Documentos de Académico
Documentos de Profesional
Documentos de Cultura
99. Kapitel
02] Auch der Hölle arge Bewohner verstehen sich darauf, – nur mit
dem gewaltigen Unterschiede von der Dienerei der Bewohner der
Himmel: In der Hölle will im Grunde jeder bedient sein; und dient
schon einer dem andern, so ist das bloß eine Augendienerei, also
ein allzeit höchst selbstliebig interessierter Scheindienst, wodurch
einer den andern täuschen will, um ihn bei einer günstigen
Gelegenheit desto sicherer unter seine Krallen zu bekommen und
aus seinem Falle Vorteile für sich zu ziehen.
03] Ein höllisches Gemüt hebt seinen Oberen gerade aus der
Ursache in die Höhe, aus der es am Ufer des Meeres eine gewisse
Gattung der Geier mit den Schildkröten macht. Ein solcher
dienstbarer Geier ersieht eine Schildkröte in einem Sumpfe
herumwaten. Die Kröte bemüht sich, aufs Land zu kommen, um
Kräuter zur Stillung ihres Hungers zu suchen. Der fleischlüsterne
Geier erweist ihr den Gefallen, hebt sie vorerst aus dem Sumpfe
und setzt sie aufs trockene, kräuterreiche Land. Da fängt die Kröte
bald an, sich mit dem Suchen der ihr dienenden Kräuter abzugeben.
Der Geier sieht ihr eine Weile zu und macht bloß ganz leise
Versuche, wie hart etwa ihre Schale ist. Da aber sein scharfer
Schnabel von der Schale kein Stück Fleisches herauszwacken kann,
so läßt er die arme Kröte so lange ganz ruhig weiden, bis sie
furchtloser und kecker ihren Kopf aus der Schale, nach den Kräutern
gierend, herausstreckt.
04] Wie der Geier solches Zutrauen bei der Kröte merkt, packt er
mit seinen Krallen den weichen, fleischigen Kopf, hebt dann die
Kröte hoch in die Luft und trägt sie dahin, wo er unten auf der Erde
einen steinigen Grund merkt. Dort läßt er die so hoch
emporgehobene Kröte los, und da beginnt ihr tödlicher Fall. Auf
hartem Steinboden pfeilschnell anlangend, zerschellt sie in Stücke,
und der Geier, der leichten Fluges sein fallend Opfer ebenso
pfeilschnell begleitet hatte, ist dann auch schnell bei der Hand und
fängt nun an, den Lohn seines früheren Diensteifers zu sich zu
nehmen und damit seinen stets hungrigen Magen vollzustopfen. –
Da habt ihr ein treues Naturbild des höllischen Diensteifers!
05] Es ist dies wohl auch ein Dienen, aber ein höchst eigennütziges,
und sonach ist jeder irgend mehr oder weniger eigennützige Dienst,
den sich die Menschen gegenseitig erweisen, auch stets mehr oder
weniger mit der Dienerei der Hölle verwandt und kann, insoweit er
mit der Hölle verwandt ist, unmöglich einen Wert vor Mir und allen
Meinen Himmeln haben. Nur ein rein uneigennütziger Dienst ist
auch ein wahrer und somit auch ein rein himmlischer Dienst und hat
vor Mir und vor allen Meinen Himmeln allein einen wahren und
vollkommenen Wert.
07] So dir aber jemand einen guten Dienst erwiesen hat, da sollst
du dann aber auch nicht fragen und sagen: ,Freund, was schulde ich
dir?‘, sondern du sollst den dir gut geleisteten Dienst deinem
Freunde aus aller Liebe und Freudigkeit deines Herzens nach deinen
Kräften bestens belohnen! Wird der, welcher dir den guten Dienst
erwiesen hat, dessen gewahr, so wird er dich umarmen und
sagen: ,Edler Freund, sieh, einen nur sehr kleinen Dienst habe ich
dir geleistet, und du belohnst mich dafür so groß! Sieh, ein Zehnteil
davon ist mehr denn übergenug, und selbst den nehme ich nur als
einen Beweis deines mir so teuren Bruderherzens an!‘
http://www.wahre-wege.de/lorber-webspace/johannes4.htm
.