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ERSTER AKT
HERZOG DE NERVAL
Es ist der Wunsch von Seiner Majestät,
Dass der Parteien Zank wird beigelegt,
Hier ist der Protestanten neue Sekte,
Dort ist der Katholiken alte Kirche.
Ich bin ein Katholik, ein Sohn von Roma,
Ihr seid, geschätzte Fürsten Katholiken,
Doch lud ich einen Protestanten ein,
Den frommen Pierre de Cygnet, fünfzig Jahre
Gab Gott der Herr ihm schon das Licht der Augen.
Wir wollen von den Unterschieden reden
Und von den Meinungen und von der Wahrheit,
Ob wir den Frieden finden für die Erde.
Doch! Unser schönes Frankreich bleibt katholisch!
(Auftritt Pierre de Cygnet, fünfzig Jahre alt, mit grauem Vollbart, schütterem Haar, Brille,
Tränensäcken unter den Augen, dickem Bauch, krummem Rücken.)
PIERRE DE CYGNET
Mein lieber Herzog de Nerval, mein Bruder
In Christo, reden wir von Unterschieden,
Doch glauben wir gemeinsam an den Herrn,
Den Vater und den Sohn und auch den Geist.
HERZOG DE NERVAL
Nun, Meinungen gibts viele in der Welt,
Nur Eine ist die Absolute Wahrheit.
EIN FÜRST
Wir wollen lieber von der Minne singen.
Herr Pierre, bist du verliebt in eine Dame?
Nimm dort die Lyra, sing ein Liebeslied!
PIERRE DE CYGNET
DIE FÜRSTEN
Ergo Bibamus!
(Auftritt Marc, der vierzigjährige Knecht des Pierre de Cygnet, ein fanatischer Protestant, mit
Glatze, bartlos, kleiner Brille.)
MARC
O Pierre, mein Herr, nun seh ich dich bei den Philistern,
Den Bürgerlichen und den Weltgeschwistern,
Den falschen Christen, dass mich packt Entsetzen,
Das du dich trennst von göttlichen Gesetzen,
Die gelten ja von Adam an und Abel,
Und dienst der Venus oder Hure Babel!
MARC
(singt)
DIENER
Es kommt Valea nun, die Schöne,
Dem Dichter fehlen selbst die Töne,
Wie schön sie ist mit vierzehn Jahren
In ihren langen goldnen Haaren,
Die sie umfluten wie die Ranken,
In ihrem süßen Leib, dem schlanken,
Kommt sie zu uns auf ihrem Schimmel,
Die Augen blau wie Morgenhimmel.
Kniet nieder vor der Maid, der süßen,
Wie die Madonna sie zu grüßen.
(Auftritt Valea)
VALEA
PIERRE
VALEA
PIERRE
VALEA
PIERRE
VALEA
EIN PAGE
(tritt auf)
PIERRE
FRANZÖSISCHE ADLIGE
PAGE
PIERRE
ZWEITER AKT
KÖNIGIN MARGARETHE
Ich bin verlobt mit dem geliebten Heinrich,
Ist Heinrich von Navarra Protestant,
So bin ich eine gute Katholikin.
Doch lieb ich nicht den Krieg der Religionen,
Wir glauben alle doch an Jesus Christus,
Vereint wir sollen Eine Kirche bilden,
Dass Zeugen wir für Gottes Liebe sind.
Maria, Königin des Friedens, bitte
Um Frieden unter allen Religionen.
Du, Frankreich, bist der Garten Sankt Mariens,
Ich feire dich mit einem Liebeslied.
Mahabarata im Theater
In Avignon vorm Papstpalast,
Wenn Krishna führt zu Gott dem Vater,
Des Hirtenmädchens Seelengast.
(Der Hofstaat beginnt, im Chor der Königin Margarethe ein Lied über den kleinen Knaben-Gott
Amour zu singen.)
KÖNIGIN MARGARETHE
(Auftritt Valea)
VALEA
O Herrin meines Herzens Margarethe,
Du Große Mutter unsre schönen Volkes!
Mich, Tochter eines Katholikenführers,
Mich hast du eingeladen an den Hof,
Was möchte meine Königin von mir?
KÖNIGIN MARGARETHE
Ich möchte Frieden in den Konfessionen
Und keine Glaubenskriege mehr in Frankreich.
Valea, du der Katholiken Urbild,
Du Ideal katholischer Gemeine,
Du sollst den Protestanten Cygnus freien,
Den Knecht des Herrn, den weisen Bibelfreund.
Denn Jesus hat nur Eine Braut und Kirche,
Die allgemein ist, die ihr stiften sollt,
Die Ehe soll das Schisma überwinden.
VALEA
Den Pierre soll ich zum Bräutigam erwählen?
O Liebe, die du bist im Dritten Himmel!
Seit er mich aufgehoben von dem Fall
Und mich gesetzt auf meines Schimmels Rücken,
Kann ich ihn nicht vergessen, denke immer:
KÖNIGIN MARGARETHE
Mein lieber Pierre, du Sohn des Vatergottes,
Der du der Führer der Partei von Luther,
Ich möchte, dass du Bräutigam und Mann wirst
Und eine Katholikin dir zur Frau nimmst.
So will ich stiften Eine Kirche, die
Ist heilig, apostolisch, ökumenisch.
PIERRE
Dein Wort ist mir Befehl, o schöne Fürstin!
In einer Ehe ist der Mann das Haupt,
Die Gattin sei am Tage seine Putzfrau
Und in den Nächten seine schöne Hure!
Ich Vater nach der Vaterschaft des Herrn
Bestimme, dass man nicht die Kinder taufe,
Auch will ich keine Jesusbilder sehen,
Erst recht nicht die abgöttische Maria,
Wenn meine Frau mir zustimmt, sag ich Amen.
Wer ist die Frau, die du mir auserwählt?
KÖNIGIN MARGARETHE
Valea, Katholikenführers Tochter.
PIERRE
Die Dirne ihres Grafen de Nerval?
Ich fühl den Kuss des Zornes meiner Muse!
(singt)
PIERRE
Ein feste Burg ist unser Wehr und Waffen!
KÖNIGIN MARGARETHE
O Pax vobiscum, meine lieben Brüder!
Man achte stets das Heilige des Andern!
Die Katholiken sollen Luther lesen
Und täglich in der Luther-Bibel lesen,
Die Lutheraner sollen, wie einst Bach
Und Luther, Jesu Mutter auch verehren,
Die Magd des Herrn, des Christentumes Hilfe.
Nie wieder Krieg! Nie wieder Glaubenskrieg!
Denn Jesus Christus ist der Friedefürst!
Statt Feinde sollt ihr Freund und Bruder sein,
Und einigt euch in Gott, dem All-und-Ein!
DRITTER AKT
(Platz am Ufer der Seine in Paris mit Gasthäusern und einer Kapelle im Hintergrund.
Volksgewimmel.)
SONNTAGS-SPAZIERGÄNGER
Spaziergang, schöner Götterfunken,
Wie lieben wir doch die Natur,
Wir sind in die Natur versunken
Und wandlen so auf Gottes Spur.
Chaire, Kecharitomene,
Voll von Grazie und Reiz,
Komm zu uns mit Magdalene,
Die ihr standet unterm Kreuz.
STUDENTEN
Wir Studenten voll Genuss
Singen: Ergo Bibamus!
Mädchen geben wir den Kuss
Unten! Ergo Bibamus!
Lieben ist das schönste Muss!
Ewig! Ergo Bibamus!
Knacken wir des Mädchens Nuss,
Beißen! Ergo Bibamus!
Nimmer Luther oder Hus,
Petrus! Ergo Bibamus!
Die Doktoren reden Stuss!
Weisheit! Ergo Bibamus!
Auf denn, über Jordans Fluss!
Eden! Ergo Bibamus!
Vor der Jungfrau knien zum Schluss!
Jesus! Ergo Bibamus!
ALTE ZIGEUNERIN
Katzen pissen, Hunde bissen,
Eulen schreien, Tote freien,
Schwarze Göttin Bowaneh!
ZIGEUNERINNEN-BALETT
Die sehr schöne Matrone spielt die Mater Divina Sapientia, und ihre drei reizenden Töchter spielen
Virgo Fides, Virgo Spes und Virgo Caritas. Zum Tanz ertönt eine Musik, etwa wie die Ungarischen
Tänze von Johannes Brahms. Die Matrone tanzt gemessen, anmutig, anständig, die drei Jungfrauen
wirbeln leidenschaftlich um sie herum. Virgo Fides tanzt mit einem Kruzifix, Virgo Spes tanzt mit
einem Anker, Virgo Caritas tanzt mit einem brennenden Herzen. Mater Divina Sapientia trägt die
Stadt Rom als Krone.
NERVAL
O Saint Croix, mein Katholikenführer,
Der du der Vater bist des Kinds Valea,
Ich hab Valea mir zur Braut genommen.
SAINT CROIX
Die Ehe, Lieber, ist kein weltlich Ding,
Wie Luther sagt, der Oberste der Ketzer,
Die Ehe ist ein Sakrament der Liebe
Und wird im Augenblick des Aktes gültig.
NERVAL
O Wonne! Die Mysterien des Bettes!
MARC
Nerval, dein Haupt in Demut neige,
Bist du bereit? Bist du zu feige?
Hat Todesangst dich in den Krallen?
Dein Geist wird in die Hölle fallen!
NERVAL
Nicht Todesangst, mein Feind, nicht feige,
Ich sterbe als ein Marterzeuge!
(Marc ab. Auftritt Dominique, der Narr des Saint-Croix)
SAINT CROIX
Mein Narr, willkommen!
DOMINIQUE
In Lust geschwommen
Bin froh ich gestern
Mit Venus-Schwestern!
SAINT CROIX
Du Bock der Hure,
Liebst nicht die Pure?
DOMINIQUE
Das ist für Fürsten.
Nach Blut zu dürsten
Komm ich gelaufen.
O Tod dem Haufen
Der Protestanten,
Der alten Tanten!
SAINT CROIX
Befehl vom Orden:
Den Pierre zu morden!
DOMINIQUE
Den tu ich hassen,
Ich kanns kaum fassen,
Geschnitzt vom Holze,
Der Hochmutsstolze,
Verachtet Toren,
Hält für geboren
Sich selbst von Adel
Und ohne Tadel!
Die Hunde werden
Im Schlamm der Erden
Das Blut ihm lecken,
Der Herr der Zecken
Kommt auf der Stelle,
Ab in die Hölle!
SAINT CROIX
Wenn Luna schimmert,
Der Waldwolf wimmert,
Das Schwert zu zücken
Und dann im Rücken
Den Pierre durchbohren,
Hör, hast du Ohren,
Ist deines Amtes.
Im Herzen flammt es
Mir auf cholerisch,
Mein Zorn ist sphärisch,
Die Sternengötter
Mit Donnerwetter
Dem Protestanten
Und seinen Tanten
Mit Rache zürnen!
O Sünderstirnen!
DOMINIQUE
O Heil den Dirnen
Mit dreisten Stirnen!
(Alle ab, nur die verschleierte Valea, die alles gehört hat, bleibt. Sie faltet die Hände, schließt dabei
fest die Augen, und bricht dann auf, Pierres Diener Marc noch zu sprechen. Sie erreicht ihn, bleibt
verschleiert und spricht ihn freundlich an.)
VALEA
O Marc, du Diener meines liebsten Pierre,
Eil du zu meinem Bruder,
Denn Saint-Croix hasst meinen Liebsten sehr
Und Dominique, das Luder.
MARC
Die Katholiken dienen Götzen,
Die Priester gehen zu den Metzen,
Rom, die Tyrannin aller Länder,
Rom ordiniert die Knabenschänder.
Doch Pierre, der Protestanten Führer,
Er hasst Sidonier und Tyrer,
Ermorden will die Hure Babel
Den Gottesmann, der rein wie Abel?
In Romas tragischem Theater
Den Heros schützt der Göttervater,
Ich weiß Jehova grimmig zürnen,
Er zürnt den dreisten Hurenstirnen,
Die Liebesgöttin wird nichts nützen,
Der Herr wird Pierre mit Macht beschützen!
HUGENOTTISCHE SOLDATEN
Marsch, Martin Luther, Marsch,
Leck Rom dir doch den Arsch!
KATHOLISCHE SOLDATEN
Hurra, Marie, Hurra,
Mit uns ist Ich-bin-da!
HUGENOTTISCHE SOLDATEN
Die Bombe töte hier
Roms Antichrist, das Tier!
KATHOLISCHE SOLDATEN
O Herr der Heere du,
Greif ein, o Gott, schlag zu!
HUGENOTTISCHE SOLDATEN
Die Gnade ists allein,
Nicht Fegefeuers Pein!
KATHOLISCHE SOLDATEN
Marie im Löwenthron
Führt uns mit ihrem Sohn!
HUGENOTTISCHE SOLDATEN
O Gnade, du erlabst
Allein, schlitz auf den Papst!
KATHOLISCHE SOLDATEN
Wer Heilig Geist bekennt,
Dem hilft das Sakrament!
HUGENOTTISCHE SOLDATEN
Die Hostie gebt dem Hund,
Der sie empfängt im Mund!
(Getümmel. Ein Blutbad droht. In einem Triumphwagen erscheint wie eine göttliche Königin -
Margarethe, die Fürstin des Friedens. Posaunen werden geblasen. Ehrfürchtige Stille tritt ein. Eine
Flöte spielt eine Pastoralmusik, während Margarethe spricht.)
KÖNIGIN MARGARETHE
O Pax vobiscum, lieben Brüder!
Wir singen nun ganz andre Lieder,
Wir wollen blasen nur hienieden
Die Flöte, die besingt den Frieden.
Was, bei dem lieben Gott im Himmel,
Was ist das hier für ein Getümmel?
Ich sehe streiten hier die Toren
Mit Wolfsgebiss und Eselsohren.
Wer kündet mir den Grund des Krieges?
Seid euch nur sicher meines Sieges!
MARC
Der Saint-Croix mit seinem Bruder,
Dem Dominique, dem Hurenluder,
Die sind von Sankt Marien Orden,
Die wollten meinen Pierre ermorden!
Der Satan ist der Fürst der Tyrer,
Der hasst den Protestantenführer!
SAINT CROIX
Der Luther mit den neunzig Thesen
Ist wilder als die Irokesen,
Er schlug die Thesen an die Pforte
Und spaltete mit seinem Worte
Die Kirche, die der Leib des Herrn ist!
Maria unser Morgenstern ist!
MARGATEHE
Ich wollte doch den Pierre vermählen
Mit jener schönsten aller Seelen,
Der allerchristlichsten Valea,
Der Pax divina, Bona Dea!
NERVAL
Valea aber ist die Meine!
Wie schön und lang sind ihre Beine,
Die Liebe liebt die goldne Mitte,
So ist es hier in Frankreich Sitte.
KÖNIGIN MARGARETHE
Zur Hochzeit, auf, zum Kinderzeugen!
Die Christenwaffen sollen schweigen!
Euch totzuschlagen, zu verspotten,
Ins Licht zu fliegen wie die Motten,
Das macht dem Christus keine Freude,
Gespalten seid ihr Satans Beute!
O makellos Marias Reinheit,
Der Christus will der Christen Einheit!
(Das Brautpaar Nerval und Valea zieht mit den Hochzeitsgästen zum Schloss. Pierre und Marc
bleiben zurück.)
PIERRE
Valea, ach Valea, ach Valea,
Du meine Pax divina, Bona Dea,
Die ich geliebt in meinen alten Tagen,
Nun ist sie Grund für mich nur noch zu klagen.
Verschwunden sie in eines Andern Zimmer,
Mir bleibt nur Totenläuten und Gewimmer,
Hier in den Trümmern meines Lebens heule
Ich wie der alte Kauz, die blinde Eule.
Kann ich Valea nicht zur Braut erwerben,
So warte ich als Eremit aufs Sterben,
Mit eignen Händen mir mein Grab zu graben,
Kann ich die reine Gottesmagd nicht haben!
Ich werde niemals mehr mit Liebe schauen
Auf Liebesreize andrer schöner Frauen,
Als Sklave lebe ich im Gottesstaate
Und als ein Freigeist in dem Zölibate,
Die Eine oder keine, ist mein Motto.
Ich schreib die Chronik nun für Kaiser Otto
Und bitte Gott an allen meinen Tagen:
Sei gnädig, großer Gott, mich totzuschlagen!
MARC
Zum Kriege für der Protestanten Sache!
Herr Zebaoth, du großer Gott der Rache,
Wie böse ist der Katholiken Dichten,
Schlag zu, die Hure Babel zu vernichten!
Tod, Tod und dreimal Tod den Römer-Metzen,
Die treiben Hurerei mit ihren Götzen!
Du, Pierre, sollst auf gerechte Rache pochen!
Maria hat dir ja dein Herz gebrochen!
VIERTER AKT
VALEA
(allein)
(Auftritt Pierre.)
PIERRE
VALEA
SAINT-CROIX
Die Wahrheit Krieg will führen mit den Ketzern,
Mit Luther, Calvin, Zwingli, diesen Hetzern,
Der Protestanten Seelen gehn verloren,
Die Weisheit duldet länger nicht die Toren.
Bevor verdunkelt wird des Glaubens Helle
Und Menschenseelen fahren in die Hölle,
Wir werden dazu nicht mehr müßig bleiben,
Bereit, des Aufstands Dämon auszutreiben,
Wir lassen Unsre Frau nicht mehr verspotten,
Zum Schwerte greift, den Frevel auszurotten,
Mit Stumpf und Stiel das Unkraut zu verbrennen,
Die Lügner, die zur Bibel sich bekennen
Und taten doch das Buch der Kirche rauben
Und die veränderten den wahren Glauben,
Sie sollen sich nun unsern Schwertern fügen
Und länger nicht von Gottes Gnade lügen,
Denn Satan war seit jeder Zeit häretisch,
Und wie Elias will ich nun prophetisch
Die Pfaffen Baals dem wahren Gotte morden,
Kreuzritter sind wir von dem Tempel-Orden,
Wir Ritter Unsrer Frau und Jesu Freunde,
Wir schwören Tod dem Satan, Gottes Feinde,
Wir schwören Tod der ganzen Rotte Dathan,
Tod allen Protestanten und dem Satan!
KATHOLIKEN
Die Kirche triumphiert, die reine Mutter,
Die Sünder werden zum Kanonen-Futter!
GRAF DE NERVAL
Wir sollten lieber streiten mit den Zungen
Und voll von nüchternen Begeisterungen
Verkünden in der himmlisch reinen Klarheit
Die makellose unbefleckte Wahrheit,
Wir sollten führen streitende Dispute,
Die Wahrheit siegt im Streit, die schöne, gute,
Es unterliegen dann der Ketzer Sekten,
Spricht ein Gelehrter von der Unbefleckten,
Ein Theologe von der Makellosen,
Dann sehn das Kreuz umrankt sie von den Rosen,
Der Mystik Rose wird sie überzeugen,
Und Luther, Calvin, Zwingli werden schweigen.
SAINT-CROIX
Was hat der Teufel mit dem Herrn zu schaffen?
Auf, meine Katholiken, zu den Waffen,
Auf in den Krieg, um völlig auszurotten
Die Bauernrotten und die Hugenotten!
Den Grafen de Nerval jedoch, der später
Uns wohl verraten möchte, der Verräter,
Der will der Lüge Hässlichkeit versöhnen
Mit Gottes Wahrheit, der vollkommen schönen,
Den sollt zur Züchtigung der Leidenschaften
Ihr in den Kerker schließen und verhaften!
SAINT-CROIX
Wenn der Kapelle Glocken dreimal läuten,
Dann macht euch auf zum Kampf mit Luthers Leuten!
(Auftritt Dominikaner-Mönche)
MÖNCHE
Im Namen Gottes, des Dreifaltigen,
In Jesu Namen, Menschgestaltigen,
In Geistes Namen, allzeit fröhlichen,
Im Namen Unsrer Frau, der Seligen,
Nun mit den Waffen, den gesegneten,
Wie Feuer einst und Schwefel regneten,
Mit Waffen, von dem Geist versiegelten,
Auf, auf zum Kampfe, dem geflügelten,
Und rottet mit des Schwertes Schwere sie
Vollkommen aus, die deutsche Häresie!
PIERRE
Ich muss nun schnell zu meinen Glaubensbrüdern,
Die fromme Liebe ihnen zu erwidern,
Zu warnen sie vor Romas Götzendienern!
Wir sind ein Lazarett von Medizinern.
VALEA
Ach dass mein Schatz in meinen Armen bliebe!
Was will denn Gott von uns als nur die Liebe?
Lass du die Reiche doch den Alexandern
Und den Cäsaren und den tausend andern,
Lass du die Weltgeschichte und ihr Drama
Und diene nur dem Gott der Liebe Kama!
PIERRE
Mich, den die eigne Mutter stets betrübt hat,
Mich, den noch nie ein schönes Weib geliebt hat,
Mich bettest du an deinem jungen Busen,
Willst mitten in dem Kriege mit mir schmusen?
VALEA
Ich, reine Jungfrau, bin kein loses Luder,
Ich liebe dich noch mehr als einen Bruder!
PIERRE
Was sollen mir die Kriege noch der Christen?
Ich bin glückselig nur an deinen Brüsten!
(Glockenläuten.)
VALEA
Ich wickle dich in meine goldnen Locken,
Und meine Brüste seien deine Glocken.
PIERRE
Nein, diese Glocken sind wie die Posaune
Des Weltgerichts, ich rase schon, ich staune,
Ich will für deine jugendliche Liebe
Ein Reich errichten hier im Weltgetriebe,
Ich höre schon die Chöre auf den Stufen,
Ich hör von ferne meine Brüder rufen,
Denn unsre Feinde wollen uns verderben,
Wir aber sind bereit, für Gott zu sterben!
VALEA
Was eilt er doch zur Mannesbrust von Luther,
Verlässt den Busen so der Gottesmutter?
FÜNFTER AKT
1. Szene:
Ballsaal im Hotel in Paris.
KÖNIGIN MARGARETHE
Zur Hochzeit singe mir, o meus Deus,
Das Hymen Hymenäus!
DER KÖNIG
Ich will dich als die reinste Jungfrau rühmen,
O Hymenäus Hymen!
KÖNIGIN
Fern unserm Bett der Dämon Asmodäus,
O Hymen Hymenäus!
DER KÖNIG
Fern bleibe alle Krankheit von Enzymen,
O Hymenäus Hymen!
KÖNIGIN
Die Predigt halte uns Sankt Timotheus,
O Hymen Hymenäus!
KÖNIG
Sein fern die andern Fraun, die anonymen,
O Hymenäus Hymen!
KÖNIGIN
Beichtvater sei mir Pater Eliseus,
O Hymen Hymenäus!
KÖNIG
Was für ein Lärm stört unsre Hochzeitshymne?
Ach Hymenäus - -
(Auftritt Pierre de Cygnet, blutüberströmt, sieht aus wie das Leiden Christi)
PIERRE
O Blut, o Tod, o Nacht von Bartholomäus!
Weh Hymen Hymenäus!
KÖNIGIN
Was ist geschehn, mein Pierre?
PIERRE
Es strömt das Rote Meer!
KÖNIGIN
Hier in Paris vor Ort?
PIERRE
O Terror, Blut und Mord!
KÖNIGIN
Woher die wilde Wut?
PIERRE
Für Christus unser Blut!
KÖNIGIN
Herrscht draußen denn der Krieg?
PIERRE
Verfluchter Katholik!
KÖNIGIN
Es stirbt der Hugenott?
PIERRE
Und fährt hinan zu Gott!
KÖNIGIN
Mein Page, sag, wie sieht es in Paris aus?
PAGE
Auf den Straßen herrscht der Pöbel
Und zertrümmert alle Möbel,
Keiner kann mehr friedlich wohnen,
Bomben donnern und Kanonen,
Die Raketen mit Reflexen,
Wütend heulen wilde Hexen,
Bauern wüten und Proleten,
Mönche wollen nicht mehr beten,
Alle folgen Gottes Affen,
Sie marschieren mit den Waffen,
Wollen im Palaste drinnen
Morden alle Königinnen,
Glauben nicht des Königs Gnade,
Steigt das Blut an ihre Wade,
Achten keinerlei Gesetze,
Jeder jeden nur verletze,
Die vom gelben Westen-Orden
Wollen nun den Herrn ermorden,
Herrschen sollen nun die Massen,
Alle, die den Frieden hassen!
Herrin, daran ist kein Zweifel,
Diesen Mob beherrscht der Teufel!
KÖNIGIN
Sind es denn die Katholiken,
Die wie Rache-Engel fliegen,
Oder sind es Hugenotten,
Die des wahren Glaubens spotten?
PAGE
Katholiken, Protestanten,
Wenig Onkel, viele Tanten,
Die im Hasse sich vermischen,
Die mit Kreuzen, die mit Fischen,
Keiner kann sie unterscheiden,
Alle kann ich sie nicht leiden,
Volk der Ehe, Volk der Orden,
Wie sie sich um Christus morden,
Wie sich morden Kain und Abel,
O Diabolus von Babel!
2. Szene
Friedhof mit protestantischer Kapelle. Pierre de Cygnet, Graf de Nerval und Valea treffen sich in
der Nacht zum Gebet. Auftritt Saint Croix mit einem Schwert.)
SAINT CROIX
Sind hier Hugenotten,
Die den Herrn verspotten?
PIERRE
Hier sind Protestanten,
Die den Herrn erkannten!
SAINT CROIX
Bist du Pierre, der Ketzer?
De Cygnet, der Hetzer?
PIERRE
Ja, ich bin es, Ave,
Ave, Götzensklave!
SAINT CROIX
Beim Marien-Orden
Muss ich dich ermorden!
PIERRE
(sterbend)
Frei von allem Übel!
Jesus und die Bibel!
SAINT CROIX
Sind noch mehr der Sünder,
Luthers Bastardkinder?
DE NERVAL
War ich einst katholisch,
War ich melancholisch.
SAINT CROIX
Bist du abgefallen,
Musst zur Hölle wallen!
DER NERVAL
Fern der Hure Babel
Sterb ich rein wie Abel!
SAINT CROIX
Tod dem Apostaten!
Weh den Freveltaten!
DE NERVAL
(sterbend)
Von dem Schopf zur Wade,
Nur allein die Gnade!
(de Nerval ist tot. Valea, tief verschleiert, wirft sich heulend auf Pierres Leichnam, ein Bild, wie die
Gottesmutter den toten Gottessohn beweint.)
VALEA
Pierre, mein Vielgeliebter,
Allerseits Beliebter!
Atem mein und Leben,
Gott mag mir vergeben,
Was sich hier ereignet!
Nicht hab ich verleugnet,
Wie gelehrt die Oma,
Das Gesetz von Roma,
Bin als Belladonna
Tochter der Madonna,
Doch ich lieb die Tanten,
Onkel Protestanten,
Protestanten-Brüder,
Singen sie die Lieder
Gott allein zu Ehren,
Waffen, sich zu wehren,
Und vor allem lieb ich
Und zutiefst betrüb ich
Über Pierre mich, tot nun,
Schon im Morgenrot nun,
Wir uns wiedersehen,
Wenn wir auferstehen!
SAINT CROIX
Bist du Hugenöttin?
Eine Hurengöttin?
VALEA
Rein ist meine Stirne,
Makellos die Dirne!
SAINT CROIX
Liebst du diesen Buben,
Nieder in die Gruben!
VALEA
Ja, ich lieb den Lieben,
Bin ihm treu geblieben,
Hier mit ihm zu sterben,
Mit ihm Gott zu erben!
SAINT CROIX
Nennst du dich die Pure?
Tod der Deutschen Hure!
(Er ermordet Valea, seine Tochter. In dem Augenblick erkennen sie sich.)
VALEA
Vater! Mich zu morden!
Wollte das dein Orden!
Vater, o wie flocht er
Doch das Haar der Tochter!
Nun mir flieht das Leben,
Vater, will vergeben
Ich dem Mördervater!
Im Sakraltheater
Nun der Vorhang senkt sich
Und der Himmel schenkt sich
Und ich sehe, siehe,
In der Morgenfrühe,
Rechts von dem Messias
Brennt das Herz Marias!
3. Szene:
Am Ufer der Seine.
STIMMEN
Dass das Blut entquölle! -
Offen seht die Hölle! -
Kinder werft ins Feuer! -
Brennt im Fegefeuer! -
Hostien für die Hunde! -
Blute Jesu Wunde!
Gnade kauft mit Geld euch! -
So umarmt die Welt euch! -
Wie im Ritter-Orden! -
Lasst den Feind uns morden!
Deutsche oder Türken? -
Schurken oder Schürken! -
All die Beelzebuben! -
Dirnen, freche Buben! -
Nennen uns den Pöbel! -
Auf, zerschlagt die Möbel! -
Alle wilden Kräfte! -
Klein schlagt die Geschäfte! -
Feuer frisst die Wagen! -
Fenster eingeschlagen! -
Haben keine Seelen! -
Schneidet durch die Kehlen! -
Menschen sinds nicht, Schweine! -
Rein ist die Gemeine!
Nieder mit den Fürsten! -
Wollen nicht mehr dürsten! -
Wollen nicht mehr hungern! -
Nicht herum mehr lungern! -
Wollen nicht mehr betteln! -
Kommt, ihr alten Vetteln! -
Kommt, ihr jungen Huren! -
Folg auf meinen Spuren! -
Kommt, ihr alten Hexen! -
Kommt mit Giftgewächsen! -
Priester kommt, ihr schwulen! -
Knaben kommt zum Buhlen! -
Wir sind gar nicht wenig! -
Nieder mit dem König! -
Wehe euch, ihr Reichen! -
Wir sind unsresgleichen! -
Bauern auf dem Throne! -
König ohne Krone! -
König ohne Schädel! -
Bettler nur sind edel! -
Tod den Königinnen!
Nieder mit dem Minnen!
Lasst uns alle hassen! -
Krieg den Oberklassen! -
Untergang den Welten! -
Überleben Helden! -
Baun wir Paradiese
Ohne alle diese! -
Schreit nur laut, ihr Weiber! -
Zeigt uns nackt die Leiber! - -
(Posaunenstoß. Plötzlich Totenstille. Maximilian, der Lieblingspage der Königin Margarethe tritt
auf.)
(Auftritt der Königin. Sie kommt in einem weißen Thronwagen, von sechs Schimmelstuten
gezogen. In ihrer Krone die Kirche Notre Dame. Sie trägt ein weißes Kleid mit einem goldenen
Gürtel um die Brüste. In ihrer rechten Hand hält sie ein weiße Taube, in ihrer Linken einen
Ölzweig.)
KÖNIGIN MARGARETHE
Nach Hause geht, o Bürgerin und Bürger,
Und bittet Jesus Christus um Vergebung!
Ich bin die reine Königin des Friedens
Und ihr seid alle meine kleinen Kinder!
Die Monarchia ist von Gottes Gnaden
Und Frankreich ist und bleibt Mariens Garten!
(Der Vorhang fällt, die Oper ist zuende. Der Dichter tritt auf die Bühne vor den Vorhang und spricht
die Hymne an Maria mit geheimnisvollen Chiffern.)
HYMNE AN MARIA
(Akrostichon)