu-
Kirgisistan
setzten, die Vorstellung, dass heute von Al-
Türkei
gerien über den Libanon bis Afghanistan
Syrien tausende im Irak ausgebildete arabische,
Marokko Tunesien
Libanon Irak pakistanische und zentralasiatische
Palästina
Iran Kämpfer ausschwärmen.
Afghanistan
Algerien In der Region kommen alle erdenkli-
Libyen Pakistan
Westsahara chen Formen politischer Auflösungspro-
Ägypten Ver. Arab. Emirate
zesse vor. Somalia als »gescheiterter Staat«
Oman ist dabei nur ein Extremfall, zu dem sich
Mauretanien
Eritrea
Saudi-Arabien
aber auch Afghanistan entwickeln könnte.
Sudan Jemen Im Libanon mit seinen politisch-religiö-
sen Gruppen bleibt die Lage prekär. In
Somalia
Palästina überlebt die Autonomiebehörde
Länder und Regionen, gegen die sich der
dank militärischer und wirtschaftlicher
US-»Krieg gegen den Terror« richtet
Äthiopien
Hilfe aus dem Ausland und der Unter-
Politische Fernverbindungen stützung der israelischen Regierung. Gan-
Wege von Kämpfern, Waffen und Ideen ze Territorien, vom irakischen Kurdistan
bis zum Gazastreifen, wurden autonom
30
Rumänien Russland Aralsee
Kaspisches
Serbien Meer
Noworossiisk Ts c h e t s c h e n i e n Aktau Kasachstan Almaty
Montenegro Schwarzes Meer
Bulgarien Abchasien
Bischkek
Mazedonien Istanbul Georgien Südossetien Usbekistan
Aserbaidschan Taschkent
Tbilissi Kirgisistan
Albanien Armenien Eriwan Baku
Ankara
Türkisch- Turkmenistan China
Türkei Kurdistan Berg-Karabach Duschanbe
Griechenland Tadschikistan
Täbris Aschkabad
Ceyhan
Masar-i-Scharif Siachen-
Mossul Teheran Machhad Stammes
Nikosia Syrien Gletscher
Zypern gebiete
Kirkuk Iranisch-Kurdistan Kabul
Libanon Herat Peshawar
Damaskus Baiji
Mittelmeer Beirut Bagdad Qom Afghanistan Ka s c h m i r
Tel-Aviv Irak Iran Islamabad
Palästina Amman Kerbala Lahore
Jerusalem Kandahar
Israel Nadschaf Quetta Wasiristan
Kairo Si n a i
Jordanien
Kuwait Pakistan
Kuwait Schiras
Golf Bandar-i-Abbas
Libyen Bahrein Indien
Ägypten Saudi-Arabien Belutschistan
Manama Katar Gwadar
Doha Karatschi
Medina Riad Golf von Oman
Abu Dhabi Maskat
Ver. Arab. Emirate
Mekka
Rotes
Meer
Oman
Najran
Tschad
Khartoum Eritrea Sanaa Jemen
Asmara
Darfur
Socotra Indischer Ozean
Sudan Aden (Jemen)
Golf von Aden
Dschibuti Sanaag
Dschibuti Berbera
Hargeisa Sool
Addis Abeba Somaliland
Zentral- Südsudan Puntland
afrikanische Rep. Krisenherde
Äthiopien
aktueller Konflikt eingefrorener Konflikt
und beleben damit andere Unabhängig- stärkste westliche Armee in Schach. In in Somalia Fuß fassen konnten, zeigt nur,
keitsbestrebungen, von den türkischen Afghanistan erweist sich die Nato als un- wie destabilisierend die »Demokratisie-
Kurden bis zu den Belutschen im Iran und fähig, ihnen das Handwerk zu legen. Im rungsmission« der USA im Greater Middle
in Pakistan. Libanon hat die Hisbollah der israelischen East gewirkt hat.
Nie waren bewaffnete Gruppen so ein- Militärmacht ihre Grenzen aufgezeigt. Die
flussreich wie heute – was auch das Ver- politische Sackgasse in Palästina, das
handeln komplizierter macht. In Afghanis- Machtvakuum in den zerfallenden Staaten
tan wie im Irak und in Somalia geben sie und die militärischen Interventionen der www
überhaupt den Ton an. In Teilen des Liba- USA lieferten al-Qaida mehr Argumente, Konzept:
mepi.state.gov
non bestimmt die Hisbollah, der Gaza- als sie brauchte. Dass so viele Gruppen, die www.al-bab.com/arab/docs/international/gmep2004.htm
streifen ist fest in der Hand der Hamas. sich auf den Heiligen Krieg berufen, im Analysen:
Nichtstaatliche militärische Einheiten ha- Irak und in Afghanistan entstanden sind www.bpb.de/publikationen/
Q6E4BX,0,Demokratisierung_des_Greater_Middle_East.html
ben bereits eine furchterregende Effizienz und sowohl in den palästinensischen La- www.blaetter.de/artikel.php?pr=1811
an den Tag gelegt. Im Irak hielten sie die gern im Libanon als auch im Maghreb und mondediplo.com/2004/04/04world
31
Cyberterrorismus – eine Gefahr,
die noch keine ist
Die Aufregung um terroristische wenngleich seltener, Attacken auf Server, ren Verbündeten abzuhören, haben die
Angriffe auf das Internet hat sich bei denen diese durch Überlastung blo- Entwicklung eines Programms angekün-
ckiert werden. digt, das ihnen die Vorherrschaft im Cyber-
gelegt. Militär und Geheimdienste
Angriffe dieser Art gehen jedoch meist space sichern soll. Es orientiert sich am
beschäftigen sich mehr mit von eher jugendlichen Hackern oder klei- Manhattan-Projekt, das dem Bau der ers-
Cyberkrieg, digitaler Spionage und nen fanatischen Gruppen aus und haben ten Atombombe galt, und verfolgt mehrere
Online-Propaganda. Aber niemand noch keine gravierenden Schäden verur- Ziele: Überwachung von Suchmaschinen
sacht oder gar Todesopfer gefordert. Statt und des weltweiten Internethandels; Ent-
weiß, an welcher Schwachstelle
im Internet unkalkulierbaren, mehr oder wicklung von Trojanern, um jeden beliebi-
Terroristen ansetzen könnten. weniger virtuellen Schaden anzurichten, gen Computer kontrollieren zu können;
töten Terroristen auch vierzehn Jahre nach Erfindung eines Simulators, mit dem An-
der »Explosion« des Netzes immer noch griffs- und Verteidigungsszenarien er-
wirkliche Menschen mit wirklichen Bom- probt und militärische Cyber-Einheiten
ben. So können sie – unterstützt durch die trainiert werden können.
32
Wa iho p a i Neuseeland
Das Abhörnetz Echelon
Australien Hauptakteure
USA: National Security Agency
Gerald ton
Großbritannien: Government Communications Headquarters
Shoal Bay Kanada: Centre de la sécurité des télécommunications
Australien: Defense Signals Directorate
Neuseeland: Government Communications Security Bureau
Frenchelon ist ein Echelon ähnliches, aber kleineres Spionagenetz.
Indonesien
Nutznießer
Echelon-Satelliten
Bodenstationen
Indischer Ozean
Indien
Mayotte
Südkorea
Japan China Pakistan
Nordkorea
M i sawa
Iran
Syrien
Georgien
Russland Türkei
Libyen
Estland
Bad Aibling
Deutschland
Norwegen
Nordpolarmeer Grossbritannien
Menwith Hill Frankreich
Mor w e n s tow Cyberwelt
Weitere Staaten, die sich mit Cyberkrieg befassen
Gebiet des französischen Spionagenetzes Frenchelon
Atlantischer Ozean Länder, die angeblich Cyberterrorismus unterstützten
Länder, die Opfer von Cyberattacken wurden
Kanada
Kou rou
(Gu yan a)
Leitrim Sai nt-Bar th él e my
Mexiko
Pazifischer Ozean
33
Das Handy drängt Netz-Nutzer
ins Internet
Nutzer profitieren von der
Die digitale Revolution hat den nicht auf nationale Netze beschränkte In- schnellen Resonanz
ständigen Verfügbarkeit
globalen Weltmarkt erst möglich ternet private, berufliche und kommerziel- großen Reichweite
le Beziehungen auch über die Kontinente wechselseitigen Information
gemacht. Informations- und
hinweg knüpft und aufrechterhält. Doch
Kommunikationsnetze sind selbst dringt in dieses »Informationsparadies« Öffentlichkeit
zum weltumspannenden Geschäft zunehmend die sich ausbreitende Cyber- Studierende
geworden. Internet und Handy kriminalität ein, die eine Bedrohung der Forscher
Funktionalität des Systems darstellt.
haben sich in den Industrieländern Einzelpersonen
Die Zahl der Internet-Server ist inner-
durchgesetzt – aber noch längst halb von fünfzehn Jahren von einer Hand- Aktivisten
nicht im globalen Maßstab. voll auf nahezu sechs Millionen weltweit Reisende
gestiegen. Doch im internationalen Ver- Künstler
gleich gibt es viele Ungleichheiten. Im glo-
Internationale Organisationen
Parteien, Gewerkschaften,
Verbände
Bürgernahe Dienstleistungen
(Gesundheit, Erziehung, Soziales, Steuern)
Polizei
Armee
34
Netz-Nutzung
Microsoft
Kaufen
eBay
Amazon
Google
Suchen
Kein Markt wächst so schnell wie der für schlaggebende Faktor ist die demogra-
Baidu (China)
Internet-Soft- und -Hardware, die sowohl fische Entwicklung. Sie führt dazu, dass
Windows Live
von individuellen Verbrauchern nachge- die Dominanz des Englischen sowie der
Google News
fragt werden als auch auf industrieller Ebe- Anteil der in den USA installierten Server
ne mit Serverzentren und der dazugehöri- kontinuierlich abnimmt. Hinzu kommt,
BBC gen Software eine große Rolle spielen. Mit dass ein großer Teil der Datenströme in-
Nachrichten interkontinenaler Online-Datenverarbei- zwischen nicht mehr durch die USA fließt.
CNN tung und Auftragsabwicklung über das In- Für die Weltmacht wirft das neue geostra-
New York Times ternet sind ganz neue Wirtschaftszweige tegische Fragen auf. Immerhin hat sie die
entstanden. Doch die digitale Kluft ist tief. Entwicklung von Kommunikationssyste-
Yahoo News In Afrika haben lediglich 5,3 Prozent der men wie dem Spionagenetz Echelon und
MSNBC Bevölkerung Zugang zum Internet. Hier ihrer geheimdienstlichen Aufklärung zu
wirkten insbesondere die Monopole für einem zentralen Element ihrer militä-
Yahoo
Telefon- und Netzanbieter verheerend. All rischen Vorherrschaft gemacht.
Online-Portale
das verschärft die ohnehin bestehenden Mit Zahlen lässt sich jedoch nur ein Aus-
MSN
Probleme des Kontinents – schließlich ist schnitt der Internetnutzung beschreiben.
Sina (China)
ohne funktionierende Internet-Kommuni- Das Netz bietet viele neue Ausdrucksmög-
FE2 (Japan)
kation kaum noch ein Zugang zu den inter- lichkeiten, jeden Tag kommen weitere
Gmail
nationalen Märkten möglich. Blogs, Websites etc. hinzu. In der Industrie
Yahoo!Mail
Auch zwischen den asiatischen Ländern setzen sich innovative Anwendungen dage-
Mail
bestehen große Gefälle: In Japan und Süd- gen sehr viel langsamer durch. Die Unter-
Hotmail
korea nutzen 70 Prozent der Bevölkerung nehmen haben längst nicht alle neuen
GG (China)
das Internet. Seit Juni 2008 ist China mit Möglichkeiten der Produktion, Koordina-
@mail.ru (Russland)
19 Prozent das Land mit den meisten Nut- tion und Transaktion umgesetzt.
zern. In Indien mit seiner starken IT-In- Für die Schwellenländer öffnen Soft-
Wikipedia dustrie steigt die Zahl der User ähnlich ware-Innovationen, die sich im Nu über
Information stark. Die Internet-Durchdringung liegt den Globus verbreiten, womöglich neue
trotzdem bei nur 5,2 Prozent, und damit Chancen: Wenn sie es schaffen, deren
IMDb knapp unter dem afrikanischen Wert. Der Anwendungsmöglichkeiten für sich zu
Vergleich mit Russland (23 Prozent), Brasi- nutzen, können sie auch wirtschaftlich
YouTube lien (24 Prozent), Südafrika (10 Prozent) und politisch den Anschluss an die Indus-
Datenaustausch oder Nigeria (20 Prozent) zeigt die Unter- trieländer finden. Der schnelle digitale
Flickr schiede zwischen den Schwellenländern. Anschluss weiter Teile des ehemaligen
Rapidshare Während sich in den westlichen Län- Ostblocks hat dies gezeigt. Auch China
dern der Breitbandanschluss immer mehr schreitet voran und hat eine eigene Mobil-
MySpace
durchsetzt und Fernsehsendungen und Vi- funktechnik auf den Markt gebracht. Weil
Facebook deos auch im Internet übertragen werden, sich das Handy nicht nur in den Industrie-
Soziale Netze liegt im globalen Maßstab der Schwer- ländern, sondern global zum vorerst wich-
hi5 punkt des Netzgebrauchs beim weniger tigsten Endgerät des digitalen Zeitalters
datenintensiven Chatten und Bloggen. entwickelt, könnten die chinesischen
Vkontakte (Russland) Das kalifornische Unternehmen Google Produkte zu den Schlüsseltechnologien
besitzt inzwischen ein Quasimonopol bei des kommenden Jahrzehnts aufsteigen.
Twitter den Suchmaschinen. Ausnahmen sind
Direktkommunikation China, wo 61 Prozent der Anfragen an die
Skype Suchmaschine Baidu gerichtet werden,
PartyPoker
Südkorea, wo Naver mit 73 Prozent, und www
Russland, wo Yandex mit 44 Prozent die Statistik:
Spiele meistfrequentierten Suchmaschinen sind. www.internetworldstats.com
Auch sprachlich bildet das Netz Konzen- www.alexa.com
GameSpot
Institutionen:
trationsprozesse ab: 29,4 Prozent der In- www.itu.int, www.intgovforum.org, www.idate.org
Wordpress ternetbenutzer schreiben auf Englisch. www.icann.org
Blogs Chinesisch holt wie in allen Bereichen Nachrichten:
www.heise.de/newsticker
Blogger rasant auf und wird mittlerweile von Digitale Kluft:
18,9 Prozent der User verwendet. Der aus- socio.ch/intcom/t_vandepol.htm
35
Die Europäische Union auf
dem Weg zur Großmacht
Die EU sucht weiterhin nach ihrer bund noch Bundesstaat. Vor allem aber sion, die von Washington inspiriert wurde.
Identität. Dabei müht sie sich wird sie üblicherweise als »politischer Sie läuft darauf hinaus, den nach 1945 in
Zwerg« betrachtet. Westeuropa begonnenen und nach 1989–
um Einigkeit und Ausgleich.
Letztere Einschätzung resultiert in ers- 1991 in Richtung Osten fortgeführten Sta-
So kann sie die Spielregeln in ter Linie aus einem impliziten oder explizi- bilisierungs- und Demokratisierungspro-
der Welt mitbestimmen. ten Vergleich mit den USA. Der pflicht- zess zu vollenden. Ihr Fernziel ist, den ge-
schuldige Bezug auf den amerikanischen samten Kontinent unter dem Dach der EU
Verbündeten ist in der EU zu einer derart zu integrieren, und zwar unter Einschluss
festen Größe geworden, dass er selbst der Türkei und der Kaukasusregion, aber
noch die wirtschaftspolitische Zielsetzung unter Ausschluss Russlands.
der so genannten Lissabon-Strategie inspi- Es wäre also höchste Zeit, dass die Euro-
riert, die mit ihrer Förderung eines nach- päer sich selbst darüber klar werden, wie
36
Zivile oder militärische EU-Missionen,
laufend oder abgeschlossen
Kanada
Bilaterale Einzelabkommen
Afrikanische Friedensfazilität
USA (Mittel für die Afrikanische Union)
Mexiko
Asien-Europa-Treffen
Russland
China
Karibik
Georgien
Europa
Afghanistan
Indien Aceh
Irak Iran
Indonesien
Golfstaaten
Palästinensisches Autonomiegebiet
Jemen
Guinea-Bissau Sudan
Brasilien Horn von Afrik a Si eh e au ch Kar te au f Sei te 111
Darfur
Tschad
Europäische Union
Europäischer Wirtschaftsraum
Dem. Rep. Kongo Schengen-Raum und Nordeuropäische Passunion
Erweiterung
Strategische Partnerschaft, Abkommen über Beitrittskandidaten
Wirtschaft, Entwicklung und Zusammenarbeit Bewerberländer mit Stabilisierungs-
Transatlantische Partnerschaft und Assoziierungsabkommen
Südafrika
Partnerschafts- und Kooperationsabkommen Die EU ist und war in zahlreichen Missionen in Bosnien und Herzegowina,
Mazedonien und Kosovo aktiv, ferner in Georgien und Moldawien.
Euro-mediterrane Partnerschaft; Union für das Mittelmeer, südliche Anrainer
Missionen außerhalb Europas: Demilitarisierung in Aceh (Indonesien),
Abkommen über Zusammenarbeit mit dem Golf-Kooperationsrat Krisenintervention im Kongo, Sudan und Tschad, Rechtsstaatsmission im
Irak, Polizeimission in Afghanistan, Überwachungsmissionen in Palästina
Östliche Partnerschaft und Guinea-Bissau, Militärmission gegen Piraterie vor der Küste Somalias.
Cotonou-Abkommen mit 79 AKP-Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifiks Kuba und die EU haben ihren politischen Dialog wieder aufgenommen, ein
neuer Wirtschaftsdialog mit Israel hat begonnen.
Traceca (Transport Corridor Europa-Caucasus-Asia), »neue Seidenstraße«
tion ganz eigener Art, die auf Rechtsstaat- Festlegung EU-verbindlicher Wettbewerbs- voran. In einer Welt, in der die Macht zu ei-
lichkeit und Kompromissfindung zwi- regeln, wenn etwa die EU-Kommission ner relativen Größe geworden ist, hat die
schen den Mitgliedstaaten gründet und in Microsoft wegen seiner Monopolprakti- EU gute Chancen, die unentbehrlichen in-
einem mühsamen Prozess ihre gemein- ken bestrafen oder gemeinsame Stan- ternationalen Regeln maßgeblich mitzu-
samen Interessen ermittelt und entspre- dards bis hin zu einheitlichen Buchhal- gestalten. Und sei es nur, weil sie der größ-
chend handelt. tungsregeln beschließen kann. te Markt der Welt ist und darauf verweisen
Diese beiden limitierenden Faktoren er- Normativen Ehrgeiz zeigt die EU auch kann, dass sie die weitaus größte Erfah-
klären, weshalb sich die EU zuallererst als bei Verhandlungen im Rahmen der Welt- rung mit demokratisch legitimierten, re-
zivile Macht versteht, auch wenn sie heute handelsorganisation (WTO) oder wenn sie gionalen Integrationsprozessen hat. Die
so viele Truppen wie nie zuvor in militä- einen Rahmen für die europäische Ener- ökonomische und politische Integration
rische Auslandseinsätze geschickt hat, sei giesicherheit entwirft. Auch in anderen in- der EU mag noch längst nicht abgeschlos-
es im Rahmen eines Nato-Mandats oder ih- ternationalen Gremien ist die EU bestrebt, sen sein, aber Prozesse zeichnen sich da-
rer eigenen gemeinsamen Sicherheits- gemeinsame Positionen einzubringen. durch aus, dass sie eine Richtung haben.
und Verteidigungspolitik (ESVP) oder Zum Beispiel in der Diskussion über Men-
auch der UN. Was ihre Aktionen aber vor al- schenrechte auf UN-Ebene, in der eine ver-
lem kennzeichnet, ist deren normative eint auftretende EU – zusammen mit den
www
Institutionen:
Basis. Die EU handelt vorzugsweise als nor- Staaten Lateinamerikas – eine echte Vor- europa.eu
mative Macht, also mit klarer rechtlicher reiterrolle übernommen hat. europarl.de
Definition ihrer Aufträge. Woran es noch immer mangelt, ist die epp.eurostat.ecv
europa.eu
Die Fixierung auf rechtliche Regeln zeigt Artikulation und Durchsetzung gemein- www.coe.int
sich auch in der Umweltpolitik der EU, samer europäischer Interessen. Aber auch www.osce.org
wenn sie mit den anderen Staaten über bei dieser Aufgabe kommt die EU, obwohl Darstellungen und Analysen:
www.robert-schuman.eu
Ziele verhandelt, die zuvor von 27 Mitglied- sie diese in ihrem ersten Strategiepapier www.attac-netzwerk.de/eu-ag/
staaten beschlossen wurden, oder bei der von 2003 nur zweimal erwähnt, allmählich www.bpb.de
37
USA – eine Marke ist beschädigt
George W. Bush hat Barack Obama
das Land in einem denkbar W ährend seines Wahlkampfs plädier-
te der amerikanische Präsident für
eine »sanfte« Einflussnahme. Er forderte
heit der Auffassung, die USA spielten eine
positive Rolle in der Welt. In Nato-Ländern
wie Deutschland, Großbritannien und
schlechten Zustand übergeben.
eine »bescheidene« Außenpolitik, die »das Frankreich waren 70 und mehr Prozent der
Die Zeit der »hard power« ist damit amerikanische Wesen spiegelt, die Be- Befragten vom Gegenteil überzeugt. Zwi-
vorbei. »Soft power« soll nun das scheidenheit wirklicher Macht, die Demut schen 60 und 80 Prozent der Pakistaner,
Ansehen der USA in der Welt wahrer Größe«. Er beteuerte, mit der Arro- Türken und Libanesen betrachteten die
ganz seines Vorgängers brechen zu wollen, USA sogar als Feind. »Alle wollen geliebt
verbessern. Es reicht aber nicht,
der »Amerikas Bündnisse geschwächt, werden«, kommentierte das US-Außen-
dass ein populärer Präsident seinen seine Freunde verprellt und seine Gegner ministerium die Umfragewerte am 2. April
Respekt für den Islam bekundet. Nötig bestärkt« habe. Von wem stammen diese 2008 scheinheilig gegenüber BBC: »Aber
ist auch eine verantwortungsvolle Worte? Von Barack Obama? Nein, von wir sind eine Supermacht, wir tragen eine
George W. Bush, der im Wahljahr 2000 enorme Verantwortung. (…) Deshalb be-
internationale Wirtschaftspolitik.
den Amtsinhaber Bill Clinton der Über- obachtet der Rest der Welt uns auch schär-
heblichkeit, der Inkompetenz und des un- fer als jedes andere Land.« Ronald Reagan
freiwilligen Paktierens mit dem Feind pflegte zu sagen: »Wir wollen nicht geliebt,
bezichtigte. wir wollen respektiert werden.«
Doch Bushs Präsidentschaft brachte Aber sowohl in der Diplomatie wie im
nicht nur das Scheitern der auf die Mecha- Geschäftsleben ist es oft nützlich, nicht
nik der Macht setzenden hard power, die allzu sehr verhasst zu sein, zumal wenn
durch die Finanzkrise sowie den militä- man nicht mehr gefürchtet wird. Nach und
rischen Misserfolg im Irak und in Afgha- nach greift die Ahnung um sich, dass die
nistan erschüttert wurde. Clintons Nach- USA in zwanzig Jahren nicht mehr die vor-
folger verursachte auch den rasanten herrschende Weltmacht sein werden, dass
Prestigeverlust des »amerikanischen We- das »amerikanische Jahrhundert«, das
sens« im Ausland. Am Ende von Bushs nach dem Ersten Weltkrieg begann, sich
zweiter Amtszeit war das Ansehen der USA seinem Ende nähert und von einer asiati-
derart gesunken, dass Verteidigungsmi- schen Ära abgelöst wird.
nister Robert Gates das Entstehen einer Am Ende von Bushs zweiter Amtszeit war
»multipolaren Welt« zugeben musste. Ihm der Respekt gegenüber den USA und ihrem
blieb auch gar nichts anderes übrig, als im Präsidenten weitgehend verspielt. Die
November 2008 die G-20-Länder, darunter Statue of Liberty als Symbol der Freiheit
Brasilien, Russland, Indien und China, in und der Auftrag, die Demokratie in der
Washington zusammentrafen, um über Welt zu verbreiten – ein solches Selbstver-
Maßnahmen gegen das durch die Wall ständnis ist unvereinbar mit den Zustän-
Street verursachte ökonomische Desaster den in den Gefängnissen von Abu Ghraib
zu beraten. und Guantánamo, mit Folter und der Auf-
Im Frühjahr 2008 war lediglich noch in fassung, amerikanisches Recht stünde
Indien und Niger eine Bevölkerungsmehr- über internationalem Recht.
Positive Einstellung gegenüber den USA in Die Einstellung gegenüber den USA im Verlauf der Jahre 2000 bis 2008, in Prozent
ausgewählten Ländern, Befragte in Prozent Verbesserung
90 Libanon 2
Tansania 2
+ 20 Südkorea Nigeria
80 Russland
+ 10
70 Indien 1
Japan 0
2
60 – 10 Südafrika
2
Deutschland Jordanien
1
50 Grossbritannien – 20 Brasilien
Mexiko Spanien
40 – 30 Japan Polen
Frankreich Argentinien Frankreich Positive Einstellung 2008, in Prozent:
30 – 40
Grossbritannien
Argentinien mehr als 50
– 50 Indonesien
20
Türkei Türkei 30 bis 50
– 60 Deutschland
10 weniger als 30
Verschlechterung
0
2000 2002 2004 2006 2008 1. Umfragen überwiegend unter Stadtbewohnern. 2. Verlauf der Jahre 2002 bis 2008.
38
Auslandsstudenten an US-Universitäten seit 1955
Hunderttausend
7
Kanada Südkorea 6
Grossbritannien Drei Prozent der insgesamt
Frankreich China in den USA Studierenden
Japan
USA Türkei
Nepal 5
Taiwan
Saudi-Arabien Hongkong 4
Mexiko Indien
Vietnam
Kolumbien 3
Nigeria
Thailand Zwei Prozent der insgesamt
Brasilien in den USA Studierenden
Indonesien 2
95
50
1
30
10
0
1955 1960 1970 1980 1990 2000 2007
Anzahl der in den USA eingeschriebenen Studenten
in Tausend
Pädagogik
Naturwissenschaften und Medizin Kunst und Architektur
Betriebswirtschaft Ingenieurwissenschaften Sozialwissenschaften Gesundheitsberufe Agrarwissenschaften
20 17 9 9 8 6 5 5 3 3 2
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 %
Beliebteste Fächer von Auslandsstudenten 2007/2008 Mathematik und Informatik Geisteswissenschaften
Englisch
Wo die ausländischen Studierenden in den USA herkommen
Kein Wunder, dass die USA auch von Frauenzeitschrift Elle formulierte: »Seit schaftssystem. Davon sind die USA aber
ihrer soft power einiges eingebüßt haben. Obama zum Präsidenten gewählt wurde, noch sehr weit entfernt.
Internationale Juristen, meldete die New besitzt der Stil der USA wieder eine ver-
York Times 2008, bezögen sich in ihren Ur- rückte Note!« www
teilen mittlerweile weniger auf US- Doch Popularität ist eine flüchtige Ange- Soft Power:
www.huffingtonpost.com/joseph-nye/barack-obama-and-
Beschlüsse, sondern verstärkt auf Entschei- legenheit. Viel schwerer ist es, Einfluss zu- soft-pow_b_106717.html
dungen des Europäischen Gerichtshofs. rückzugewinnen. Dieser setzt Respekt vo- www.whitehouse.gov
Ähnlich sieht es beim radikalen Wirt- raus, und den hat Obama gegenüber den Medien:
www.thenation.com
schaftsliberalismus der Chicagoer Schule arabischen und islamischen Ländern www.michaelmoore.com
aus, der auch nicht mehr richtungsweisend durch seine Rede in Kairo im Juni 2009 www.motherjones.com
ist. bewiesen. Aber zu Einfluss gehört auch Think-Tanks und Analysten:
www.worldpublicopinion.org
Stellen wir uns einmal vor, sämtliche Macht – und die erfordert, wenn sie soft www.pewresearch.org
Koryphäen aus der Werbe- und Kommuni- und nicht hard sein soll, ein solides Wirt- www.foreignpolicy.com
kationsbranche der USA würden sich ver-
sammeln, um darüber nachzudenken, wie
die amerikanische soft power – der Begriff Was die größten Medienkonzerne der Welt einnehmen
stammt vom US-Politologen John Nye – wie-
USA Umsatz 2007
derherzustellen sei. Diese Experten hätten
andere in Mrd. US-Dollar
die Entwicklung der »Marke Amerika« ana-
0 5 10 15 20 25
lysiert. Sie hätten ein beschädigtes, zerstör- Disney
tes Image entdeckt. Und wie hätte ihr Vor-
Time Warner
schlag gelautet? Obama for president.
Sony (Japan)
Nun versuchen die USA, ihr Image vom
News Corp.
willkürlichen, repressiven, unilateralen
DirectTV Group Inc.
Staat zu bereinigen. Der junge Präsident,
noch dazu ein Afroamerikaner, verkündet Nintendo (Japan)
39
Lateinamerika entzieht sich den USA
Jahrzehntelang war Lateinamerika reich: Als im Juli 2009 der gewählte linke Die links regierten Länder Kuba, Boli-
ein Nebenschauplatz des Kalten Präsident Zelaya durch einen Putsch ver- vien, Nicaragua, Venezuela (und auch
trieben wurde, lagen zumindest die inter- Honduras) haben sich geopolitisch einen
Krieges, auf dem sich Revolten,
nationalen Sympathien auf Seiten des ge- eigenen Raum eröffnet: die Bolivariani-
Staatsstreiche und Diktaturen wählten Staatschefs. sche Alternative für Amerika (ALBA). Die
abwechselten. Die 1990er-Jahre Die zwanzigjährige Ära des Neoliberalis- Nähe dieser Abkürzung zur spanischen Be-
brachten mehr Demokratie, mus geht zu Ende. Die Karten sind neu zeichnung ALCA für die Gesamtamerikani-
gemischt. Dabei schaffen diese neuen Re- sche Freihandelszone FTAA ist durchaus
aber auch eine brachiale
gierungen keineswegs den bürgerlichen beabsichtigt.
neoliberale Wirtschaftspolitik. Staat ab, sondern respektieren insgesamt Es gibt aber auch gemeinsame Projekte
Heute befindet sich der einstige den Privatbesitz von Produktionsmitteln mit den »Gemäßigten«, wie die im Jahr
Hinterhof der USA im Aufbruch und die Regeln der Demokratie. 2007 gegründete, aber noch nicht tätige
Die Länder der eher sozialliberalen Ach- Bank des Südens (Banco del Sur), die die
zu eigenen und unabhängigen
se, zu der Chile, Brasilien, Uruguay, Argen- Abhängigkeit von IWF und Weltbank min-
regionalen Organisationen. tinien und Paraguay zählen, machen in Sa- dern soll und an der Argentinien, Brasi-
chen Menschenrechte große Fortschritte lien, Uruguay, Paraguay, Ecuador, Vene-
und unterfüttern ihre Wirtschaftspolitik zuela und Bolivien beteiligt sind. TeleSUR,
mit zahlreichen sozialen Maßnahmen. Al- ein internationaler lateinamerikanischer
Große und kleine Länder … mit unterschiedlicher Wirtschaftskraft … haben mit ihren Exporten …
Wichtigste Zielländer
der Exporte
USA
Lateinamerika
1150–3000 Lateinamerika,
gefolgt von den USA
Bevölkerung 3000–5000 (mindestens 30%)
in Millionen 5000–8000 Europäische Union
8000–11 500 Europäische Union,
gefolgt von den USA
11 500–13 000 (mindestens 20%)
Bruttosozialprodukt pro Kopf Asien
10 50 100 190
kaufkraftbereinigt, in US-Dollar Sonstige
40
800 Millionen Menschen bilden sollte, hat
inzwischen Schiffbruch erlitten. Ein Kontinent vernetzt sich
Dagegen wurde am 23. Mai 2008 in
Aktuelle Regierungen
Brasília die Gründungsurkunde für die
Rechte oder Mitte-rechts-Regierungen
Union Südamerikanischer Nationen un-
Wahlsiege von linken oder Mitte-links-Parteien seit 2000
terzeichnet. Zur ersten Vorsitzenden der
Kommunistisch, seit 1959 im Visier der USA
Unasur, die einen autonomen politi-
schen und wirtschaftlichen Zusammen- Regionale Vereinigungen
schluss darstellt, wurde die chilenische Union Südamerikanischer Nationen (Unasur)
Präsidentin Michelle Bachelet bestimmt. Mercosur
Schwieriger ließen sich die Verhandlun-
Andengemeinschaft (Comunidad Andina, CAN)
gen über die Einrichtung des Südamerika- USA Kuba Bolivarianische Alternative für Amerika (ALBA)
nischen Verteidigungsrates (CSD) an, der
weniger als Militärbündnis denn als multi-
lateraler Mechanismus gedacht ist, um
Konflikte zu verhindern oder sogar zu lö-
Miami
sen. Das Projekt wurde von Hugo Chávez Bahamas
Golf von Mexiko
angestoßen und von Lula da Silva voran- Atlantischer Ozean
getrieben, was ein Grund dafür ist, dass
Kuba Dominikanische
Kolumbiens Präsident Alvaro Uribe die Be- Haiti Republik
Mexiko
teiligung ablehnt. Belize
Honduras Dominica
Auch ältere regionale Institutionen wie
Guatemala Nicaragua
die Andengemeinschaft (CAN) und der ge- El Salvador San Caracas
meinsame Markt Mercosur gewinnen wei- André s 1 Georgetown
Panama nach
ter an Bedeutung. Dabei machen sich aller- Costa Rica Venezuela
Paramaribo
Spanien
Guyana
dings immer wieder die Unterschiede und Pazifischer Ozean Panama Medellín
(Frankreich)
Misshelligkeiten zwischen »Radikalen« Bogotá
Surinam
Cali
und »Gemäßigten« bemerkbar, zum Bei- Guyana
spiel beim Rückzug des argentinischen Kolumbien
Quito
Vizechefs aus der TeleSUR-Sendezentrale Ecuador
Konflikte und Spannungen
in Caracas. Auch die Rivalitäten, die sich
Grenzanlagen der USA: Amazonien
an Brasiliens expansiver Energiepolitik Mauern, Zäune, Überwachung
entzünden, bergen einigen Zündstoff. durch elektronische und Peru
Infrarot-Detektoren (geplant
Für die Zukunft kann man davon ausge- ist der Bau einer 4,5 Meter
hen, dass die modifizierte US-Außenpoli- hohen Mauer auf einer Länge
von 1150 Kilometern) Lima
Brasília
tik von Präsident Obama nicht ohne Ein-
Eingefrorene Konflikte oder Bolivien
fluss auf die Konfliktlinien in Lateiname- Grenzstreitigkeiten La Paz Brasilien
rika bleiben wird. Im Zuge dieser Entwick- Andauernde bewaffnete Konflikte
lung ist zu befürchten, dass die Auseinan- Zielrichtung US-amerikanischer Rio de Janeiro
dersetzung zwischen dem radikalen und Destabilisierungsversuche Paraguay
dem gemäßigten linken Lager an Schärfe São Paulo
Migrationsströme Asunción
zunimmt. Begehrte Ressourcen
Chile
www
Aktuelles auf Deutsch: Falklands/Malvinen 2
www.npla.de
Bankreserven Aktuelles auf Spanisch und Englisch:
in Mrd. US-Dollar www.alainet.org
200 Monatszeitschrift mit Archiv:
www.lateinamerikanachrichten.de
75
Informationsstelle Lateinamerika:
20 www.ila-web.de
5
1 Mercosur:
www.mercosur.int
keine Angaben
41
China und Indien – zwei Riesen
verändern die Welt
Die beiden bevölkerungsreichsten rück. Zwar haben diese Riesenländer et- den chinesische und indische Banken von
Länder der Welt sind noch immer von liche Milliardäre – 2007 waren es 53 in In- der Krise insgesamt profitieren.
dien und 49 in China. Aber 47 Prozent der Besondere politische Bedeutung kommt
Armut geprägt. Aber in der Geopolitik
Chinesen und 80 Prozent der Inder leben einem Krisenfonds zu, in den bis Ende
führt kein Weg mehr an ihnen vorbei. von weniger als zwei Dollar am Tag. 2009 dreizehn asiatische Länder rund
Und die Wirtschaftskrise stärkt ihr Von der Finanz- und Wirtschaftskrise 90 Milliarden Euro einzahlen wollen –
Selbstbewusstsein. blieben auch diese beiden Länder nicht neben Japan, Südkorea und China auch
verschont. China konnte allerdings schon die zehn Mitglieder der südostasiatischen
aus der Asienkrise lernen, die 1997/1998 Asean-Gruppe. Ziel ist die Verhütung er-
Japan und die asiatischen Tiger- und Dra- neuter Zahlungsengpässe und hoher
chenstaaten erschüttert hatte. Das veralte- Wechselkursschwankungen, wie 1998, als
42
Sachalin
Russland ( Ru s s l a n d )
Ku r i l e n
Russland
Ulan-Bator
Kasachstan
Mongolei
vo m Kasp isch en M e er D i e s e s S e e g e b i e t w i r d v o n To k i o
»J a p a n i s c h e s M e e r« , v o n S e o u l
Nordkorea » O s t m e e r« g e n a n n t .
Peking
Dokdo-Inseln
( Ta ke s h i m a )
Usbekistan Kirgisistan Xinjiang Japan Pazifischer Ozean
Qingdao Südkorea
Turkmenistan Tadschikistan
Siachen-Gletscher
China
A k s a i Ch i n Schanghai
Afghanistan Ka s c h m i r
Tibet
S e n k a ku - I n s e l n
( D i a oy u )
Iran Pakistan
Nepal Bhutan Kunming Okinawa
(Japan)
Q u e m oy - u n d - Taiwan
Bangladesch A m oy - I n s e l n
vo m Vietnam B a s h i -S t r a ße
Per sisch en Gw a d a r Ch i t t a g o n g
Laos Nördliche Marianen
Go l f ( U SA )
Indien Birma Vientiane H a i n a n
Sittwe
Rangun Guam
Pa r a c e l s
Manila ( U SA )
( Xi s h a )
Ko k o s - Thailand VI I . U S - Fl o t t e
Golf von Oman inseln i m We s t p a z i f i k
Golf von Kambodscha
Bengalen Philippinen
Bangkok
Fi e r y - Cro s s
Spratley-
V. U S - Fl o t t e i m I n d i s c h e n Inseln Mindanao Föderierte Staaten
O ze a n , Pe r s i s c h e n G o l f Sri Lanka Isthmus ( Nansha) von Mikronesien
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S t r a ße v o n M a l a k k a Singapur
Marao Malaysia
aus Af rika
Diego Garcia Indischer Ozean
( G r o ßb r i t a n n i e n ) aus L a tein am erika
erkannten Nuklearmacht angeboten. Der die Rüstung (2,0 Prozent seines BIP) und weise nur deswegen die Atombombe will,
Trick: Indien braucht, um diesen Status zu steht damit weltweit auf dem zweiten Platz um sie gegen Lebensmittel für seine Bevöl-
erwerben, den Atomwaffensperrvertrag hinter den USA mit 607 Milliarden Dollar kerung eintauschen zu können – nachdem
nicht zu unterzeichnen, stimmt aber In- (4,0 Prozent des BIP). Auf Platz 7 folgt die Führung in Pjöngjang endlich die Auf-
spektionen durch die Internationale Atom- Japan mit 46,3 Milliarden Dollar (0,9 Pro- merksamkeit des neuen US-Präsidenten
energiebehörde zu, die dem Standard für zent des BIP), und auf Platz 10 liegt Indien Obama erregt hat.
Atommächte entsprechen. Doch der Plan mit 30 Milliarden Dollar (2,5 Prozent des
ging nicht auf – 2008 wurde ein Jahr der BIP). Südkorea auf Platz 11 gab 2008 rund
politischen Annäherung zwischen China 22,3 Milliarden Dollar (2,7 Prozent des www
und Indien. Auch Japan hat seine Kontakte BIP) aus. Und in Pakistans Ausgaben von Institutionen:
www.aseansec.org
mit den beiden Giganten intensiviert. 4,2 Milliarden Dollar stecken nicht nur www.apec.org
Wie wichtig diese bilateralen und multi- 3,1 Prozent der nationalen Wirtschaftsleis- www.sipri.org
lateralen Dialoge sind, zeigt sich an den ex- tung, sondern auch die Kosten für die Forschung und Information:
www.asienhaus.de
orbitanten Militärausgaben. China inves- Atombombe. Gar keine Zahlen gibt es für www.ifw-kiel.de
tierte 2008 rund 85 Milliarden US-Dollar in Nordkorea, das, so scheint es, paradoxer- www.feer.com
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