Regionalsprachen im Programm der PSOE geben einem Verein aus der Provinzhauptstadt Hoffnung Nicolas Hock MÁLAGA
José Antonio Sierra glaubt, sei-
nem Wunschtraum so nahe wie nie zuvor zu sein. Jahrelang hat er sich dafür eingesetzt, dass in den öffentlichen Bildungsein- richtungen in Andalusien und speziell in Málaga auch die spa- nischen Regionalsprachen Kata- lanisch, Baskisch und Galicisch unterrichtet werden. Er hat zu diesem Zweck einen Verein ge- gründet, der sich „Asociación Diversidad y Convivencia“ (Verein für Vielfalt und Zusam- menleben) nennt, und im Rah- men dieser Vereinigung etliche Werbekampagnen für sein An- liegen gestartet. Er hat sich an Politiker gewandt und an die Medien, in denen er mit Aussa- gen wie „Es ist paradox, wenn man selbst in ausländischen Städten wie Berlin, Brüssel oder Die Schüler der Escuela Oficial de Idiomas in Málaga können derzeit zwischen zwölf Sprachen Kairo die spanischen Regional- wählen. Die spanischen Regionalsprachen sind allerdings nicht dabei. Fotos: nic sprachen lernen kann, aber nicht in Málaga“ für Aufmerk- samkeit sorgte. partei PP, das Linksbündnis Iz- spanische Verfassung mitge- sprache den Status einer offiziel- Bis vor wenigen Monaten quierda Unida und die aus der bracht und liest aus Artikel drei len Amtssprache neben dem von stießen die Forderungen von Jo- PA hervorgegangene Andalu- vor: „Das Kastilisch ist die offi- allen Spaniern gesprochen Kasti- sé Antonio Sierra bei den politi- sien-Koalition CA – hatte José zielle Staatssprache. Alle Spanier lisch erhielt. 1982 wurde auch schen Entscheidungsträgern auf Antonio Sierra angeschrieben, sind dazu verpflichtet, sie zu in der autonomen Region Va- taube Ohren. Nirgendwo in doch nur die Sozialisten hatten kennen und sie zu benutzen. Die lencia das Valencianisch zur of- ganz Andalusien wurden neue seine Forderung in ihr Pro- übrigen spanischen Sprachen fiziellen Sprache erklärt und Kurse für die Regionalsprachen gramm aufgenommen. Als dann sind ebenfalls offizielle Sprachen 1990 das Aranesisch im Valle de eingerichtet. Einzig in der Uni- am 9. März die andalusische in den autonomen Regionen so- Arán in der nordspanischen Re- versität von Granada besteht PSOE unter Manuel Chaves fern dies in den jeweiligen Auto- gion Aragón. Da jedoch ersteres seit einigen Jahren ein Lehrstuhl, auch noch die andalusischen nomie-Statuten festgeschrieben dem Katalanisch stark verwandt an dem Katalanisch und Bas- Regionalwahlen zum wiederhol- ist. Die sprachliche Vielfältigkeit ist und letzteres nur in einem kisch studiert werden kann. ten Mal gewann, war die Freude Spaniens ist ein kulturelles Erbe, sehr kleinen Gebiet gesprochen für José Antonio Sierra perfekt. welches respektiert werden muss wird, ist in Spanien, wenn von PSOE zeigte als „Wenn man in Andalusien und besonderen Schutz ge- den Regionalsprachen die Rede einzige Partei Interesse Katalanisch, Baskisch und Gali- nießt.“ ist, gewöhnlich nur Katalanisch, Dann, ganz plötzlich, stand En- cisch lernen kann, wird das eine José Antonio Sierra lehnt Baskisch und Galicisch gemeint. de Januar dieses Jahres die För- unglaubliche kulturelle Berei- sich zurück und lächelt. Eine derung der Regionalsprachen im cherung sein“, sagt José Anto- Zusicherung der Respektierung Seit den siebziger Jahren Wahlprogramm der sozialisti- nio Sierra zu Beginn des Inter- der Regionalsprachen von staat- aktiv für Regionalsprachen schen PSOE für die andalusi- views mit der CSN an einem licher Seite gab es bereits 1978. José Antonio Sierra hat sich für schen Regionalwahlen. Alle vier Mittwochnachmittag Ende Wenig später verabschiedeten die Lehre dieser drei Sprachen im andalusischen Parlament ver- März in einer Cafeteria in Mála- Katalonien, das Baskenland und schon in den siebziger Jahren tretenen Parteien – neben der gas Stadtteil San Andrés. Galicien ihre Autonomiestatute, eingesetzt. Der in Ávila gebore- PSOE die konservative Volks- Der Endsechziger hat die in denen ihre jeweilige Regional- ne Spanier war Mitbegründer des Spanischen Kulturin- sprachen nicht verstehen. stituts (Instituto Cultural „Es geht ja nicht darum, Español), welches später dass die Andalusier Kata- in „Cervantes-Institut“ lanisch statt Englisch ler- umbenannt wurde. 1975 nen sollen. Es ist einfach wurde er zum Direktor ein zusätzliches Angebot, des Instituts ernannt und aber keine Verpflichtung“, ab diesem Jahr gab es sagt er. „Bei vielen Men- dort auf seine Initiative schen hat der Wunsch, Ka- hin Kurse in Katalanisch, talanisch zu lernen, auch Baskisch und Galicisch. nichts mit ihrem Beruf zu Nach und nach folgten tun. Die haben dort Feri- auch in anderen Ländern enhäuser und wollen die die Cervantes-Institute sei- Sprache verstehen. Dann nem Beispiel und boten gibt es Immigranten aus diese Sprachen an. Berlin, den autonomen Regionen, Brüssel, Bukarest, Borde- die möchten, dass ihre aux, Kairo, Manchester, Kinder die Regionalspra- Leeds, Mailand, Moskau, che erlernen. Die Gründe München, New York, Pa- können vielfältig sein. Wo- ris, Rom, Sofia und Tou- rauf es ankommt ist: Wo José Antonio Sierra setzt sich seit mehr als dreißig Jahren für den louse besitzen Cervantes- eine Nachfrage besteht, Unterricht in Katalanisch, Baskisch und Galicisch ein. Institute, in denen die drei sollte auch ein entspre- spanischen Regionalspra- chendes Angebot geschaf- chen gelehrt werden. Innerhalb theken mit Wörterbüchern in Unterricht in Englisch und neu- fen werden.“ Spaniens gibt es mittlerweile Katalanisch, Baskisch und Gali- en Technologien ab einem Alter In dem Artikel des Wahlpro- auch in einigen Städten außer- cisch ausgestattet wurden. Sein von drei Jahren einzuführen. gramms der andalusischen halb der jeweiligen autonomen größter Erfolg allerdings war die Diego Valderas, der andalu- PSOE sind nur die offiziellen Region wie Madrid, Valladolid, Aufnahme seiner Forderung sische Spitzenkandidat der Ver- Sprachschulen genannt. Die Cáceres und Salamanca die nach dem Unterricht in den Re- einigten Linken IU, bezeichnete Universitäten unterstehen näm- Möglichkeit, an öffentlichen Bil- gionalsprachen in das Wahlpro- die Initiative als „Sarkasmus“, lich der spanischen Zentralregie- dungseinrichtungen eine oder gramm der andalusischen da Chaves damit seine Lands- rung, so dass die Regionalregie- mehrere der Regionalsprachen PSOE. leute dazu auf- rung keinen zu studieren. Der betreffende Artikel, auf rufen würde, Einfluss auf Seite 51 des Wahlprogramms in anderen sie hat. Die „Wichtig für der PSOE von Andalusien abge- spanischen Escuelas Ofi- die Integration“ druckt, lautet: „Wir werden in Regionen Ar- ciales de Idio- Als José Antonio Sierra vor den offiziellen Sprachschulen beit zu suchen mas dagegen rund fünf Jahren in den Ruhe- den Unterricht der offiziellen anstelle dass unterstehen stand ging und sich in Málaga spanischen Sprachen fördern, er mehr Ar- dem Erzie- niederließ, gründete er den zu- wenn eine Nachfrage besteht, beitsplätze in hungsministe- vor erwähnten Verein „Asocia- mit dem Ziel, den Andalusiern Andalusien rium der je- ción Diversidad y Conviviencia“ die berufliche Mobilität zu er- schaffe. Julián weiligen Re- um sich dafür stark zu machen, leichtern.“ Álvarez, der gionalregie- dass die spanischen Regional- Kandidat der rung. Die dort sprachen auch in Andalusien ge- Vielfache Kritik von Andalusischen angebotenen fördert werden. „Ich will damit Seiten der Opposition Koalition CA Kurse haben keine separatistischen Tenden- Schon bald nach der Veröffentli- erklärte, er sei eine maximale zen bestärken“, stellt er klar. chung des Wahlprogramms „wie vom Dauer von Wörterbücher in den spani- „Mir geht es allein um den kul- wurde Ministerpräsident Manu- Blitz getrof- fünf bis sechs schen Regionalsprachen gibt turellen Aspekt. Wenn jemand el Chaves aufgrund dieses Arti- fen“ und be- Jahren, sind es mittlerweile in allen öffent- nach Katalonien zum Arbeiten kels von der Opposition aufs zeichnete Cha- im Gegensatz lichen Bibliotheken Málagas. geht, wird er zwar auch auf Spa- Schärfste kritisiert. Der andalu- ves als den zu einem Uni- nisch verstanden, doch die Inte- sische Spitzenkandidat der kon- „besten Alli- versitätsstudi- gration gelingt ihm besser, wenn servativen Volkspartei PP, Javier ierten Kataloniens“. Einzig die um praxisorientierter und wer- er auch Katalanisch kann.“ Arenas, forderte die Rücknahme Ministerpräsidenten von Kata- den gewöhnlich von Erwachse- Mit seinem Verein hat José des Artikels, da er die „Chan- lonien, dem Baskenland und nen besucht, die die entspre- Antonio Sierra neben mehreren cengleichheit gefährde“. Maria- Galicien sowie der spanische chende Fremdsprache für ihren Werbekampagnen in den Me- no Rajoy, der PP-Vorsitzende im Staatschef José Luis Rodríguez Beruf benötigen. In ganz Anda- dien auch Kontakte zu andalusi- spanischen Parlament, appellier- Zapatero begrüßten den Vor- lusien gibt es rund 50 dieser of- schen Bibliotheken geknüpft te an den „gesunden Menschen- stoß von Chaves. fiziellen Sprachschulen. In der und erreicht, dass in der Stadt verstand“ und schlug vor, an- José Antonio Sierra kann die Provinz Málaga existieren da- Málaga alle öffentlichen Biblio- stelle der Regionalsprachen den Aufregung um die Regional- von sieben Stück in Málaga, Marbella, Fu- hungsministe- engirola, Ron- rium die Ein- da, Vélez-Má- richtung eines laga, Anteque- Katalanisch- ra und Estepo- Kurses bean- na. tragt habe, José Anto- dass sie aber nio Sierra zu- niemals eine folge hat von Antwort er- diesen Sprach- halten habe. schulen die Für sie ist das größte, die aus schwer nach- Málaga, schon zuvollziehen, seit zehn Jah- da es sich um ren beim Er- eine große ziehungsmi- Sprachschule nisterium die mit 12 Spra- Einrichtung chen handle von Kursen in und da das Katalanisch Ministerium beantragt, erst vor kur- aber ohne Er- zem sogar ei- folg. Dies wird nen Kurs in sich nach Ein- Chinesisch ge- Die Escuela Oficial de Idiomas von Málaga ist die größte offizielle Sprachschule in der Provinz. schätzung von nehmigt habe. José Antonio „Die Nach- Sierra wegen des Artikels im zen – Anm.d.Red.) einklagen“, schule von Málaga hat die Di- frage nach einen Katalanisch- Wahlprogramm der PSOE aber meint er. „Auf jeden Fall ist der rektorin, Modestina Romero, Kurs ist mit Sicherheit da“, rasch ändern. Artikel im Wahlprogramm ein wenige Minuten zuvor erst mit meint die Schulleiterin. „Dreißig „Die Sprachschulen sind jetzt wichtiger Fortschritt. Die Ver- dem andalusischen Erziehungs- Schüler für einen Kurs würden ausdrücklich dazu autorisiert, waltung ist langsam, aber in et- ministerium telefoniert. „Die wir mit Sicherheit zusammenbe- vom andalusischen Erziehungs- wa einem Jahr wird es die Re- wissen auch noch nichts neues“, kommen.“ Die Schuldirektorin ministerium Sprachlehrer in den gionalsprachen zumindest in sagt sie. „Alles, was die wissen, kennt José Antonio Sierra und Regionalsprachen anzufor- den offiziellen Sprachschulen ist, was im Wahlprogramm hält ihn für einen Optimisten. dern“, sagt er. „Für die Kurse der großen Städte Andalusiens steht.“ „Wir müssen abwarten, ob die sind auch keine großen struktu- wie Málaga, Sevilla, Granada, PSOE es ernst mit ihrem Wahl- rellen Veränderungen nötig. Jaén und Huelva geben.“ Katalanisch seit versprechen gemeint hat. Wenn Wenn es in Andalusien nicht ge- Bis auf die Escuela Oficial de zehn Jahren beantragt wir einen Katalanisch-Kurs ge- nügend Sprachlehrer gibt, kann Idiomas von Málaga-Stadt hat Modestina Romero berichtet, nehmigt bekommen, ist das gut, man sie auch aus den betreffen- im Rest der Provinz noch keine dass sie seit dem Jahr 1998 jedes wenn nicht, können wir auch den autonomen Regionen bean- Sprachschule seit den Regional- Jahr beim andalusischen Erzie- nichts dagegen machen.“ tragen.“ wahlen im März einen Antrag auf die Genehmigung von Kur- Sierra rechnet mit einem sen in Katalanisch, Baskisch Jahr bis zur Umsetzung oder Galicisch gestellt. Entweder Auf den Einwand hin, dass ein sehen sie keine akute Nachfrage, Artikel in einem Wahlpro- wie etwa im Fall der Sprach- gramm keinen Gesetzescharak- schule von Marbella, wo die Di- ter hat und somit wohl kaum rektorin Fernanda González vor einen Richter einklagbar ist, versichert, dass sie sich bisher weicht José Antonio Sierra aus. noch nie mit Plänen zur Einrich- „Das kann man mit Sicherheit tung von Kursen in den Regio- vor dem Defensor del Pueblo nalsprachen getragen habe. Andaluz (Ombudsmann des an- Oder sie warten auf Instruk- dalusischen Volkes – eine vom tionen. „Wir haben noch keine andalusischen Parlament ge- Neuigkeiten aus Sevilla, doch wählte parteiunabhängige Insti- bis zum Beginn der nächsten tution, die zwischen Bürgern Kurse im Oktober ist ja auch und übergeordneten Instanzen noch etwas Zeit“, meint Car- vermittelt. Er kann öffentliche men Huertas, die Direktorin der Rügen aussprechen und Unter- Offiziellen Sprachschule von Vé- Modestina Romero, die Direktorin der offiziellen Sprachschule in suchungsverfahren einleiten, hat lez-Málaga. Málaga, ist skeptisch darüber, ob das PSOE-Wahlversprechen aber keine weiteren Kompeten- Beim Besuch in der Sprach- auch wirklich in die Tat umgesetzt wird.