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de Ausgabe 12 / 2010 I
Das Papier „Mut zur Sozialdemo- er in die gleiche Richtung. Als der Berliner Zeitung und der sichtlich ein Problem.“
kratie“, in dem Garrelt Duin die Gast einer Fraktionssitzung in Frankfurter Rundschau zu einem
Lage der SPD skizziert, findet der vorigen Woche sagte auch Streitgespräch, das Chefkorres- Einig sind sich Duin und Böh-
starken Widerhall in allen nam- DGB-Chef Michael Sommer, pondent Karl Doemens mode- ning, dass Investitionen in Bil-
haften Medien und in der Partei. dass er die Diskussion in der rierte. Duin und Böhning sind dung obenan stehen. Mit Steuer-
Viele Sozialdemokraten empfin- Partei für richtig hält. mehreinnahmen durch eine hö-
sich in wesentlichen Politikfragen
den das Duin-Papier als Weckruf einig, vor allem jedoch darüber, here Besteuerung der Reichen ist
zur rechten Zeit. Ein Jahr nach Garrelt Duin, Sprecher der im dass die SPD wieder kenntlich das allein jedoch nicht zu bezah-
der schweren Schlappe bei der pragmatischen Seeheimer Kreis len. Deshalb regen sie an, das
wird als Partei des sozialen Fort-
Bundestagswahl ist es an der versammelten SPD- schritts. Kindergeld leicht zu kürzen und
Zeit, dass sich die SPD wieder Bundestagsabgeordneten, geht die so gewonnenen Milliarden-
mehr Gehör verschafft. es nicht um eine Personaldebat- In dem Gespräch, das in diesen summe für Kinderbetreuung und
te, sondern um inhaltliche Festle- Tagen in beiden genannten Zei- Ganztagsschulen auszugeben.
Der eine oder andere Kritiker des gungen der SPD. Das sieht auch tungen veröffentlicht wird, sagt Duin: „Das höchste Maß an
Duin-Papiers unterstellt, dass der Sprecher der Partei-Linken in Duin auf die Frage nach der Gerechtigkeit erreichen wir nicht
damit wieder Flügelkämpfe eröff- der SPD so. Björn Böhning, frü- „schweren Identitätskrise“ der durch höhere Transfers, sondern
net werden. Genau das Gegen- herer Juso-Bundesvorsitzender SPD: „In Gesprächen mit Partei- durch den Ausbau der sozialen
teil ist der Fall. Parteichef Sigmar und heute in der Senatskanzlei freunden höre ich immer wieder Infrastruktur.“ Dazu Böhning:
Gabriel hält die Diskussion der beim Regierenden Bürgermeister die Frage: Für wen kämpft die „Einverstanden.“ Er ist außerdem
SPD über ihre Positionen für Klaus Wowereit für politische SPD? Für was steht sie? Wenn für eine Kita-Pflicht für Kinder. -
richtig. Vor der Fraktion argu- Grundsatzfragen zuständig, traf wir das nicht sofort klar beant- Das Duin-Papier steht im Wort-
mentierte Frank-Walter Steinmei- sich der gemeinsamen Redaktion worten können, haben wir offen- laut unter www.garreltduin.de
Garrelt Duin (Mitte), wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, im Gespräch mit Björn Böhning, Sprecher der SPD-
Parteilinken, über das Duin-Papier. Rechts Moderator Karl Doemens, Chefkorrespondent von Berliner Zeitung und Frankfurter Rundschau.
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Gegen Kampfeinsatz
Aber Kanzlerin Merkel will es den für Unterkunft und Heizung
nicht. sozial schwacher Menschen
beteiligen.
Die SPD hat so sogar noch ge-
SPD: Völkerrechtlich fragwürdige Basis für Mittelmeermission genfinanzierte Schwerpunkte Zum Schuldenabbau beitragen
gesetzt, die aber allesamt abge- will die SPD mit einer Erhöhung
Die SPD-Bundestagsfraktion hat geht darum, Terroristen zu be- lehnt wurden. Dazu gehören des Spitzensteuersatzes von 42
den Antrag der Bundesregierung kämpfen. Es hat in den letzten Rücknahme der Kürzungen im auf 49 Prozent ab einem zu ver-
abgelehnt, die Beteiligung der Jahren dort keine terroristischen Sozialbereich und bei der Städte- steuernden Bruttojahreseinkom-
Bundeswehr an der Operation Aktivitäten gegeben. Der Antrag bauförderung, 300 Millionen mens von 100.000 Euro für
Active Endeavour (OAE) im Mit- der Regierung verstößt gegen Euro zusätzlich für Bildung, 1,25 Ledige und 200.000 Euro für
telmeer fortzusetzen. Der formu- das Prinzip der Mandatsklarheit Milliarden Euro mehr für Ent- Verheiratete. Das würde mindes-
lierte Auftrag steht nicht im Ein- und bewegt sich auf einer völker- wicklungshilfe und 300 Millionen tens 2,8 Milliarden Euro Mehr-
klang mit der aktuellen Lage. Es rechtlich fragwürdigen Basis. Euro, um den Gemeinden finan- einnahmen bedeuten.
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Das Programm „Soziale Stadt“ statt 95 Millionen Euro nur noch milienministeriums. Dieser er- Offenbar hat sich die FDP mit
steht vor dem Ende. Das geht 28,5 Millionen zur Verfügung. folgreiche Ansatz wird jetzt zu- ihrer ideologisch begründeten
auf einen Beschluss von Union Union und FDP haben zudem nichte gemacht. Die Kürzungen Ablehnung einer modernen,
und FDP im Haushalt 2011 zu- beschlossen, das Programm sind ein Schlag ins Gesicht der integrierten und integrativen
rück. Zwar haben sie auf Druck „weit überwiegend für investive Menschen, die in den letzten Stadtentwicklungspolitik in der
der Länder, Kommunen und Maßnahmen einzusetzen“. zehn Jahren mit der „Sozialen Regierung durchgesetzt. Die SPD
Projektbeteiligten die Kürzung Stadt“ viele segensreiche Projek- hat diese durch soziale Kälte
der Städtebauförderung zum Teil Das hört sich harmlos an. Aber: te auf den Weg gebracht haben. gekennzeichnete Haltung der
zurückgenommen, aber die Wir- Soziale Stadt lebt vom Zusam- FDP und das Desinteresse von
kung ist fatal. Statt um 305 Milli- menwirken von baulichen Ver- Soziale Stadt ist ein wesentlicher Verkehrsminister Ramsauer,
onen Euro wird um 155 Millio- besserungen in Wohnungen und Baustein im Kapitel „Integration CSU, an Stadtentwicklungspolitik
nen gekürzt, so dass für die Pro- im Wohnviertel und von sozialen vor Ort“ des nationalen Integra- während der Haushaltsdebatte
gramme der Städtebauförderung Maßnahmen wie Nachbar- tionsplans. Gerade wenn der angeprangert.
insgesamt im nächsten Jahr nur schaftstreffs, Hausaufgabenhilfe Arbeitsmarkt als Integrations-
noch 455 Millionen Euro zur und Freizeitangeboten für Kinder Instrument immer weniger funkti- Die Kürzungen bewirken, dass
Verfügung stehen. 15 Prozent und Jugendliche. oniert, wird das Stadtviertel zum die meisten der zurzeit 570 Sozi-
weniger als bisher. Ort für Beteiligungsangebote an ale-Stadt-Projekte in mehr als
Damit ist es bisher gelungen, Schulen. Mit dem Aus der Sozia- 350 großen und kleinen Kom-
Die Kürzung trifft massiv das auch Fördermittel anderer Res- len Stadt wird auch dieser Teil munen nicht mit weiteren Förde-
Programm „Soziale Stadt“, von sorts in soziale Brennpunkte zu des nationalen Integrationsplans rungen rechnen können. Neue
dem auch zahlreiche Kommunen lenken, zum Beispiel mit dem zum bloßen Lippenbekenntnis Vorhaben besitzen überhaupt
in Ostfriesland profitierten. Die- Programm „Lokales Kapital für der Kanzlerin und ihrer Integrati- keine Chancen. Fazit. das Pro-
ses Programm wird um 70 Pro- Soziale Zwecke“ des Bundesfa- onsbeauftragten. gramm ist tot.
zent gekürzt. 2011 stehen dafür
Subventionen sollen abgebaut Entwicklung in Betrieben braucht, nahezu alle westeuropäischen hörten sich deshalb in der vori-
werden - andererseits zeichnet um wettbewerbsfähig zu bleiben. Staaten die Forschung und Ent- gen Woche die Argumente des
sich ab, dass Deutschland um In diesem Zwiespalt stecken ge- wicklung in Betrieben unterstüt- Verbandes der Chemischen In-
eine steuerbegünstigte For- genwärtig die Wirtschafts-, aber zen. Frankreich und Österreich dustrie an. Sie diskutierten Für
schung und Entwicklung nicht auch die Haushaltspolitiker im sogar massiv. In Asien tut sich und Wider - unter dem Eindruck
herumkommt, wenn Betriebe mit Bundestag. Die Regierung lehnt Singapur mit starker Subventio- der Notwendigkeit und knapper
ihren Forschungs- und Entwick- Steuerbegünstigungen dieser Art nierung hervor. Finanzen. Sicher ist, dass für
lungsabteilungen nicht ins Aus- bisher strikt ab. Die SPD ringt um international arbeitende Konzer-
land abwandern sollen. Tatsache ein Konzept. Während die Die Wirtschaftspolitiker der SPD- ne die Versuchung groß ist, im
ist, dass Deutschland neben der „Haushälter“ skeptisch sind, Bundestagsfraktion unter Leitung Ausland zu forschen - wegen der
Grundlagenforschung eine wett- sehen die „Wirtschaftler“ die ihres Sprechers Garrelt Duin dortigen staatlichen Förderung.
bewerbsnahe Forschung und Notwendigkeit. Sie sehen, dass
Professor Dieter Jahn (l.) vom Chemiekonzern BASF trägt Argumente vor. Mit skeptischer Gespanntheit hören die SPD-Wirtschaftspolitiker
Manfred Nink, Andrea Wicklein, Garrelt Duin und Forschungspolitiker Rene Röspel zu. Anschließend wurde lebhaft diskutiert.
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Mehr alte Menschen, weniger figer fehlt ein Arzt in der Nähe“, Spielhallen, manche sagen auch grassierende Spielhallen kann
junge: Dieser demografische schildert Garrelt Duin die Lage. Spielhöllen, schießen wie Pilze eventuell auch das Baurecht
Wandel hält Wirtschaft und Ge- „Das Thema beschäftigt uns sehr, aus dem Boden. Das stößt sich helfen.
sellschaft in den nächsten Jahren deshalb freuen wir uns auf die mit dem Anspruch des Staates,
in Atem. Wie Ostfriesland sich Diskussion mit den Fachleuten“, Spielsucht zu bekämpfen. Des- Komplizierter ist es bei den
darauf vorbereiten kann, ist The- sagt Erwin Wenzel, Vorsitzender halb sucht die Politik in Berlin Sportwetten, bei denen es um
ma eines „Zukunftsgesprächs“. der SPD-Fraktion im Auricher nach einer Lösung. viel Geld geht, sowohl für den
Dazu lädt Garrelt Duin alle Bür- Kreistag. Profi- als für den Breitensport.
ger am 8. Dezember um 18 Uhr Die SPD drängt die Bundesre- Stichwort: Oddset. Oddset
in den „Torfkrug“ nach Wies- Harm-Uwe Weber, Erster Kreisrat gierung dazu und bereitet eine schwächelt jedoch, so dass die
moor ein. des Landkreises Aurich, berichtet Große Anfrage vor. Die Regie- Alternative lautet: Oddset stär-
über Erfahrungen aus der Praxis. rung muss handeln, weil auch ken oder den Markt für andere
Prominentester Gast ist Franz Franz Müntefering hält einen ein Urteil des Europäischen Ge- Anbieter öffnen. Dritte Möglich-
Müntefering. Der frühere SPD- kurzen Vortrag, dem eine Podi- richtshofes sie dazu zwingt. Es keit: Keine Direktwetten zulas-
Chef und Arbeitsminister ist Spre- umsdiskussion folgt. Daran neh- geht um Lotto, um Automaten- sen. Dann aber läuft der Markt
cher der Arbeitsgruppe Demo- men neben Müntefering die De- spiele und um Sportwetten. international übers Internet.
grafischer Wandel der SPD- mografiebeauftragte des Land- Deshalb könnte es sich anbie-
Bundestagsfraktion. kreises Aurich, Dr. Gabriele Für die Automaten ist der Bund ten, den Markt zu öffnen, damit
Krautheim, und Herbert Broich, zuständig, für Lotto und Sport- das Geld im Lande bleibt.
„Unsere Dörfer bekommen den Vorsitzender des Arbeitskreises wetten zeichnen die Länder ver-
demografischen Wandel als erste Schule Rhauderfehn, teil. Der antwortlich. Im Sinne der Rechts- Garrelt Duin: „Bei allen Überle-
zu spüren – schon heute schlie- Journalist Bernhard Fokken mo- einheitlichkeit bietet sich an, gungen ist eines wichtig: Der
ßen Schulen und Kindergärten, deriert die Diskussion, zu der alle dass der Bund die Sportwetten Breitensport muss in jedem Fall
Läden schließen und immer häu- Bürger willkommen sind.. den Ländern überlässt. Gegen weiter Geld bekommen.“
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