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Ausgabe Februar 2019


nUmiSmatiSCheS naChriChtenblatt 2/19

68. Jahrgang
B 14150
Organ der Deutschen
Numismatischen
Gesellschaft
5,–

die themen:

100-€-Sondermünze:
UneSCo-Welterbe
dom zU Speyer
mFrp 34: nieder-
ländiSCheS geld
150 Jahre
im WeSterWald Münzkabinett
die 16. Jahr-
hUndertmünze:
10. Jh. n. Chr. Berlin
geStiCkter
brUStStern

mitteilUngSblatt
deS verbandeS der
dt. münzenhändler

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tItEl
Berliner Sonderausstellung

150 Jahre Münzkabinett.


Menschen – Münzen – Medaillen
Freude an der Arbeit lässt
Bernhard Weisser das Werk trefflich geraten.
Aristoteles

K airos oder die Gunst der Stunde: Im


Jahr 1868 war dies die Gründung
des Münzkabinetts als eigenständiges
Die Beschäftigung mit der Geschichte
des Museums gehört zum Alltagsge-
schäft der Kuratoren, die mit Herkunfts-
stände verloren. Friedrich Wilhelm, der
Große Kurfürst (reg. 1640–1688), legte
aus Interesse und Repräsentationsbe-
Museum in dem rasch wachsenden Ver- fragen befasst sind und die Sammlungs- dürfnis erneut eine Antiquitättsstube an.
bund der Königlichen Museen in Berlin.1 strategie auf der Basis des Bestehenden Im Jahr 1685 gelangte die 12.000 Mün-
Dieses Ereignis fiel in eine Zeit des poli- reflektieren.2 Die Museumsobjekte ver- zen und Medaillen umfassende Samm-
tischen Aufschwunges von Preußen. binden uns mit vielen Menschen aus lung der Kurfürsten von der Pfalz als Er-
Hinzu kam die Bereitschaft, einen Teil zweieinhalb Jahrtausenden. Der Blick be nach Berlin. Deren Betreuer Lorenz
des Staatshaushalts in Kultur und Mu- auf die Geschichte des Münzkabinetts Beger (1653–1705) wechselte 1686 eben-
seen zu investieren. Dass die sich bieten- bietet manche zeitübergreifende Er- falls nach Berlin und schuf im Auftrag
de Gelegenheit ergriffen wurde, ist we- kenntnis: Die Numismatik wird in der von Friedrich III., dem späteren König
sentlich das Verdienst von Julius Fried- öffentlichen Wahrnehmung eher unter- in Preußen Friedrich I., zwischen 1696
länder, der durch sein beharrliches Wir- schätzt und hat es nicht leicht, sich im je- und 1701 den dreibändigen Thesaurus
ken seit 1840 am Königlichen Museum weiligen Mainstream der Moden und Brandenburgicus Selectus, ein barockes
den Weg zu der Museumsgründung be- Interessen zu behaupten. Doch gab und Prachtwerk, in dem überwiegend antike
reitet hatte. Dies ist ein Höhepunkt in gibt es immer wieder Persönlichkeiten Münzen dargestellt sind. Der erste dieser
der Geschichte des Münzkabinetts, die mit Weitblick, die sie unterstützten. Was Bände enthält am Ende des Vorwortes
bis in das 16. Jahrhundert zurückreicht die Museumsmitarbeiter anbelangt, lässt einen Kupferstich mit einer idealisierten
und in der sich bis heute die wechselvolle sich feststellen, dass niemand unter ih- Darstellung des Münzkabinetts in der
Geschichte Berlins spiegelt. In Ausstel- nen war, der seine Aufgaben nicht gut Kunstkammer im Berliner Stadtschloss
lung und Begleitpublikationen aus An- erfüllt hätte. Für viele von ihnen war das (Abb. 1). Der Thesaurus Brandenburgi-
lass des Jubiläums wird diese Geschichte aber nicht der Maßstab, sondern sie leis- cus ist als literarischer Dialog zwischen
des Münzkabinetts präsentiert. Dazu teten bedeutend mehr. Fast jeder von ih- dem kenntnisreichen Dulodorus und
werden die Menschen in den Blick ge- nen engagierte sich, unter den jeweiligen dem wissbegierigen Archaeophilos ange-
nommen, die über die im Münzkabinett Rahmenbedingungen, über die Dienst- legt.3 In Dulodorus ist unschwer Beger
bewahrten Objekte miteinander verbun- pflichten hinaus zur Förderung des selbst zu erkennen. Der Dialog gehört in
den sind. Als Sammler und Vorbesitzer, Münzkabinetts und der Numismatik. die Tradition der Fürstenbelustigung
als Händler, als Hausherren, Mitarbeiter,
Münzforscher und Mäzene treten sie in Anfänge bis 1830 Informationen
Erscheinung. Das Münzkabinett hat sich Im 16. Jahrhundert entstand wie an vie-
in den letzten 150 Jahren verändert. Ak- len Fürstenhöfen auch im Berliner 150 Jahre Münzkabinett.
tueller Ausdruck dessen sind die Erfolge Schloss eine Kunstkammer. Da in der Ausstellung im Bode-Museum, Berlin
der Digitalisierung: Ging man vor 150 zeitgenössischen Literatur zur Einrich- vom 23.11.2018 bis 27.10.2019.
Jahren noch in das Museum, um eine tung solcher Räume Münzsammlungen
Auswahl von Münzen und Medaillen in als wichtiger Bestandteil galten, wird Öffnungszeiten:
Vitrinen zu betrachten, so gilt das zwar dies auch für die brandenburgischen Dienstag bis Sonntag, 11-18 Uhr,
auch heute noch für die über 5.000 Ex- Kurfürsten gegolten haben. Kurfürst Jo- Donnerstag bis 20 Uhr.
ponate auf der Museumsinsel. Darüber achim II. von Brandenburg (reg. 1535– Zur Ausstellung erscheint eine Be-
hinaus lassen sich aber bereits mehr als 1571) wird als erster Sammler von Anti- gleitpublikation. Aus Anlass der Aus-
33.000 Objekte, die sonst im Tresor für quitäten und Münzen genannt. Das erste stellung hat Marianne Dietz eine Me-
die Öffentlichkeit unzugänglich sind, in Münzinventar stammt allerdings erst aus daille auf den Numismatiker und ers-
unserer größten Ausstellung virtuell dem Jahr 1616. Während des Dreißig- ten Museumsdirektor Julius Friedlän-
überall auf der Welt und zu jeder Tages- jährigen Krieges (1618–1648) gingen der geschaffen.
zeit betrachten. aber sämtliche bis dahin erworbenen Be-

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mie zugewiesen.6 Jean Henry schlug
1805 dem König vor, ein großes Mu-
seum zu gründen, in dem alle vorhande-
nen Kunstschätze, darunter auch die in
den Schlössern verstreuten Bilder und
Antiken, vereinigt werden sollten.7
Die geplanten Änderungen fielen in die
unruhigen Zeiten der napoleonischen
Ära, in der auch Preußen in die Kriege
mit Frankreich hineingezogen wurde.
Nach der Niederlage Preußens in der
Schlacht bei Jena und Auerstedt am 14.
Oktober 1806 erfolgte die Besetzung von
Berlin.8 Dominique-Vivant Denon quit-
tierte am 5. November 18069 die Über-
nahme von über 12.363 Münzen, die er
auf Weisung Napoleons als Kriegsbeute
nach Paris überführte. Andere Teile der
Sammlung konnte der König auf seiner
Flucht nach Memel mit sich führen.
Abb. 1: Blick in das Raritätenkabinett mit der Münzsammlung im Apothekenflügel des Berliner
Stadtschlosses, um 1685. Deutlich erkennbar sind die vier Lackschränke für die verschiedenen
Nach dem Sieg über Napoleon kehrten
Bestände. Nach den Schrankaufsätzen waren die Münzen und Medaillen nach den Metallen die nach Paris gebrachten Münzen 1815
Gold (Apollon = Sol), Silber (Diana = Luna) und Bronze (Venus = Kupfer) getrennt. Der vierte nach Berlin zurück.10 Die der Schlacht
Schrank (Serapis) war den Gemmen vorbehalten. Aus: L. Beger: Thesaurus Brandenburgicus von Waterloo folgende Friedensperiode
(1696), Kupferstich von Samuel Blesendorf. Nachweis: Bpk/Christine Kösser (Bildnr. 96186) leitete den Aufstieg des Münzkabinetts
wie auch der übrigen Berliner Sammlun-
gen ein. Die Planung eines eigenen Mu-
seums für die Bevölkerung nahm nun
und -erziehung mithilfe der Münzen die Sammlung ausgelagert. 1770 ließ konkrete Formen an.11 Zunächst wurden
und Medaillen.4 Die Münzen bieten An- Friedrich II. zudem die antiken Münzen 1815 die Sammlungen wieder aus der
lass für gelehrte Betrachtungen zu My- in den ‚Antikentempel‘ in seine Nähe in Akademie herausgelöst und nun dem
thos, Ikonographie, Geschichte und Potsdam überführen, womit sie für den Kultusministerium12 zugewiesen. Jean
Kunst. Kurator Friedrich Wilhelm Stosch nur Henry verfasste 1818 ein erstes Gesamt-
Mit dem Tod von Friedrich I. 1713 en- noch unter erschwerten Bedingungen inventar in 12 Foliobänden. Die Bereit-
dete die erste Blüte des Kabinetts. Dessen zugänglich waren. Erwerbungen erfolg- schaft zur Sammlungserweiterung mün-
Sohn Friedrich Wilhelm I. (reg. 1713– ten weiterhin überwiegend in Form von dete in ersten Ankäufen ganzer Samm-
1740) hatte mit dem Thron auch die von testamentarischen Verfügungen. Hinzu lungen wie 1821, als nach siebenjährigen
seinem Vater angehäuften Staatsschul- kamen die Überweisungen an den König Verhandlungen die 28.000 Münzen um-
den geerbt und ging nun mit eiserner wie im Jahr 1740 der Fund von Preu- fassende Sammlung von Peter Philipp
Hand daran, den Staatshaushalt zu sa- ßisch-Görlitz, der 1.124 römische Dena- Adler zum Eineinhalbfachen des Metall-
nieren.5 Zu den ersten Maßnahmen ge- re enthielt. In die Regierungszeit von wertes erworben wurde. Die Erwerbung
hörte die eigenhändige Entnahme von Friedrich Wilhelm II. (reg. 1786–1797) einzelner Objekte war dagegen fast un-
319 größeren Goldstücken (überwie- fiel die Übernahme der Münzsammlung möglich: Der mit der erforderlichen Mi-
gend moderne Medaillen), die zur der fränkischen Linie der Hohenzollern nistererlaubnis verbundene bürokrati-
Schuldentilgung eingeschmolzen wur- (1791). sche Aufwand zog sich über Monate hin
den. Der neue Herrschaftsstil gefiel nicht Aufklärung und Französische Revolu- und war für alle Beteiligten abschre-
jedem der Bediensteten, und 1718 wur- tion beeinflussten die Regierung seines ckend.13
den der Hofkastellan Valentin Runck Sohnes Friedrich Wilhelm III. (reg.
und Hofkleinschmied Daniel Stief über- 1797–1840). Er erklärte in seinem ersten 1830 bis 1868: Abteilung im
führt, unter Ausnutzung der Vertrauens- Regierungsjahr die Kunstwerke und Al- Königlichen Museum
stellung den König umfänglich bestoh- tertümer im königlichen Eigentum zum Am 3. August 1830, dem 60. Geburtstag
len zu haben, wovon auch die Münz- Staatsbesitz. Jean Henry, Aufseher des von Friedrich Wilhelm III., wurde das
sammlung betroffen war. Die Entde- Münz- und Antikenkabinetts, vereinigte Königliche Museum am Lustgarten, vis
ckung erfolgte durch den Bibliothekar nun die an verschiedenen Orten aufbe- à vis von Schloss und Dom, eröffnet und
und Vorsteher der königlichen Samm- wahrten Teile der Königlichen Münz- bildete nun gemeinsam mit diesen einen
lung Mathurin Veissière de la Croze. Die sammlung wieder in der Kunstkammer starken visuellen Eindruck von politi-
Diebe wurden hingerichtet. Auch in der des Schlosses, welches Friedrich Wil- scher, geistlicher und kultureller Macht-
Regierungszeit von Friedrich II. kam die helm III. nur für repräsentative Staatsak- legitimation (Abb. 2). Den Umzug in das
Münzsammlung nicht wesentlich voran. te nutzte: Die Antiken kamen aus Pots- Museum hatte noch Jean Henry vorge-
Der König, der eine sehr geschickte dam zurück, die gerade erst entstandene nommen. Unterstützt wurde er seit 1822
Geldpolitik betrieb, zeigte auf dem Ge- Münzsammlung der Akademie wurde von Heinrich Bolzenthal, der für die
biet der Numismatik kaum Interesse. integriert. Formal wurden zu diesem nachantiken Münzen und Medaillen zu-
Während der Schlesischen Kriege war Zeitpunkt die Sammlungen der Akade- ständig war. Alle numismatischen Ob-

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mit der Sammlung vertraut machte,
nahm er die Mängel in der Erwerbungs-
politik der vergangenen Jahrzehnte
wahr. Gerade im Bereich der griechi-
schen Numismatik sah er Defizite. Der
König hatte zwar 1841 den Kunsthisto-
riker Gustav Friedrich Waagen beauf-
tragt, nach Italien zu reisen, um dort Ge-
mälde und andere Kunstwerke zu erwer-
ben, aber die Erträgnisse für die Münz-
sammlung waren gering. Kurzerhand
fertigte Friedländer ein Handinventar
der Bestände an und ließ sich beurlau-
ben, um in Italien fehlende antike Mün-
zen für die Münzsammlung zu kaufen.
Die Reisekosten bezahlte der Vater Be-
noni Friedländer, für den Julius Fried-
länder nachantike Münzen und Medail-
len erwarb.15
30 Monate war Friedländer unterwegs,
Abb. 2: Der Lustgarten mit dem Königlichen Museum (1869). Das Museum ist öffentlich zugäng- und die Bedeutung dieser Reise kann gar
lich und bietet auch eine Münzausstellung. Aquarell von Franz Alt. bpk/Kupferstickkabinett, nicht hoch genug eingeschätzt werden.
SMB, Jörg P. Anders (Bildnr. 90051). Während der Reise wurden 3.356 Mün-
zen für das Münzkabinett erworben,
darunter Raritäten und wissenschaftlich
jekte waren dem Antiquarium zugewie- keiten seines neuen Mitarbeiters über- bedeutende Münzen.16 Julius Friedländer
sen worden. Hugo Bolzenthal jedoch zeugen. Er ließ ihn die gesamte Samm- traf gleich zu Beginn der Reise Theodor
legte auf seine Selbstständigkeit großen lung grundlegend neu ordnen, wobei et- Mommsen am Instituto di Corrispon-
Wert und erreichte, dass die ihm anver- wa die provinzialrömischen Münzen aus denza Archeologica, dem späteren Deut-
trauten Bestände zum Mittelalter und der römischen Abteilung entnommen schen Archäologischen Institut, mit dem
der Neuzeit räumlich getrennt aufgestellt und ihren Münzstätten zugeordnet wur- er viele seiner Reisen gemeinsam unter-
wurden. Ab 1835 erreichte er für sich ei- den. Friedländer sonderte Fälschungen nehmen sollte (Abb. 3). Dabei lernte er
ne quasiautonome Stellung, die er bis zu aus und stellte eine Partie von Dubletten viele der bestehenden Münzsammlun-
seinem Ruhestand energisch verteidigte. für eine Versteigerung zusammen, die gen kennen und gewann Einblicke in
Im Bereich der Antike, der nach dem 1844 erfolgte.14 Während er sich noch den Handel. Seit dieser Zeit wurde es üb-
Ausscheiden Henrys für fünf Jahre von
dem Archäologen Konrad Levezow mit-
verwaltet wurde, geschah wenig. Ab
1835 wurde dieser Sammlungsbereich
dem Bibliothekar Moritz Pinder zuge-
wiesen, der ihn bis 1858 neben anderen
Aufgaben im Rahmen seiner zeitlichen
Möglichkeiten gewissenhaft verwaltete.
Im Jahr 1840, zur Zeit des Regierungs-
antritts von Friedrich Wilhelm IV. (reg.
1840–1861), umfasste die Sammlung an-
tiker Münzen 26.000 Objekte, davon
6.510 griechische Münzen. In diesem
Jahr trat Julius Friedländer (1813–1884)
als unbezahlter freiwilliger Mitarbeiter
im Museum ein. Julius Friedländer hatte
im selben Jahr bei Gustav Droysen in
Kiel mit einer Dissertation über unpubli-
zierte byzantinische und oberitalische
Münzen des Mittelalters promoviert. Er
war jüngster Sohn von Benoni Friedlän-
der, einem wohlhabenden und bedeu-
tenden Sammler in Berlin. Von Jugend
an war Julius Friedländer der Umgang
mit Münzen und Medaillen vertraut. Im
Haus des Vaters verkehrten Händler, Abb. 3: Julius Friedländer in Rom im Winter 1846/47. Von links nach rechts: Emil Braun, Theo-
Sammler und Wissenschaftler. Moritz dor Mommsen, Tycho Mommsen (stehend) und Julius Friedländer. Nach einer Daguerrotypie im
Pinder ließ sich schnell von den Fähig- Archiv des Deutschen Archäologischen Instituts in Rom. Originalgröße der Silberplatte 6,5x9 cm.

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lich, dass Händler dem Münzkabinett te Bestands- und Ausstellungskataloge
Münzen zur Auswahl zuschickten. Mag veröffentlicht.18 Nach 17 Jahren Tätigkeit
er vor der Reise noch als privilegierter an der Münzsammlung wurde Julius
Sohn eines bedeutenden Sammlers an- Friedländer 1857 als Nachfolger von
gesehen worden sein, so hatte er die Moritz Pinder erstmals besoldet.
Qualität seines Wissens unter Beweis ge- Bei den Ankäufen ganzer Sammlungen
stellt und sich nun sein eigenes Netzwerk profitierte das Münzkabinett von der Be-
geschaffen, auf das er sich in späteren reitschaft, einen Teil der zunehmenden
Jahren immer verlassen konnte. Julius staatlichen Einnahmen in die Verbesse-
Friedländer erwarb sich auch das Ver- rung der Sammlung zu investieren. Dem
trauen des Generaldirektors der Museen, Münzkabinett wurden aber auch zu güns-
Ignaz von Olfers. Es begann nun auch tigsten Bedingungen Sammlungen an-
für das Münzkabinett eine erfolgreiche vertraut, deren Besitzer mit dem preußi-
Zeit.17 Gab es bis dahin nur die internen schen König, aber auch mit dem Mu-
Inventare, so wurden 1850 und 1851 ers- seum und Julius Friedländer in Verbin-
dung standen. So schrieb der Mittelal-
ternumismatiker Hermann Dannen-
berg, dessen Sammlungen in verschiede-
nen Partien in das Münzkabinett gelang-
ten, zur Situation nach 1840: „Mein häu-
figer Besuch des Königl. Museums brachte
mich bald mit Dr. Julius Friedländer in
nähere Berührung, der damals als freiwil-
liger Hilfsarbeiter dem anderweit sehr in
Anspruch genommenen Vorsteher des an-
tiken Münzkabinets Dr. Pinder zur Seite
stand. Beide Herren nahmen sich des
Abb. 5: Ausstellung im Bode-Museum.
strebsamen Schülers freundlichst an, und Schatztruhe mit Münzen aus dem Schatzfund
namentlich Friedländer ist es, dem ich für von Müncheberg, Mitte 19. Jahrhundert
vielfache Förderung nicht genug danken (2006). bpk/Münzkabinett,
kann.“19 In diesen Bereich von Erwer- SMB. Reinhard Saczewski.
bungen gehören die Sammlungen von
August Rühle von Lilienstern (1842),
Adolf von Rauch (1853), Benoni Fried- 1868–1884 Julius Friedländer
länder (1861), des Übersetzers Emil An- als Direktor
dreas Sperling (1862/1864) und der Die achtundzwanzigjährige engagierte
Antikenbestand von Hermann Dannen- Tätigkeit von Julius Friedländer trug
berg (1863). In diese Kategorie gehört 1868 endlich Früchte. Zunächst machte
aber auch die Sammlung von Friedrich die Pensionierung von Heinrich Bolzen-
Imhoof-Blumer, die 1900 an das Münz- thal den Weg frei für die erneute Verei-
kabinett gelangte. nigung der beiden Sammlungsteile. Ig-
In den Akten des Jahres 1865 lässt sich naz von Olfers schlug vor, Julius Fried-
ein Aufruf von Ignaz von Olfers finden, länder zum Direktor des vereinigten
Münzfunde nach Berlin zu senden, an- Münzkabinetts zu ernennen. Am 30.
statt sie unbesehen zum Einschmelzen Mai wurde dieser Vorschlag auf Ordre
zu verkaufen. Er versprach den Einsen- des Königs umgesetzt. Damit hatte die
dern den vollen Metallwert „und nach unselige Trennung der numismatischen
Maßgabe der Bedeutung und Seltenheit Bestände endlich ein Ende, die gerade
der Gegenstände einen angemessenen hö- auch Julius Friedländer selbst viel Ver-
heren Wert“. Wahrscheinlich war es druss bereitet hatte.
Friedländer, der bei seinem Direktor für Eine der ersten Aufgaben Friedländers
diese Kampagne geworben hatte. Es ging war nun die Neuordnung der übernom-
dabei nicht nur um Erwerbungen, son- menen Neuzeit-Abteilungen, indem u.a.
dern auch um wissenschaftliche Er- die Medaillen der jeweiligen Münzher-
kenntnisse, denn der Aufruf endet: ren von den Münzen getrennt wurden,
„Wenn öffentliche Sammlungen der Pro- um die Benutzbarkeit der Sammlung zu
vinz die Mittel haben, den Ankauf des erhöhen.21 Mitarbeiter der folgenden
Fundes in einem gegebenen Falle zu si- Jahre wurde der Althistoriker Alfred von
Abb. 4a und b: Bedeutende Sammler und chern, so werde ich gegen dieselben gerne Sallet (ab 1869), ein Schüler Theodor
Numismatiker, deren Sammlungen in das
Münzkabinett gelangten: Hermann Dannen-
zurücktreten, und in diesem Falle nur Mommsens. Die Jahre 1873 bis 1875
berg (1824–1905) und Friedrich Imhoof-Blu- wünschen, der allgemeinen Übersicht brachten für das Münzkabinett bedeu-
mer (1838–1920). Archiv Münzkabinett, wegen eine Notiz über denselben zu erhal- tende Zuwächse: zu Beginn des Jahres
SMB. ten.“ 20 1873 die aus antiken und mittelalter-

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lichen Münzen gebildete Sammlung des der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gie beraten wurde. Diese Kommission
Generalleutnants von Gansauge, die die noch überwiegend aus dem engeren bestand zu Beginn aus Julius Friedländer
Witwe unter Einrichtung eines Univer- preußischen Umfeld, so war Friedländer als vortragendem Direktor, Hermann
sitäts-Stipendiums stiftete; dann im sel- nun auch in der internationalen Kon- Dannenberg, Gustav Droysen und Theo-
ben Jahr die 11.500 griechische Münzen kurrenz um die bedeutendsten Samm- dor Mommsen. Bis 1880 hatte sich der
umfassende Sammlung des englischen lungen erfolgreich. Die Gründung der Gesamtbestand der antiken Münzen auf
Generals Fox und schließlich eine exzel- Zeitschrift für Numismatik, die Alfred 90.000, d.h. auf mehr als das Dreifache,
lente Sammlung von 22 bedeutenden rö- von Sallet ab 1874 herausgab, erhöhte die erhöht, wobei sich die Zahl der griechi-
mischen Medaillonen aus der Sammlung Sichtbarkeit des Münzkabinetts. Er ver- schen Münzen von 6.510 auf 57.000
Biedermann in Wien. wirklichte damit einen lange gehegten Exemplare vermehrt hatte. Auch die an-
Theodor Mommsen, obwohl in dieser Wunsch von Julius Friedländer. Dagegen deren Sammlungsbereiche waren quan-
Zeit in keiner offiziellen Funktion mit blieben Bemühungen um ein Akademie- titativ und qualitativ gewachsen. Als Ju-
dem Münzkabinett verbunden, nutzte unternehmen für ein griechisches Ty- lius Friedländer am 4. April 1884 im Al-
seine politischen Kontakte, um sich für pencorpus zunächst erfolglos. Aber auch ter von 70 Jahren starb, hinterließ er ein
die oben genannten Erwerbungen einzu- die Manuskripte für begonnene Be- gut bestelltes Museum (Abb. 6).
setzen. Mommsen war seit 1863 Ange- standskataloge mussten immer wieder
höriger des preußischen Landtages und aufgrund der Neuerwerbungen ange- 1884 bis 1945 Blüte
saß von 1873 bis 1879 als nationallibera- passt werden. 1876 führte die Erwer- und Niedergang
ler Abgeordneter im preußischen Abge- bung der 15.000 orientalische Münzen Der 42-jährige Alfred von Sallet, der nun
ordnetenhaus, wo er sich in Debatten als umfassenden Sammlung des englischen Direktor wurde, war bereits seit 1869 am
Sachkenner für alle Fragen der Wissen- Oberst Guthrie dazu, dass Adolf Erman Münzkabinett tätig und daher mit dem
schaft und speziell auch der Königlichen als dritter Kurator für den Bereich Islam Museum eng vertraut. Für Adolf Erman,
Museen erwies.22 Julius Friedländer angestellt wurde. der 1884 Direktor des Ägyptischen Mu-
dankte ihm ausdrücklich in mehreren Die wachsende Sammlung machte 1876 seums geworden war, rückte 1885 Julius
Schreiben für seine Gespräche mit Kul- eine Neuaufstellung in drei Räumen not- Menadier nach, dessen Schwerpunkt die
tusminister Adalbert Falk in Bezug auf wendig, die Verhältnisse blieben aber be- mittelalterliche Numismatik war. Hein-
die römischen Medaillone und die Er- engt. Seit 1879 gab es eine Sachverstän- rich Dressel, seit 1877 Mitarbeiter des
werbung der Sammlung von Prokesch- digenkommission, in der über Ankäufe, Archäologischen Instituts in Rom und
Osten, die bald darauf im Jahr 1875 ge- Dublettenverkäufe und Tausch, aber seit 1878 Professor, wechselte 1885 auf
lang.23 Stammten die Erwerbungen in auch über Themen der Museumsstrate- Betreiben Mommsens für die antike Nu-
mismatik an das Münzkabinett. Das
Münzkabinett hatte in diesen drei Kura-
toren sowohl exzellente Wissenschaftler
als auch hingebungsvolle Betreuer der
Sammlungen.
Alfred von Sallet nahm sich nun als Di-
rektor des Themas der Bestandskataloge
an und geriet dabei in einen Konflikt mit
Theodor Mommsen, der an der Akade-
mie einen sammlungsübergreifenden
Typencorpus (corpus nummorum vete-
rum) etablieren wollte. Von Sallet sah
schon seit 1874 Bestandskataloge, wie sie
das British Museum in London heraus-
zugeben begann, als wichtige Vorstufe
solcher Typenkataloge an.24 Er setzte sich
durch und verfasste selbst die ersten bei-
den Bände zu Thrakien (1888) und Ma-
kedonien (1889), während Heinrich
Dressel den Band zu Italien veröffent-
lichte (1894). Seit 1891 war der Orienta-
list Heinrich Nützel im Münzkabinett tä-
tig und begann ebenfalls mit der Erar-
beitung von Bestandskatalogen der isla-
mischen Münzen. Der Tod von Alfred
von Sallet im Jahr 1897 im Alter von nur
55 Jahren führte zum Abbruch der Kata-
loge im Bereich Antike. Dies lag vor al-
lem aber auch an den 48.000 antiken
griechischen Münzen, die in den folgen-
den Jahren erworben wurden und die
Abb. 6: Medaille auf Julius Friedländer von Marianne Dietz, Vorderseite (2018). mittlerweile schon erschienenen Katalo-
IKMK 18264951. Münzkabinett, SMB, Bernhard Weisser. ge obsolet werden ließen.

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Die folgenden Jahrzehnte von 1898 bis
1921 sollte Julius Menadier prägen, der
mit Heinrich Dressel in den Rang des
Direktors erhoben, das Museum ener-
gisch nach Außen vertrat. Julius Mena-
dier hielt seinem Mitdirektor Heinrich
Dressel den Rücken frei, der sich da-
durch ganz den antiken Beständen und
dem Engagement an der Akademie wid-
men konnte. 1900 erhielt das Münzkabi-
nett die 20.000 griechische Münzen um-
fassende Sammlung des Schweizer Nu-
mismatikers und Privatgelehrten Fried-
rich Imhoof-Blumer, der aus einem Teil
des Erlöses eine Numismatikerstelle an
der Akademie stiftete. Gemeinsam mit
der 28.000 Münzen umfassenden
Sammlung des Braunschweiger Bankiers
Arthur Löbbecke erreichte die Bestands-
gruppe der griechischen Münzen (nach
Aussonderung der Dubletten) im Jahr
1906 einen Umfang von 102.000 Mün-
zen. Heinrich Dressel bearbeitete auch
die Fundmünzen der königlichen Gra- Abb. 8: Ausstellung ab 1904 von 12.000 Münzen und Medaillen im Kaiser Friedrich-Museum
bungen und war seit 1902 Mitglied der (heute Bode-Museum). Archiv Münzkabinett, SMB.
Preußischen Akademie der Wissen-
schaften, wo er bis 1911 das Griechische
Münzwerk leitete. Seine Kennerschaft Menadier für den Bereich Mittelalter zu schaffen. Es gibt keine vergleichbar
erwies er, als er fünf griechische Gold- und Neuzeit ab 1887 eine umfangreiche große Münzsammlung, wo dies mit ähn-
medaillone des 3. Jhs. n. Chr. auf make- Erwerbungstätigkeit. Er reizte nicht nur lichem Weitblick geschehen wäre.25 Zu-
donische Spiele zu Ehren Alexanders des den Erwerbungsetat bis zum Äußersten recht war Julius Menadier stolz darauf,
Großen und Caracallas erwarb (1903). aus, sondern verschuldete das Kabinett dass er seine Vorschläge durchsetzen
Indes ließen die umfangreichen Aufga- zeitweilig gleichzeitig bei 27 Privatper- konnte. Bis heute bewährt sich die da-
ben und der Anspruch auf Perfektion sonen, Münzhändlern und Institutio- mals gewählte Aufteilung der Räume,
viele seiner Arbeiten im fortgeschritte- nen. Dies Spiel trieb er, sogar unter Ein- die sich um den 50 m langen Tresorraum
nen Manuskriptstadium verbleiben, und satz privater Mittel, immer weiter. Sein gruppieren. Bibliothek, Arbeitsräume,
erst Kurt Regling führte als sein Nachfol- Generaldirektor Wilhelm von Bode war Besuchersaal und Vortragsraum bilden
ger und Nachlassverwalter verschiedene darüber sehr erbost. Er unterstützte aber eine stimmige Museumseinrichtung.
seiner Arbeiten dem Druck zu. trotz aller Kritik Menadier und das Nach dem Umzug im Jahr 1904 wurden
Gingen die Antikenerwerbungen noch Münzkabinett am Ende bei den Erwer- die Münzen in den Tresor eingelegt. Für
auf die alten Verbindungen zurück, und bungen immer wieder, etwa als er Kaiser die Antiken hieß dies nur, dass sie auf
blieb Dressel meist im Rahmen der vor- Wilhelm II. überzeugte, die durch das neue Laden umgelegt werden mussten.
gesehene Budgets, so entwickelte Julius Finanzministerium bereits abgelehnte Die bestehende Ordnung hatte sich be-
Erwerbung der Sammlung Löbbecke währt und wurde beibehalten. Die
durchzusetzen. In Julius Menadier fan- mittelalterlich-neuzeitlichen Münzen
den die Einlieferer von Funden auch ei- wurden jetzt nach einer von Menadier
nen zügigen Bearbeiter. Von den Fund- konzipierten geografisch-chronologi-
bearbeitungen profitierte sein Samm- schen Ordnung ausgelegt. Auf dieser Ba-
lungsbereich, denn er kaufte fehlende sis begann Friedrich von Schrötter mit
Stücke an. Die Einlieferer erhielten die der Neuinventarisierung der Mittelal-
restlichen Münzen gut bestimmt zurück ter/Neuzeitsammlung in 32 Bänden, ei-
(Abb. 7). ne Arbeit, die sich bis 1930 hinzog. Im
Kaiser Friedrich-Museum breitete Me-
Seit 1899 gab es fünf Wissenschaftler am nadier eine Münzgeschichte der Europä-
Münzkabinett. Kurt Regling verstärkte ischen Staaten aus und zeigte in großen
das Kabinett im Bereich Antike und Vitrinen eine Schausammlung von
Friedrich Freiherr von Schrötter im Be- 12.000 Münzen, Medaillen und anderen
reich Mittelalter/Neuzeit. Lange schon numismatischen Objekten (Abb. 8)26.
litt das Münzkabinett im Alten Museum
Abb. 7: Julius Menadier, eine Medaille
unter Platznot. Nun bot der Bau des Kai- Nach diesem vielversprechendem An-
betrachtend. Zeichnung von Max Lange ser-Friedrich-Museums (heute Bode- fang des Jahrhunderts sollten sich die
(1916). Münzkabinett, SMB, Bernhard Museum) die Möglichkeit, ein eigenes folgenden Jahrzehnte ab 1914 als kata-
Weisser. Raumensemble für die Münzsammlung strophal erweisen. Mit Beginn des Ersten

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Weltkrieges sah es Julius Menadier als von Heinrich Nützel 1927 und Friedrich
seine Pflicht an, die Kriegsmoral durch von Schrötter 1930 fort. Die Bereiche Is-
Herausgabe patriotischer Medaillen zu lam und Neuzeit blieben unbesetzt, und
stärken. Das Zivilleben unterlag rasch erst 1928 erhielt Regling in Josef Liegle
der Kriegswirtschaft. Aufgrund fehlen- Unterstützung für den Bereich Antike.
der Goldreserven drohte 1917 der Ver-
lust der mittelalterlichen und neuzeit- Mit dem Tod von Kurt Regling im Jahr
lichen Goldmünzen und -medaillen, ge- 1935 im Alter von 59 Jahren wurden die
gen den Menadier trotz allem Patrio- letzten personellen Verbindungen zur
tismus kämpfte. Einen kleinen Teilerfolg Wissenschaftskultur des 19. Jahrhun-
hatte er errungen, als die Entscheidungs- derts gekappt. Der frühe Tod des Direk-
träger davon überzeugt werden konnten, tors führte nahezu zu Stillstand. Die
dass der Materialwert bei antiken Münze Zeitschrift für Numismatik endete 1935
in keinem Verhältnis zum Sammlerwert mit dem 42. Band. Arthur Suhle und Jo-
steht. Die am 23. August an die Reichs- sef Liegle waren kaum mehr in der Lage,
bank abgelieferten 6.543 Objekte im Ge- die Sammlung zu verwalten. Möglicher-
wicht von 48 kg Gold gelangten schon weise lag es an dieser Reduktion des Per-
1918 unangetastet an das Münzkabinett sonals, möglicherweise auch an der bio-
zurück. An Ankäufe war in der Folgezeit grafischen Herkunft der Kuratoren, dem
zunächst kaum mehr zu denken. Be- alten Geist, der im Münzkabinett
zeichnenderweise nehmen Ersatzgeld- herrschte, vielleicht sogar Glück: Die
objekte (Lagergeld, Notgeld), die man als verdorbenen Früchte nationalsozialisti-
Belege meist kostenlos zu beschaffen schen Unrechts und Kriegsplünderun-
wusste, in den nächsten Jahren in den gen gelangten, bis auf die Überweisung
Akzessionsjournalen breiten Raum ein. einiger Münzen aus jüdischen Besitz
Der Pensionierung von Heinrich Dressel (1942 von der ‚Regierung Schneide-
1919 folgte 1921 die von Julius Menadier. mühl‘), nicht in das Münzkabinett.27 Jü-
dische Mitbürger und politisch Anders-
Es lang nun an Kurt Regling als neuem denkende, darunter auch ehemalige Mit-
Direktor, das Münzkabinett durch die arbeiter wie Adolf Erman, Münzhändler
Krisen der folgenden Jahre zu führen. Er und Mitglieder der Numismatischen
tat sein Möglichstes, das Niveau auf- Gesellschaft, wurden durch den natio-
rechtzuerhalten. Im Jahr 1924 erschien nalsozialistischen Staat verfolgt. Wäh-
Abb. 9: Besetzung der Stadtmitte Berlin.
sein Buch ‚Die antike Münze als Kunst- rend des Zweiten Weltkrieges wurden Sowjetisches Sturmgeschütz vor dem halb
werk‘, in dem Regling die Entwicklung die Sammlungsbestände ab 1942 in ei- zerstörtem Kaiser Friedrich-Museum (heute
der griechischen Münzen anhand der nen Keller im Pergamonmuseum ausge- Bode-Museum), April 1945. bpk/Zentralar-
damaligen Stilforschung nachvollzog. lagert, wo sie den Krieg unbeschadet chiv, SMB, Fotograf: Timofey Melnik. Fotonr.
Das Corpus Nummorum Borussicorum überstanden. Zu der wiederum drohen- 30042966.
war 1926 abgeschlossen, und 1930 er- den Beschlagnehme des Goldes kam es
schien ein Wörterbuch der Münzkunde, nicht. Josef Liegle, der noch Ende 1944
welches Friedrich von Schrötter unter eingezogen worden war, fiel in den letz- gar ein neues Sammelgebiet erschlossen
Beteiligung von Kurt Regling und Ar- ten Kriegstagen im April 1945 bei den und im selben Jahr eine Restaurierungs-
thur Suhle verfasst hatte. Es gab auch Kämpfen im Kessel von Halbe in der Nä- werkstatt eingerichtet. Durch die Anstel-
wieder einen regelmäßigen Erwerbungs- he von Berlin. lungen von Joachim Weschke (1950),
etat, so dass 1925 eine Auswahl der (ge- Eberhard Erxleben (1951) und Lore Bör-
gen die Empfehlung von Regling) durch 1945 bis 1992 Verluste ner (1956) war die Gruppe der wissen-
das Landesmuseum Kassel veräußerten und Wiederaufbau schaftlichen Mitarbeiter wieder auf fünf
antiken Münzen erworben werden Arthur Suhle war einer der ersten Mitar- angewachsen. Gleichzeitig erreichte Ar-
konnte, bevor der Rest verauktioniert beiter, die sich nach Kriegsende wieder thur Suhle, dass das Griechische Münz-
wurde. Die Sammlung griechischer zum Dienst meldeten, und als politisch werk an der Akademie wiederbelebt
Münzen, die Friedrich Imhoof-Blumer unbelastet gerne wieder aufgenommen wurde, welches er zusammen mit dem
nach dem Verkauf der ersten Sammlung wurde. Bereits im Juli 1945 nahm er sei- Epigraphiker Günther Klaffenbach leite-
bis zu seinem Tod (1920) angelegt hatte, ne Tätigkeit auf. Die russische Armee te. Edith Schönert-Geiß wurde dort 1956
konnte 1928 dessen Erben Oskar Bern- transportierte jedoch 1946 die Samm- als Mitarbeiterin angestellt. Sie erhielt ih-
hard-Imhoof abgekauft werden. Die lung zusammen mit Archiv und Biblio- ren Arbeitsplatz im Münzkabinett.
1930 erworbene Sammlung Hoffmann thek in die Sowjetunion ab. In dieser Zeit
enthielt pommersche Münzen, und der des drohenden Totalverlustes des Münz- Die Rückkehr von Sammlung und Archiv
Orient wurde durch die Sammlung kabinetts blieb Suhle nicht untätig. Er Ende 1958 waren ein großer Glücksfall
Mordtmann (1933) verstärkt. Als neuem baute eine neue Sammlung auf, eröffnete für das Münzkabinett. Die Bibliothek ver-
Direktor gelang es Regling zunächst nur, sehr rasch eine Ausstellung und begann blieb jedoch in der Sowjetunion, und
die Stelle für das Mittelalter mit Arthur mit dem Aufbau einer neuen Bibliothek. man mag sich das Schicksal des Münzka-
Suhle wiederzubesetzen. Der Stellenab- Mit der Übernahme der Prägestempel binetts nicht ausmalen, wären auch
bau setzte sich nach dem Ausscheiden der Berliner Münzstätte wurde 1954 so- Sammlung und Archiv in der Sowjet-

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union verblieben. Joachim Weschke, der Steguweit, der sich mit der Betreuung rektor gefragt. Als er am 1. Oktober 2014
die Rückkehr der Sammlung betreut hat- der Münzsammlung auf Schloss Frie- nach 42 Jahren im Museumsdienst, da-
te, verließ 1959 die Deutsche Demokrati- denstein in Gotha einen Namen ge- von 22 Jahren als Direktor, pensioniert
sche Republik und setzte sich nach macht hatte. Der promovierte Kunsthis- wurde, hatte er eine glänzende Bilanz
Frankfurt am Main ab, wo er ab 1960 das toriker war auch der fachlich beste vorzuweisen. In seine Amtszeit fielen die
Geldmuseum der Deutschen Bundes- Nachfolger für Lore Börner, die 1990 Ausrichtung des XII. Internationalen
bank betreute. Nun wurde die Gruppe pensioniert wurde. Er belebte den Aus- Numismatischen Kongresses (Abb. 10)
um Arthur Suhle im Bereich der Antike stellungsbetrieb und setzte gleich zu Be- und die Publikation der umfangreichen
durch den Altphilologen Hans Dietrich ginn mit der Ausstellung „Die Sprache Kongressakten. 1992 wandelte Bernd
Schultz (1959) abermals verstärkt. Beim der Medaille“ im Bode-Museum einen Kluge das 1987 gegründete Jahrbuch
Auspacken wurden nur wenige Verluste ersten Akzent. Die deutsche Wiederver- Berliner Numismatischen Forschungen
festgestellt. Allerdings war die Sammlung einigung reflektierte er in einer Gemein- in eine Monografienreihe, die Berliner
in nicht unerheblicher Unordnung, so schaftsausstellung mit der Staatlichen Numismatischen Forschungen. Neue Fol-
dass die Wiederherstellung der verloren Münzsammlung München, indem unter ge, um. Bis 2014 war die Reihe zu statt-
gegangenen Sammlungsordnung die dem Motto Aufbruch – Durchbruch Po- lichen 11 Bänden angewachsen. Eine
nächsten dreißig Jahre in Anspruch sitionen ost- und westdeutscher Künstler zweite Reihe unter dem Titel Das Kabi-
nahm. Eberhard Erxleben wechselte 1964 zusammengestellt wurden. Selten war ei- nett wird seit 1994 herausgegeben. Diese
als Leiter der Inscriptiones Graecae an die ne Ausstellung näher am Zeitgeschehen. Reihe begleitet die Ausstellungen publi-
Akademie, für ihn wurde die Klassische Am 15. Juni gelang es, in Bonn die Deut- zistisch und stellt kleinere Bestandsgrup-
Archäologin Sabine Schultz angestellt. sche Gesellschaft für Medaillenkunst zu pen vor. Hier sind einschließlich des vor-
gründen, dessen langjähriger Vorsitzen- liegenden Bandes bislang 17 Bände pu-
Arthur Suhle trat mit Vollendung des 75. der er wurde. Wolfgang Steguweit ent- bliziert worden. In die Jahre 1998 bis
Lebensjahres nach 52-jähriger Mu- schied sich daraufhin, die administrative 2004 fiel die umfassende Sanierung des
seumstätigkeit 1973 in den Ruhestand. Verantwortung für das Münzkabinett Bode-Museums. Alle Räume rund um
Bereits 1972 war der Mittelalterhistori- wieder abzugeben. den großen Tresor und alle Möbel wur-
ker und Bibliothekswissenschaftler den unter Berücksichtigung denkmal-
Bernd Kluge angestellt worden, der Suh- 1992 bis 2014 Neue Zeiten pflegerischer Aspekte behutsam für das
le in der Betreuung des Bereiches Mittel- Für Bernd Kluge kam der Mauerfall ge- 21. Jahrhundert ertüchtigt. Der Umbau
alter ablöste. Mit der Ernennung von rade zum rechten Zeitpunkt. Seit 1972 führte zu einer Erhöhung der Gesamt-
Heinz Fengler zum Direktor wurde 1973 am Münzkabinett tätig, hatte er dort fläche auf 1.150 m². Durch den Umbau
erstmals die Verantwortung an eine Per- promoviert und eine umfangreiche Pu- wurde auch die Benutzbarkeit der Mu-
son übergeben, die nicht zuvor langjäh- blikationsliste vorzuweisen. Seine bis seumsräume weiter verbessert. (Abb. 11)
rig am Münzkabinett tätig gewesen war. heute fortgesetzte Publikationstätigkeit,
Mehr noch, Heinz Fengler war ein Öko- die bis 2014 216 Titel umfasste, ist über- In die zehn Jahre bis 2014 fallen die Ein-
nom, der bis dahin die Generalverwal- aus beeindruckend.29 1991 schien ein auf richtung der neuen Dauerausstellungen
tung der Staatlichen Museen geleitet hat- Forschung ausgerichtetes Gelehrtenle- im Bode-Museum und Alten Museum,
te.28 Eine numismatische Qualifikation ben unter Nutzung der neuen Mobilität zahlreiche Sonderausstellungen und vor
besaß er nicht. Sein Interesse an Wertpa- möglich, doch nun war er als neuer Di- allem auch der Beginn der digitalen Be-
pieren und seine Funktion im Fachaus-
schuss Numismatik im Kulturbund lie-
ßen ihn offenbar für die Stelle als ausrei-
chend geeignet erscheinen. Heinz Feng-
ler begann mit dem Aufbau einer Samm-
lung von Aktien und Wertpapieren und
versuchte, das Sammlungsprofil in Art
eines Geldmuseums auf alle Erschei-
nungsformen des modernen Geldes aus-
zuweiten. Unter seinem Direktorat war
1975 nach langer Vakanz die Kustodie
für orientalische Münzen mit Hermann
Simon wiederbesetzt, der 1985 in das
neu geschaffene Centrum Judaicum
wechselte. Die Stelle wurde nicht adä-
quat wiederbesetzt, sondern in eine Stel-
le für das moderne und postmonetäre
Geldwesen umgewidmet. Diese Stelle
fiel dann bereits 1990 wieder weg, und
leider ließ sich der auf sieben Kuratoren
angewachsene Mitarbeiterstab auch
sonst nicht halten.
Abb. 10: Empfang anlässlich des XII. Internationalen Numismatischen Kongresses im September
1988 trat Heinz Fengler in den Ruhe- 1997 in Berlin beim Oberbürgermeister Eberhard Diepgen. Münzkabinett, SMB, Reinhard
stand. Sein Nachfolger wurde Wolfgang Saczewski.

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Abb. 11: Der Tresor, das Herzstück des sanierten Münzkabinetts im Bode-Museum (2005).
bpk/Münzkabinett, SMB, Monika Fielitz.

Abb. 14: Numismatische Projekte im Bereich


standsveröffentlichung. Die in der Ver- 2019 der Digitalisierung am Beispiel der Vernet-
zung der Datenbank des Münzkabinetts mit
gangenheit nicht immer spannungsfreie Es ist eine stete Herausforderung, die anderen numismatischen Portalen. Für
Beziehung zur 1843 gegründeten Nu- über 540.000 Objekte30 des Museums an- NUMiD (Numismatische Universitätssammlun-
mismatischen Gesellschaft zu Berlin hat gemessen zu betreuen und in das digitale gen in Deutschland) erfolgt die Verteilung der
sich zu einem engen freundschaftlichen Zeitalter zu überführen. 2017 ist der Software und Normbegriffe zentral von Berlin
Miteinander entwickelt, nachdem sich zehn Jahre alte Internetkatalog aus (Stand 2018). Karte: Timo Stingl.
2004 die Gesellschaft zum Förderverein ikmk.smb.museum für die derzeitigen
des Museums erklärt hatte. In Zeiten ei- technischen Anforderungen ertüchtigt
nes öffentlichen Haushaltes, der aus worden (Abb. 13). Der alte Konflikt mit
nachvollziehbaren Gründen die Schwar- der Berlin-Brandenburgischen Akade- men Projekten zu Thrakien, Mysien, der
ze Null und Schuldenabbau anstrebt, ist mie der Wissenschaften, Bestandskatalog Troas und Moesia Inferior mit Bestands-
der Finanzrahmen staatlicher Museen oder Typenkatalog, wird in gemeinsa- katalog und Typenkatalog beantwortet.31
beschränkt. Seit 2004 steht dem Münz- In dem Projekt NUMiD werden seit
kabinett jedoch die Erivan und Helga 2017 universitäre Münzsammlungen be-
Haub-Stiftung zur Seite und ermöglicht fähigt, ihre Münzbestände mit Hilfe der
genau Bewegungsspielraum, den es in Berlin entwickelten Software und un-
braucht, dass das Museum auch nach ter Verwendung der Berliner Normda-
150 Jahren seiner Existenz eine lebendi- ten auf hohem Niveau und international
ge und zukunftsorientierte Institution anschlussfähig zu veröffentlichen (Abb.
bleibt. 14).32 Damit erfüllt das Museum den An-
spruch auf institutionsübergreifendes
Wirken. Es sieht sich heute weniger als
Leuchtturm in stürmischer See denn als
ein Partner in einem Netzwerk derjeni-
gen, die gemeinsam das Feuer der Nu-
mismatik zum Leuchten bringen. Wir
sind dankbar für die Unterstützung
durch die Erivan und Helga Haub-Stif-
tung, aber auch durch andere Schenker,
Freunde des Münzkabinetts und freiwil-
lige Mitarbeiter.
Wenn wir zwei Wünsche für die nächs-
ten Jahre nennen dürfen, so ist dies zum
Abb. 13: Über 34.000 Münzen und Medaillen einen weiterhin die Unterstützung bei
Abb. 12: Erivan und Helga Haub mit Klaus- sind online veröffentlicht, der Katalog
der großen Aufgabe der Überführung
Dieter Lehmann, Präsident der Stiftung ikmk.smb.museum sieht seit 2017 dank
Preußischer Kulturbesitz. Unterzeichnung der responsive design auf allen Endgeräten gut
unserer Bestände in die Öffentlichkeit
Stiftungsurkunde der Erivan und Helga Haub- aus. Eine Medaille von Heinz Hoyer auf das des World Wide Web.33 Damit eng ver-
Stiftung zugunsten des Münzkabinetts (2004). Bode-Museum vor dem Bode-Museum. bunden ist der zweite Wunsch nach der
Münzkabinett, SMB, Reinhard Saczewski. Münzkabinett, SMB, Bernhard Weisser Wiederbesetzung der seit 1985 vakanten

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fünften Kuratorenstelle im Bereich Islam v. Sallet 1874: A. v. Sallet: Der Catalog der Münz- 14 Friedländer und von Sallet 1877, 28.
sammlung des Britischen Museum. In: ZfN 1, 15 Diese Münzen gelangten zusammen mit der
und Asien.34 Unser Internetkatalog wen- 1874, 212–216.
Sammlung von Benoni Friedländer 1861 eben-
det sich ja gerade nicht in erster Linie Weisser 2019: B. Weisser (Hrsg.): 150 Jahre Münz- falls in das Münzkabinett.
nur an die Fachkollegen, die häufig mit kabinett. Menschen – Münzen –Medaillen. Das
Kabinett 17. Berlin 2019. 16 Pinder 1851, XXX-XXXII.
Fotos, Kerndaten und Literaturzitat zu-
17 Friedländer – von Sallet 1877, 28.
frieden sind, sondern wir sehen unsere
Anmerkungen: 18 Bolzenthal 1850; Pinder 1851 (unter Mitarbeit
Rolle in der Übersetzung und Vermitt- von Julius Friedländer).
1 Zusammenfassende Darstellungen zur Ge-
lung von Hintergrundwissen zu unseren schichte des Münzkabinetts: Pinder 1851; 19 Dannenberg 1903, 1f.
Beständen. Gerade in dieser von Identi- Friedländer – von Sallet 1877; Friedländer
1880; Menadier 1919, Kluge 2004 und Weisser 20 Zentralarchiv der Staatlichen Museen zu Ber-
tätsdebatten, Humboldtforum und Sei- lin, MK 45 – 413.
2019 (im Druck). Für Hinweise und Hilfen
denstraßenprojekt geprägten Zeit sollte danke ich Elke Bannicke, Karsten Dahmen, Jo- 21 Friedländer 1880, 141.
auch das Münzkabinett mit seinen rei- hannes Eberhardt, Andrea Gorys, Bernd Kluge
22 Rebenich 2002, 169.
und Christian Stoess.
chen Beständen zu qualifizierten Beiträ- 23 Staatsbibliothek Berlin, Nachl. Mommsen, 88-
2 Im Münzkabinett, im Zentralarchiv der Staat-
gen im Bereich Orient und Asien in der lichen Museen zu Berlin, im Geheimen Staats- 92.
Lage sein. archiv der Stiftung Preußischer Kulturbesitz 24 v. Sallet 1874, 212-216.
und auch an anderen Orten werden Wissens-
quellen zur Vergangenheit des Münzkabinetts 25 Die Sammlungen in London, Paris, Wien und
Literatur und den in ihm aufbewahrten Objekten aufbe- St. Petersburg benutzen zugewiesene vorhan-
Bolzenthal 1850: H. Bolzenthal: Leitfaden für die wahrt. In den letzten beiden Jahren ist der di- dene Räumlichkeiten, die große Sammlung in
Sammlung der Münzen des Mittelalters und der gitale Bestandskatalog des Münzkabinetts New York ist sogar in den letzten Jahren mehr-
neueren Zeit. Berlin 1850. ikmk.smb.museum in Hinblick auf Prove- fach umgezogen.
Dannenberg 1903: H. Dannenberg: Das numis- nienzforschung ertüchtigt worden, so dass
auch in diesem Bereich in den nächsten Jahren 26 Menadier 1919, 36 ff.
matische Berlin der letzten 65 Jahre. In: Numisma-
tische Gesellschaft zu Berlin (Hrsg.): Zur Feier des weitere Fortschritte erzielt werden können. 27 Diese Aussage basiert auf Recherchen im
sechzigjährigen Bestehens der Numismatischen 3 Dulodorus = dulos gr. ist der Sklave, frei über- Münzkabinett seit 1990.
Gesellschaft zu Berlin am 22. Dezember 1903. Ber- setzt vielleicht der im Dienst stehende / der die 28 Kluge 1999, 214f.
lin 1903, 1–10. Bürde tragende, Archaeophilus = der Alter-
tumsfreund 29 Gnatzy-Weisser 2014. Dabei sind die Rezensio-
Friedländer – von Sallet 1877: J. Friedländer, A. v.
Sallet: Das Königliche Münzkabinett. Geschichte 4 Deutungsvorschläge: Gröschel 1982, 228–229. nen eines Jahres unter einer Nr. zusammenge-
und Übersicht der Sammlung nebst erklärender E. Hofstätter vermutet in Archaeophilos Jo- fasst.
Beschreibung der auf Schautischen ausgelegten hann Casimir Philippi, der Begers Assistent 30 Kluge 2006, 6: „Antike: 152.000; Europäisches
Auswahl.² Berlin 1877. war. Hofstätter 2006, 128 Anm. 4. Heeres 1981, Mittelalter bis 1500 (einschl. Byzanz): 66.000;
Friedländer 1880: J. Friedländer: Die Königlichen 188. Neuzeit: 103.000; Münzen des Islam und
Kunst- und Altertums-Sammlungen bis zum Jahr 5 Der Vater hatte ihm Staatsschulden in Höhe Asiens: 30.000; Münzen in Schatzfunden:
1830. Festschrift zur Feier ihres fünfzigjährigen Be- von 48 Millionen Talern hinterlassen. 12.000; Papiergeld inkl. Papiernotgeld und
stehens am 3. August 1880. Berlin 1880, 1–30. 6 Friedländer 1880, 14: „Bald nach seiner Thron- Wertpapiere: 95.000; Metallnotgeld, Marken,
Friedländer 1880: J. Friedländer: Das Münzkabi- besteigung wollte König Friedrich Wilhelm III. Token, Jetons: 19.000; Historische Münzwerk-
nett. In: Zur Geschichte der Königlichen Museen die Sammlungen der wissenschaftlichen Benut- zeuge: 20.000; Münzfälschungen: 7.000; Siegel
in Berlin. Festschrift zur Feier ihres fünfzigjährigen zung eröffnen. Die Akademie erhielt die Ober- und Petschafte: 2.000; Sonstiges (nichtmünzli-
Bestehens am 3. August 1880. Berlin 1880, 135– aufsicht, […], deren Einwirken jedoch keine che Geldformen, Gewichte, Barren): 2.000“.
145. Spuren hinterlassen hat.“ Dazu kommen eine 200.000 Gipsabdrücke um-
Gnatzy-Weisser 2014: M. Gnatzy, B. Weisser 7 Friedländer 1880, 15. Von 1804 bis 1810 wurde fassende Sammlung und ein umfangreiches Fo-
(Hrsg. für die Numismatische Gesellschaft zu Ber- Henry in der Verwaltung der antiken Münzen toarchiv der Firma Lübke & Wiedemann.
lin): Bernd Kluge. Direktorenjahre 1992–2014. durch den kenntnisreichen Domenico Sestini
Schriftenverzeichnis 1996–2014. Berlin 2014. (1750-1832) unterstützt. 31 www.corpus-nummorum.eu. Förderungen
Gröschel 1982: S.-G. Gröschel: Lorenz Beger. The- 8 Friedländer 1880, 15: „Am Morgen des 17. DFG und BMBF. Ulrike Peter ist seit 2008 un-
saurus Brandenburgicus Selectur III. In: Jahrbuch Oktober 1806, drei Tage nach der Schlacht bei sere Partnerin von Seiten der Berlin-Branden-
der Berliner Museen 24, 1982, 228–229. Jena, erhielt Henry den Befehl, auf ’s schleunig- burgischen Akademie der Wissenschaften in
Heeres 1981: G. Heeres: Der Neuaufbau des Ber- ste das Münzkabinett und die Kostbarkeiten verschiedenen gemeinsamen Projekten, die seit
liner Antikenkabinetts im Jahr 1703. In: H. Beck, der Kunstkammer zu verpacken. Er begann mit 2018 an Intensität zugenommen haben.
P. Bol u.a.: Antikensammlungen im 18. Jh. Berlin einer Langsamkeit, die nur dadurch entschul- 32 www.numid-verbund.de. Förderung BMBF.
1981, 187–198. digt wird, dass man nicht zugleich begriff, wie
dringend die Gefahr sei. Am folgenden Tage, Sprecher dieses Verbundes ist Johannes Wie-
Hofstätter 2006: E. Hofstätter: Lorenz Beger – Nu- auf erneute Mahnung, ging das Verpacken nand. Auf Seiten des Münzkabinetts wird das
mismatik und Porträtikonographie im 17. Jahr- schneller, die Familien Henry und Buttmann Projekt wesentlich durch Karsten Dahmen ge-
hundert. In: H. Wrede und M. Kunze (Hrsg.): 300 waren dabei tätig, dennoch wurden nur die fördert und betreut.
Jahre „Thesaurus Brandenburgicus“. Cyriacus, Stu- Stosch’schen und die übrigen Gemmen, der
dien zur Rezeption der Antike, Bd. 2. München 33 Mit Stand Januar 2019 sind im ikmk.smb.
größte Teil der Münzen und eine Kiste mit museum über 34.000 Objekte veröffentlicht.
2006, 121–134. Kostbarkeiten der Kunstkammer verpackt. Am
Kluge 1999: B. Kluge: Heinz Fengler. In: NNB 48, 19. endlich, immer aufs neue von seinen Vor- 34 Im Jahr 2018 hat das Münzkabinett folgende
1999, 214f. gesetzten bestürmt, reiste er ab, nur von einem Kuratoren und wissenschaftlichen Mitarbeiter:
Kluge 2004: B. Kluge: Das Münzkabinett. Museum Wächter begleitet. Eins der Fäßchen konnte in Bernhard Weisser (Antike bis 3. Jh. n. Chr.,
und Wissenschaftsinstitut. Das Kabinett 9. Berlin dem schmalen russischen Wagen nicht unter- Medaillenkunst in Deutschland nach 1945),
2004. gebracht werden, sondern lag obenauf und Karsten Dahmen (Münzen der Spätantike und
wurde unterwegs gestohlen, es enthielt wohl des Frühmittelalters, Byzanz, Islam, Medaillen
Kluge 2006: B. Kluge (Hrsg.): Münzen und Me- keine sehr wertvollen Gegenstände.“
daillen. Die Ausstellung des Münzkabinetts im Bo- der Neuzeit), Christian Stoess (Münzen des
de-Museum. München 2006. 9 Friedländer 1880,16 (Kluge 2005, 92: Mittelalters, der Neuzeit und Moderne, Europa
„4.11.1806“). und Übersee), Elke Bannicke (Münzen und
Menadier 1919: J. Menadier (Hrsg.): Führer durch
die Staatlichen Museen zu Berlin. Die Schausamm- 10 Allerdings blieben Bestände verschollen, dar- Medaillen der Neuzeit und Moderne, deutsch-
lung des Münzkabinetts im Kaiser-Friedrich-Mu- unter 2.000 römische Bronzemünzen. Friedlän- sprachiger Raum; Geldscheine und Wertpapie-
seum. Eine Münzgeschichte der europäischen der 1880, 16: „statt der fehlenden 2.000 Bron- re; historisches Stempelarchiv); Johannes Eber-
Staaten. Berlin 1919. zemünzen, welche sicherlich schöne Exemplare hard (Museumsassistent i. F.); Angela Berthold
gewesen sind, erhielt es 3.000 schlechte, ein
Pinder 1851: M. Pinder: Die antiken Münzen des Verlust, der heute noch nicht völlig ersetzt ist.“ (DFG-Projekt Thrakien) und Georgia Bousia
Königlichen Museums. Geschichte und Übersicht (DFG-Projekt Thrakien). Freiwillige Mitarbei-
der Sammlung nebst erklärender Beschreibung ei- 11 Friedländer 1880, 17. ter: Jean Hourmouziadis, Bernd Kluge, Horst
ner Auswahl von Münzen. Berlin 1851. 12 „Ministerium für geistliche, Unterrichts- und Kosanke, Jürgen Morgenstern und Renate Vo-
Rebenich 2002: S. Rebenich: Theodor Mommsen. Medicinalangelegenheiten“. gel.
Eine Biographie. München 2002. 13 Friedländer 1880, 23.

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