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19.12.2016 (PDF unter www.vollgeld-initiative.ch/stellungnahmen)

Stellungnahme
der Vollgeld-Initiative
zur Botschaft des Bundesrates
Inhalt:
Zusammenfassung 1
Kapitel 1: Bundesrat missversteht Vollgeld-Initiative 3
1.1. Die Vollgeld-Initiative schreibt der SNB keine konkrete Geldpolitik vor. 3
1.2. Die geldpolitischen Möglichkeiten der SNB werden verbessert 6
1.3. Mehr Finanzstabilität 8
1.4. Keine höheren Gebühren für Konsumenten 9
1.5. Auswirkungen auf den Finanzsektor: Keine Gewinneinbussen, aber mehr
Wettbewerbsgleichheit 9
1.6. Die Unabhängigkeit der Nationalbank wird gestärkt 10
1.7. Realwirtschaft und Konjunktur werden gefördert 13
1.8. Bankenregulierungen ersetzen nicht Vollgeld-Initiative 14
Kapitel 2: Bundesrat nimmt zu zentralen Fragen der Initiative keine Stellung 15
2.1. Ist Geld eine öffentliche Infrastruktur? 15
2.2. Warum sollen wir leichtfertig auf Milliarden-Einnahmen verzichten? 16
2.3. Wie können Finanzkrisen vermieden werden? 16
2.4. Warum soll Geld durch Schulden entstehen, obwohl das klare Nachteile hat? 17
2.5. Was können wir aus internationalen Entwicklungen lernen? 20
Anmerkungen 22

Direkte Gegenüberstellung in synoptischer Darstellung:


Übersicht des Bundesrates und Erläuterungen der Initianten 23

Zusammenfassung
Der Bundesrat hat in seiner Botschaft vom politischen Folgerungen des Bundesrates. Die
9.11.2016 die Vollgeld-Initiative in zentralen von ihm behaupteten Nachteile sind sachlich
Teilen zutreffend analysiert. Er attestiert ihr teils unfundiert und wirken rein politisch motiviert:
ausdrücklich, teils zwischen den Zeilen, die Be- 1. Der Bundesrat übersieht, dass es Voll-
rechtigung des Anliegens, sachliche Qualität, geld schon immer und überall gab und
innere Stimmigkeit (Konsistenz) und praktische die Vollgeld-Initiative nichts grundsätzlich
Umsetzbarkeit. Insbesondere attestiert der Neues will.
Bundesrat der Initiative, dass ihre Umsetzung Vollgeld in Form von Banknoten, Münzen und
im internationalen Kontext aus juristischer Sicht elektronischem Geld der Schweizerischen Natio-
möglich ist. nalbank (SNB) ist das, was in der Bevölkerung
Weniger nachvollziehbar sind allerdings die unter „Geld“ verstanden wird. Das elektronische

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Buchgeld der Banken, welches kein gesetzliches macht für diese keinen Unterschied. Somit gibt
Zahlungsmittel ist, verbreitete sich durch die Ein- es auch keinen Grund für höhere Zinsen oder
führung des elektronischen Zahlungsverkehrs erst Bankgebühren. Die Gründe für die aktuellen und
in den letzten Jahrzehnten. Das geschah unmerk- zukünftigen Umstrukturierungen und Anpassungen
lich. Nach Umfragen sind 80 Prozent der Bürge- im Bankenwesen liegen bei der enormen Regulie-
rinnen und Bürger der Ansicht, das elektronische rungsdichte und den Fintech-Entwicklungen. Die
Buchgeld auf unseren Konten würde von der Nati- Vollgeld-Initiative hingegen kann sogar mithelfen
onalbank erzeugt und nicht von den Banken. Die das traditionelle Bankengeschäft zu fördern.
Vollgeld-Initiative korrigiert diese Fehlentwicklung.
Sie verwandelt die heutigen Zahlungsversprechen 4. Der Bundesrat geht auf zusätzliche
auf unseren Privatkonten zu echtem gesetzlichen Vorteile von Vollgeld gar nicht ein:
Zahlungsmittel (Vollgeld), das so sicher wie Bar- Verringerung der „too-big-to-fail“-Problematik,
geld ist. Die Vollgeld-Initiative stellt somit einen Nutzbarmachung von bisher nicht realisierbaren
Zustand her, von welchem die BürgerInnen und Geldschöpfungsgewinnen in Milliardenhöhe,
Bürger bereits heute ausgehen. gesamtwirtschaftliche Entschuldung, geldsyste-
mische Gleichstellung aller Unternehmen, Weg-
2. Die Vollgeld-Initiative lässt der SNB fallen der geldsystemischen Benachteiligung von
alle ihre bisherigen geldpolitischen In- kleinen gegenüber grossen Banken, etc.
strumente, erweitert ihre Möglichkeiten
und stärkt ihre Unabhängigkeit. 5. Die Aussagen des Bundesrats entspre-
Die Vollgeld-Initiative schreibt der SNB keine kon- chen nicht dem aktuellen Stand der wis-
krete Geldpolitik vor, sondern lässt ihr die gebote- senschaftlichen Forschung:
nen Freiheiten. Die SNB kann wie bisher den LIBOR Das international renommierte Wirtschaftsprü-
beeinflussen und allzu grossen Schwankungen der fungs- und Beratungsunternehmen KPMG zeigt
Zinsen und des Wechselkurses entgegenwirken in der Metastudie „Money Issuance“, dass die
sowie - falls notwendig - die Geldmenge auch überwiegende Anzahl der wissenschaftlichen
unkompliziert jederzeit wieder reduzieren. Die Studien zu einem positiven Ergebnis kommt:
neuen zusätzlichen Möglichkeiten umfassen die Vollgeld führt zu mehr ökonomischer Stabilität
schuldfreie Geldschöpfung und die wiedererlangte und Beschäftigung, zu geringeren öffentlichen
Fähigkeit, die Geldmenge wirkungsvoll und direkt und privaten Schulden und zu einer Verhinde-
zu steuern. Damit könnte die SNB Probleme an- rung von Inflation. Der Bundesrat geht darauf
gehen, die heute unlösbar erscheinen. Trotzdem in keiner Zeile ein. Bereits früher hat der IWF in
bringt der Bundesrat als zentrale Begründung seiner Fachstudie „The Chicago Plan Revisited“
für seine Ablehnung der Vollgeld-Initiative vor, die Vorteile klar benannt. Auch diskutieren bereits
mit Vollgeld würde die SNB eine Geldpolitik zum ausländische Zentralbanken bzw. Parlamente
Schaden der Schweiz betreiben. Warum sollte die (England, Schweden, Dänemark, Island) öffent-
SNB das in einem Vollgeldsystem tun, obwohl lich einzelne Elemente der Vollgeld-Initiative.
die Vollgeld-Initiative ihr dies in keiner Weise
6. Der Bundesrat verhindert mit seiner
aufzwingt? Die Vollgeld-Initiative bietet ihr im Ge-
passiven, abwehrenden Haltung eine
genteil sogar explizit erweiterte Möglichkeiten, den
Diskussion über eine Anpassung des be-
verfassungsmässigen Auftrag „im Gesamtinteresse
stehenden Geld- und Bankensystem.
des Landes” zu handeln, zu erfüllen.
Die Botschaft des Bundesrates ist so formuliert,
3. Für Banken und damit auch für die dass der Eindruck entsteht, eine echte Debatte
Bankkunden hat Vollgeld keine direkten solle verhindert werden. Es wird so getan, als ob
finanziellen Auswirkungen. der vom Bundesrat eingeschlagene Weg alter-
Ob Banken kostenlos selbst Geld schöpfen oder nativlos sei. Doch es gibt sie, die wirkungsvolle,
zu null Prozent Zins von der Nationalbank leihen, moderate Ergänzung: die Vollgeld-Initiative.

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Kapitel 1:
Bundesrat missversteht Vollgeld-Initiative

1.1. Die Vollgeld-Initiative schreibt der SNB keine konkrete Geldpolitik vor.

Die Vollgeld-Initiative ordnet die Geldschöpfung unter Vollgeld die Instrumente in der Hand, die
und gibt der Nationalbank und dem Gesetzge- Zinssätze und den Wechselkurs wie bisher zu
ber zusätzliche Handlungsmöglichkeiten. Die steuern. Sie wird daher keine übertriebene und
Initiative schreibt der SNB aber keine konkrete damit negative Schwankungen zulassen.
Geldpolitik vor. Die gesamte Argumentation des
Bundesrates gegen die Vollgeld-Initiative besteht SNB kann Menge an schuldfreien Geld
darin, dass die SNB in einem Vollgeldsystem eine selbst bestimmen:
missratene Geldpolitik betreiben müsste. Das ist Der Bundesrat befürchtet: “Generell ist zu erwar-
aber nicht der Fall. ten, dass die direkte Verteilung von Geld durch
Transfers das Vertrauen in die Geldwertstabilität
SNB kann Zinssatz steuern:
reduzieren würde, weil diesem Geld keine Ak-
Konkret befürchtet der Bundesrat: Die SNB könne
tiven in Form von Devisenreserven oder Gold
mit Vollgeld nicht mehr Zinssteuerung betreiben
gegenüberstehen würden.” (S.18)
(S. 16), da sie Geld auch schuldfrei in Umlauf
Wenn dem so wäre, dann wäre die schuldfreie
bringen kann.
Auszahlung neuen Geldes ein probates Mittel,
Diese Annahme ist unverständlich. Die Vollgeld-
um den überbewerteten Schweizer Franken zu
Initiative verbietet die Steuerung der Geldmenge
schwächen, so dass im Gegenzug auf Nega-
über den Zinssatz nicht. Im Gegenteil: Da die
tivzinsen verzichtet werden könnte. (Aber leider
Nationalbank alles Geld schöpft und damit
gibt es den Zusammenhang zwischen Aktiven
dauerhaft eine wichtige Finanzierungsquelle für
in der SNB-Bilanz und Geldwertstabilität in der
die Banken bleibt, kann sie den Zinssatz sogar
Realität gar nicht, was in der Stellungnahme des
noch wirkungsvoller steuern als heute. Dazu
Initiativekomitees zu economiesuisse genauer
gehört auch, dass die SNB den Zinssatz dem
beschrieben ist: www.vollgeld-initiative.ch/stel-
Markt frei überlassen kann, wenn sie das für
lungnahmen)
sinnvoll erachtet.
Der Bundesrat geht nicht nur von einer er-
Die SNB ist 2000 zur Zinssteuerung übergegan-
wünschten, sondern von einer übermässigen
gen, weil die bis dahin übliche Geldmengen-
Abwertung aus und wirft damit der Nationalbank
steuerung wegen der überbordenden Giralgeld-
vor, dass diese ihren Auftrag der “Preisstabilität”
schöpfung der Banken nicht mehr funktionierte.
nicht nachkommen wird. Angenommen, die
Im Vollgeld-System kann die SNB wieder die
schuldfreie Auszahlung neuen Geldes würde,
Geldmenge steuern, und das sogar so wirkungs-
wie vom Bundesrat vermutet, zu einem uner-
voll wie noch nie zuvor. Die geldpolitischen Mög-
wünschten Vertrauensverlust in den Schweizer
lichkeiten der SNB werden also erweitert.
Franken führen, warum sollte dann die SNB
SNB kann zu grosse Schwankungen der in entsprechend hohem Umfang neues Geld
Zinsen und des Wechselkurses verhindern: schuldfrei auszahlen? Niemand zwingt die Na-
Der Bundesrat befürchtet: “Im Vollgeld-System tionalbank dazu, theoretisch könnte sie auf die
dürften die Frankenzinssätze und folglich wohl auch schuldfreie Auszahlung von neuem Geld zeitwei-
der Wechselkurs grösseren Schwankungen unter- se ganz verzichten, wenn ihr dies geldpolitisch
liegen, was mit entsprechenden Unsicherheiten für geboten erscheint. Die Nationalbank hat auf Ba-
die Wirtschaft verbunden wäre.” (S. 17) sis der Vollgeld-Initiative drei Möglichkeiten neue
Die Befürchtung ist unbegründet. Die SNB hat Franken in Umlauf zu bringen: durch schuldfreie

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Auszahlung, Darlehen an Banken oder durch Das ist in Art. 99a Abs. 3 BV beschrieben: “Die
Kauf von Auslandsdevisen und anderen Aktiven. schweizerische Nationalbank führt als unabhän-
Wie sie diese drei Varianten mischt ist der Ein- gige Zentralbank eine Geld- und Währungspoli-
schätzung der SNB überlassen. tik, die dem Gesamtinteresse des Landes dient;
sie steuert die Geldmenge und gewährleistet das
Interpretation des Verfassungstextes: Funktionieren des Zahlungsverkehrs sowie die
Es ergibt sich aus dem Initiativtext der Vollgeld- Versorgung der Wirtschaft mit Krediten durch die
Initiative, dass die SNB in der Wahl dieser drei Finanzdienstleister.” Daraus ergibt sich, dass der
Varianten frei ist: Gesetzgeber der SNB die Gewährung von Darle-
1. Art. 99a Abs. 3 BV lautet: “Sie (die SNB) bringt hen an Finanzdienstleister nicht begrenzen darf,
im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrages neu so dass diese die “Versorgung der Wirtschaft
geschaffenes Geld schuldfrei in Umlauf, und mit Krediten” auch im Krisenfall gewährleisten
zwar über den Bund oder über die Kantone oder, kann. Das heisst, auch wenn das schuldfreie
indem sie es direkt den Bürgerinnen und Bürgern Geld grundsätzlich zwingend vorgesehen ist, darf
zuteilt. Sie kann den Banken befristete Darlehen dies nicht zu einer Einschränkung der Darlehen
gewähren.” Der Verweis „im Rahmen ihres ge- an Banken (oder Kauf von Auslandsdevisen und
setzlichen Auftrages“ bedeutet, dass der Gesetz- anderen Aktiven) führen.
geber befugt ist, die massgebliche Interpretation 5. Hinzu kommt, dass die SNB nach nach Art.
dieses Verfassungsartikels vorzunehmen. Er hat 99a Abs. 1 BV die verfassungsmässige Unab-
dabei einen politischen Spielraum. Zu fragen hängigkeit besitzt sowie die Kompetenz, eine
ist, wo die Grenzen der Gesetzgebungsfreiheit Geld- und Währungspolitik zu führen, die dem
liegen. Gesamtinteresse des Landes dient. Die gesetz-
2. Das Gesetz muss das schuldfreie In-Umlauf- liche Regelung darf diese Unabhängigkeit und
Setzen mindestens in einer der drei Varianten Kompetenz nicht verunmöglichen.
zwingend vorsehen. Es darf der SNB nicht vor- 6. Ergebnis: Der Initiativtext begünstigt so viel
schreiben oder gestatten, sämtliches Geld über schuldfreie Zuteilung, wie die langfristige Wirt-
Darlehen an die Banken in Umlauf zu bringen. schaftsentwicklung gestattet, und so viel Dar-
Ein Minimum an schuldfreiem Geld ist jedoch lehensgewährung, wie die Feinsteuerung der
nicht vorgeschrieben. Geldpolitik und Sicherung der Kreditversorgung
3. Für die Gewichtung von schuldfreiem Geld, benötigt. Der Initiativtext gewährt aber weder dem
Darlehen an die Banken und Kauf von Auslands- einen Weg noch dem anderen einen generellen
devisen und anderen Aktiven gibt es also keine Vorrang. Entsprechend hat auch der Gesetzgeber
klaren Grenzen, wohl aber eine Richtlinie, von der SNB einen Spielraum zu gewähren, innerhalb
der nur aus guten Gründen abgewichen werden dessen sie ihre eigene Gewichtung von Stabilität
sollte: Während das schuldfreie Geld zwingend und Dynamik selbst vornehmen kann.
vorgesehen ist, gibt es für die Darlehen nur eine
Kann-Vorschrift (ebenso für den erleichterten Zu- SNB ist vor Begehrlichkeiten geschützt:
gang der Banken zu solchen Darlehen während Der Bundesrat befürchtet: “Müsste sich der
der Übergangsphase, siehe Art. 197 Ziff. 12 Abs. Staat über längere Zeit teilweise über Vollgeld
2). Der Gesetzgeber ist also dazu aufgerufen, das finanzieren, würde dies eine Anspruchshal-
schuldfreie Geld als Normalfall vorzusehen, die tung gegenüber der SNB begründen. Wenn
Darlehen hingegen nur so weit zuzulassen, als die SNB aus geldpolitischen Überlegungen kein
dies zur Erfüllung des gesetzlichen Auftrags der Vollgeld in Umlauf bringen will, würde dies direkt
SNB erforderlich ist. die Finanzierung staatlicher Aufgaben berühren.
4. Dies führt zur Frage, was „der gesetzliche Auf- Die SNB würde unter erhöhten politischen Druck
trag“ von Verfassungswegen im Hinblick auf die kommen, der ihre Unabhängigkeit in Frage
Darlehen der SNB an die Banken aussagen muss. stellen könnte. Auch die Nachhaltigkeit der

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Staatsfinanzierung könnte dadurch gefährdet setzgeber die SNB verpflichten sollte, über den
werden.” (S. 21/22) langfristigen Geldbedarf hinaus Geld schuldfrei
Diese Befürchtung beruht auf einer Reihe von auszuteilen. Das wäre aber eine Verletzung des
Missverständnissen: Grundauftrags der SNB.
- Es gibt auch im Vollgeld keine Vermischung
von Finanz- und Geldpolitik, denn allein die SNB kann Vollgeld reibungslos einführen:
Nationalbank entscheidet über die Geldpolitik. Der Bundesrat befürchtet: “Der Übergang in ein
- Die Unabhängigkeit der Nationalbank wird Vollgeld-System birgt zusätzliche Risiken für das
mit Annahme der Vollgeld-Initiative gestärkt Finanzsystem und die Realwirtschaft. Die Umstel-
(siehe Kap. 1.6.). Daher kann der Staat die lung des Geldsystems dürfte eine Verunsicherung
Geldschöpfung durch die Nationalbank nie zu bei Unternehmen, Haushalten und internationa-
seiner Einkommensquelle machen. len Investoren auslösen. Dies würde einerseits
- Die Staatseinnahmen aus der Geldschöpfung zu einer grossen Zurückhaltung bei den Inve-
machen sodann immer nur einen kleinen Teil stitionen und dem Konsum führen, andererseits
aller Staatseinnahmen aus und würden, so wie käme es zu hohen internationalen Kapitalflüssen
heute auch, sinnvollerweise durch eine Aus- und zu Wechselkursschwankungen.” (S. 22)
gleichsreserve bei der Nationalbank mittelfristig Das Gegenteil trifft zu: Mit Vollgeld wird in der
geglättet. Schweiz das sicherste Geld überhaupt eingeführt.
- Die Nationalbank könnte Bund und Kantone Die Realwirtschaft profitiert von der Umstellung.
dauerhaft gar nie mit so viel Geld überschütten, Bislang war ein sicheres Geldsystem jedenfalls
dass diese von ihr abhängig werden. Sie wird immer ein wichtiger Faktor für Investitionsent-
nämlich an die Vorgaben der Geld- und Wäh- scheidungen.
rungspolitik gebunden sein. Richtig ist: Die SNB kann Vollgeld reibungslos
- Der Gesetzgeber hat es in der Hand, die SNB einführen. Die Umstellung ist planbar und kann
vor zusätzlichen politischen Begehrlichkeiten in kleinen Schritten vollzogen werden. Dazu sind
durch folgende gesetzliche Regelungen zu be- nur Anpassungen in der EDV und bei rechtlichen
wahren: Das Gesetz kann bestimmen, dass der Regelungen nötig. Für den einzelnen Bankkunden
Staat schuldfreies Geld nur zur Schuldentilgung ändert sich nichts, ausser dass das elektronische
verwenden darf oder dass das neue Geld weit- Geld auf seinem Konto krisensicher wird. Auch
gehend als Bürgerdividende ausbezahlt wird. für die Banken kann die Umstellung reibungslos
Damit schützt das Gesetz die SNB und die Politik und sogar unmerklich verlaufen: Wenn die Nati-
zugleich vor schädlichen Begehrlichkeiten. onalbank in der Einführungsphase die Nachfrage
der Banken nach Liquidität bedient, ändert sich
SNB kann Geldmenge reduzieren: für die Bankenwelt praktisch nichts.
Der Bundesrat befürchtet: “Dabei ist festzuhalten, Worin besteht diese Umstellung konkret?
dass schuldfrei in Umlauf gebrachtes Geld nicht a) Ausgliederung der Zahlungskonten aus den
so einfach wieder abzuschöpfen wäre.” Bankbilanzen und treuhänderische Verwaltung
Richtig ist: Eine Abschöpfung von schuldfrei in der Zahlungskonten. Dies entspricht in etwa der
Umlauf gebrachten Geldes ist nicht notwen- Verwaltung eines Wertschriftenkontos und ist
dig, denn die Nationalbank kann jederzeit die technisch zweifellos machbar.
Geldmenge reduzieren, indem sie Darlehen an b) Umwandlung der Sichtguthaben der Bank-
Banken nicht verlängert oder Devisen und an- kunden (=Verpflichtung der Banken) in eine
dere Aktiven aus ihrem Bestand gegen Franken Verpflichtung gegenüber der Nationalbank und
verkauft. Rückzahlung dieser Verpflichtung über einen
Die vom Bundesrat vorgeschlagene “Abschöp- zumutbaren Zeitraum. Nachdem die Banken
fungssteuer” oder verzinsliche “SNB-Bills” heute bei der Nationalbank bereits über sehr
könnten nur notwendig werden, wenn der Ge- hohe Guthaben verfügen, besteht in der Schweiz

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sogar die Möglichkeit, dass diese Rückzahlung benen Kredite durch Einlagen bzw. durch Kredite
durch eine Gegenverrechnung relativ rasch er- bei der Nationalbank.
folgen könnte. Insbesondere die Nationalbank hat es in der
c) Finanzierung der von den Banken neu verge- Hand diesen Übergang schrittweise zu gestalten.

1.2. Die geldpolitischen Möglichkeiten der SNB werden verbessert


(zu Ziffer 4.2.2 Bundesratsbotschaft)

Wie wir in Kapitel 1.1. gezeigt haben, behält die seit 2007/08 die behaupteten Wirkungen der
SNB mit der Vollgeld-Initiative ihre bestehenden Zinssteuerung ausgeblieben. Wie heisst es doch
geldpolitischen Instrumente und kann somit so schön: Man kann das Pferd zur Tränke führen,
ihre bisherige Geldpolitik fortsetzen. Die SNB es aber nicht zum Trinken zwingen. Dieses Versa-
bekommt zusätzlich neue Möglichkeiten, ist aber gen der Zinssteuerung ist der Grund, warum viele
nicht gezwungen, diese einzusetzen. Der Verfas- Zentralbanken mit quantitative Easing begonnen
sungstext der Vollgeld-Initiative lässt der SNB alle haben, und Staats- und Unternehmensanleihen
Freiheiten. Trotzdem schreibt der Bundesrat, dass von Geschäftsbanken aufkaufen. Hinzu kommt,
das Vollgeld-System „einschneidende Konse- dass das Zinsniveau seit der Finanzkrise 2008
quenzen für die Geldpolitik hat“. (S. 15) Ebenso von ausländischen Zentralbanken diktiert wird.
erkennt der Bundesrat nicht, wie Vollgeld die Wenn die EZB, FED und die BoE eine Nullzinspo-
Geldpolitik der SNB verbessern kann. Die SNB litik betreiben, bleiben der SNB praktisch keine
erhält zusätzliche Instrumente, um Probleme zu Gestaltungsspielräume. Denn jede Erhöhung
lösen, die mit den bisherigen Instrumente nicht des Zinssatzes in der Schweiz würde sofort zu
gelöst werden können. weiterem Aufwertungsdruck beim SFr. führen.
Auch ein mögliches „Einhergehen“ von Zins- und
Referenzzinssatz beeinflusst Kreditvergabe Marktbewegungen sagt nichts über die Kau-
und Geldschöpfung kaum salitäten aus. Das Konzept der Zinssteuerung
In der bundesrätlichen Botschaft wird eine Mo- geht von der Annahme aus, eine Zinssenkung
dellwelt beschrieben, die es schon seit längerer hätte eine Mehrproduktion zur Folge und eine
Zeit nicht mehr gibt: Der Bundesrat geht immer Zinserhöhung eine Drosselung der Produktion.
noch davon aus, dass „im heutigen System die Empirisch ist genau das Umgekehrte festzu-
SNB durch die Steuerung des Referenzzinssatzes stellen: Steigendes Wachstum führt zu höheren
das Angebot und die Nachfrage nach Krediten Zinsen; Wachstumsabschwächungen führen zu
beeinflusst“ (S. 16). niedrigeren Zinsen.
Tatsächlich hat die Zinssatzsteuerung durch die Unabhängig von der Frage, wie effektiv die heu-
Nationalbank stark an Wirkung eingebüsst. tige Zinssteuerung wirklich ist, kann die National-
Nicht zuletzt aus diesem Grund sieht die Voll- bank mit Vollgeld den Referenzzinssatz steuern.
geld-Initiative direkte und weiter reichende Denn gemäss Initiativtext kann die SNB den Ban-
Steuerungsmöglichkeiten für die Nationalbank ken jederzeit – nicht nur in der Übergangsphase
vor. In der Realwirtschaft machen Unternehmer – verzinsliche Darlehen gewähren und kann
ihre Investitionen nicht allein von den Bankzinsen damit eine Zinssteuerung betreiben. In diesem
abhängig. Andere Gründe wie Gewinnerwar- Bereich ändert sich gegenüber heute nichts: Die
tungen, Marktumfeld usw. spielen dabei eine Geldherstellung geschieht zum Teil also nach wie
wesentlich grössere Rolle. Wie jedermann den vor in gemeinsamer Verantwortung und in Zu-
Wirtschaftsnachrichten fast täglich entnehmen sammenarbeit zwischen SNB einerseits und Ban-
kann, sind trotz Niedrig- bis Negativzinszinsen ken und Wirtschaft andererseits. Hinzu kommen

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die neuen Kompetenzen der Nationalbank zur erung konnte in der Vergangenheit nicht funk-
Steuerung des Finanzmarktes, insbesondere zur tionieren, weil sie sich nur auf die Geldmenge
Gewährleistung der Versorgung der Wirtschaft M0 (Reserven) bezog und für eine Steuerung der
mit Krediten durch die Finanzdienstleister (Art. Geldmenge M1 (umlaufendes Geld) die dazu
99a Abs.1 BV). nötigen Instrumente fehlten. In einem System der
Mindestreserven entscheiden die Banken über die
Die SNB erhält zusätzliche, wirksamere Ausdehnung der Kredite bzw. die Geldmenge
Instrumente: und die Notenbank kann im Nachhinein nur
noch die notwendigen Reserven bereitstellen.
Schuldfreie Geldschöpfung
Die Geldmengenausweitung der Banken folgt
Neben Darlehen an Banken kann die SNB neues
nicht gesamtwirtschaftlichen Zielen, sondern
Geld schuldfrei über den Bund/die Kantone oder
ergibt sich aus den betriebswirtschaftlichen Ziel-
die Bürger in Umlauf bringen. Dieses Geld fliesst
setzungen der Banken bzw. der Finanzmärkte.
dann direkt in die Realwirtschaft und kann als
Unter diesen Bedingungen konnte die SNB keine
wesentlich direkteres Instrument für eine Ankur-
erfolgreiche Geldmengenpolitik betreiben.
belung der Konjunktur eingesetzt werden.
Das ändert sich mit der Vollgeld-Initiative: alles
Über die Gewichtung der verschiedenen Wege
Geld (der heutigen Geldmenge M1) wird von
– schuldfreie Geldschöpfung oder Darlehen
der SNB geschöpft und nicht mehr von den
an die Banken oder Kauf von Auslandsdevisen
Banken. Die SNB kann deshalb das Wachstum
und anderen Aktiven - wird im Initiativtext nichts
der Geldmenge effektiv kontrollieren, indem
ausgesagt. Es ist daher Sache des Gesetzgebers
sie zum Beispiel die Herausgabe neuen Geldes
im Rahmen des Verfassungstextes der National-
beschränkt. Dies ist im Gesamten möglich, aber
bank allfällige Vorgaben zu geben, wobei die
auch in Teilbereichen. Wenn zum Beispiel eine
Unabhängigkeit der Nationalbank dabei nicht
Immobilienblase befürchtet wird, könnte die SNB
eingeschränkt werden darf. Je nach Entwicklung
Banken kein neues Geld für Immobilienkredite
und wirtschaftlicher Situation kann der Einsatz
zur Verfügung stellen, so dass die Banken Immo-
der einzelnen Instrumente variiert werden. Die
bilienkredite nur durch Spargelder finanzieren
Nationalbank wird darauf achten, dass ihr
können. Die SNB könnte auch Anreize schaffen
Handlungsspielraum immer ausreichend gross
durch Darlehen an Banken mit günstigen Kon-
sein wird und daher ein beachtlicher Anteil neuen
ditionen. Das ist grundsätzlich nichts Neues,
Geldes auch über Darlehen an Banken in Umlauf
entsprechende Steuerungsmöglichkeiten hat die
kommt, so dass sie die Geldmenge auch jederzeit
SNB heute durch differenzierte Eigenkapitalvor-
wieder reduzieren könnte.
schriften für die Banken. Fazit: Die SNB bekommt
Steuerung der Geldmenge durch die Vollgeldreform die Möglichkeit, die
Die Nationalbank bringt heute nur einen sehr Geldmenge direkt oder indirekt über den Zinssatz
kleinen Teil der Geldmenge M1, nämlich das Bar- zu steuern.
geld, in Umlauf. Etwa 90 Prozent der Geldmenge
M1 wird von den Banken in Form von Sichteinla-
gen selbst hergestellt. Es ist daher offensichtlich,
dass heute die Einflussmöglichkeiten der SNB
auf die Geldmenge sehr begrenzt sind. Deshalb
verzichtet die Nationalbank seit dem Jahr 2000
auf die Formulierung eines Geldmengenzieles.
Die Hinweise in der bundesrätlichen Botschaft,
wonach die Geldmengensteuerung in der
Vergangenheit wenig erfolgreich war (S. 16),
überzeugen nicht. Denn eine Geldmengensteu-

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1.3. Mehr Finanzstabilität


(zu 4.2.3 Bundesratsbotschaft)

Der Bundesrat bestätigt in seiner Bot- der Finanzwirtschaft löst, ist selbstverständlich. Im
schaft: Gegensatz zur gegenwärtigen Politik des Bundes-
- dass mit Vollgeld “Kreditzyklen und Ver- rates begnügt sie sich aber nicht mit Symptombe-
mögensblasen” gedämpft werden können kämpfung, sondern packt ein zentrales Problem
(S. 18), an seiner Wurzel an: Die Geldschöpfung. Damit
- dass “die Sichteinlagen bei den Banken wird die Voraussetzung für die Lösung vieler
im Fall eines Bankkonkurses vollständig ge- Probleme geschaffen. Diese können dann auf
der neuen Verfassungsgrundlage ebenfalls ange-
schützt” sind und damit “die Notwendigkeit
packt werden. Ob und wie dies geschieht, bleibt
eines Einlegerschutzes” auf die “Sichteinla-
in der Verantwortung des Gesetzgebers.
gen” entfällt (S. 18),
- dass mit der “Sicherung des Zahlungsver-
Finanzierung der Banken
kehrs” ein “wichtiger Anlass für eine staatliche Mit Vollgeld müssen sich die Banken durch Spar-
Bankenrettung” beseitigt wird (S. 18), einlagen, Investorengelder oder Darlehen bei der
- dass die Gefahren aus der im Bankgeschäft Nationalbank finanzieren. Hier bringt der Bun-
notwendigen Fristentransformation (d.h. mit desrat den Einwand: “Es ist nicht auszuschliessen,
kurzfristigen Spargelder werden langfristigere dass auch riskantere Finanzierungsmöglichkeiten
Kredite finanziert), je nach Festlegung von gewählt werden könnten, um Kredite zu finan-
Mindesthaltefristen durch die SNB, “mehr oder zieren.” (S. 19)
weniger stark” reduziert werden (S. 19). Dass gewisse Banken auch unter Vollgeld unver-
Ausserdem führt Vollgeld zu einer Entflechtung antwortlich handeln, lässt sich nie ausschliessen.
der Banken: Die Interbankenkredite machen ca. Die Nationalbank hätte dagegen aber die nöti-
25 % der Bilanzen der Schweizer Banken aus. gen Korrekturmöglichkeiten.
Die grössten Kunden der Banken sind andere Die risikoreichste Finanzierungsform für eine
Banken. Diese extrem hohe Verflechtung ist eine Bank sind heute liquide Geldanlagen von Kun-
Folge des Zahlungsverkehrs im heutigen Banken- den, die jederzeit abgezogen werden können
system. Denn jede Überweisung auf ein Konto und gerade deshalb durch den Staat abgesichert
bei einer anderen Bank müssen die Banken werden müssen. Dieses Risiko entfällt unter Voll-
untereinander mit gegenseitigen Krediten aus- geld. Das Risiko der Banken steigt nicht, sondern
gleichen, soweit sie dafür kein Nationalbankgeld sinkt beträchtlich.
verwenden wollen. Im Vollgeldsystem entfällt ein
grosser Teil dieser Interbankenbeziehungen, und
wenn eine Bank in Schwierigkeiten kommt, trifft
das andere Banken nicht mehr in gleicher Weise
wie heute. Geringere Dominoeffekte bedeuten
eine geringe Notwendigkeit für den Staat, Ban-
ken zu retten.
Weitere Punkte werden in Kapitel 2.3. dieser
Stellungnahme ausgeführt.
Trotz all dieser grossen Vorteile lehnt der Bun-
desrat die Vollgeld-Initiative ab, da es weitere
Problemfelder gäbe, in denen Vollgeld nicht
helfen würde.
Dass die Vollgeld-Initiative nicht alle Probleme

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1.4. Keine höheren Gebühren für Konsumenten


(zu 4.2.4 Bundesratsbotschaft)

Der Bundesrat befürchtet in Ziffer 4.2.4, aber Gebühren erhoben und die Gebühren hatten
auch in 4.2.5 und 4.2.6, dass die Banken die bereits in den letzten Jahren eine steigende
Kosten des Zahlungsverkehrs, die bisher aus Tendenz. Mit dem Aufkommen neuer Techno-
dem Kreditgeschäft quersubventioniert werden, logien und neuer Anbieter auf dem Gebiet des
auf die Kunden überwälzen würden. Zahlungsverkehrs wird der Wettbewerb hingegen
Diese Befürchtung ist unbegründet, denn in wieder für tiefere Gebühren sorgen.
Zeiten des Null-Zinses hat Vollgeld keine direkten Falls irgendwann mit dem Thema Bankgebühren
finanziellen Auswirkungen für Banken. Seit eini- doch ein Problem entsteht, könnte notfalls auch
gen Jahren haben Banken keinen finanziellen eine staatliche Subventionierung ins Auge ge-
Vorteil mehr von der eigenen Geldherstellung: fasst werden. Gemäss der Vollgeld-Initiative
ob Banken kostenlos selbst Geld schöpfen oder ist der Zahlungsverkehr durch den Staat zu
zu null Prozent Zins von der Nationalbank leihen, “gewährleisten”, so dass eine Subventionierung
macht für sie keinen Unterschied. der Konten eine rechtliche Grundlage hätte. Fi-
Da den Banken keine zusätzlichen Kosten ent- nanziert werden könnte das aus den Geldschöp-
stehen, gibt es für diese auch keinen Grund, fungsgewinnen der SNB. Eine andere gesetzliche
durch die Vollgeldumstellung die Bankgebühren Regelungsmöglichkeit wäre, das Anbieten von
zu erhöhen. kostenlosen Zahlungsverkehrskonten zur Auflage
Zudem werden bereits heute zum Teil beachtliche bei der Vergabe von Banklizenzen zu machen.

1.5. Auswirkungen auf den Finanzsektor:


Keine Gewinneinbussen, aber mehr Wettbewerbsgleichheit
(zu 4.2.5 Bundesratsbotschaft)

Der Bundesrat befürchtet eine Schwächung bedeutend, da die Verzinsung beim zweiten oft
des Finanzsektors durch die Vollgeld-Reform nur bei 0,1 oder 0,3 % liegt. Angesichts der noch
und begründet dies so: “Die noch zulässigen auf lange Sicht bestehenden Nullzinspolitik der
Finanzierungsinstrumente - z.B. Spareinlagen internationalen Zentralbanken, der sich die SNB
- sind teurer als die heutige Finanzierung über nicht entziehen kann, werden mit Vollgeld die
Sichteinlagen … dadurch sinkt die Profitabilität Beschaffungskosten des Geldes für die Banken
der Banken bzw. werden die höheren Kosten (in im Vergleich zur bisherigen Giralgeldschöpfung
Form von Gebühren und höheren Kreditzinsen) gleich bleiben.
den Bankkunden weitergegeben.” (S. 21) Darüberhinaus bleibt das Entscheidende die
Diese Befürchtungen sind unbegründet. Der Zinsdifferenz, d.h. zu welchen Zinsen die Bank
Bundesrat übersieht: im Vergleich zu den Beschaffungskosten Kredite
vergeben kann. Diese Zinsdifferenz ist marktab-
- Unter heutigen Zinsbedingungen hätten
hängig, das ist auch mit Vollgeld so.
Banken mit Vollgeld keine Ertrags- oder
Gewinneinbussen: - Banken können mit Vollgeld gute Ge-
In einer Nullzinsphase ist eine Umstellung auf winne machen.
Vollgeld für die Banken finanziell neutral. Es Das zeigt die PostFinance, die heute schon ähn-
ist für eine Bank egal, ob sie 0% Zinskosten für lich wie eine Vollgeld-Bank arbeitet, da sie selbst
Giralgeld ihrer Kunden oder 0% Zinskosten für kein Geld erzeugen kann. Die PostFinance macht
SNB-Darlehen bezahlt. Auch ist der Unterschied jährlich rund 600 Millionen Franken Gewinn.
von einem Privatkonto zu einem Sparkonto nicht Auch Versicherungen und andere Finanzunter-

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nehmen arbeiten rentabel, ohne selbst Geld zu zu einer liberalen Marktwirtschaft. Das heisst,
schöpfen. wenn die Banken Vorteile verlieren, gewinnen
entsprechend andere Finanzunternehmen. Der
- Den Banken bleiben alle bisherigen
Finanzsektor als Ganzes wird dadurch nicht ge-
Aufgabenfelder erhalten: Zahlungsver-
schwächt, selbst wenn sich Aufgaben von Banken
kehr, Kreditvergabe und Vermögensver-
zu Versicherungen oder anderen Finanzunterneh-
waltung.
men verlagern würden.
Wer bisher Kredite vergab, wird das auch weiter-
hin tun, er wird sich nur um die Geldbeschaffung - SNB steht als Darlehensgeber im Rücken:
etwas (besser) kümmern müssen. Es ist nicht das Falls die Spargelder wirklich nicht in ausrei-
Vollgeld, welche für die gegenwärtige Umstruktu- chendem Mass zur Verfügung stünden - was
rierung im Bankensektor verantwortlich ist. Diese angesichts der hohen Sparquote in der Schweiz
ist in erster Linie durch die zunehmende Automa- sehr unwahrscheinlich ist - so hat es die Natio-
tisierung und neue Geschäftsmodelle, insbeson- nalbank in der Hand, durch ihre Darlehen an
dere im Zahlungsverkehr, im Kleinkreditgeschäft die Banken diese Mittel bereit zu stellen und
und im Hypothekargeschäft bedingt. dabei das Zinsniveau nach ihren Vorstellungen
zu beeinflussen. Sie kann dabei eine Hoch- oder
- Die wahre Herausforderung für die Ban-
Niedrigzinspolitik betreiben - dies wird mit der
ken ist bereits in vollem Gange:
Vollgeld-Initiative nicht vorgegeben. Praktisch hat
Finanzmarkt-Digitalisierung 4.0 und konkurren-
die SNB aber keine Freiheit, die Zinsen wesentlich
zierende Zahlungssysteme durch Internetfirmen
zu erhöhen, da es international noch über einen
(Apple, Google etc.). Die Umstellung zum Voll-
langen Zeitraum eine Nullzinspolitik geben wird,
geld-System ist im Vergleich dazu unbedeutend.
der sich die Schweiz wegen der Überbewertung
Die neuen Technologien im Zahlungsverkehr, die
des Frankens nicht entziehen kann.
vom Bund bewusst gefördert werden, haben zur
Folge, dass ein immer grösserer Anteil des Zah- - Vollgeldreform bezieht sich nur auf
lungsverkehrs ausserhalb der Banken - z.B. über Schweizer Franken:
neue Finanzdienstleister - abgewickelt werden Deshalb betrifft es das Investmentbanking nur
wird. Damit werden die Sichtguthaben in den punktuell, weil hier der grösste Teil in USD, EUR,
Bankbilanzen ebenfalls massiv zurückgehen, GBP und YEN abgewickelt wird, aber vergleichs-
denn wenn Fintechfirmen den Zahlungsverkehr weise wenig in CHF.
anbieten, werden Privatkonten bei den Banken
- Vollgeld tangiert Privat- und Vermö-
weniger benötigt. Die Banken werden also auf
gensverwaltungsbanken kaum, da deren
den Sparkonten attraktive Zinsen bieten müssen,
Geschäft die Verwaltung von Kundenein-
um Gelder anzuziehen.
lagen ist.
- Banken werden anderen Finanzun-
- Vollgeldreform tangiert Klein- und Re-
ternehmen (Versicherungen, Pensions-
gionalbanken wenig, da diese eine hohe
kassen, Investmentgesellschaften, etc.)
Quote von Spargeldern haben.
gleichgestellt.
Nach den Statistiken der SNB stehen bei den
Das bisherige Privileg der Banken, selbst eigenes
Raiffeisenbanken 100 % ausgegebenen Krediten
Geld zu erzeugen, kommt einer enormen staat-
etwa 90% auf Zeit angelegte Spargelder gegen-
lichen Subvention gleich. Banken haben heute
über. Das heisst, auf die Raiffeisenbanken würde
ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile gegenüber
sich die Vollgeldreform wenig auswirken, da
anderen Unternehmen, die ihre Betriebsmittel
sie sowieso schon einen sehr hohen Anteil von
nicht gleich selber herstellen können, sondern
Spargeldern in ihrer Bilanz haben und deshalb
vor deren Einsatz zuerst beschaffen müssen.
im Vollgeld-System ihre Kredite weitgehend aus
Eine solche Wettbewerbsverzerrung passt nicht
Spargeldern finanzieren können. Dagegen ste-

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hen bei den Grossbanken (UBS, CS) 100% aus- von jedem Kredit werden voraussichtlich 99,5%
gegebenen Krediten nur etwa 50% Spargelder abfliessen und die entsprechende Summe muss
gegenüber. Das heisst, die Grossbanken müssten dann auf dem Geldmarkt bei anderen Banken
mit Vollgeld einen wesentlich höheren Anteil refinanziert werden können. Die Geldschöp-
durch andere Finanzierungen ersetzen. fungsmöglichkeit der kleinen Bank ist daher sehr
Diese Zahlen stehen im Widerspruch zu der nicht stark begrenzt und abhängig von der Geldschöp-
weiter begründeten Aussage des Bundesrates: fung des gesamten Bankensystems. Nur wenn
“Die Initiative betrifft somit am unmittelbarsten alle Bankbilanzen wachsen, kann die kleine
Banken, die sich überwiegend durch Kunden- Bank auch wachsen, aber sie kann nicht einzeln
einlagen in Schweizerfranken finanzieren (…) vorangehen. Die kleine Bank wird ihre Kreditge-
Insbesondere kleinere Banken, die einen Gros- währung also sehr stark von ihren Reserven bei
steil der Erträge über das Zinsdifferenzgeschäft der Nationalbank abhängig machen und auch
erwirtschaften, wären überproportional betrof- versuchen, langfristige Spargelder anzuziehen. In
fen.” (S. 21) beiden Fällen verhält sich die kleine Bank schon
Der Bundesrat offenbart damit auch ein Un- heute - mehr oder weniger - nach den Regeln
verständnis der heutigen Geldschöpfung durch der Vollgeld-Initiative. Dagegen muss sich eine
Banken, von der vor allem grössere Banken profi- grosse Bank heute weniger um die Refinanzie-
tieren. Eine kleine Bank kann nur sehr beschränkt rung kümmern, da sie damit rechnen kann, dass
neues Geld schaffen und Kredite vergeben, ohne selbst geschöpftes Geld zu einem grösseren Teil
gleichzeitig die langfristige Refinanzierung zu im eigenen Kontokreis verbleibt.
sichern. Eine kleine Bank verwaltet nur einen sehr Das heisst, die Vollgeld-Initiative hebt die derzei-
kleinen Teil aller Zahlungsmittel in der Schweiz. tige Benachteiligung kleiner Banken gegenüber
Eine Bank, deren Sichtguthaben zum Beispiel nur grossen Banken aufgrund der Geldschöpfung
0,5% aller Schweizer Sichtguthaben ausmacht, auf. Die Stellung kleiner Banken wird im Wettbe-
weiss, dass sie nur sehr beschränkt Kredite ohne werb mit den grossen Banken gestärkt.
langfristige Refinanzierung ausgeben kann. Denn

1.6. Die Unabhängigkeit der Nationalbank wird gestärkt


(zu 4.2.6 Bundesratsbotschaft)

An verschiedenen Stellen verweist der Bundesrat festgehaltene Legalitätsprinzip gebunden sei. (S.
darauf, dass die Initiative durch erhöhten poli- 9 Ziffer 3.3.1) Er übersieht dabei das Wörtchen
tischen Druck die Unabhängigkeit der National- „nur“, das nicht Gegenstand des Legalitätsprin-
bank gefährden könnte (S. 3, 21). zips ist, sondern alle anderen Bindungen ausser
jener an das Gesetz abwehrt. Es handelt sich um
Trennung von Geld- und Fiskalpolitik die verfassungsrechtliche Garantie der Unab-
Nach dem Initiativtext der Vollgeld-Initiative bleibt hängigkeit der SNB von allen Einflüssen, welche
die SNB jedoch unabhängig wie ein Gericht: “Die unterhalb des generell-abstrakten Gesetzes auf
Schweizerische Nationalbank ist in der Erfüllung sie ausgeübt werden sollten, also von allen po-
ihrer Aufgaben nur dem Gesetz verpflichtet” (Art. litischen oder wirtschaftlichen Druckversuchen.
Art. 99a Abs. 6). Im Vergleich zu heute wird die Die Initianten der Vollgeld-Initiative haben das
Unabhängigkeit der SNB verfassungsrechtlich in ihren Erläuterungen immer klar als Parallele
sogar explizit gestärkt. zum Bundesgericht dargestellt.
Einerseits behauptet der Bundesrat, diese Vor- Andererseits anerkennt der Bundesrat „die expli-
schrift bringe keine materielle Änderung, weil die zite Stärkung der Unabhängigkeit der SNB durch
SNB bereits jetzt an das in Artikel 5 Absatz 1 BV den vorgeschlagenen Artikel 99a Absatz 6“ (S.

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17). Er bestätigt damit, dass dieser Absatz doch Geld- und Währungspolitik geschaffen werden,
eine materielle Änderung gegenüber dem be- zweitens sind andere als formell gesetzliche
stehenden Legalitätsprinzip bringt. Er bezweifelt Aufträge an die SNB rechtswidrig. Das generell-
nur die Wirkung dieser Vorschrift. Er meint, es sei abstrakte Gesetz allein bestimmt, unter welchen
„unklar, wie [diese Vorschrift] mehr als nur eine Voraussetzungen neues Geld zu schaffen ist.
Absicht sein könnte und einem wachsenden po- Fiskalpolitische Aufträge politischer Instanzen
litischen Druck konkret entgegenwirken würde“. an die SNB sind damit ausgeschlossen. Die SNB
Das ist eine höchst fragwürdige Absage an den kann ohne Verletzung der Verfassung nicht für die
Rechtsstaat und die Rechtskraft der Verfassung. Fiskalpolitik des Bundes instrumentalisiert wer-
Der Bundesrat zieht damit in Zweifel, dass eine den. Der „gesetzliche Auftrag“ wird sich an die
Verfassungsgarantie die Kraft habe, die ihr nach- verfassungsmässige Grundlage halten müssen
geordnete Politik zu binden. Er bricht damit mit und der SNB nur Kompetenzen der Geld- und
einem fundamentalen Prinzip unserer Staatsord- Währungspolitik zuweisen (so Artikel 99a Ab-
nung, nämlich der Verpflichtung von Parlament satz 1). Der Bundesrat verkennt damit die in der
und Regierung auf die Verfassungsmässigkeit all Initiative (wie schon in der heutigen Verfassung)
ihrer Entscheidungen. vollzogene Trennung von Geld- und Fiskalpolitik.
Das kann kaum die eigentliche Absicht der Die SNB ist vor politischen Einflüssen in gleicher
bundesrätlichen Aussage sein. Sie ist vielmehr Weise verfassungsrechtlich geschützt wie das
auf dem Hintergrund eines Missverständnisses Bundesgericht.
zu sehen: Im unmittelbar vorangehenden Satz
meint der Bundesrat denn auch, „das schuld- Zur Unabhängigkeit der Nationalbank
freie Inumlaufbringen von Geld hätte zur Folge, mit Vollgeld ist weiter zu sagen:
dass staatliche Aufgaben oder Steuersenkungen - Die Nationalbank steht schon immer und auch
durch die SNB finanziert werden könnten und zu heute unter grossem politischem Druck und muss
einem zunehmenden Druck auf die SNB führen“ damit umgehen. In den letzten Jahren bewies sie
würden. ihre Unabhängigkeit insbesondere gegenüber
Dabei übersieht der Bundesrat, dass Artikel 99a den Begehrlichkeiten der Kantone im Zusam-
Absatz 3 der SNB das Zuteilen von neuem Geld menhang mit den SNB-Ausschüttungen oder
nur „im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags“ auch betreffend ihren Abwägungen im Gesam-
gestattet. Eine Gefahr für die Unabhängigkeit tinteresse bei Frankenstärke oder Finanz- bzw.
der SNB würde durch die Initiative nur dann Bankenkrisen.
geschaffen, wenn sie die Zwecke der Schaffung - Seit ihrer Gründung 1907 arbeitet die Natio-
von neuem Geld dem politischen Kräftespiel nalbank seriös und zuverlässig. Es besteht kein
überlassen würde. Neues Geld darf aber nach Anlass, ihr für die Zukunft etwas anderes zu
dem Initiativtext nur im Rahmen des Auftrags unterstellen.
der SNB geschaffen werden. Dieser wird von der - Grundsätzlich gilt: Viele öffentliche Einrich-
Verfassung und vom Ausführungsgesetz dazu tungen sind der Beeinflussung durch Interessen-
abschliessend umschrieben. Die Geldpolitik der gruppen ausgesetzt. Das gilt für alle Gerichte,
Nationalbank muss dem „Gesamtinteresse des die Staatsanwaltschaft, die Gewerbeaufsicht, das
Landes“ dienen, sie „steuert die Geldmenge“, Kartellamt oder die Bauämter genauso wie für
„gewährleistet die Preisstabilität“ und „sorgt die Nationalbank. Die Demokratie zeichnet sich
dafür, dass weder Geldknappheit noch Geld- dadurch aus, dass in der öffentlichen Verwaltung
schwemme entsteht“. daran gearbeitet wird, im Rahmen der Gesetze
Die verfassungsrechtliche Einbindung der SNB ist das Allgemeinwohl zu fördern.
somit in Artikel 99a Absatz 1, 3 und 6 eindeutig - Im Verhältnis zu Bund, Kantonen, Bürgerinnen
geklärt: Erstens darf neues Geld nur in Wahr- und Bürgern beschränkt die Vollgeldreform
nehmung des verfassungsmässigen Auftrags der die gesetzliche Zuständigkeit der SNB auf die

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blosse Auszahlung von neuem Geld. Wie dieses das neue Geld unmittelbar nachfragewirksam
zusätzliche Geld dann verwendet wird, darüber wird, d.h. entweder direkt in die Realwirtschaft
entscheidet nicht die SNB, sondern die jeweils fliesst oder in Form von Spareinlagen zu den
zuständigen Gremien. Dass es hier politische Banken gelangt und für weitere Kreditvergaben
Auseinandersetzungen gibt, ist demokratisch genutzt werden kann. Zudem führt es zu einer
gerechtfertigt und üblich. gleichmässigen Verteilung des neuen Geldes in
- Es gibt mehrere Möglichkeiten, in der Ausfüh- der Wirtschaft. Jeder Bürger wäre froh, hin und
rungsgesetzgebung eventuelle Begehrlichkeiten wieder einen kleinen Zustupf von der SNB zu
der Politik zu verhindern: erhalten, einen Anspruch könnte er daraus aber
1. Schuldfreie Auszahlungen der Nationalbank sicher nicht ableiten.
an den Staat dürfen von diesem nur zum direkten Bundesrat und Parlament haben es somit in der
Schuldenabbau verwendet werden. Hand, die Befürchtungen betreffend die Unab-
2. Statt das Geld an den Staat zu geben, könnte hängigkeit der Nationalbank selber zu beseiti-
es den Bürger/innen überwiesen werden. Diese gen. Sie sind dazu sogar verfassungsrechtlich
Art der Inumlaufbringung hat den Vorteil, dass verpflichtet.

1.7. Realwirtschaft und Konjunktur werden gefördert


(zu 4.2.7 Bundesratsbotschaft)

Der Bundesrat befürchtet negative Auswirkungen Arbeitsplätze führen. Klar: Bei dieser Zahl handelt
für die Konjunktur, bleibt aber in der Begründung es sich um eine grobe Schätzung. Die positive
sehr vage. Auswirkung einer Vollgeldreform auf die Real-
Die positive, stimulierende Wirkung einer Voll- wirtschaft lässt sich aber kaum leugnen. (Diese
geldreform auf die Realwirtschaft wird durch eine Abschätzung ist hier näher erläutert: http://www.
Studie des Internationalen Währungsfonds (IWF) vollgeld-initiative.ch/fragen/#c3622)
aus dem Jahr 2012 bestätigt (WP/12/202). In Auch andere Studien, welche in einer Metastu-
dieser Studie untersuchen zwei Experten mit Hilfe die „Money Issuance“ von der renommierten
des besten Simulationsmodells, das die Öko- und international tätigen Wirtschaftsprüfungs-
nomen heute kennen, wie sich die Grundzüge gesellschaft KPMG zusammengefasst wurden,
des Vollgeldsystems auf eine hoch entwickelte bestätigen diese positiven Auswirkungen auf
Volkswirtschaft auswirken würden. Das Ergebnis Konjunktur, Wachstum und Beschäftigung. (siehe:
der IWF-Expertise ist: Eine Vollgeldreform würde www.vollgeld-initiative.ch/aufsaetze)
parallel zu einer massiven Entschuldung staatli-
cher und privater Haushalte innerhalb von zehn
Jahren ein zusätzliches Wachstum des Bruttoin-
landsprodukts (BIP) von 7 Prozent bewirken.
Aufgrund der Daten des Bundesamtes für Stati-
stik lässt sich sagen, dass in der Schweiz seit der
Jahrtausendwende ein Wachstum des BIP von
einem Prozent im Durchschnitt zur Schaffung von
20 000 neuen Arbeitsplätzen geführt hat. Wenn
wir nun das Ergebnis der IWF-Expertise auf die
Schweiz beziehen, würde die Einführung von Voll-
geld in zehn Jahren zur Schaffung 140.000 neuer

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1.8. Bankenregulierungen ersetzen nicht Vollgeldreform

Der Bundesrat ist der Ansicht, besser als Vollgeld aus in der Lage, sich das benötigte Eigenkapital
seien die vom Bundesrat beschlossenen Banken- selbst zu beschaffen. Wenn nicht die einzelne
regulierungen (siehe S. 19). Bank, so mit Sicherheit das Bankensystem als
Das Argument geht fehl, denn die Bankenregu- Ganzes. Langfristig schafft sich der Bankensektor
lierungen und die Vollgeld-Initiative stehen gar die Mittel, die er benötigt, per sukzessiver Kredit-
nicht in Konkurrenz zueinander. Beide Ansätze ausweitung selbst.
lassen sich problemlos kombinieren. - Wenn der Staat Eigenkapitalvorschriften erlässt,
Seit Jahren und insbesondere seit der Finanzkrise die Banken sich daran halten und es dennoch zu
2008/2009 wurden zahllose Papiere zu einer einer Krise kommt, so wird der Staat weiterhin
besseren Kontrolle und Stärkung des Banken- haften. Es wäre illusorisch zu glauben, dass der
sektors verfasst. Im Zentrum stehen dabei die Staat systemrelevante Banken in einer solchen
Eigenkapitalvorschriften von Basel I bis III. Eine Situation nicht mehr retten müsste. Hier greift die
Vollgeldordnung schliesst höhere Eigenkapital- Vollgeld-Initiative, mit der das Geld auch dann
vorschriften prinzipiell weder ein noch aus: “Auch sicher ist, wenn die Banken es nicht mehr sind.
eine Vollgeldordnung bedarf natürlich einer Auf-
sicht des Zahlungsverkehrs und darüber hinaus In jedem Fall sind die Bankenregulierungen kein
auch einer Bankenaufsicht bezüglich Kredit- und Ersatz für die Vollgeld-Initiative. Nur die Sicher-
Investmentgeschäften, einschliesslich angemes- heit des Zahlungsverkehrs kann etwas erhöht
sener aktivischer Eigenmittelvorschriften. Da eine werden. Alle anderen Ziele der Vollgeldreform
Vollgeldordnung einfacher und transparenter als - handlungsfähigere Nationalbank,
ein Giralgeldregime ist, lässt sich annehmen, - Wettbewerbsgleichheit,
dass ein gewisser Teil der komplizierten Vor- - Stärkung der Realwirtschaft gegenüber der
schriften und Risikogewichtungen bei Übergang Finanzwirtschaft,
von Giralgeld zu Vollgeld aufgehoben oder ver- - Entschuldung der Gesellschaft,
einfacht werden kann“. (Joseph Huber, Monetäre
- usw.
Modernisierung, 3. Auflage, S. 207). Da das
können damit nicht erreicht werden.
Too-big-to-fail-Problem erheblich entschärft wird,
bietet Vollgeld die Möglichkeit, die besonders
Kleinbanken belastenden Bankenregulierungen
wieder etwas abzubauen.
Es sollte auch nicht übersehen werden, dass die
Wirkung von höheren Eigenkapitalvorschriften
begrenzt ist:
- Auch wenn die neuen Eigenkapitalvorschriften
internationalem Standard entsprechen, so be-
deutet dies keineswegs, dass dies ausreichend
ist. Denn es gibt namhafte Stimmen, die ein
Eigenkapital in der Grössenordnung von rund
30 % (und nicht 5 %) verlangen. Auch verfügt
kein anderer Wirtschaftszweig über eine derart
geringe Kapitalausstattung.
- Höhere Eigenkapitalquoten sind keine Garantie
für ein sicheres Bankensystem: Banken sind auf-
grund ihrer Fähigkeit zur Geldschöpfung durch-

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Kapitel 2:
Der Bundesrat nimmt zu zentralen Fragen
der Initiative keine Stellung

2.1. Ist Geld eine öffentliche Infrastruktur?

In Kapitel 3.1. erwähnt der Bundesrat zwar: zu den unbestrittenen Grundrechten und Grund-
“Aus Sicht der Initiantinnen und Initianten ver- aufgaben eines Staates, ausser er würde bewusst
letzt die aktuelle Ordnung die Intentionen der auf eine nationale Währung verzichten.
Verfassungsbestimmung, wonach das Geld- und Doch diese Themen werden vom Bundesrat nicht
Währungswesen Sache des Bundes ist (Art. 99 angesprochen. Offenbar hält der Bundesrat die
Abs. 1).” (S. 7) In seinen Ausführungen geht der eigentlich systemfremde, private Geldherstellung
Bundesrat aber nur sehr oberflächlich auf dieses für unproblematisch. Die Geldordnung ist neben
Problem ein: Die heute geltende Verfassungs- der Rechtsordnung jedoch eines der wichtigsten
bestimmung zum Notenmonopol “wurde zwar Elemente, um ein Staatswesen zu gestalten und
geschaffen, um den Banken das Recht auf die zu lenken. Aber ausgerechnet dieses Element soll
Ausgabe eigener Banknoten zu entziehen. Dies im Wesentlichen (heute bereits zu 90%) weiterhin
bedeutet jedoch nicht, dass daraus ein generelles von Privaten nach ihren eigenen Interessen und
Verbot abgeleitet werden kann, Sichteinlagen Absichten geschaffen werden.
anzubieten”. (S. 12) Das bestehende Banknotenmonopol ist unbestrit-
Der Bundesrat blendet dabei aus, dass es ten, warum sollte dann ein Monopol auf elektro-
zum Vorrecht eines Staates gehört, dass er die nisches Buchgeld nicht auch selbstverständlich
eigene Währung benennen kann (Schweizer sein? Als das Banknotenmonopol eingeführt
Franken CHF) und dass er die Zahlungsmittel wurde, entsprach das Bargeld technisch dem,
in Umlauf bringen und den dabei anfallenden was heute das elektronische Buchgeld darstellt.
Geldschöpfungsgewinn für die Allgemeinheit Heute muss das Monopol daher auf das Buchgeld
beanspruchen darf. Das war der Grund, warum ausgeweitet werden, wenn die Rechtslage nicht
1848 das Münzregal von den Kantonen auf den weiterhin der Realität hinterherhinken soll.
Bund überging, und warum der Bund alsbald Es ist den Initianten sehr wohl bewusst, dass
auch das Banknotenmonopol beanspruchte. In das Banknotenmonopol in den vergangenen
den nachfolgenden Jahrzehnten wurden Mün- Jahrzehnten so interpretiert wurde, dass die Her-
zen und Banknoten immer mehr vom Buchgeld stellung des elektronischen Geldes sozusagen ne-
verdrängt. Warum nun das Buchgeld wie da- benbei und ohne weitere gesetzliche Grundlage
mals die Banknoten nicht auch dem staatlichen und politische Diskussion den Banken überlassen
Geldschöpfungsmonopol unterstellt werden soll, wurde. Dies geschah so heimlich, dass es von der
bleibt seitens des Bundesrates unbegründet. Bevölkerung kaum bemerkt wurde. Nach Umfra-
Öffentliche, demokratisch kontrollierte Zentral- gen sind über 80 Prozent der Bürgerinnen und
banken wurden geschaffen, um das Geldsystem Bürger der Ansicht, unsere Franken würden von
als öffentliche Infrastruktur zu betreiben. Es passt der Nationalbank hergestellt. (1) Auch auf diese
nicht dazu, dass das Geld zusätzlich zur Zen- zentrale Frage der Initiative geht der Bundesrat
tralbank auch durch speziell privilegierte Private nicht ein: Darf eine so wichtige staatliche Aufga-
geschaffen wird. Währungsdefinition, Betreiben be auf diese intransparente und undemokratische
einer Zentralbank, in Umlauf bringen von Geld Weise an einen privilegierten Wirtschaftszweig
(in jeglicher Form, Bar- und Buchgeld) und Rea- “delegiert” werden?
lisierung von Geldschöpfungsgewinnen gehören Heute ist nur das Bargeld gesetzliches Zahlungs-

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mittel. Die Sichteinlagen auf Bankkonten sind liche Zahlungsmittel zur Verfügung.
nur Versprechen der Banken auf Auszahlung von Auf all diese Aspekte geht der Bundesrat nicht
Bargeld, aber kein gesetzliches Zahlungsmittel. ein.
Wenn nun das Bargeld aufgrund technologischer (1) Bevölkerungsumfrage im Rahmen einer Masterarbeit an
Entwicklung immer mehr an Bedeutung verliert, der Universität Zürich:
www.vollgeld-initiative.ch/umfragen
stehen dem Normalbürger kaum mehr gesetz-

2.2. Warum sollen wir leichtfertig auf Milliarden-Einnahmen verzichten?

Auch auf die Frage, wem in einem demokra- ardenhöhe. Dies, obwohl die Sozialversiche-
tischen Staatswesen die Geldschöpfungsgewinne rungssysteme grosse Finanzierungsprobleme
zufallen sollen, geht der Bundesrat nicht ein. haben und auf Bundes- und Kantonsebene ein
Damit verzichtet er auf die im Vollgeld-System Sparpaket dem anderen folgt.
möglichen Geldschöpfungsgewinne in Milli-

2.3. Wie können Finanzkrisen vermieden werden?

Ein wichtiges Anliegen der Initiative besteht Form von Gütern oder Dienstleistungen.
darin, das Geld wieder verstärkt in den Dienst
- Banken können Spekulationen nicht
der Realwirtschaft zu stellen und den prozyklisch
mehr selbst finanzieren:
sich verstärkenden Finanzmärkten Treibstoff für
Banken brauchen im Vollgeld-System Spargelder
spekulative Übertreibungen zu entziehen. Dies
oder Investoren, welche ihr Geld zur Spekulation
wird durch die Vollgeld-Initiative auf folgende
zur Verfügung stellen. Sie können selbst kein Geld
Weise erreicht:
mehr für den Eigenhandel oder für Spekulati-
- Schuldfrei in Umlauf gebrachtes Geld onskredite erzeugen. Damit entfällt ein wichtiger
kommt über Staats- oder Bürgerausgaben Treiber von Finanzblasen.
immer zuerst in die Realwirtschaft.
- Die Zentralbank kann die Kreditvergabe
Dagegen dient das heute über Bankkredite in
durch entsprechende Angebote beinflus-
Umlauf gebrachte Geld mehrheitlich der Fi-
sen:
nanzspekulation. Aus diesem Grund bringen
Wenn die Zentralbank Kredite an das Banken-
niedrige Leitzinsen wenig neues Wachstum für die
system gibt, so kann sie das mit der Auflage
Realwirtschaft, sondern erzeugen entgegen ihrer
verbinden, dass diese Gelder nur für Investitionen
ursprünglichen Wirkungsabsicht oft nur weitere
in der Realwirtschaft verliehen werden dürfen.
Spekulationsblasen. Zwischen 1990 und 2012
Ähnliches macht die EZB seit Jahren.
wuchs die Geldmenge in der Schweiz fünf Mal
schneller als die Wirtschaftsleistung (BIP). Davon Über die eigentliche Geldmengensteuerung hi-
lässt sich (bei gleichbleibender Geldumlaufge- naus sind in der Vollgeld-Initiative zusätzliche Be-
schwindigkeit) grob ableiten, dass rund 80 Pro- stimmungen enthalten, welche dem Gesetzgeber
zent des über Bankkredite in Umlauf gebrachten für weitergehende Eingriffe in die Finanzmärkte
Geldes direkt in die Finanzmärkte fliessen und die notwendigen rechtlichen Grundlagen schaf-
dort Vermögenswerteinflation (asset-price-in- fen. Der neue Artikel 99 Absatz 4 lautet:
flation) erzeugen. Nur rund 20 Prozent des neu „Das Gesetz ordnet den Finanzmarkt im Gesam-
geschöpften Geldes fliesst in die Realwirtschaft tinteresse des Landes. Es regelt insbesondere:
und erzeugen dort tatsächliche Wertschöpfung in a. die Treuhandpflichten der Finanzdienstleister;

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b. die Aufsicht über die Geschäftsbedingungen stet sein. Das Geldwesen ist eine unverzichtbare
der Finanzdienstleister; Basisinfrastruktur für die gesamte Wirtschaft,
c. die Bewilligung und die Beaufsichtigung von genauso wie zum Beispiel das Verkehrs- und das
Finanzprodukten; Stromnetz. Bis heute beriefen sich die Banken auf
d. die Anforderungen an die Eigenmittel; die „Wirtschaftsfreiheit“ und gingen in der Ver-
e. die Begrenzung des Eigenhandels.“ gangenheit grosse Risiken ein, in der Erwartung,
Mit diesen Bestimmungen wird die verfassungs- zur Not vom Steuerzahler gerettet zu werden.
mässige Grundlage für Gesetze geschaffen, die Solches Verhalten könnte in Zukunft per Gesetz
im Anschluss an die Vollgeldreform eventuell verhindert werden, falls das Vollgeldsystem nicht
notwendig sind, um schädliche Auswüchse des genügend disziplinierend wirken sollte.
Finanzmarktes und neue Krisen zu verhindern. Die Vollgeld-Initiative erweitert die Gesetzge-
Bislang konnte der Bund zwar „polizeiliche Re- bungskompetenz des Bundes zur Regulierung
geln“ beschliessen, hatte ansonsten aber wenig des Finanzmarktes, konkrete Regelungen werden
Einfluss auf die Finanzmärkte. Doch die Sicher- durch die Initiative aber nicht vorgegeben.
heit des Geldes muss in jedem Falle gewährlei-

2.4. Warum soll Geld durch Schulden entstehen,


obwohl das klare Nachteile hat?

Der Bundesrat geht nicht auf die Probleme eines mination der Schulden auch die Elimination des
auf Schulden basierenden Geldes ein. Dass den Geldes. Anders gesagt, in einem Schuld-Geld-
Banken, deren Geschäft heute die Kreation und System können einzelne Schulden nur getilgt wer-
Verwaltung von Schulden ist, ein Interesse an den, indem zusätzliches Schuld-Geld geschaffen
einem Geldschöpfungsprozess durch Schulden wird, ansonsten würde die Rückzahlung aufgrund
haben, ist verständlich. Politik und Behörden der schrumpfenden Geldmenge zu einer Defla-
sollten sich hingegen offen fragen, ob das heu- tion führen.
tige Schuldgeld notwendig ist. Die Grundfrage Das Verstehen dieser Mechanismen ist zum
lautet: Weshalb muss für die Herstellung eines Verständnis der von der Vollgeld-Initiative gefor-
allgemein akzeptierten Tauschmittels vorgängig derten Geldschöpfung durch die Nationalbank
immer eine Schuld eingegangen werden und unabdingbar. Der Bundesrat befasst sich aber
welche Auswirkungen hat dies auf die Gesell- gar nicht damit.
schaft? Allein die Zinsen auf einem normaler- Das heutige Schuldgeld besteht in einem ver-
weise benötigten Grundbestand von ca. 300 traglichen Schuldverhältnis, meist zwischen den
Milliarden Franken (aktuelle Geldmenge M1: Banken und ihren Kunden. Dieses Geld ist nur so
590 Mrd. CHF) machen bei einem Kreditzinssatz viel wert wie das gegenseitige Vertrauen dieser
von zwei Prozent 6 Milliarden aus. Dies entspricht Partner in einander. Die Bonität des Geldes ist
etwa einem Prozent des BIP - eine nicht unwe- die Bonität der Schuldner. Dieses labile Verhält-
sentliche Grösse. Wer bezahlt diesen Betrag und nis wird durch die Vollgeld-Initiative durch das
wem fliesst er zu? Vertrauen in die Beständigkeit der Nationalbank
Ein per Schuld geschaffenes Geld hat weitere ersetzt, letztlich durch die schon heute allein zu-
gravierende Nachteile: verlässige Grundlage der volkswirtschaftlichen
- Geld auf der Basis von Schulden führt wegen Leistungskraft der Schweiz, die hinter dem
des Zinseszinseffektes zu einem exponentiellen Schweizer Franken steht. Das Geld der Natio-
Schulden/Guthaben-Wachstum, das nicht ge- nalbank ist reines gesetzliches Zahlungsmittel
stoppt werden kann, es sei denn durch Krisen. und keine Schuld des einen Wirtschaftspartners
- Wenn alles Geld Schuld ist, bedeutet die Eli- gegenüber den andern. Vielmehr ist es der staat-

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lich gesetzte Wertmassstab für die Begleichung det. Dies haben wir bereits in unserer Stellung-
solcher Schulden in der Geldwirtschaft. Der nahme zu den unhaltbaren Behauptungen von
Schweizerfranken ist deshalb auch nicht durch Economiesuisse vom 8. Nov. 2016 ausführlich
die Goldreserven oder Devisenbestände der SNB dargelegt. (siehe www.vollgeld-initiative.ch/stel-
“gesichert”, sondern nur durch das Vertrauen in lungnahmen)
eine zuverlässige Geld- und Währungspolitik Dort haben wir auch ausgeführt, dass die wirk-
unserer Zentralbank. liche Basis für die Wertbeständigkeit des Geldes
Deshalb ist es entgegen der Meinung des Bundes- in einer angemessenen Knappheit und dem Ver-
rates für das Vertrauen in den Franken irrelevant, trauen besteht, das eigene Geld für den Kauf von
ob die Nationalbank neu geschaffenes Geld als Gütern und die Begleichung von Schulden und
Darlehen an die Banken oder “schuldfrei” an Steuern jederzeit verwenden zu können. Dieses
Bund, Kantone oder Bürgerinnen und Bürger Vertrauen wiederum basiert auf einer funktio-
ausgibt (so die Befürchtung beim schuldfreien nierenden Rechtsordnung, einem stabilen poli-
Umlauf auf S. 18). Das Geld ist in beiden Fällen tischen System, einer unabhängigen Notenbank
genau gleich viel wert. Es ist in beiden Fällen – kurz: auf einer funktionierenden Gesellschaft.
gleich entstanden, nämlich durch den geldpo- Aber mit den Schulden, die im heutigen System
litischen Beschluss der Nationalbank, gestützt der Geldschöpfung zugrunde gelegt werden, hat
auf die (erwartete) Wirtschaftsentwicklung in die Kaufkraft des Geldes nichts zu tun.
der Schweiz eine bestimmte Summe zusätzlicher Mit der Vollgeld-Initiative wird ein Instrument ge-
Geldmittel zur Verfügung zu stellen. Bei der Ver- schaffen, mit dem ein Doppeltes erreicht wird:
gabe per Darlehen an die Banken entsteht bei - Die SNB stellt der Gesellschaft ein Tauschmittel
diesen eine Geldschuld - wie bei jedem, der Geld zur Verfügung, das erzeugt werden kann, ohne
ausleiht. Bei der Zuteilung an Bund, Kantone gleichzeitig die Verschuldung der Gesellschaft
und Bürgerinnen und Bürger hingegen entsteht zu erhöhen. Vollgeld ist nicht nur vollwertiges
bei diesen keine Schuld, weshalb diese Form Tauschmittel, es schafft durch seine Existenz auch
der Ausgabe im Initiativtext “schuldfrei” genannt keinen Zins- und Wachstumszwang.
wird. Die Nationalbank schenkt den Empfängern - Die SNB kann dieses Geld in mindestens zwei
Kraft ihres Monopols der Geldschöpfung die Formen in die Wirtschaft einschleusen: indem
Beträge, ohne dass diese je zurückgezahlt oder sie es dem Staat und den Bürgerinnen und
verzinst werden müssen. Bürgern bedingungslos zur Verfügung stellt,
Es ist also wichtig, “Schuldgeld” und “Geld- oder indem sie es gegen eine Geldschuld den
schuld” auseinanderzuhalten: Vollgeld ist die Banken offeriert. Es obliegt dem Ermessen der
Abkehr vom Schuldgeld, das als Schuld entsteht, SNB, in welchem Umfange sie die schuldfreie
indem Banken es bei der Krediterteilung durch Geldschöpfung einsetzt. Vermutlich wird über
ihren Buchungsvorgang schöpfen. Geldschulden längere Zeiträume nur ein geringer Teil des
hingegen wird es immer geben, sobald jemand Geldes schuldfrei in Umlauf sein, weil sich die
einem andern Geld schuldet. Die Schuldfreiheit SNB sorgfältig ans verantwortbare Niveau he-
des Geldes, das von der Nationalbank an Bund, rantasten wird.
Kantone, Bürgerinnen und Bürger ausgegeben
wird, bedeutet nur, dass durch diesen Vertei- Schulden als Auslöser von Krisen
lungsakt bei den Empfängern keine Geldschuld Der frühere Chef der britischen Finanzaufsicht
entsteht. FSA, Adair Turner, hat in seinem Buch “Between
Die Befürchtung des Bundesrates, dass die Debt and the Devil” die hohen Schulden als das
schuldfreie Zuteilung von neuem Geld durch die Hauptproblem der heutigen Wirtschaft bezeich-
Nationalbank an Bund, Kantone, Bürgerinnen net. Er bestreitet auch, dass die vielen Schulden
und Bürger das Vertrauen in den Schweizer notwendig seien, um die Wirtschaft zu beleben
Franken gefährden könnte, ist somit unbegrün- und Wachstum zu erzeugen. Aus seiner Sicht

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werden die meisten Schulden für das wirtschaft- durch das Geldsystem bedingt ist. Ein Geldsystem
liche Wachstum nicht benötigt, sondern führen sollte verteilungspolitisch möglichst neutral sein.
immer wieder zu Finanzkrisen und Depressionen. Davon ist das heutige Geldsystem aber sehr weit
Seine Analyse deckt sich also weitgehend mit entfernt. Verschiedene Faktoren des heutigen
jener von Nobelpreisträger Maurice Allais, der Systems bewirken eine Konzentration von (Kapi-
schon 1988 schrieb: “In der Tat resultieren alle tal-)Einkommen und Vermögen.
grossen Krisen des 19. und 20. Jahrhunderts aus a) Wenn eine wachsende Wirtschaft auf eine
einer exzessiven Kreditausweitung, aus Schuld- wachsende Geldmenge angewiesen ist und diese
scheinen und ihrer Monetarisierung sowie aus nur über das Eingehen von Schulden hergestellt
der Spekulation, die diese Expansion anfeuerte werden kann, so führt dies zwangsläufig zu hö-
und möglich machte.” heren Schulden.
Der Bundesrat sieht zwischen den immer wieder b) Den Geldschulden stehen logischerweise auch
auftretenden Finanzkrisen und dem heutigen immer Geldvermögen gegenüber. Da die Schul-
Geldsystem keinen Zusammenhang: “Auch ein den relativ breit verteilt, die Vermögen aber sehr
Vollgeld-System könnte die Entstehung von Kre- stark auf eine schmale Oberschicht konzentriert
ditzyklen und Vermögensblasen nicht verhindern. sind, ergeben sich durch den Zinsmechanismus
Je nach Umsetzung könnten diese Schwan- starke Umverteilungswirkungen von unten nach
kungen zwar etwas gedämpft werden. Die Ur- oben. Wie der Zinseszins-Mechanismus wirkt,
sachen von Kreditzyklen und Vermögensblasen lässt sich mit der 72-er Regel illustrieren: 72 ge-
liegen jedoch in der Unterschätzung von Risiken teilt durch den Zinssatz ergibt die Anzahl Jahre,
durch Banken, Haushalte und Firmen sowie in in der sich eine Ausgangsgrösse verdoppelt. Bei
übertriebenen Preiserwartungen. Diese Ursachen einem Zinssatz von 2 Prozent verdoppelt sich
werden durch ein Vollgeld-System nicht berührt.” ein Vermögen bzw. eine Schuld also innert 36
(S. 18). Hier übersieht der Bundesrat einen wich- Jahren, bei 3 Prozent Zins innert 24 Jahren. Al-
tigen Zwischenschritt: Die falsche Einschätzung lein der Zinseszins-Mechanismus führt zu einer
der zukünftigen Entwicklung ist wirtschaftlich nur zunehmenden Konzentration an Ungleichheit
dann relevant, wenn auch das dafür notwendige innerhalb der Gesellschaft.
Geld zur Verfügung steht. Falsche Erwartungen c) Schulden machen kann nur, wer aus Sicht
allein ändern nichts - sie müssen mit Geld auch der Bank genügend Sicherheiten und Mittel hat,
umgesetzt werden können. Und dieses Geld wird um die Schuld auch tragen zu können. Von der
im heutigen System von den Banken oft übermä- Verschuldungsmöglichkeit profitieren also vor
ssig und für rein finanzspekulative Geschäfte zur allem Menschen, die heute bereits besser gestellt
Verfügung gestellt, ohne dass die Nationalbank sind. Das führt insbesondere auf dem Immobi-
darauf einen spürbaren Einfluss hätte. Mit Voll- lienmarkt zu Spekulationsgewinnen für relativ
geld wäre dies anders: Es hat davon nur soviel, wohlhabende Schichten, Minderbemittelte kön-
wie die SNB im Gesamtinteresse des Landes nen daran nicht teilhaben. Die aktuell niedrigen
geschaffen hat. Zinsen verstärken den Mechanismus zusätzlich.
Da die Kapitalkosten zur Finanzierung von Ver-
Schulden und Umverteilung mögenswerten so niedrig sind wie noch nie und
Immer mehr Ökonomen anerkennen heute, darum immer mehr Fremdkapital nach Rendite
dass die Verteilungsfrage eine der zentralen jagt, fliesst viel Geld in den Immobilienmarkt.
ökonomischen Probleme der Zukunft sein wird. Allein in den letzten fünfzehn Jahren haben sich
In einer stark verschuldeten Gesellschaft ist dieses die Immobilienpreise in der Schweiz verdoppelt,
Problem aber sehr viel schwieriger zu lösen, obwohl das Angebot ausgeweitet worden ist. Da
als in einer Gesellschaft mit weniger Schulden. die Löhne aber damit nicht mithalten konnten
Deshalb setzt sich die Vollgeld-Initiative für eine und zusätzlich sogenannt “makroprudenzielle
Entschuldung der Gesellschaft ein, soweit diese Massnahmen” durchschnittlich Bemittelte immer

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mehr vom Zugang zu Hypothekarkrediten aus- wendet werden müssen. In absoluten Zahlen sind
schliessen, bleibt Wohneigentum für diejenigen, das jedes Jahr rund 17 Milliarden CHF, die so von
die jetzt noch keines haben, immer weniger re- den Schuldnern zu den Gläubigern fliessen.
alisierbar. Die aktuelle Geldpolitik der niedrigen Der grösste Teil des umlaufenden Geldes wird
Zinsen hat auch auf den Aktien- und Wertpapier- in der Schweiz über diese Hypothekardarlehen
märkten zu massiven Preissteigerungen geführt, in Umlauf gebracht, rund 80 Prozent aller aus-
die keine ökonomisch-wertschöpfende, sondern stehenden Kredite entfallen in der Schweiz auf
hauptsächlich eine geldpolitisch-spekulative Ur- die Hypothekarkredite. Indem die Gesetzgebung
sache haben. und die Nationalbank diesen Weg der Geld-
schöpfung zulassen - bzw. dazu keine wirksamen
Auch die Schweiz hat ein Schuldenproblem Alternative entwickelt haben - beteiligen sie sich
Zunächst ist mit dem Vorurteil aufzuräumen, damit an einem System der immer weiter stei-
dass die Schweiz kein Schuldenproblem habe. genden Verschuldung.
Es trifft zu, dass die öffentliche Verschuldung Dass ein Abbau der privaten Verschuldung im
in der Schweiz relativ tief ist. Andererseits ist heutigen System nicht machbar ist, liegt auf der
die Verschuldung der privaten Haushalte im Hand: Würden die Hypothekarschulden zurück-
internationalen Vergleich sehr hoch. Allein die bezahlt, würde Geld vernichtet, denn so wie Geld
Hypothekarverschuldung bei den Banken (ca. durch Kredite geschaffen wird, so wird Geld
975 Mrd. CHF) liegt hierzulande deutlich über vernichtet, wenn Kredite zurückbezahlt werden.
dem Bruttoinlandprodukt (ca. 655 Mrd. CHF). Es kommt hinzu, dass diese hohe Hypothekarver-
Bei einem Zinssatz von 1,75 Prozent (aktueller schuldung der Nationalbank eine echte Geldpoli-
Referenzzinssatz) bedeutet dies, dass allein für tik über die Zinsen praktisch verunmöglicht, denn
die Verzinsung dieser Schulden 2,6 Prozent der eine Erhöhung der Zinsen um 1 oder 2 Prozente
gesamten Wirtschaftsleistung oder 6,6% des würde in der Schweiz Probleme auslösen.
Arbeitnehmerentgelts (ca. 390 Mrd CHF) aufge-

2.5. Was können wir aus internationalen Entwicklungen lernen?

Vorschläge, welche in der Vollgeldinitiative ent- Bundesrat verpasst mit der Ablehnung der Voll-
halten sind, haben in letzter Zeit international geld-Initiative eine wichtige Chance, Auswege
zunehmend Unterstützung erhalten. Die direkte aus der Sackgasse zu diskutieren.
Zahlung von Vollgeld an die Bürger oder den
Staat sowie digitales Zentralbankgeld für unsere Bürgerdividende
Konten könnten Wege aus der gegenwärtigen Die Chefin der amerikanischen Notenbank FED
Krise ebnen. Weil bisher alle Versuche, das hält es in „ausserordentlichen Situationen“ für
Wachstum in den westlichen Ländern anzukur- denkbar, Geld direkt an die Bürger zu verteilen.
beln kläglich gescheitert sind, werden sie auch Schon vor Monaten hat der schweizerische Wirt-
bei etablierten Ökonomen immer öfter als wich- schaftsverband „Handel Schweiz“ vorgeschlagen
tige Alternativen gehandelt. (Schweiz am Sonntag, 19.3.2016), dass die
Die Schweiz könnte wie bereits bei der Einführung Nationalbank künftig jedem Schweizer Bürger
der flexiblen Wechselkurse in den 80er Jahren direkt eine bestimmte Geldmenge zuteilt. Genau
profitieren, wenn sie als Early Adopter Ländern das ermöglicht die Vollgeld-Initiative.
wie Japan oder möglicherweise den USA folgt. Mit einer gleichmässigen Verteilung von Geld
Damit das gelingen kann, müsste man sich erhalten breite Bevölkerungsschichten zusätzliche
hierzulande aber zumindest den bestehenden Kaufkraft. Es geht darum, alle BürgerInnen an
Möglichkeiten gegenüber offen zeigen. Der der steigenden Produktivität der Volkswirtschaft

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zu beteiligen. Und natürlich würde das Geld geld-Initiative für die Normalbürger, nämlich in
nicht aus dem Helikopter geschmissen, sondern elektronischer Form über sichere gesetzliche Zah-
elektronisch überwiesen. Der Begriff „Bürgerdi- lungsmittel verfügen zu können, aufgegriffen.
vidende“ ist also wesentlich aussagekräftiger als Cecilia Skingsley, Vizepräsidentin der schwe-
„Helikoptergeld“. Wenn man davon ausgeht, dischen Zentralbank, hält es für problematisch,
dass diese Bürgerdividende pro Jahr und Kopf dass der Zugang der Bevölkerung zu Bargeld
lediglich einige hundert Franken betragen wür- durch den Markt bestimmt und zunehmend
de und diese auch nicht jedes Jahr ausgerichtet erschwert wird. (3) Denn Bargeld habe wichtige
würde, so wird auch klar, dass dadurch die Lei- Eigenschaften, die dem elektronischen Geld auf
stungsbereitschaft der Schweizer Bevölkerung mit den Konten fehle: Bargeld ist die einzige, für das
Sicherheit nicht beeinträchtigt wird. Publikum zugängliche Form von gesetzlichem
Die Schweizer Nationalbank hat heute aufgrund Zentralbankengeld und ist im Unterschied zu
der geltenden Gesetze jedoch keine Möglichkeit elektronischem Bankguthaben keinem Kreditri-
zur Auszahlung einer Bürgerdividende und nimmt siko ausgesetzt. Zudem sind Zahlungen in bar
zu diesem Thema – gemäss einem Bericht vom anonym und ohne Einbeziehung von Geschäfts-
14.3.2016 im Cash – keine Stellung. Erfreulicher- banken möglich. Wenn nun das Bargeld fast ver-
weise hat sich ein Ökonom des Studienzentrums schwindet, dann sei es − so Skingsley − die Auf-
Gerzensee der Nationalbank dennoch dieses gabe des Staates, der Öffentlichkeit eine neue,
Themas angenommen und kommt zum Ergebnis, dem aktuellen Stand der Technik entsprechende
dass über die Auszahlung von Pauschalbeträgen Form von Zentralbankengeld zur Verfügung zu
an Bürger/innen die Preisentwicklung besser stellen. Diese neue Form von Geld, „e-krona“
kontrolliert werden könne als über Eingriffe genannt, wäre elektronisches Vollgeld, das in
in die Kreditmärkte und die Beeinflussung der Ergänzung zu den bestehenden Zahlungsmitteln
Zinsen. “This paper argues that central banks in Umlauf gebracht werden würde.
could control consumer price inflation better by Die schwedische Zentralbank will unverzüglich
injecting money through lump-sum transfers to damit beginnen, die technischen, rechtlichen und
citizens, rather than by manipulating the credit politischen Aspekte einer möglichen Emission von
market and interest rates. Lumpsum monetary „e-krona“ zu untersuchen. Dabei will man unter
transfers lead to less intersectoral distortion and anderem klären, ob die „e-krona“ an ein Bank-
less intertemporal discoordination than measures konto gebunden sein oder als digitales Zeichen
aimed at stimulating the credit market. They allow ohne Kontobindung in elektronischen Netzwer-
central banks to target inflation without building ken zirkulieren soll und ob sie direkt von der
up financial imbalances.” (1) Zentralbank oder mit Hilfe der Geschäftsbanken
in Umlauf gebracht werden soll. In Schweden
Digitales Geld von der Notenbank sind führende Entscheidungsträger offen für eine
(= Vollgeld) monetäre Modernisierung − im Gegensatz zur
Die Bank of England hat schon vor einigen Schweiz, wo der Bundesrat eine Vollgeldreform
Monaten ein Papier veröffentlicht, in welchem kategorisch ablehnt.
sie prüft, eigenes digitales Geld in Umlauf zu Auch die dänische Zentralbank plant die Einfüh-
bringen. (2) rung einer elektronische E-Krone. (4)
Mitte November 2016 berichteten die Medien, Und in der Schweiz wurden „SNB-Konten für alle“
dass auch die Schwedische Reichsbank die von Prof. Dirk Niepelt, Direktor am Studienzen-
Einführung einer digitalen Währung diskutiert. trum Gerzensee der SNB, vorgeschlagen. (5)
Dieses soll das Bargeld vorerst nicht ersetzen,
sondern „für längere Zeit ergänzen“. Der Gi- (1) Romain Baeriswyl: The Case for the Separation of Mo-
ney and Credit, in: Monetary Policy, Financial Crises, and
ralgeldkreislauf bleibt so zwar bestehen, aber the Macroeconomy, Eds. Frank Heinemann, Ulrich Klüh,
gleichwohl wird ein zentrales Argument der Voll- Sebastian Watzka.

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(2) https://bankunderground.co.uk/2016/07/25/central-
bank-digital-currency-the-end-of-monetary-policy-as-we- Anmerkungen:
know-it/
(3) Vgl. Rede von Cecilia Skingsley, 16. Nov. 2016, abruf- Die Botschaft des Bundesrates zur Vollgeld-Initi-
bar unter: http://www.riksbank.se/Documents/Tal/Skings-
ley/2016/tal_skingsley_161116_eng.pdf ative vom 9.11.2016 ist hier veröffentlicht:
(4) https://www.bloomberg.com/news/articles/2016-12- www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/
11/blockchain-lures-central-banks-as-danes-consider-
minting-e-krone
medienmitteilungen.msg-id-64444.html
(5) http://www.nzz.ch/meinung/kommentare/vollgeld-
debatte-elektronisches-notenbankgeld-ja-vollgeld-nein- Der Bundesrat wiederholt die auch von anderen
ld.89198 Exponenten (economiesuisse, Bankiersvereini-
gung, Avenir Suisse) vorgebrachten und bereits
widerlegten Einwände. Die entsprechenden Stel-
lungnahmen, die diese Entgegnung ergänzen,
sind hier veröffentlicht:
www.vollgeld-initiative.ch/stellungnahmen
Viele weitere Fragen werden hier beantwortet:
www.vollgeld-initiative.ch/fragen

Diese Entgegnung auf die Botschaft des Bundes-


rates entstand im Namen des Initiativkomitees
der Vollgeld-Initiative unter dankenswerter Betei-
ligung von: Martin Alder, Maurizio Degiacomi,
Christian Gomez, Reinhold Harringer, Philippe
Mastronardi, Thomas Mayer (Endredaktion),
Daniel Meier, Simon Sennrich, Peter Ulrich und
Hansruedi Weber

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Gegenüberstellung: Übersicht des


Bundesrates und Erläuterungen der Initianten
Wortlaut des Bundesrates „Übersicht“ Erläuterung der Initianten

Die Volksinitiative «Für krisensicheres Geld: Geldschöp- Die Vollgeld-Initiative (VGI) fordert keine «tiefgreifende
fung allein durch die Nationalbank! (Vollgeld-Initiative)» Umgestaltung», sondern will bloss einer marktwirtschaft-
fordert eine tiefgreifende Umgestaltung der heutigen Wäh- lichen Selbstverständlichkeit Nachachtung verschaffen: Wer
rungsordnung, indem den Geschäftsbanken die Schaffung Schweizer Franken verleihen oder investieren will, muss
von Buchgeld untersagt wird. diese zuerst haben. Es soll keine privilegierte Branche geben,
die dieses Grundprinzip durch die private Schaffung von
eigenen «Franken» umgehen kann.

Die Schweiz würde bei Annahme dieser Initiative zum Beim Bargeld ist das seit jeher eine Selbstverständlichkeit.
Experimentierfall für unerprobte Reformen. Das erprobte Bargeldsystem soll nun auf das elektronische
Geld ausgedehnt werden. Auch international und innerhalb
des Bankensystems wird schon immer ausschliesslich mit
gesetzlichem Zahlungsmittel (Vollgeld) gearbeitet. Dass der
Staat bzw. die Nationalbank die Zahlungsmittel herstellt,
kann doch wohl nicht als «Experimentierfall » bezeichnet wer-
den. Wer, wenn nicht die demokratisch legitimierte und kon-
trollierte SNB soll unsere Schweizer Franken herstellen?

Ihre Annahme würde es der Schweizerischen Nationalbank Die Vollgeld-Initiative lässt der SNB alle ihre bisherigen
(SNB) erschweren, eine Geldpolitik zu verfolgen, welche geldpolitischen Instrumente, erweitert sogar explizit ihre
die Preisstabilität sichert und zu einer stabilen Entwicklung Möglichkeiten und stärkt ihre Unabhängigkeit. Die Vollgeld-
der Wirtschaft beiträgt. Initiative schreibt der SNB keine konkrete Geldpolitik vor.

Die Risiken der Initiative insbesondere für den Finanz- In Zeiten des Null-Zinses ist Vollgeld für die Banken finanziell
sektor wären erheblich. Der Bundesrat lehnt die Vollgeld- neutral. Die Banken werden in Zukunft den übrigen (ebenfalls
Initiative deshalb ab. rentablen) Finanzdienstleistern geldsystemisch gleichgestellt,
was kaum als Risiko gesehen werden kann. Zudem erhält die
SNB bessere Möglichkeiten, Finanzkrisen zu vermeiden.

Im heutigen System existieren zwei Arten von «Geld»: No- Diese Beschreibung der zwei Geldarten ist richtig. Das
tenbankgeld der SNB sowie Buchgeld der Geschäftsbanken. Vollgeld-System vereinfacht das Geldsystem wesentlich und
Die SNB schafft Notenbankgeld (Bargeld und Giroguthaben macht es dadurch robuster und transparenter. Es funktioniert
der Banken bei der SNB), die Geschäftsbanken Geld auf mit nur einem einzigen Geldkreislauf und einer einzigen
Bankkonten (sog. Buchgeld). Letzteres geschieht durch die Sorte Schweizer Franken, nämlich dem von der SNB in
Kreditvergabe, indem Geschäftsbanken den Kreditnehmern Umlauf gebrachten gesetzlichen Zahlungsmittel. Erst im
die gewährten Beträge auf deren Konto gutschreiben. Da- Vollgeldsystem haben alle Wirtschaftsakteure Zugang zu
durch steigt die Geldmenge an: Die Kreditnehmer verfügen echten Schweizer Franken, auch in elektronischer Form.
über mehr Mittel, die sie verwenden können. Die Geldschöp- Dieses wird wie Bargeld ein Vermögenswert in eigenem
fung durch die Geschäftsbanken ist so mit der gesamtwirt- Recht und im «elektronischen Portemonnaie» (bei einer Bank)
schaftlichen Kreditvergabe verbunden. Die Initiantinnen und aufbewahrt. Kreditvergaben und -rückzahlungen verändern
Initianten der am 1. Dezember 2015 eingereichten Initiative heute unerwünschter Weise die umlaufende Geldmenge, im
stossen sich daran, dass in der geltenden Währungsordnung Vollgeldsystem nicht mehr. Die Geldordnung bekommt so
die Schaffung von Geld typischerweise mit einer Schaffung ihre ursprüngliche Logik zurück: Die SNB stellt die Geld-
von Schulden einhergeht. Sie wollen erstens, dass die Banken menge an Schweizer Franken bereit, die Geschäftsbanken
kein Buchgeld mehr schaffen können. Das Geldschöpfungs- suchen Spargelder und vergeben Kredite. Über 80% der
monopol der SNB würde also auf das heute durch Banken Menschen glauben, das Geldsystem funktioniere schon
geschaffene Buchgeld ausgeweitet. heute so. Mit der VGI wird das endlich Tatsache.

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Wortlaut des Bundesrates „Übersicht“ Erläuterung der Initianten

Zweitens verlangt die Initiative eine Umstellung der Geld- Die Schaffung elektronischen Geldes kann neu (muss
politik. Neu soll die SNB Geld «schuldfrei» schaffen, d. aber nicht!) schuldfrei erfolgen. Die unabhängige
h. dem Bund, den Kantonen oder den Bürgerinnen und SNB alleine bestimmt die Menge schuldfrei ge -
Bürgern Geld direkt transferieren, ohne im Gegenzug schaffenen Geldes. Zusätzlich vergibt sie wie heu-
dafür wie heute Vermögenswerte wie Devisen, Gold oder te Darlehen an Banken und kauft Vermögenswerte.
Wertpapiere zu erwerben. Die schuldfreie Geldschöpfung kann analog zur Bilanzie-
rung des Münzgeldes erfolgen oder die SNB kann „Betei-
ligungen an der Volkswirtschaft“ als Bilanzaktiva führen.
Damit fallen jeweils zugunsten der Öffentlichkeit erhebliche
Geldschöpfungsgewinne an.
Das Vertrauen in eine Währung und ihre entsprechende
Stärke oder Schwäche beruht darauf, dass sie die reale
volkswirtschaftliche Leistungskraft eines Landes bzw. Wäh-
rungsraums widerspiegelt.

Konkret sieht die Initiative die Schaffung von Zahlungs- Fast korrekt, aber nicht ganz! Die Zahlungsverkehrskonten
verkehrskonten bei den Geschäftsbanken vor, die vollstän- funktionieren als «elektronisches Portemonnaie». Der Finanz-
dig durch Notenbankgeld finanziert sind, daher der Begriff dienstleister verwaltet diese treuhänderisch ausserhalb der
Vollgeld. Diese Konten wären gegen Ausfallrisiken und eigenen Bilanz. Die Beträge darauf sind genau wie Bargeld
Bankruns vollständig geschützt. Vermögenswerte in sich selber, die keiner «Finanzierung durch
Notenbankgeld» bedürfen, weil sie selber solches sind!

Da das Geldschöpfungsmonopol der SNB auf das gesamte Warum sollten die Mittel für das Kreditgeschäft der Banken feh-
für Zahlungen verwendbare Buchgeld ausgeweitet würde, len? Die verfassungsmässige Aufgabe der SNB ist sicherzustel-
könnten die Geschäftsbanken in diesem System keine Zah- len, dass die Wirtschaft ausreichend mit Zahlungsmitteln und
lungsmittel in Form von Buchgeld mehr schaffen und ihre Krediten ausgestattet ist und die Preisstabilität gewahrt bleibt.
Kredittätigkeit nicht mehr mittels Buchgeld finanzieren. Die Geschäftsbanken ziehen mit geeigneten Konditionen Spar-
Stattdessen müssten die dafür notwendigen Mittel durch einlagen an und vergeben diese als Kredite. Die SNB kann den
Spareinlagen, beispielsweise durch den Kapitalmarkt, zur Geschäftsbanken zusätzlich Darlehen gewähren, die wiederum
Verfügung gestellt werden. Fehlen die für die Kreditver- als Kredite an Banken (Interbankenmarkt) und Nichtbanken
gabe notwendigen Mittel, so müsste die SNB den Banken weitergereicht werden können. Die SNB kann solche Darlehen
entsprechende Darlehen gewähren. auch wieder ersatzlos auslaufen lassen, womit sich die Geld-
menge reduziert. Einer Geldschwemme oder Geldknappheit
kann so wirkungsvoll entgegengewirkt werden.

Das Kreditvolumen würde so teilweise durch die SNB Das Kreditvolumen wird wie bereits heute durch das Angebot
zentral gesteuert. an anlagesuchenden Geldern und durch die Nachfrage
nach Krediten bestimmt. Die Darlehen der SNB an Banken
werden ebenfalls wie heute in der Regel ohne bindenden
Verwendungszweck gewährt, darum kann von «teilweise
zentral steuern» keine Rede sein!

Die schuldfreie Schaffung von Geld erfolgt durch ei- Der Schweizer Franken erhält seinen Wert wie gesagt
nen einfachen Transfer an Bund, Kantone und private durch die Güter und Dienstleistungen der Volkswirtschaft
Haushalte, ohne Gegenleistung. Da die SNB dabei keine und durch seine allgemeine Akzeptanz als Zahlungsmittel.
Vermögenswerte wie Gold, Devisen oder Wertpapiere Selbstverständlich kann die SNB nach wie vor Vermögens-
mehr erwerben würde, wäre sie längerfristig nicht mehr werte wie Devisen, Gold oder Wertpapiere erwerben und
in der Lage, durch Verkäufe dieser Vermögenswerte die Darlehen an Banken vergeben, respektive verkaufen und
so geschöpfte Geldmenge wieder zu verringern. rückfordern, was dann die Geldmenge verringern würde.

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Wortlaut des Bundesrates „Übersicht“ Erläuterung der Initianten

Die schuldfreie Schaffung des Geldes könnte so die Die Glaubwürdigkeit der SNB hängt davon ab, inwiefern sie
Glaubwürdigkeit der Geldpolitik gefährden. Die SNB wäre tut, was sie angekündigt hat. Die Methode der Geldschöp-
vermehrt politischen Begehrlichkeiten ausgesetzt. fung selber hat damit nichts zu tun. Die SNB legt selbst fest,
wie viel schuldfreies Geld sie in Umlauf bringt. Ihre gesetz-
lich definierte Unabhängigkeit, die von der Initiative noch
gestärkt wird, schützt sie vor politischen Begehrlichkeiten.

Die Übertragung der Geldpolitik auf die Gesamtwirtschaft Mit Vollgeld könnte (muss aber nicht!) die SNB zur jahrzehn-
würde sich verändern. Im Gegensatz zur heutigen Zins- telang bis 1999 praktizierten (neu: nun direkten und somit
steuerung würde die Geldpolitik gemäss Initiantinnen und wirkungsvolleren) Geldmengensteuerung zurückkehren, was
Initianten über eine Geldmengensteuerung umgesetzt, was die Umsetzung ihrer Geldpolitik - im Gegensatz zur heutigen,
die Geldpolitik generell erschweren würde. schlecht wirksamen indirekten Zinssteuerung - keineswegs
erschweren, vielmehr erheblich erleichtern würde.

Die Initiative ermöglicht einen besseren Schutz der Wer im heutigen System elektronisches Geld verwendet,
Sichteinlagen vor Bankinsolvenzen und verspricht ein ist unnötigerweise automatisch Gläubiger einer Bank und
sichereres Finanzsystem sowie auch eine grosszügigere damit erzwungenermassen den wirtschaftlichen Risiken
Finanzierung der öffentlichen und privaten Haushalte. dieser Bank ausgesetzt. Im Vollgeld-System werden elektro-
Letztere Ziele dürften mit der vorgeschlagenen Reform nisches Zahlungsmittel im «elektronischen Portemonnaie»
nur teilweise erreicht werden. Finanzsektor und Volkswirt- aufbewahrt und sind damit vollständig vor jeglichen wirt-
schaft dürften durch eine Annahme der Initiative insgesamt schaftlichen Risiken der Banken geschützt. Wenn die SNB im
geschwächt werden: Rahmen ihrer Stabilitätspolitik neues Geld an Bund, Kantone
oder als Bürgerdividende auszahlt, so fliesst dieses weitge-
hend in die Realwirtschaft und schafft dort Arbeitsplätze.

Das Gewinnpotenzial der Banken würde abnehmen, und In Zeiten des Null- oder Negativ-Zinses hat Vollgeld keine
der Druck auf deren Margen, insbesondere im Kredit- finanziellen Auswirkungen für Banken, denn ob diese kosten-
geschäft, nähme zu. Die Geschäftsmodelle der Banken los selbst Geld schöpfen oder zu null Prozent Zins von der
würden fundamental verändert. Nationalbank leihen, macht für sie keinen Unterschied. Die
Banken bieten weiterhin Zahlungsverkehr, Kreditvergabe, Ver-
mögensverwaltung und weitere Finanzdienstleistungen an.

Die heute verfügbaren Sichteinlagen stellen für Banken Vollgeld verbessert die Stabilität der Bankbilanzen, weil nicht
eine vergleichsweise stabile Finanzierungsquelle dar. mehr jederzeit abrufbare Sichteinlagen darin enthalten sind,
sondern nur zeitlich klar festgelegte Spargelder oder Darlehen
der SNB. Banken werden so vor „bank runs“ geschützt.

Es ist nicht davon auszugehen, dass die Banken bereit Kostenlose Privatkonten gibt es schon heute nicht bzw. nur
wären, die neuen Zahlungsverkehrskonten kostenlos zu unter gewissen Bedingungen. Da Vollgeld wie Bargeld
führen. Wegfallende Zinsmargen könnten durch Gebühren zinslos ist und somit die Banken im Gegensatz zu Sichtein-
ersetzt werden. lagen nichts kostet, gibt es keinen Grund, dass sie deshalb
in einem funktionierenden Wettbewerb ihre Gebühren
erhöhen. In Zukunft kommen neue Fintech-Lösungen als
kostengünstige Alternativen zu hergebrachten Zahlungs-
systemen auf den Markt. Diese Entwicklung hält die Kon-
togebühren tief. Gesetzliche Vorgaben können dieses Ziel
weiter absichern.

Die Initiative bezieht sich nur auf Sichteinlagen. Diese Das trifft zu. Vollgeld bezweckt nicht, die Banken selber
wären vor Bankruns vollumfänglich geschützt. Andere vor den Folgen ihrer eingegangenen Risiken zu schützen,
Anlageformen wie Sparkonten mit einer Bezugsfrist sondern schützt gezielt den volkswirtschaftlichen Zah-

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Wortlaut des Bundesrates „Übersicht“ Erläuterung der Initianten

oder Termineinlagen wären weiterhin Liquiditäts- und lungsverkehr und mit ihm die Realwirtschaft, das Geld der
Solvenzrisiken ausgesetzt. Bankenkrisen wären nach wie Bankkunden sowie den Steuerzahler! Vollgeld beendet die
vor möglich; der Zahlungsverkehr wäre dabei jedoch nicht verhängnisvolle Abhängigkeit des Zahlungssystems vom
mehr bedroht. Bankensystem. Keine Bank müsste mehr vom Steuerzahler
gerettet werden, um das Funktionieren des Zahlungsver-
kehrs sicherzustellen. Das Too-big-to-fail-Problem wäre
damit zumindest erheblich entschärft.

Die Stabilität des Banken- und Finanzsystem wird heute Der existierende, aber auf gesamthaft völlig ungenügende
durch andere Mittel erreicht. Was die Sicherheit von Geldern 6 Mrd. CHF begrenzte Einlegerschutz deckt weniger als
auf Bankkonten betrifft, so werden diese heute durch die 2% Prozent der Guthaben auf Privatkonten. Mit Vollgeld
Regelungen zum Einlegerschutz bis zu einem Betrag von benötigen die sicheren Zahlungsverkehrskonten keinen
100 000 Franken geschützt. Banken werden im Hinblick auf Einlegerschutz mehr, dieser gilt dann ausschliesslich für
übermässige Risiken durch die FINMA beaufsichtigt. Geldanlagen auf Zeit.

Dazu kommt, dass in den letzten Jahren die Stabilität des Die Bankenregulierungen und die Vollgeld-Initiative lassen
Bankensystems durch Massnahmen im Bereich systemre- sich problemlos kombinieren. Da mit Vollgeld das Too-
levanter Institute (Too-big-to-fail) und durch die Umset- big-to-fail-Problem erheblich entschärft ist, besteht die
zung des internationalen Bankenregulierungs-Standards Möglichkeit, die insbesondere Kleinbanken belastende
Basel III massgeblich erhöht wurde. (Über-)Regulierungen wieder abzubauen.

Die Reform dürfte kaum eine stabilisierende Wirkung Wie oben begründet, ist es sehr plausibel, dass mit Voll-
auf das Finanzsystem haben. Sie wäre ein nationaler Al- geld das Finanzsystem stabiler wird. Das eigentliche Ziel
leingang und würde die Schweiz nicht massgeblich vor der VGI ist aber ein wirklich sicherer Schweizer Franken,
negativen Auswirkungen von Finanzkrisen im Ausland und dass dies erreicht wird, bestätigt auch der Bun-
schützen. desrat. Der vollständig krisensichere Zahlungsverkehr
sichert die Funktionsfähigkeit der inländischen Realwirt-
schaft bei Finanzkrisen sowohl im In- wie im Ausland.
Die Schweiz würde die Führungsrolle in einer international
absehbaren, durch die realen Probleme des bisherigen
Geldsystems begründeten Entwicklung einnehmen.

Die Annahme der Initiative würde eine weitgehende und Die Umgestaltung beinhaltet nur eine einfache Ausdeh-
unerprobte Umgestaltung des Geld- und Währungssystems nung der seit je existierenden Regeln des Bargeldes auf
sowie des Finanzsektors der Schweiz bedeuten, was mit das elektronische Geld. Das ist gut machbar. Es gibt eine
erheblichen Risiken verbunden wäre. ausreichende Übergangszeit, und die Nationalbank hat
differenzierte Steuerungsmöglichkeiten.

Zudem wäre insbesondere im Rahmen des Umstellungs- Der Finanzsektor ist es gewohnt, wie momentan durch die
prozesses mit Verwerfungen im Finanzsektor und nega- neuen Fintech-Modelle, seine Systeme immer wieder auf
tiven volkswirtschaftlichen Auswirkungen zu rechnen. neue Erfordernisse anzupassen. Auch die Umstellung auf
Vollgeld wird wie gewohnt gut geplant und sorgfältig aus-
geführt erfolgen. Dabei gibt es keinen Zeitdruck und keine
Irreversibilitäten. Durch das Wegfallen des TBTF-Problems
könnte der Bankensektor sogar dereguliert werden und
damit dieser Branche neue Geschäftsmodelle und Wachs-
tumsimpulse ermöglichen.

Der Bundesrat beantragt deshalb den eidgenössischen Das Vollgeld-System bietet im Vergleich zum Status Quo we-
Räten, die Initiative Volk und Ständen ohne direkten sentlich mehr gesicherte Vorteile als reale Risiken. Belegbare
Gegenentwurf oder indirekten Gegenvorschlag zur Ab- Gründe für die ablehnende Empfehlung des Bundesrats
lehnung zu empfehlen. sind nicht erkennbar.

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Der Text der Vollgeld-Initiative

Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert: Währungsreserven; ein Teil dieser Reserven wird
in Gold gehalten.
Art. 99 Geld- und Finanzmarktordnung 5
Der Reingewinn der Schweizerischen Natio-
1
Der Bund gewährleistet die Versorgung der nalbank geht zu mindestens zwei Dritteln an die
Wirtschaft mit Geld und Finanzdienstleistungen. Kantone.
Er kann dabei vom Grundsatz der Wirtschafts- 6
Die Schweizerische Nationalbank ist in der
freiheit abweichen. Erfüllung ihrer Aufgaben nur dem Gesetz ver-
2
Der Bund allein schafft Münzen, Banknoten und pflichtet.
Buchgeld als gesetzliche Zahlungsmittel.
3
Die Schaffung und Verwendung anderer Zah- Art. 197 Ziff. 12
lungsmittel sind zulässig, soweit dies mit dem 12. Übergangsbestimmungen zu den Art.
gesetzlichen Auftrag der Schweizerischen Natio- 99 (Geld- und Finanzmarktordnung) und
nalbank vereinbar ist. 99a (Schweizerische Nationalbank)
4
Das Gesetz ordnet den Finanzmarkt im Gesam-
1
Die Ausführungsbestimmungen sehen vor, dass
tinteresse des Landes. Es regelt insbesondere: am Stichtag ihres Inkrafttretens alles Buchgeld
a. die Treuhandpflichten der Finanzdienstleister; auf Zahlungsverkehrskonten zu einem gesetz-
b. die Aufsicht über die Geschäftsbedingungen lichen Zahlungsmittel wird. Damit werden
der Finanzdienstleister; entsprechende Verbindlichkeiten der Finanz-
c. die Bewilligung und die Beaufsichtigung von dienstleister gegenüber der Schweizerischen Na-
Finanzprodukten; tionalbank begründet. Diese sorgt dafür, dass die
d. die Anforderungen an die Eigenmittel; Verbindlichkeiten aus der Buchgeld-Umstellung
e. die Begrenzung des Eigenhandels. innerhalb einer zumutbaren Übergangsphase
5
Die Finanzdienstleister führen Zahlungsver- getilgt werden. Bestehende Kreditverträge blei-
kehrskonten der Kundinnen und Kunden aus- ben unberührt.
serhalb ihrer Bilanz. Diese Konten fallen nicht in
2
Insbesondere in der Übergangsphase sorgt die
die Konkursmasse. Schweizerische Nationalbank dafür, dass weder
Geldknappheit noch Geldschwemme entsteht.
Art. 99a Schweizerische Nationalbank Während dieser Zeit kann sie den Finanzdienst-
1
Die Schweizerische Nationalbank führt als leistern erleichterten Zugang zu Darlehen ge-
unabhängige Zentralbank eine Geld- und währen.
Währungspolitik, die dem Gesamtinteresse des 3
Tritt die entsprechende Bundesgesetzgebung
Landes dient; sie steuert die Geldmenge und nicht innerhalb von zwei Jahren nach Annahme
gewährleistet das Funktionieren des Zahlungs- der Artikel 99 und 99a in Kraft, so erlässt der
verkehrs sowie die Versorgung der Wirtschaft mit Bundesrat die nötigen Ausführungsbestimmun-
Krediten durch die Finanzdienstleister. gen innerhalb eines Jahres auf dem Verord-
2
Sie kann Mindesthaltefristen für Finanzanlagen nungsweg.
setzen.
3
Sie bringt im Rahmen ihres gesetzlichen Auftra-
ges neu geschaffenes Geld schuldfrei in Umlauf,
und zwar über den Bund oder über die Kantone
oder, indem sie es direkt den Bürgerinnen und
Bürgern zuteilt. Sie kann den Banken befristete
Darlehen gewähren.
4
Sie bildet aus ihren Erträgen ausreichende

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Seite 28

Die Vollgeld-Initiative
verwirklicht, was die
meisten Menschen heute
schon für Realität halten.

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