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Die
vom Ârfoeitsfrieden
Zur Geschichte des Friedensabkommens von 1937 von Jakob Tanner und Hans Schäppi
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Friedensabkommen - ren der Krise, nach einer Schweiz wird das Risiko we-
kein Gesamtarbeitsvertrag Zeit, in welcher Entlassun- niger gross sein, wenn es der
Obwohl die Schweiz bei gen, Lohnkürzungen und Ar- Maschinenindustrie gelingt,
der rechtlichen Verankerung beitsintensivierungen auf der die augenblickliche Kon-
des Kollektivarbeitsvertrags- Tagesordnung standen, wie- junktur auszunutzen, innert
rechts eine Pionierrolle spiel- der ein — vorab von der inter- wenig Zeit neue Absatzmög-
te und schon 1911 eine ent- nationalen Aufrüstung ge- lichkeiten auf dem Welt-
sprechende Bestimmung ins tragener — Konjunkturauf- markt zu gewinnen und sich
Obligationenrecht aufnahm, schwung bemerkbar. Bun- diese dank der Qualität der
waren Gesamtarbeitsverträ- desrat und Unternehmer be- Arbeit und der Ware zu er-
ge in den dreissiger Jahren im fürchteten eine Zunahme der halten. Um das zu ermögli-
Vergleich mit anderen euro- Streiktätigkeit. Im Septem- chen, muss in der Industrie
päischen Ländern wenig ver- ber 1936 wurde der Schwei- Arbeitsfrieden herrschen.»
breitet. In der kämpferischen zerfranken um 30 Prozent Schon damals wurde von Sei-
Zeit zwischen 1900 und 1920 abgewertet. Damit verbes- ten des SMUV das Abkom-
gelang zwar die Durchset- serte sich die Konkurrenzfä- men also damit gerechtfer- Weltkrieg vielmehr kämp-
zung einiger Verträge im Ge- higkeit der Exportindustrie. tigt, dass es einen Beitrag fend in den Arbeitsfrieden.
werbe und in der Uhrenindu- Die Löhne hingegen waren darstelle, die Konkurrenzfä- Zwischen 1944 und 1947,
strie; in den zwanziger und durch Importverteuerung er- higkeit der Schweizer Ex- vor dem Einsetzen des Kai-
dreissiger Jahren brach aber neut gefährdet. Der Bundes- portindustrie auf dem Welt- ten Krieges, war das soziale
diese Entwicklung mit dem rat zog nun eine staatliche markt zu stärken. Klima nach einigen Jahren
Ende der Gewerkschafts- Zwangsschlichtung bei Kol- Glücklicherweise setzte inneren Burgfriedens auf-
kämpfe ab. Insbesondere lektivstreitigkeiten in Erwä- sich die vom autoritären grund der sich verschlech-
gelang es nicht, in den gung. Damit drohte dem Geist der Zeit geprägte Idee ternden Arbeitsbedingungen
wirtschaftlich dominierenden ASM die Initiative zu entglei- des «Friedensabkommens» (z. B. fehlender Teuerungs-
Exportsektoren (Maschine, ten, denn das bundesrätliche in der Folge nicht weiter ausgleich) nochmals sehr
Metall, Chemie, Textil) Ge- Zwangsschlichtungsprojekt durch. Nach dem politischen konfliktträchtig. Die Arbei-
samtarbeitsverträge durch- entstand aufgrund der Er- Umschwung von 1942/43 terinnen und Arbeiter griffen
zusezten, wo die Arbeitge- Wartung, Gesamtarbeitsver- vermochten die Gewerk- auch zum Kampfmittel des
ber kollektive Abmachungen trägen seien auch in der Me- Schäften in wichtigen Bran- Streiks, um den zugeknöpf-
strikte ablehnten. Auch der tall- und Maschinenindustrie chen Gesamtarbeitsverträge ten Exportindustriellen Kol-
SMUV, der wie andere Ver- nicht mehr vermeidbar. In durchzusetzen. Es ist ein Af- lektivarbeitsverträge abzu-
bände zwischen 1919 und dieser Situation stellte die front für die Gewerkschafts- trotzen. Diese Gesamtar-
1923 nicht zuletzt wegen der Lancierung des Friedensab- bewegung, wenn behauptet beitsverträge wiesen zwar
Säuberungsarbeit der Ver- kommens für den auf reak- wird, das Friedensabkom- häufig eine Friedensklausel
bandsspitze mehr als die tionären Positionen festge- men sei in der Folge quasi auf, unterschieden sich je-
Hälfte der Mitglieder verlo- fahrenen ASM einen Verhin- zum Leitstern für den Aus- doch in ihrer Grundkon-
ren hatte, blieb sowohl 1921 derungsschachzug dar. In hi- bau des schweizerischen Ver- struktion völlig von der
wie 1929 mit seinem Begeh- storischer Rückschau ist es tragswesens emporgestiegen. 1937er Vereinbarung. Der
ren nach einem GAV ohne schwierig nachzuvollziehen, Die Arbeiterbewegung mar- eigentliche Durchbruch ge-
Erfolg. Nach 1935 verbesser- wieso der SMUV zu einem schierte nach dem Zweiten lang damals in der Chemie,
ten sich jedoch die Durchset- solchen Übereinkommen
zungschancen für Gesamtar- Hand bot, für welches er kei- Art. 9.
beitsverträge. Damals zeich- nen Gegenwert erhielt, und Messe Vereinbarung tritt sait dem Tag ihrer Unterzeichnung
nete sich aufgrund des Auf- das vertragsrechtlich einen in Kraft u»d dauert Ms zun. 19.Juli 1939.
stiegs des Faschismus in Eu- Rückschlag darstellte. Die
ropa nicht nur eine Annähe- Begründungen, welche die Zürich, den 19,Juli 1937. Zsfttralyopstand
rung der Arbeiterbewegung Gewerkschaftsführung da- Ii« Schwetairtachsn MotoMf
an den bürgerlichen Staat ab, für abgab, waren äusserst B» Dw 1 Mtttw;
sondern auch ein Stimmungs- schwach. Der SMUV-Sekre-
wandel beim regierenden tär E. Giroud äusserte in der
Freisinn. Hier setzte sich die Gewerkschaftlichen Rund- SAweiss. Vasted evassgetäsete Christi. Mslallarbete-Vertand
Einsicht durch, dass kollek- schau von 1938 folgende An- Arbeite and Anmesse®«-
tiwertragliche Regelungen sieht: «Wenn dieser Rü-
in der Industrie keineswegs stungswettlauf einmal zu En-
zum Schaden gereichen und de ist, werden die ausländi-
auch in der Schweiz auf die sehen Betriebe ihren Platz
Länge nicht zu umgehen sei- auf dem Weltmarkt zurück-
en, was im ASM mit grossem erobern wollen, und wir
Unwillen registriert wurde. erleben einen furchtbaren
Zudem machte sich nach Jah- Konkurrenzkampf. Für die
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der Konsolidierung der wirt- im SGB durch. In den «Len- Nachkriegsjahren mit einem
schaftlichen Prosperität. ker Thesen» wurde 1940 gewissen Erfolg für ihre Mit-
Am Ende der dreissiger festgehalten, dass sich der glieder spielten. Dazu gehörte
Jahre fand im SGB eine SGB auf die Wahrung der In- der Verzicht auf Kampfmass-
Wertwandlung in den wirt- teressen der Arbeitnehmer nahmen aber auch der weit-
schaftspolitischen Zielvor- bei der Gestaltung der Ar- gehende Verzicht auf quali-
Stellungen statt. Noch in den beitsbedingungen zu be- tative Forderungen innerhalb
dreissiger Jahren wurden un- schränken habe. Der SGB des Betriebes. Mehr und
ter dem Einfluss des Volks- zog sich damit für Jahrzehnte mehr wurden wirtschaftliches
Wirtschaftlers Max Weber aus der öffentlichen Diskus- Wachstum und Wirtschaft-
viele eigenständige, wirt- sion um wirtschaftspolitische lich-industrielle Produktivi-
schaftspolitischen Vorstel- und gesellschaftliche Alter- tät zu den Kristallisationsker-
Jungen entwickelt und dies nativen zurück. nen einer gemeinsamen
schlug sich auch in der politi- Die rechtlichen Vorausset- Interessenorientierung zwi-
sehen Realität, z. B. in Form zungen für das Sozialpartner- sehen Kapital und Arbeit
der Kriseninitiative und der schaftliche Modell wurden (Wachstumspakt). Gewerk-
damit zusammenhängenden 1947 mit dem Wirtschaftsar- schaftspolitik beschränkte sich
Bündnispolitik mit linksbür'- Auf Druck des tikel in der Bundesverfassung auf die Verteilung der Pro-
gerlichen und linksbäuerli- SM UV geschaffen, welcher den duktivitätszuwächse. Thema-
chen Kreisen nieder Max Bund unter anderem befugt, tische Verengung, Entpoliti-
Weber hatte als Wissenschaft-
kündigte M. Weber
Vorschriften zu erlassen über sierung der Gewerkschaften,
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licher Mitarbeiter des SGB Stelle die «Regelung betrieblicher Beschränkung auf die Ver-
keineswegs radikale Vorstel- beim SGB und beruflicher Angelegen- tragspolitik und der Abbau
lungen. Aber er sah die Ge- heiten» zwischen Arbeitge- der innergewerkschaftlichen
werkschaftsbewegung nicht bern und Arbeitnehmern und Demokratie, insbesondere
bloss als Vereinigungen zur «zur Förderung des Arbeits- der Verlust der Fähigkeit der
Verbesserung der Arbeitsbe- friedens». Der Artikel über Belegschaften zu einer eigen-
dingungen sondern auch als die Friedenspflicht wurde ständigen betrieblichen Ar-
«Organisationen zum Auf- daraufhin 1956 im Obligatio- beitspolitik, gingen dabei
bau einer neuen Wirtschaft nenrecht verankert. Hand in Hand und definier-
und Gesellschaft». Von Tei- R. Jaun beschreibt in sei- ten die «Sozialpartnerschaft»
len der Gewerkschaftsbewe- ner Untersuchung «Manage- zur Zeit der Hochkonjunk-
gung, insbesonders vom ment und Arbeiterschaft» am tur. Der Wachstumspakt
VPOD, der durch seine Fallbeispiel der Maag-Zahn- konnte allerdings auf die
Mitglieder im öffentlichen räder AG Zürich sehr präzis Länge keinen Bestand ha-
Dienst ohnehin mehr als an- den Vorgang der «Selbstun- ben. Seit den siebziger Jah-
dere Verbände von politi- terwerfung (der Gewerk- ren, als sich der «kurze
sehen Entscheidungen ab- Schäften) unter die unterneh- Traum von der immerwäh-
Foto: SGB
hangig war, wurden diese j. merische Konzeption der renden Prosperität» zu Ende
Auffassungen auch später Produktivitätssteigerung in neigte, erwachten auch in den
noch geteilt. Doch zuerst im den fünfziger Jahren». Die Gewerkschaften neue Kräfte
SMUV unter der Führung Friedenspolitik trug hier we- und neue Bestrebungen.
von K. Ilg und dann auch in sentlich zur Zerstörung 1 Zitate aus Marcela Hohl. Die wirt-
durch, die bereit war, das die sich bisher erfolgreich ge-
«Brancheninteresse» über gen die Einführung des taylo-
die gemeinsamen Interessen ristischen Zeitakkords wehr-
aller Arbeitnehmer zu stel- ten, waren mit dem absoluten
len. Dazu gehörte auch der Arbeitsfrieden die Hände ge-
Glaube an die soziale Markt- bunden. Die SMUV-Führung
Wirtschaft und der Verzicht vermochte im anfänglichen
auf grundsätzlichere Refor- Widerstand an der Basis nur
men in Wirtschaft und Ge- «Querulanten» und «Ver-
Seilschaft. Zwei Jahre nach bandsschädlinge» zu sehen.
Abschluss des Friedensab- Die Gewerkschaften über-
kommens setzte sich diese Li- nahmen im Sozialpartner-
nie nach einem längeren, in- schaftlichen Modell eine be-
ternen Ringen zwischen den stimmte Rolle als «Ord-
einzelnen Verbänden auch nungsfaktor», die sie in den
Foto: W. Erb
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Streik der Heizungsmonteure
Helvetiaplatz Zürich, 1932
1 Toter
BERNARD DEGEN
Generalstreik 1918, Paradeplatz, Zürich