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Diplomarbeit
eingereicht von
Lukas Seitner
Graz, 2014
Lukas Seitner 2014
Hiermit bestätige ich, Lukas Seitner, dass die vorliegende Diplomarbeit eigenständig und
ausschließlich von mir verfasst wurde. Zur Erstellung wurden von mir ausschließlich die
angegebenen Quellen verwendet.
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Zusammenfassung
Die Kernthese von konstruktivistischer Pädagogik und Didaktik ist, dass durch
Lernprozesse kein objektives Wissen sondern eine individuelle Repräsentation der Welt
geschaffen wird. Diese subjektiven Wirklichkeiten kommen durch bestimmte
Konstruktionsprozesse zustande, die wiederum von einer Vielzahl von psychologischen
und sozialen Einflüssen gesteuert werden. Wie und was von einem Individuum gelernt
wird hängt von seinem Wissen und seinen Erfahrungen ab. Die Berücksichtigung dieses
konstruktivistischen Ansatzes im Unterricht führt zu speziellen didaktischen Prinzipien, die
sich unter anderem durch die Betonung und Thematisierung dieser konstruktivistischen
Grundannahme im Unterricht auszeichnen.
Durch den Raumbezug der Geographie und Wirtschaftskunde und dem Anspruch diesen
Raumbezug auch grafisch aufzubereiten, spielen kartographische Darstellungsformen wie
z.B. topographische und thematische Karten aber auch Infografiken, die als
kartenverwandt gelten und eine Spezialform von kartographischen Darstellungen sind,
eine wichtige Rolle im GW-Unterricht. In dieser Arbeit wurden nun der Konstruktivismus,
die Kartographie, speziell Karten und Infografiken, unter fachdidaktischen
Gesichtspunkten miteinander verknüpft.
Das Ergebnis dieser Verknüpfung ist eine Diskussion über kartographische
Darstellungsformen in der konstruktivistisch geprägten GW-Didaktik. Die Arbeit beinhaltet
auch eine Anleitung und vor allem das Hintergrundwissen zur Analyse von Karten und
Infografiken im Unterricht.
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Abstract
The main principle of constructive pedagogic and didactic, imply that the individual
representation of the world is made by the subject. These subjective realities are made by
specific constructing processes, which at least are controlled by a multitude of social and
psychological influences. The way an individual learns is depending on his knowledge and
experience. There are special didactic principles, if you are considering the constructing
approach and they are distinguished by the emphasis of the constructing core assumption.
Topographic, thematic maps and infographics, which is an important display format of
cartographic representations, are necessarily a claim for the subject „Geography and
Economics“ to concentrate on local and spatial sourcing.
This thesis is linking up constructivism, cartography, especially maps and infographics,
under didactic aspects (viewpoints). The discussion about cartographic formats in the
constructivistic embossed „Geographiy and Economics“ didactic, is a result of this
combination. This paper is including an instruction and the know-how to analyze and work
with maps and infographics in class.
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Abbildungsverzeichnis
(Thaller; o.J.)
Abb.17: Der Süden – abgeschnitten von Geld- Waren- und Touristenströmen (Le monde
diplomatique 2007)
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Tabellenverzeichnis
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Inhaltsangabe
1 Einleitung 8
1.1 Ausgangslage und Zielsetzung 9
1.2 Forschungsfragen und Zielgruppe 10
1.3 Methoden und Vorgehensweise 11
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1 Einleitung
Das Interesse für Infografiken und andere kartographische Darstellungsformen kommt aus
meinem Bachelorstudium der Geographie, dass ich zusätzlich zum Lehramtsstudium
absolvierte. Im Rahmen des Bachelorstudiums besuchte ich zahlreiche
Lehrveranstaltungen zum Thema Kartographie und auch Infografik und konnte dabei einen
tieferen Einblick in den Herstellungsprozess von kartographischen Darstellungsformen
gewinnen. Die Regeln und Kriterien zur Erstellung von Kartenwerken interessierten mich
dabei allerdings weniger als „Kartograph“, der diese Regeln zur Erstellung von Karten
nutzt, sondern vielmehr als zusätzliche Information zum Karteninhalt und dessen
Entstehung.
Das Ziel dieser Arbeit ist es einen Überblick über Konstruktivismus, kartographische
Darstellungsformen und Infografik im Rahmen der GWK-Didaktik zu geben und diese drei
Aspekte unter didaktischen Gesichtspunkten sinnvoll miteinander zu verbinden. Es sollen
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dabei aber nicht primär konkrete didaktische Anleitungen erarbeitet werden sondern eine
theoretische Betrachtung den Einsatz dieser Medien motivieren und begründen. Konkrete
Unterrichtsmethoden zu erarbeiten und in dieser Diplomarbeit vorzustellen würde den
Rahmen dieser Arbeit sprengen.
Um der Recherche zu dieser Arbeit eine Richtung zu geben und das Untersuchungsgebiet
abzustecken wurden drei Leitfragen formuliert, deren Beantwortung das Ziel dieser Arbeit
ist.
2. Welche Kompetenzen und Fähigkeiten der SchülerInnen werden durch den Einsatz von
kartographischen Darstellungsformen geschult?
Ein wesentlicher Teil dieser Arbeit ist es auch Informationen zum Gestaltungsprozess von
Karten und Infografiken auszuarbeiten und kompakt bereitzustellen. Diese
Hintergrundinformationen sollen zu einem besseren Verständnis der dargestellten
Informationen auf Karten und Infografiken beitragen und bilden die Basis für deren Einsatz
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Der Aufbau der Arbeit entspricht im wesentlichen meinem Vorgehen bei der Erarbeitung
des Themas. Nachdem der Titel festgelegt und ein grobes Konzept erstellt war,
konzentrierte ich mich zunächst auf den Konstruktivismus und dessen didaktische und
pädagogische Grundannahmen. Im Rahmen des Lehramtsstudiums wird dieses Thema
nur am Rande behandelt und so hatte ich ein gewisses Wissensdefizit auf diesem Gebiet.
Die Ergebnisse dieser Beschäftigung sind in Kapitel 2 zu finden.
Mein nächster Schritt war es die Rolle, die die Kartographie in der Geographie spielt
genauer zu hinterfragen und im Zuge dessen auch den Begriff des Raumes näher zu
beleuchten. Um die theoretischen Voraussetzungen für die Beantwortung der Leitfragen
zu vervollständigen war es dann auch nötig kartographische Darstellungsformen
insbesondere Karten und Infografiken genauer zu betrachten. In Kapitel 3 sind die
Ergebnisse dieser Arbeit zusammengefasst.
In Kapitel 4 werden die konstruktivistischen Betrachtungen aus Kapitel 2 und die
kartographischen Ausführungen aus Kapitel 3 zusammengeführt.
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In diesem Kapitel soll zunächst ein Überblick über den Konstruktivismus gegeben werden.
Dabei werden die wesentlichen konstruktivistischen Grundannahmen besprochen, die sich
ausgehend von der Philosophie auch auf andere Wissenschaftsbereiche wie die
Psychologie, Pädagogik, Didaktik, aber auch auf Naturwissenschaften wie die Physik
übertragen lassen. Neben einer Begriffsbestimmung wird auch ein kurzer historischer Teil
die Entwicklung dieser Denkschule und deren wichtigste Vertreter behandeln. In Kapitel
2.2. und 2.3 werden die Auswirkungen des konstruktivistischen Weltbildes auf die
Lernpsychologie und somit auf die Pädagogik und Didaktik besprochen. Dabei werden
kurz die wichtigsten Vordenker dieses Ansatzes wie Jean Piaget und John Dewey
behandelt und in weiterer Folge ein Schwerpunkt auf die Arbeit von Kersten Reich gelegt,
der mit der Entwicklung seiner Beziehungsdidaktik, die auf dem Konstruktivismus aufbaut,
wohl einer der wichtigsten aktuellen Vertreter in diesem Bereich im deutschsprachigen
Raum ist.
Im letzten Unterkapitel (2.3) werden die konstruktivistischen Lerntheorien in die aktuelle
GWK-Didaktik integriert und es soll herausgearbeitet werden, dass die Geographie als
Systemwissenschaft sehr stark von Konstruktivismus beeinflusst ist und auch die
Aufgaben des „Geographiedidaktikers“ durch die konstruktivistischen Denkweisen neue
Aspekte erhalten.
Als Einstieg in das Thema des Konstruktivismus möchte ich eine Aussage von Arthur
Schopenhauer zitieren, der als Schüler von Immanuel Kant eine eigene philosophische
Position, den „subjektiven Idealismus“ entwarf und dabei schon einige konstruktivistische
Ansichten vertrat.
„Bei gleicher Umgebung lebt doch jeder in einer anderen Welt.“
(Schopenhauer, 1924)
In diesem Satz steckt bereits einer der wesentlichen konstruktivistischen Ansätze die
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diese Denkschule von anderen unterscheidet. Jeder Mensch lebt in einer „anderen“ Welt,
die zwar ursprünglich objektiv gleich für alle Menschen scheint (oder doch nicht?) aber von
jedem Individuum aufgrund seiner Erfahrungen und Erlebnisse und seiner speziellen Art
der Wahrnehmung anders erlebt wird (Neubert et al.; o.J).
Jeder Mensch konstruiert sich also seine eigene Wirklichkeit, die von seinen
Vorerfahrungen abhängig ist.
2.1.1 Einleitung
Das obige Zitat bezieht sich auf eine der wichtigsten Grundaussagen des
Konstruktivismus. Das Subjekt gilt im Konstruktivismus als alleiniger Urheber seines
Wissens und seiner Konstruktion der Wirklichkeit (Gudjons; 1999; S.47). Konstruktivismus
steht dabei aber nicht für eine einheitliche Theorie aus einer bestimmten Sparte der
Wissenschaft sondern für eine in verschiedenen Kontexten verwendete Auffassung der
menschlichen Erkenntnis und kann somit in verschiedenen Wissenschaften „angewandt“
werden. Konstruktivismus ist somit eher als Diskurs oder Diskussionszusammenhang zu
werten (Lindemann; 2006; S.13). In diesem Kapitel soll nun diese Erkenntnistheorie
genauer betrachtet werden, der Begriff Konstruktivismus soll von anderen philosophischen
Denkschulen abgrenzt werden. Diese Beschreibung ist meine Konstruktion des
Konstruktivismus und somit die weitere Grundlage aller später gemachten Überlegungen.
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Im Rationalismus argumentiert man hingegen so, dass durch das Wissen des Einzelnen
eine Annäherung an die Realität möglich ist und es somit eine klare Trennung zwischen
dem erkennenden Subjekt und dem erkannten Objekt gibt Dies wird als rationalistischer
Dualismus bezeichnet (Lindemann; 2006; S. 19). Dies entspricht dem klassischen Bild der
Wissenschaft, das nicht zuletzt aufgrund von Forschungen im Bereich der Quantenphysik
unhaltbar geworden ist. Werden Experimente im mikroskopischen, also
quantenmechanischen Bereich durchgeführt, beeinträchtigt der/die BeobachterIn ganz
entscheidend das Ergebnis der Messung (Fließbach; 2000; S. 55) Letztlich erhält das
beobachtete Quantenteilchen erst durch die Messung die zu messende Eigenschaft. Der
Experimentator konstruiert also nicht nur das Experiment an sich sondern auch die zu
messenden Daten, durch die Wechselwirkung mit dem System, das er untersucht. Die
gemessene Eigenschaft liegt in einem quantenmechanischen System immer als
„Mischung“ von Zuständen vor, ob das System die gemessene Eigenschaft aber auch
ohne die Messung besitzen würde, lässt sich weder aus einem konstruktivistischen
Standpunkt noch aus physikalischer Sicht beantworten. (vgl. Aigner; 2012 und Dürr; 2013;
S. 62f)
Im weiteren wird also von einem skeptischen Standpunkt aus argumentiert. Der Dualismus
des Erkennens der objektiven Welt durch den/die Betrachter wird dabei kritisiert und man
geht im Skeptizismus davon aus, dass Wissen eines Einzelnen stets als subjektives
Wissen gesehen wird und dadurch der Blick auf die tatsächliche ontische Wirklichkeit
„verstellt“ wird. Ein Erlebender ist also durch die Art seiner Wahrnehmung nicht in der Lage
festzustellen, ob das, was er erlebt, mit einer von ihm unabhängigen Wirklichkeit
übereinstimmt (Glasersfeld et al; 1985; S.1).
Der Mensch fungiert also als Schöpfer von Wissen und nicht als Individuum, das sich von
der objektiven Welt Wissen aneignet, welches bereits existiert. Am Ende ist also alles das,
was ein Subjekt über die Welt wissen kann, subjektiv und das Verhältnis von Objekt zu
Subjekt wird auf eine reine Subjektivität reduziert. Damit grenzt sich der Konstruktivismus
von anderen philosophischen Richtungen, wie z. B. dem kritischen Rationalismus von Karl
Popper ab. (vgl. Lindemann; 2006; S.21 und Gudjons; 1999; S.47)
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Zusammenfassend kann der Konstruktivismus als Denkschule angesehen werden die sich
folgende zentrale Denkfiguren aufweist:
1. Der Konstruktivismus setzt sich mit dem Vorgang des menschlichen Erkennens,
Denkens und Urteilens auseinander. Dabei werden diese Vorgänge aber nicht
getrennt von dem/der BeobachterIn gesehen, sondern als integraler Teil der
Wissensaneignung. Die Interaktionen zwischen der Erkenntnis und dem Erkanntem
werden thematisiert. (vgl. Simon 2006; S. 12)
2. Die Existenz einer absoluten Wahrheit muss verworfen werden, da diese niemals
betrachtet werden kann. Es handelt sich um eine Wahrnehmung der Welt (Thissen;
o.J.; S.6).
3. Durch die Vielzahl an Individuen, die sich Wissen aneignen, existieren ebenso viele
subjektive Weltbilder. Es existieren aber Möglichkeiten zur Bewertung der eigenen
Wirklichkeiten (Thissen; o.J.; S.8).
4. Das erkennende Subjekt ist in der Lage seine eigenen Erkenntnisabläufe zu
reflektieren, dies führt zu autopioetischen/ selbstreferentiellen Individuen, die ihre
Erkenntnisprozesse steuern und anpassen können und als Zusammenwirken von
verschiedenen Systemkomponenten verstehen.
5. Die strenge Kausalität (Ursache vor Wirkung) wird in diesen Systemen
abgeschwächt, als Regulationsmechanismen fungieren zirkuläre Abläufe und
wechselseitige Interaktionen (Rückkoppelungen) (Reich; 2008; S. 37)
Holger Lindemann und Heinz von Förster orten erste Anzeichen konstruktivistischen
Denkens bereits im 5. und 6. Jahrhundert vor Christus bei den Sophisten im antiken
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Griechenland. Protagoras von Abdera, Demokrit, Xenophanes und andere haben in ihren
Schriften bereits die Problematik der subjektiven Wahrnehmung und den damit
verbundenen Schranken des Wissens beschrieben. (Lindemann; 2006; S.21 und
Glasersfeld et al.; 1985; S.1)
Diese skeptische Tradition setzt sich bei Descartes fort, der zwar ursprünglich genau das
Gegenteil, nämlich den Beweis für sicheres Wissen, anstrebte, letztlich aber nur eine
sichere Aussage tätigen konnte, nämlich „cogito ergo sum“, ich denke also bin ich. Oder
wie von Glasersfeld allgemeiner formuliert „...fraglos sicher ist für den Erlebenden nur, daß
er erlebt.“ (Glasersfeld et al.; 1985; S.2)
Eine Fortsetzung dieser Gedanken findet sich bei Berkeley und Hume, die zunächst die
Eigenschaften der Wirklichkeit, also Masse, Form, Zahl usw. und später das Ursache-
Wirkungsprinzip als Konstruktion der Menschen entlarvten. Auch Immanuel Kant, der in
seinem Werk „Kritik der reinen Vernunft“ die Möglichkeit einer unverfälschten rationalen
Erkenntnis bestreitet, kann als Vordenker des heutigen Konstruktivismus verstanden
werden (Glasersfeld et al.; 1985; S.3). Spinnt man diese Gedanken an der Kritik der
Wahrnehmung weiter, kommt man an den Punkt, wo die Realität an sich angezweifelt wird.
Im Solipsismus wird gar die Existenz einer Welt außerhalb der eigenen Wahrnehmung
bestritten.
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Neben dieser radikalen Ausprägung des Konstruktivismus die aus den Theorien Jean
Piagets entstanden ist (siehe Kap. 2.2.1), gibt es auch einen gemäßigten Zugang zum
konstruktivistischen Ansatz, den Erlanger (methodischen) Konstruktivismus. Die Anhänger
dieser Richtung setzen die Existenz einer ontischen Wirklichkeit voraus (im Gegensatz
zum radikalen Konstruktivismus), bleiben aber auf dem Standpunkt, dass es für einen
Beobachter, nicht möglich ist diese Wirklichkeit zu erkennen (Lindemann; 2006; S.23)
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Die Frage nach der Existenz und der Beschaffenheit der Realität lässt sich also nicht
zweifelsfrei klären. Diese Erkenntnis muss aber nicht unbedingt negativ gedeutet werden.
An die Stelle der ontischen Realität rückt der Begriff der Wirklichkeit(en), also der von
Subjekten konstruierten Abbildern ihrer Sinneswahrnehmungen (Lindemann, 2006, S.26).
Jedes Individuum und die Gesellschaft selbst entwirft somit ihre eigenen Wirklichkeiten. In
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Die Kommunikation ist dabei die Verbindung zwischen der eigenen Wahrnehmung und
dem sozialen Handeln, wobei die Art und Struktur der Kommunikation abhängig von der
Sprache ist und somit kulturell vorgegeben wird (Siebert; 2005; S.24). Im Rahmen dieser
Kommunikation findet das Lehren und Lernen, also die Aneignung von neuem Wissen, zur
Eröffnung neuer Handlungsmuster statt. Dies wird auch als Sozialisation bezeichnet und
findet zumindest teilweise institutionalisiert in öffentlichen Schulen statt. Wird der Prozess
des Lernens nun als Konstruktion von Wirklichkeit verstanden, ergeben sich daraus auch
ganz konkrete Konsequenzen für die Pädagogik und Didaktik. Diese Konsequenzen sollen
in dieser Arbeit speziell im Bezug auf das Unterrichtsfach Geographie und
Wirtschaftskunde behandelt und besprochen werden, wobei die Anwendung von
kartographischen Darstellungsformen wie Infografiken und Karten zur Unterstützung der
Konstruktion individueller „Geographien“ im Mittelpunkt stehen.
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Lindemann (2006; S. 28f) ergänzt die Viabilität durch weitere Aspekte und erhält
insgesamt vier Wirklichkeitskriterien die in der Tabelle 1 dargestellt sind:
Wahrnehmungs- Erfahrungen bestimmen was der Mensch wahrnimmt, Sehr subjektives Kriterium;
Erfahrung unwichtiges wird nicht wahrgenommen. Etwas ist also bestimmt zunächst nur was
dann wirklich, wenn es aufgrund seiner wahrgenommen wird!
Wahrnehmungserfahrung wahrgenommen wird.
Plausibilität und Vergleich von aktuell wahrgenommenen mit bereits Weniger subjektiv; das
Konsistenz gemachten Erfahrungen im Bezug auf die Plausibilität Wahrgenommene wird
und Konsistenz der Wahrnehmung. Als plausibel und eingeschätzt und bewertet. Neue
konsistent erscheint ein Aspekt insbesondere dann wenn Erfahrungen entstehen
er nicht im Widerspruch mit anderen bereits bekannten
Aspekten steht.
Viabilität Handlungs- und Denkstrategien werden nach deren Orientierung an der Gesellschaft;
Erfolg mit anderen Handlungen/Denkstrategien Erfahrung wird im sozialen Kontext
verglichen. Viabilität ist stets subjektiv und meint keine überprüft
absolute Wertung.
Generalisierbarkeit Eine Handlung oder eine Erfahrung erweist sich als Gesellschaftliches Krit.; stärkstes
wiederholbar (auch für andere) bzw. nimmt man wahr, Kriterium für Wirklichkeit
dass auch andere Individuen ähnliche Erfahrungen
gemacht haben. Die Erfahrungen sind also
generalisierbar und in einem sozialen Kontext hilfreich.
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Betrachtung verlieren Lerntheorien die Lernen als Abbildung von Wissen oder Aneignung
von Wissen verstehen an Bedeutung. (vgl. Neubert et al.; o.J.)
Die Rolle des/der Lehrers/Lehrerin bekommt dadurch ebenfalls einen neuen Stellenwert
und „zwingt“ ihn/sie in die Rolle eines „Lerncoaches“ (siehe auch 2.3.2) der einen aktiven
selbstbestimmten Lernprozess der SchülerInnen unterstützt und diesen nicht lenkt.
Manche AutorInnen konstruktivistischer Pädagogik- bzw. Didaktikwerke bezeichnen
lehrerzentrierten Unterricht sogar als größte Gefahr für den Erfolg von Lernprozessen. Im
folgenden Abschnitt 2.2.1 sollen nun einige konstruktivistische Lerntheorien genauer
besprochen werden. In den Kapiteln 2.2.2 und 2.2.3 wird versucht die Arbeit von Kersten
Reich einem der führenden deutschen Pädagogen näher zu beleuchten.
Zunächst soll aber der Begriff des Lernens und der Lerntheorien noch genauer betrachtet
werden. Bower/Hilgard (1983; S.31) definieren Lernen als „die Veränderung im Verhalten
oder im Verhaltenspotential eines Organismus in einer bestimmten Situation, die auf
wiederholte Erfahrungen des Organismus in einer bestimmten Situation zurückgeht...“ .
Lernen ist, anders als Erziehung, ein neutraler Begriff, der sich lediglich auf die
Veränderung von Zuständen bezieht, aber nicht auf eine Verbesserung. Im Lauf der
Geschichte gab es viele mehr oder weniger erfolgreiche und einflussreiche Versuche,
Kenntnisse über das Lernen zu systematisieren und spezielle Lerntheorien abzuleiten.
Nach Gudjons (2004; S.214) , lassen sich diese Theorien in zwei Typen einteilen:
Behavioristische oder assozionistische Lerntheorien, die den Organismus als eine Art
Computer betrachten, in dem das Kausalitätsprinzip gilt. Reize werden mehr oder weniger
direkt in Wissen/Verhalten umgewandelt. Vertreter dafür sind zum Beispiel: Iwan P.
Pawlow mit seiner Theorie zur klassischen Konditionierung.
Kognitive Theorien, die auch soziale Lernprozesse und Handlungen mit einschließen
gehören zum zweiten Typ. Der Mensch wird dabei als „reflexiv-epistemologisches Subjekt“
betrachtet. Lernen wird dadurch von einer Kopie des präsentierten zur aktiven Aneignung
der Umwelt. Diese Tendenzen haben sich in den letzten Jahrzehnten verdichtet und eine
kognitive Wende des Lernens ist erkennbar.
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Der Konstruktivismus und seine Lerntheorien gehören der zweiten Kategorie an,
wenngleich die persönliche Erfahrung des Lernenden im Vordergrund steht und als
Ausgangspunkt eines Lernprozesses betrachtet wird. Ein zentraler Unterscheidungspunkt
zu anderen kognitiven Lerntheorien, die in allen folgenden konstruktivistischen
Lerntheorien wiederzufinden sind, ist die Rolle des/der LehrerIn, die sich von einer
Wissens vermittelnden und strukturierenden Rolle zu einer begleitenden Rolle wandelt.
An der oben erwähnten kognitiven Wende des Lernens, waren einige Vordenker des
Konstruktivismus maßgeblich beteiligt. Diese Vordenker entwickelten ihre Theorien meist
noch nicht unter dem „Label“ des Konstruktivismus, haben aber den Weg zu heutigen
Theorien bereitet. Als einer der wichtigsten Vertreter gilt Jean Piaget (1896-1980). Für
Piaget ist die Verbindung zwischen Denken und Handeln ein entscheidender Faktor beim
Lernen. Die direkte Interaktion, das Handeln des Individuums mit den Gegenständen des
Lernens, sei verantwortlich für die Produktion von Erkenntnis und ermögliche somit auch
die Ausbildung neuer Denk- und Handlungsstrategien (Gudjons; 1999; S. 125).
Nach Piaget durchwandert ein Individuum eine bestimmte Abfolge von Entwicklungsstufen
und entwickelt dabei bestimmte Schemata, die ihm zur Bewältigung des Lebens behilflich
sind. Jean Piaget hat in diesem Zusammenhang zwei Begriffe geprägt:
Assimilation steht für ein Schema der Ableitung von Regeln aus den Erfahrungen und
Wahrnehmungen des Individuums. Anders formuliert, es werden
Ereignisse/Beobachtungen aus der Umwelt in das individuelle Handeln eingebaut,
strukturiert und gedeutet. Es findet sozusagen ein Abgleich der eigenen Erfahrungen mit
den Eindrücken aus der Umwelt statt, diese Eindrücke werden aufgrund der eigenen
Erfahrungen gedeutet und die Beobachtungen mithilfe des Wissens beschrieben. Die
Struktur der wahrgenommenen Umwelt wird an die eigenen Wirklichkeiten angepasst.
Akkomodation ist die Anpassung des Subjekts an eine gewisse Situation. Der Unterschied
zur Assimilation liegt also darin, dass nicht die Umwelt einem bereits entwickelten Schema
angepasst wird, sondern genau umgekehrt wird das Schema an die Umwelt angepasst.
(vgl.Gudjons; 1999; S. 125 und Reich; 2008; S.72)
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Piaget beschreibt das Lernen als Abfolge von Assimilation und Akkomodation, dabei
werden die Schemata zur Bewältigung des Lebens ständig erweitert und verfeinert. Das
Ziel bzw. der Antrieb dabei ist die Suche nach einer sog. Äquilibration. Tauchen
Widersprüche oder Konflikte im Gelernten auf werden diese durch die Prozesse der
Assimilation und Akkomodation (Überbegriff: Adaption) beseitigt und ein
Gleichgewichtszustand kann erreicht werden. Umgekehrt bedeutet dies, dass ein solches
Lernproblem erst den Anstoß gibt Neues zu lernen. (Gudjons; 1999; S.125) In Abbildung 2
ist die Theorie von Piaget übersichtlich dargestellt.
Ähnliche Erkenntnisse hatte Lew S. Wygotzky (1896-1934). Er betont dabei aber viel
stärker die soziale Komponente des Lernens, also die kulturelle Lernumwelt des Subjekts
während Piagets Erkenntnisse stärker subjektorientiert sind. Wygotzky argumentiert, dass
den SchülerInnen Lernangebote gemacht werden müssen die diese in ihrer direkten
Umwelt betreffen um somit einen Anschluss an die eigene Lebenswelt zu gewährleisten.
Nur dadurch ist Unterricht konstruktiv wirksam, Nachahmung und Reproduktion von
Wissen führen nicht zu konstruktivem Lernen. (vgl. Reich; 2008; S. 73 und Stangl; 2012)
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Zuletzt soll hier noch die pragmatische Theorie von John Dewey beschrieben werden.
Seine Theorien gelten als Wegbereiter der heutigen selbstbestimmten und selbsttätigen
Reformpädagogik. „Der pragmatische Ansatz John Deweys sieht menschliche
Erfahrungen als eine Vermittlung von erfahrenen (experienced) und erzeugten (processes
of experiencing) Handlungen, wobei im Handeln Wissen aufgebaut und interaktiv durch
ein untersuchendes, neugieriges, experimentierendes Verhalten konstruiert wird“ (Reich;
2008; S. 71) Für den pädagogischen Konstruktivismus sind diese Erkenntnisse besonders
wichtig. Lernen wird als aktiver Prozess beschrieben und an konkrete Aktionen bzw. die
Lebenswelt der Lerner gekoppelt. Daraus lässt sich eine Notwendigkeit zu einer
Schulreform ableiten und aktuelle Forschung auf diesem Gebiet beziehen sich auf Deweys
Arbeiten (Reich; 2008; S. 71).
Wie bereits am Anfang des Kapitels 2.2 beschrieben, ist die Rolle des Lehrers/der Lehrerin
in der konstruktivistischen Pädagogik eine andere als in anderen Lerntheorien wie dem
Behaviorismus oder Kognitivismus. Die Unterschiede zu diesen Theorien und die
Besonderheiten des Verhältnisses von LernerIn zu LehrerIn sollen nun behandelt werden.
Durch die Annahme, dass Wissen subjektiv und nach den Regeln und Erfahungen eines
Individuums kreiert bzw. konstruiert wird, ergeben sich „neue“ Aufgaben für die
Lehrperson. Eine lehrerInnenzentrierte Unterrichtsgestaltung, in der Inhalt und Methoden
von dieser gesteuert werden steht somit im Widerspruch zur Konstruktion der Wirklichkeit
des Individuums. An die Stelle der Vermittlungsperspektive tritt die
Konstruktionsperspektive (Siebert; 1999; S. 35).
Im radikalen Konstruktivismus geht man sogar so weit, dass ein Individuum nicht durch
Instruktion eines anderen lernen kann und diese Instruktion somit sinnlos ist. Diese
Annahme würde das System Schule stark beeinflussen und steht bis zu einem gewissen
Grad auch im Widerspruch mit den täglichen Erfahrungen von LehrerInnen und
LernerInnen. Auch berühmte (und umstrittene) Theorien zur Wirksamkeit von Unterricht
wie die Metastudie von Hattie „Visible Learning“ aus dem Jahr 2009, worin direkte
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Ein gemäßigter Standpunkt, der auch in weiterer Folge als Grundannahme für diese Arbeit
dient, kann folgendermaßen formuliert werden. Instruktion und Konstruktion existieren in
der Schule nebeneinander/gleichzeitig. Die Lehrperson instruiert durch ihre Art und Weise
der Aufbereitung des Unterrichtsgegenstandes und gleichzeitig konstruieren die
Schülerinnen und Schüler ihre eigene Wirklichkeit. Die Lehrkraft wird dadurch zum Teil
eines Systems, welches durch zirkuläre Prozesse, Wechselwirkungen zwischen den
Akteuren/den Akteureninnen und deren Erwartungen beeinflusst wird. Die Rolle der
Lehrperson entfernt sich dadurch von der Rolle des/der
„Wissensexperten/Wissensexpertin“, der/die den Lernprozess organisiert und steuert
(Siebert; 1999; S. 34).
Maturana und Varela haben den Begriff der Perturbation geprägt und beschreiben damit
die Rolle des Lehrers/der Lehrerin als „Anreger“ von Lernprozessen. Lernende Systeme
sind durch ihre Struktur und ihre autopoeitischen Züge, nicht durch ihre Umwelt
motivierbar, sondern nur perturbierbar (Siebert; 1999; S. 38). Das bedeutet, dass
Lernprozesse durch die Lehrperson zwar angeregt werden, aber nicht ausgelöst und
gesteuert werden können.
„Wir wollen damit darauf hinweisen, dass der Wandel, der aus den Interaktionen zwischen
den Lebewesen und seiner Umgebung resultiert, zwar von einem perturbierenden Agens
hervorgerufen wird, aber von der Struktur des pertubierten Systems determiniert wird.
(Maturana/Varela; 1987; S. 106) Pädagogisch interpretiert bedeutet dies, dass es einen
direkten und nicht-trivialen Zusammenhang zwischen dem lernenden System und der
Lehrperson gibt und ein Lernprozess zwar von diesem ausgelöst wird aber der Verlauf und
auch Erfolg des Lernens durch die Struktur des Systems festgelegt ist. Die Rolle der
Lehrperson als WissensvermittlerIn, wird somit durch die Thematisierung und das
Bewusstmachen von Lernprozessen einer Gruppe oder eines Individuums ergänzt. Der
Lerninhalt wird also nicht mehr auf das Behalten und Reproduzieren von Wissen
beschränkt.
Diese konstruktivistische Lehr-Lern-Auffassung steht meiner Meinung nach im
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Widerspruch mit den aktuellen Verhältnissen an den Schulen Österreichs, wo meist eine
traditionelle Lehr-Lern-auffassung gepflegt wird.
Zur Umsetzung dieser konstruktivistischen Sichtweise des Lehrens im großen Stil ist ein
Paradigmenwechsel bei PolitikerInnen, LehrerInnen, SchülerInnen, Eltern oder besser
gesagt allen beteiligten AkteurInnen nötig, der eine weitreichende Umstrukturierung des
Schulsystemes mit sich bringen würde. Konstruktivistische Pädagogik vertritt somit
Reformpädagogische Ansätze im Sinne einer Schule die einen Rahmen für effektives
Lernen schafft, und den/die LehrerIn dabei als „Lerncoach“ sieht, der/die LernerIn auf
seinen Weg begleitet statt ihn zu lenken und zu führen.
Zum Abschluss dieses Kapitels ein Zitat von Siebert (1999; S.41/42), das die bisherigen
Ausführungen noch einmal verdeutlichen und zusammenfassen soll:
„Lehre im konstruktivistischen Sinn ist mehr als Wissensvermittlung und Moderation von
Diskussionen. Lehre ist Gestaltung von anregenden Lernumgebungen, Lehre ist Wechsel
der Beobachtungsperspektiven, Lehre ist Bereitstellung von Lernmaterialien für
unterschiedliche Lernkanäle, Lehre ist die Schaffung von sozialen Situationen, in denen
von und miteinander gelernt wird, Lehre ist auch Beobachtung zweiter Ordnung, das
heißt, die Beobachtung, wie Lernende ihre Wirklichkeiten konstruieren, wie sie ihren
Lerninhalt definieren. Lehre ist ferner die Fokussierung von Aufmerksamkeiten auf
Vergessenes, Vernachlässigtes. Lehrende können aber auch motivieren und begeistern
durch die Art und Weise, wie sie ein Thema verkörpern.“
Die Didaktik versteht sich als Theorie zur Vorbereitung, Durchführung, Bewertung und
Analyse von Lehren und Lernen und den damit verbundenen Prozessen. Der
konstruktivistische Ansatz der Didaktik betont dabei die Handlungsorientierung dieser
Lehr- und Lernprozesse, Wissen werde stets in Handlungen erworben. Instruktion ohne
aktive Konstruktion durch die LernerInnen führt nicht zum Erfolg (Reich; 2012; S.142).
In diesem Kapitel werden nun die wichtigsten didaktischen Ansätze des Konstruktivismus
im Allgemeinen und in weiterer Folge im Hinblick auf das Fach Geographie und
Wirtschaftskunde besprochen.
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Im folgenden Kapitel sollen nun die didaktischen Überlegungen von Kersten Reich kurz
beschrieben werden. Als einer der führenden konstruktivistischen Didaktiker im
deutschsprachigen Raum hat er in zahlreichen Veröffentlichungen seine Positionen
erläutert. In seinem Buch Konstruktivistische Didaktik präsentiert er vier praktische
Zugänge zudiesem Themenbereich. „Learning by doing“ und das Verständnis von
„Didaktik als Handlung“ stehen dabei im Mittelpunkt (Reich; 2012; S.137). Didaktik als
Handlung nach Kersten Reich beinhaltet dabei drei wesentliche Lehr-Lernprozesse, drei
Handlungsebenen, auf denen diese stattfinden, drei Rollen, die DidaktikerInnen
einnehmen können, und eine didaktische Reflexionsperspektive, die zur
Handlungsreflexion dienen soll. (ebd.) Reich spricht die Rolle des Didaktikers nicht nur der
Lehrperson zu sondern auch den Lernenden. Durch die Forderung nach Selbsttätigkeit,
Selbstbestimmung und Selbstverantwortung des/der Lernenden ergibt sich eine
Didaktisierung des eigenen Lernens.
Die Konstruktion, Rekonstruktion und Dekonstruktion von Wissen und Wirklichkeiten sind
die drei zentralen Perspektiven und somit die Eckpfeiler didaktischen Handelns in einer
konstruktivistischen Pädagogik (Reich; 2005; Kapitel 5).
Diese drei Handlungsebenen lassen sich auch als die drei wesentlichen didaktischen
Prozesse beschreiben, und Lehrende wie Lernende sollten bewusst auf diesen drei
Ebenen arbeiten können (Reich; 2012; S. 137).
Konstruktion: Reich plädiert für eine konstruktive Ausrichtung des Unterrichts in Schulen,
sowohl was den Inhalt betrifft als auch die gewählten Sozialformen. Lernen als Handlung
bedeutet dabei selbst zu erfahren, selbst auszuprobieren, zu untersuchen und zu
experimentieren. Selbstbestimmung des/der Lernenden ist in diesem Zusammenhang der
Schlüssel für andauerndes Behalten und die Möglichkeit und den Willen verschiedene
Lernpositionen einzunehmen. Aus dem hohen Grad an Selbstbestimmung ergibt sich ein
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hoher Selbstwert der Lernenden. Die Beziehungsebene muss von zentraler Bedeutung
sein und genauso thematisiert werden wie die inhaltliche Ebene. Konstruiert werden also
nicht nur der Inhalt, sondern auch die sozialen Abläufe/Routinen, die zu einem
wertschätzenden und offenen Umgang miteinander führen. Der Leitgedanke der
Konstruktion von Wissen lautet: „Wir sind die Erfinder unserer Wirklichkeit.“
Rekonstruktion: Das Grundmotiv der Rekonstruktion lautet: „Wir sind die Entdecker
unserer Wirklichkeit.“ Anders als bei der Konstruktion, wo das Erfinden von Wirklichkeiten
im Zentrum steht, geht es nun darum zu entdecken. Die Lernenden entdecken ihre
Wirklichkeit und müssen dabei anerkennen, dass die meisten Dinge bereits von anderen
vor ihnen entdeckt wurden. Inhalte, die in der Schule thematisiert werden, sind meistens
Teil eines Fachgebiets und somit bereits von anderen Menschen entdeckt worden. Die
Konstruktion und Rekonstruktion von Wissen erfolgt dabei parallel und die Frage, wie das
Wissen, das von uns (re)konstruiert wird und bereits von anderen konstruiert wurde,
damals zustande kam, bildet einen wesentlichen Teil des Lernens. An die Stelle der
Selbstbestimmung tritt bei der Rekonstruktion, die Selbsttätigkeit, da die
Selbstbestimmungsmöglichkeiten des/der Lernenden noch beschränkt sind.
Dekonstruktion: Das dritte Motto der Lernperspektiven lautet: „Es könnte auch anders
sein! Wir sind die Enttarner unserer Wirklichkeit.“ Unter Dekonstruktion versteht Reich also
einerseits das Anerkennen und bewusst Machen, dass die (re)konstruierten Inhalte
lediglich einer Konstruktion der Wirklichkeit entsprechen und somit subjektiv sind.
Andererseits aber auch das aktive Hinterfragen dieser Inhalte, auch in Bereichen die trivial
wirken, um letztlich ein tieferes Verständnis zu erhalten. Der/die DidaktikerIn ist also
kritisch, sowohl was das konstruierte Wissen anderer betrifft als auch seinem eigenen
Wissen gegenüber.
Daraus lassen sich zwei didaktische Rollen bzw. Positionen ableiten, die Rolle des/der
Selbstbeobachters/Selbstbeobachterin, der/die in einer Gruppe in der Lage ist sein
eigenes Handeln kritisch zu hinterfragen und so Verbesserungen in der Zusammenarbeit
mit der Gruppe zu ergründen.
Demgegenüber steht die Fremdbeobachtung, die es dem Individuum in der Gruppe
ermöglicht, sich in andere hineinzuversetzen und Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu
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Lukas Seitner 2014
Nach der Behandlung der drei Lernprozesse sollen nun die drei Ebenen didaktischen
Handelns genauer beschrieben werden, auf denen sich diese Prozesse abspielen. Diese
didaktischen Handlungsebenen sind Ebenen/Positionen, „die sich didaktisch einnehmen
lassen,(...), um Lernerfolge zu erzielen.“ Die Ebenen liefern gewissermaßen den Kontext
in denen die Handlungen stattfinden und die Aufgabe des Didaktikers ist es Kontexte zu
identifizieren, in denen Lernprozesse besonders leicht und qualitätsvoll ablaufen (Reich;
2012; S. 142f). Diese drei Handlungsebenen sind die Realbegegnung, die Repräsentation
und die Reflexion.
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Lukas Seitner 2014
Realbegegnungen sind:
unmittelbar d.h.: machen sofort betroffen; ohne Einleitung; ohne Vorbereitung; ohne
Distanz im Handeln
direkt d.h.: passieren vor Ort; beteiligen uns im Geschehen selbst; zeigen uns
in einer aktuellen Situation und im Ereignis als Beteiligte
konkret d.h.: wir stehen in der aktuellen Vielfalt der Dinge, Gegenstände,
Situationen und Ereignisse
sinnlich d.h.: wir sind mit allen oder vielen Sinnen beteiligt
Tab. 3: Eigenschaften von Realbegegnungen; (Reich 2012; S. 146)
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Lukas Seitner 2014
Menschen nehmen als KonstrukteurInnen ihrer Wirklichkeit verschiedene Rollen ein, die
durch ihre Eigenschaften verschiedene Erkenntnisse und Lernprozesse ermöglichen.
Als BeobachterIn schaut der Mensch entweder auf das was er selbst denkt oder tut
(Selbstbeobachtung) oder auf das was andere um ihn herum tun (Fremdbeobachtung).
Für diese Rolle ist eine Offenheit nötig, um Neues oder Anderes besser verstehen zu
können und um ein möglichst differenziertes Bild eines Gegenstandes zu erhalten.
Der/die TeilnehmerIn ist Teil einer Gemeinschaft und somit nicht mehr nur BeobachterIn.
Mit seinen/ihren Entscheidungen und Verhalten ist der/die TeilnehmerIn Bestandteil der
Gemeinschaft und wird durch deren Konventionen und Vorverständigungen geprägt. Die
Gemeinschaft (zufällig bis institutionell) legt das Erkenntnisspektrum des Individuums fest.
Rollenzuschreibungen wie DemokratIn, FeministIn oder ähnliches können dem/der
TeilnehmerIn zugesprochen werden.
Der Akteur/ die Akteurin als didaktische Rolle unterscheidet sich von den oben genannten
Rollen, durch ein gewisses Maß an Planung und somit Antizipation einer Situation.
Beobachtung und Teilnahmen in einer Gesellschaft prägen nun wiederum den Akteur/die
Akteurin und seine Aktionen. Aus den Beobachtungen und Erfahrungen aus der
BeobachterInnen- und TeilnehmerInnenrolle konstruiert der/die AkteurIn nun seine
Aktionen un Handlungen. Eine Veränderung (entspricht einem Lernprozess) des
Verhaltensrepertoires ist aber nur möglich, wenn diese Rollen reflektiert werden können.
Die Unterscheidung und das Zusammenwirken der drei didaktischen Rollen auf den zuvor
geschilderten didaktischen Handlungsebenen wird in Tab. 4 dargestellt. Die Trennung der
Rollen und Ebenen soll auch unterstreichen wie komplex und differenziert die Konstruktion
von Wirklichkeiten eines Menschen sind. Eine strenge Kausalität muss also schon rein aus
dieser Überlegung der Komplexität verworfen werden.
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Lukas Seitner 2014
Damit DidaktikerInnen in der Lage sind ihr Lernen zu reflektieren und dadurch zu
verbessern beschreibt Kersten Reich Reflexionsperspektiven zur didaktischen
Handlungsorientierung. Er identifiziert neun Handlungen, die konstruktivistische
Lernprozesse auszeichnen. Diese sollen nun noch einmal in der folgenden Tabelle 5
dargestellt werden, um eine möglichst einfache und geordnete Wiedergabe zu
ermöglichen. Diese Handlungen lassen sich im Schulunterricht und natürlich auch bei
anderen Arten des Wissenserwerbes identifizieren und spielen somit eine wichtige Rolle in
der Diskussion des konstruktivistisch-didaktischen Ansatzes.
Erkenntniskritische Perspektiven
Konstruktivität Methodizität Praktizität
Erfinden Begründen Gestalten
Rekonstruieren Konstruieren
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Geographie ist eine Systemwissenschaft (siehe auch Kapitel 3.) mit besonderer Betonung
des Raumbezugs der beobachteten und beschriebenen Systeme. Im Allgemeinen werden
Prozesse, Strukturen, Verbindungen usw. von verschiedenen Systembestandteilen und
deren Raumbezug behandelt. Um ein geographisches Problem verstehen zu können ist es
entscheidend, ausreichende Kenntnis über die einzelnen Bestandteile zu haben, deren
Interaktionen zu verstehen und schließlich den Aspekt des Raumes miteinzubeziehen.
LehrerInnen und LernerInnen sind also mit einer komplexen Problemstellung konfrontiert,
die meist nicht „gelöst“ sondern nur verstanden werden kann, um dann dem Individuum
eine Handlungsperspektive zu geben. Um diesem Anspruch gerecht zu werden bieten sich
drei Methoden für den Geographiedidaktiker besonders an.
– die Fallbeobachtung
– die exemplarische Beobachtung
– die Illustration von Beobachtungen
Fallbeobachtung:
Unter einer Fallbeobachtung versteht man die Untersuchung eines aktuellen Problems im
Detail und in einem praxisorientierten Zusammenhang. Das Konzept stammt aus der
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Exemplarische Beobachtung:
Das exemplarische Prinzip ist ein bekanntes didaktisches Prinzip, dass auch im
geographiedidaktischen Werken immer wieder Erwähnung findet. Die klassische
Vorgehensweise baut auf geographischen Grundwissen auf und nutzt dieses um eine
Fragestellung exemplarisch zu behandeln. Schneider kritisiert diese „klassische“ Deutung,
die die subjektive Komponente bei der Konstruktion von Geographien und den
dazugehörigen Raumkategorien vernachlässigt (Schneider; 2012; S. 83).
Ausgangspunkt der exemplarischen Beobachtung ist nun der konkrete Fall, der
exemplarisch untersucht wird und dabei in eine Ordnung gebracht wird. Das Produkt
dieser Beschäftigung ist geographisches Grundwissen.
„Der Fall ist exemplarisch für eine allseits vertraute geographische Beobachtung und
diese wiederum ist exemplarisch für das geographische Problem. Das
„Ganze“(=Problem), was sich im „Einzelnen“(=Fall) spiegelt, ist das ihr zugrunde liegende
Beobachtungsschema, was als Erkenntnisfigur strukturiert und somit als bestimmte
Geographie in Erscheinung tritt.“ (Schneider; 2012; S.84)
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sollen grafisch dargestellt und erläutert werden, um einerseits einen Transfer zu anderen
LehrerInnen/LernerInnen zu ermöglichen und gleichermaßen die gewonnenen
Informationen weiter zu strukturieren. Illustration von Beobachtungen nach Schneider
bezieht sich dabei immer auf einen abstrakten Sachverhalt, bzw. eine abstrakte
Beobachtung und dessen/deren Veranschaulichung und Bebilderung (Schneider; 2012;
85). Beim Rezipienten/ bei der Rezipientin soll diese Erläuterung, die Beobachtung des
Autors um eine Imaginationsebene erweitern, ein eigenes subjektives Bild wird im Sinne
einer Konstruktion von Wirklichkeiten durch den Konsum der Illustrationen geschaffen.
Wie diese drei didaktischen Prinzipien und die zuvor gemachten Ausführungen zur
konstruktivistischen Didaktik mit dem Einsatz von kartographischen Medien und
Infografiken im Unterricht zusammenpassen, soll in den folgenden beiden Kapiteln
behandelt werden. Besonders die Illustration von Beobachtungen ist eine der zentralen
Methoden der Geographie, kartographische Darstellungsformen und Infografiken dienen
dabei als Unterrichtsmedium und spielen im GW Unterricht eine wichtige Rolle.
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Im Unterkapitel 3.1. werden zunächst die Eigenschaften von Geographie als Wissenschaft
im Sinne einer Systemwissenschaft und deren Raumbezug beschrieben um anschließend
den Stellenwert von kartographischen Darstellungsformen in dieser Wissenschaft zu
klären. Außerdem wird der Prozess der Kartenerstellung im Sinne einer Konstruktion
erläutert. In Kapitel 3.2. geht es zunächst um allgemeine Eigenschaften von Karten wie
zum Beispiel den Maßstab und die Generalisierung. Danach werden verschiedene
Formen von Karten und deren Eigenschaften thematisiert mit dem Ziel
Reflexionskategorien zur Kartenarbeit für den Unterricht zu liefern. In Kapitel 3.3 werden
Infografiken besprochen. Nach einer Begriffsbestimmung und Ausführungen zu den
Eigenschaften und Besonderheiten von Infografiken folgt eine Diskussion der
Gestaltungskriterien von Infografiken. Das Ziel dabei ist wieder Hintergrundinformationen
zum Herstellungsprozess von Infografiken zu liefern und diese wieder als
Reflexionskategorien im Unterricht einsetzen zu können (siehe Kapitel 4).
.
In der Geographie kann die „Erde als System“ betrachtet werden. Das Zusammenspiel
von verschiedenen Mechanismen (Systemkomponenten) zu verstehen und zu
beschreiben, sei es in einem physiogeographischen Zusammenhang (z.B. Das
Klimasystem der Erde) oder bei wirtschaftsgeographischen (z.B. Standortfaktoren von
Unternehmen) oder Sozialgeographischen (z.B. Migration) Fragestellungen, kann als ein
grundlegendes Motiv der Geographie betrachtet werden. (vgl. Rhode-Jüchtern; 2009; S.
92f) Geographie als Systemwissenschaft meint dabei die Erfassung, Beschreibung und
Erklärung der Geosphäre im Ganzen oder in Teilen nach Lage, Stoff, Form und Struktur,
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nach dem Wirkungsgefüge von Kräften (Funktionen) und deren Genese mit dem Ziel
gegenwärtige Strukturen zu erklären und zukünftige Strukturen zu prognostizieren. (vgl.
Rinschede; 2005; S. 87f). Dieses Basiskonzept der Geographie als Systemwissenschaft
und der Betrachtung der Erde als System setzt sich immer weiter in der
wissenschaftstheoretischen Betrachtung durch und führt zu einigen konkreten Aufträgen
an den/die GeographiedidaktikerIn bzw. an das Unterrichtsfach Geographie und
Wirtschaftskunde. Die Forderung nach vernetztem Denken, systemischem Denken, und
der Reduktion von Komplexität sind zentral und liefern direkte Anknüpfungspunkte zu
Konstruktivismus und der Systemtheorie (vgl. Rhode-Jüchtern; 2009; S. 92f). Systeme
haben immer einen ganzheitlichen Anspruch, das heißt Prozesse und Komponenten
lassen sich nur bedingt unabhängig voneinander betrachten. Werden einzelne Faktoren
ausgeblendet ändert sich das Systemverhalten. Gleichzeitig ist eine Reduktion immer
nötig um Anschaulichkeit zu garantieren.
Die zu Beginn diese Kapitels genannten Beispiele für geographische Systeme
(Klimasystem, usw.), beruhen auf mechanistischen Konzepten, also Konzepten die
strenge Regelhaftigkeiten und Kausalitäten annehmen und diese zu beschreiben
versuchen. Die Rolle des/der Beobachters/Beobachterin wird dabei vernachlässigt. Im
Konstruktivismus und der konstruktivistischen Didaktik ist aber genau dieser Aspekt von
großer Bedeutung und das System wird im Zusammenhang mit dem/der BeobachterIn
betrachtet (Simon; 2013; S. 42). In Abbildung 3 sind die Systemkomponenten des GW
Unterrichts dargestellt.
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Die klassischen und eher positivistischen Raumkonzepte, Raum als Container und Raum
als System von Lagebeziehungen in denen anthropogene und natürliche Sachverhalte
und Prozesse der Umwelt ablaufen und beobachtet werden können, wird von
konstruktivistischen Ideen überlagert. Die beiden Raumkategorien, Raum als Kategorie
von Sinneswahrnehmungen und Raum als Konstruktion, das heißt als Ausdruck
subjektiver Interessen werden in Kommunikationsprozessen ständig produziert und
reproduziert und spiegelt neben den persönlichen Überzeugungen der Individuen auch die
Konventionen der Gesellschaft wieder. (ebd)
In einer ersten Näherung ist die Erkenntnis, dass es verschiedene Raumkonzepte gibt für
Lehrpersonen, von Bedeutung. In der geographischen Fachdidaktik und speziell der
konstruktivistisch geprägten ist eine Reflexion dieser Raumperspektiven im Sinne einer
Beschäftigung mit der Thematik unter der Grundfrage „Warum gibt es diese
Unterscheidung und wie kommt diese zu Stande?“ wichtig. Diese Frage und speziell deren
Beantwortung geht über die bloße Anerkennung der vier Kategorien hinaus und liefert ein
tieferes Verständnis für den Raumbegriff.
Den vier Perspektiven liegen zwei grundsätzliche Auffassungen des Raumes zugrunde.
Raum als Abbildung mit den Perspektiven Raum als Container und Raum als System von
Lagebeziehungen und Raum als Konstruktion mit den Kategorien Raum als Kategorie der
Sinneswahrnehmung und Raum als Konstruktion. Das sich diese Kategorien (Abbildung
oder Konstruktion) nicht ausschließen, sondern gemeinsam existieren und sich ergänzen
wird in der folgenden Abbildung 5 ersichtlich.
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Karten und andere kartographische Darstellungsformen wie zum Beispiel Infografiken sind
im Zusammenhang mit dem Begriff des Raumes das bedeutendste Mittel zur
Veranschaulichung und Darstellung. Sie dienen der Illustration von geographischen
Beobachtungen bzw. zur Veranschaulichung von geographischen Fragestellungen (Bsp.
thematische Karten). Geschieht diese grafische Darstellung nach den Regeln der
Kartographie, beruht also auf den allgemeinen Konventionen zur Erstellung von
Kartenwerken so spricht man von kartographischen Darstellungsformen. Karten können in
verschiedene Kategorien eingeteilt werden, z.B. nach der Fragestellung die die Karte zu
beantworten versucht (siehe Kap.3.2). Da eine Karte immer eine Reduktion der
Komplexität aufweist, was als Generalisierung bezeichnet wird, die es erst ermöglicht eine
sinnvolle Karte zu gestalten und deren Informationen zu verstehen, ist diese immer
subjektiv konstruiertes Werk, das das Wissen und die Intentionen des/der Autors/Autorin
beinhalten und diese widerspiegeln.
Die Kartographie ist also ein wichtiges Werkzeug der Geographie die Arbeit mit Karten
eine der wesentlichen Fachmethoden der Geographie. „Die Fähigkeit zur Nutzung
verbaler, bildhafter, quantitativer und symbolischer Informationsformen wie Texte, Bilder,
Grafiken, Tabellen, Diagramme und Karten“ ist eine der wesentlichen Aufgaben des GW
Unterrichts (Wütrich; 2013; S. 22). Daraus ergibt sich natürlich der Auftrag an die GW-
-didaktik, einem der wichtigsten Werkzeuge des GeographInnen, der Karte, einen
besonderen Stellenwert im Unterricht beizumessen.
Dabei hat sich ein Paradigmenwechsel im Bereich der Schulkartographie vollzogen, vom
Kartenlesen, also der unmittelbaren Informationsgewinnung aus Karten zum Zweck der
Orientierung ist eine Tendenz zur Betonung der Karteninterpretation zu erkennen. Karten
werden dabei als Informationsträger betrachtet, die weit mehr transportieren als reine
topographische Aussagen (Rinschede; 2005; S. 337) (siehe auch Kap. 2.2). Thematische
Karten, die zur Illustration von unterschiedlichsten Fragestellungen und Themen
herangezogen werden, bieten sich für die Karteninterpretation besonders an.
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Wie bereits weiter oben erwähnt sind Karten und kartenverwandte Darstellungen immer
modellhafte Konstruktionen der Erdoberfläche oder anderer Fragestellungen mit
Raumbezug. Eine allgemeine Definition nach Rinschede lautet: „Die Karte ist eine in die
Ebene abgebildete, maßstäblich verkleinerte, vereinfachte, orientierte und erläuterte
Darstellung der Erdoberfläche oder eines Teils von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt.“
(Rinschede; 2005; S.336) Diese Definition wird durch eine zweifache Konstruktion von
Karten, einerseits die technische-handwerkliche Konstruktion und auf der anderen Seite
die inhaltliche Konstruktion der Karte erreicht (Gryl; 2009; S. 49f). Diese beiden Aspekte
der Kartenkonstruktion sollen nun kurz vorgestellt werden, da sie sich bei der Betrachtung
und Analyse von Karten als Reflexionskategorien anbieten und somit einen wichtigen
Beitrag zum Prozess der Dekonstruktion von Karten liefern. Die beiden Aspekt lassen sich
allerdings nicht ganz streng voneinander trennen, da Entscheidungen im technisch-
handwerklichen Bereich zum Beispiel die Wahl eines bestimmten Kartennetzentwurfes
auch maßgeblich die Darstellung des Inhalts beeinflusst (Gryl; 2009; S. 53). Die zentrale
Aussage der folgenden Bemerkungen ist die Subjektivität der Konstruktion von Karten, die
im Unterricht zu wenig thematisiert wird.
Dieser Aspekt der Konstruktion bezieht sich auf den Prozess der handwerklichen
Erstellung der Karte. Die Erstellung erfolgt nach strengen mathematisch nachvollziehbaren
Kriterien und sollte somit objektiv sein (Kohlstock; 2014). Betrachtet man den Prozess der
Erstellung nun aber genauer, bemerkt man, dass diese Objektivität nicht gegeben ist.
Der/die AutorIn entscheidet, über die Art der Projektion, des Kartennetzentwurfes, des
Maßstabs, der Generalisierung in geometrischer und inhaltlicher Sicht mit dem Ziel den
darzustellenden Sachverhalt möglichst optimal abzubilden (Gryl; 2008; S.53f).
Die verwendeten kartographischen Techniken unterliegen zwar einem fixen Regelwerk, die
zum Beispiel die grafischen Grenzen der verschiedenen Kartenentwürfe genau erfassen,
die Wahl der Methoden und damit verbundene (gewollte oder ungewollte) Verfälschungen
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obliegt aber dem/der AutorIn. Zusammenfassend kann also festgehalten werden: Die
technisch handwerkliche Konstruktion bezieht sich auf die Umsetzung der Eigenschaften
einer Karte im Sinne einer vereinfachten, verkleinerten und verebneten Darstellung der
Erdoberfläche. Die kartographischen Regeln dazu sind zwar grundsätzlich objektiv, die
Wahl der technischen Möglichkeiten trifft aber ein Mensch (der/die AutorIn der Karte =
Kartograph), die Konstruktion ist somit subjektiv. Diese technisch-kartographischen
Basismethoden/-konzepte werden in Kap. 3.4. kurz behandelt.
Die Inhaltliche Konstruktionskomponente bezieht sich nun auf die Auswahl und
Aufbereitung der in einer Karte befindlichen Inhalte und deren Signaturen. Die
Generalisierung, also die Reduktion der Komplexität des darzustellenden Sachverhaltes
zum Zweck einer besseren Darstellbarkeit und Lesbarkeit in der Karte ist einer der
wesentlichsten Aspekte in diesem Zusammenhang. (Reich 2005; S.172) Karten
entsprechen einer vereinfachten Abbildung/Illustration der vom Autor konstruierten
Wirklichkeit. Bei der Generalisierung wird also Wesentliches von Unwesentlichem vom
dem/der AutorIn getrennt (Kohlstock; 2014; S. 79). Somit ergibt sich auch hier wieder eine
zweifache subjektive Konstruktion der Karte, da einerseits die Wirklichkeit des Autors/der
Autorin subjektiv entstanden ist (konstruiert wurde) und andererseits die Subjektivität der
Auswahl der Inhalte und deren Darstellung, also die Konstruktion der Karte, subjektiv ist.
3.2 Karten
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Lukas Seitner 2014
Voraussetzung für die Erstellung von Karten ist also eine Erfassung und Vermessung der
Erdoberfläche, in der Regel im Rahmen einer sog. Landesaufnahme und eine geeignete
Form der Präsentation der aufgenommenen Daten im Rahmen der aktuellen
kartographischen Methoden (Kohlstock; 2014; S.13). Einige allgemeine methodische
Konzepte, die in allen kartographischen Darstellungsformen wiederzufinden sind, werden
nun kurz vorgestellt.
Der Maßstab:
Der Maßstab einer Karte gibt das Verhältnis zwischen einer Distanz auf der Karte und dem
entsprechenden Abstand auf der Erdoberfläche wieder, also die Größenordnung der
Verkleinerung der Naturstrecke. Ein kleiner Maßstab bedeutet, dass die abgebildete
Naturstrecke sehr groß im Vergleich zur entsprechenden Kartenstrecke ist (Die
Maßstabszahl m ist groß). Karten mit kleinem Maßstab bilden also große Bereiche der
Erdoberfläche ab, dabei gehen viele Detailinformationen über diesen Bereich zugunsten
einer zur Darstellung nötigen Reduktion von Komplexität (Generalisierung) verloren.
Informationen werden umso genauer und weniger stark generalisiert wiedergegeben, je
größer der Maßstab ist. In Tabelle 6 ist eine mögliche Einteilung von Maßstabsgruppen
aufgeführt.
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Die Projektion
Neben der Verkleinerung ist auch die Verebnung der Erdoberfläche mit gewissen
Generalisierungsprozessen verbunden. Durch die ebene Darstellung wird die Naturstrecke
verzerrt dargestellt. Dies ist eine direkte Konsequenz aus der Gestalt der Erde die
näherungsweise als an den Polen abgeflachte Kugel (Rotationsellipsoid) mit ungleich
verteilter Masse also schwach gewellter Oberfläche angenommen werden kann (Geoid)
(Hake/Grünreich; 1994; S.31). Die Geoidfläche muss nun auf eine ebene Bezugsfläche
projiziert werden, diese Projektion wird als Kartennetzentwurf (siehe Abb. 6) bezeichnet.
Diese Kartennetzentwürfe bilden die Linien und Punkte eines Koordinatensystems nach
bestimmten Regeln in der Ebene ab und bilden dann die Grundlage für alle
kartographischen Darstellungsformen.
Die oben erwähnten Verzerrungen treten bei jeder Projektion auf und nur die Darstellung
der Erdoberfläche auf einer verkleinerten Geoidfläche (z.B. Globus) ist flächen- längen-
und winkeltreu. Diese drei Ebenen lassen sich bei Karten also niemals alle gleichzeitig
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beliebig genau verwirklichen. Die Wahl des geeigneten Netzentwurfes hängt vom
Verwendungszweck der Karte ab (Hake/Grünreich; 1994; S.46f).
Die Wahl der passenden Projektion entscheidet letztlich über die Qualität und Richtigkeit
der Darstellung. Karten die den gleichen Bereich der Erdoberfläche abbilden aber eine
andere Projektion verwenden sehen oft absolut unterschiedlich aus, daraus ergibt sich die
Möglichkeit für Manipulation durch den Kartographen. Die wiederholte Verwendung
bestimmter Kartennetzentwürfe für bestimmte Sachverhalte prägt (konstruiert) zudem ein
bestimmtes „Weltbild“ im Sinne einer Manifestation von Lagebeziehungen, die verzerrt
dargestellt sind und somit letztlich nicht den Lagebeziehungen in der Natur entsprechen.
Die Generalisierung:
Neben der Wahl des passende Kartennetzentwurfes muss der Kartograph vor allem
entscheiden wie die Erdoberfläche in der Karte mittels geeigneter Signaturen abgebildet
werden soll. Die Vereinfachung und Kodierung der in der Natur vorkommenden
Bedeckung der Oberfläche wird Generalisierung genannt und wird zwar nach
kartographischen Regeln in Abhängigkeit vom Maßstab durchgeführt, letztlich entscheidet
aber immer der Kartenautor was wie auf der Karte dargestellt wird.
Das Ziel der Generalisierung ist es den Karteninhalt so zu vereinfachen, dass einerseits
die Lesbarkeit und Verständlichkeit der Karte erhalten bleibt und andererseits eine
ausreichende Detailtiefe vorhanden ist um das Thema optimal abzubilden.
Die Generalisierung wird in zwei Schritten durchgeführt, bei der Ersterfassung und bei der
kartographischen Aufbereitung und Darstellung der zuvor recherchierten Inhalte.
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Topographische Karten sind ein Abbild der Erdoberfläche und der darauf befindlichen
natürlichen und künstlichen Objekte. Diese Karten entstehen, in der Regal als Ergebnis
der Landesaufnahme und bilden das Grundgerüst für thematische Karten, Kartogramme
und kartenverwandte Darstellungen. Sie enthalten Informationen über die physischen
Eigenschaften eines bestimmten Bereichs der Erdoberfläche mit Angaben zum
Koordinatensystem, der Situationsdarstellung (flächenhafte und linienhaften Signaturen),
der Geländedarstellung und dem Namensgut.
Die Situation ist die Gesamtheit der natürlichen und künstlichen Objekte auf der
Erdoberfläche, die messtechnisch erfasst und flächen-, linien-, oder punktförmig
dargestellt werden können (Kohlstock; 2014;S.83). Die Darstellung erfolgt mit sog.
kartographischen Signaturen, die in Abhängigkeit vom Maßstab verschiedene Varianten
zur Darstellung von Siedlungen, Verkehrswegen, Gewässern, topographischen
Einzelobjekten, Verwaltungsgrenzen und der Vegetation bieten. (siehe Abb. 6)
Die Geländedarstellung versucht die Dreidimensionalität der Erdoberfläche
wiederzugeben und stammt „entweder aus einem graphischen Entwurf oder aus einem
digitalen Geländemodell (DGM)“ (Hake/Grünreich; 1994; S. 380). Ziel dabei ist es:
1. geometrisch ausreichend exakt zu sein und
2. den Formencharakter zutreffend erkennbar zu machen.(Hake/Grünreich; 1994; S.
380)
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Die Art der Geländedarstellung ist wieder vom Maßstab der Karte abhängig. Zur
Darstellung des Geländes in Karten großer Maßstäbe werden Höhenlinien und
Formzeichen eingesetzt. Bei mittleren Maßstäben Höhenlinien, Schummerung und
Formzeichen. In Karten kleiner Maßstäbe Schummerung mit farbigen Höhenschichten.
(Hake/Grünreich; 1994; S. 388f)
Im Rahmen der Topographischen Landesaufnahme erfolgt die Erhebung der Situation, die
Erstellung eines Höhenmodells und die Erhebung des Namensgutes. Durch die grafische
Zusammenführung der erhobenen Informationen wird die Topographische Karte erstellt.
Zu den Methoden der Landesaufnahme zählen die Auswertung von Luft- und
Satellitenbildern, die Erstellung von digitalen Höhenmodellen mittels Radar- oder
Lasermessungen, die Aufnahme mit optischen Scannern usw.. (vgl. Kohlstock; 2014;
Kapitel 3)
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Für den konstruktivistischen Geographiedidaktiker ist eine Gliederung und Ordnung als
Grundlage einer Beobachtung und Reflexion nötig um in weiterer Folge die Karte und
deren Inhalt dekonstruieren (siehe Kap. 4.3) zu können. Hier sollen nun zwei
Gliederungsarten präsentiert werden, eine Gliederung nach Umfang und
Verarbeitungsgrad der Thematik, und eine nach dem behandelten Thema. Diese
erscheinen für den Gebrauch in der Schule als am besten geeignet, da sie einerseits leicht
zu verstehen sind und gleichzeitig einen großen Bereich der thematischen Karten mit
eindeutigen Zuweisungen abdecken.
Eine Einteilung nach Umfang und Verarbeitungsgrad der Thematik haben Hake und
Grünreich (1994; S. 417f) erstellt. Sie beschreiben drei Kategorien:
- Analytische Karten sind monothematische Karten, d.h. sie stellen ein Thema in
seiner räumlich/sachlichen Aufgliederung dar.
- Komplexe Karten (komplexanalytische Karten, Verknüpfungskarten) sind
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polythematische Karten, d.h. sie behandeln mehrere Themen die meist in einem
sachlichen Zusammenhang stehen.
- Synthetische Karten verbinden nun mehrere Themen zu einer übergeordneten
Fragestellung. Die dargestellten Sachverhalte stehen dabei in einem Verhältnis
zueinander und ergeben bei einer Synthese eine neue Aussage die in der Karte
dargestellt wird. Zum Verständnis der Aussage ist ein theoretisches Wissen zur
Entstehung der neuen Maßzahl/der Typen notwendig.
Außerdem können thematische Karten nach den darin behandelten Themen gegliedert
werden. Kohlstock (2014; S. 123ff) schlägt zwei Kategorien vor, die der Teilung der
Geographie in Physiogeographie und Humangeographie entsprechen. Diese Gliederung
ist sehr einfach und übersichtlich und somit auch in der Schule gut anzuwenden.
Physiogeographische Themen: bilden Sachverhalte und Objekte aus der Natur ab, zum
Beispiel geologische Karten, Klimakarten usw.
Humangeographische Themen: stellen Objekte und Sachverhalte aus dem Bereich des
menschlichen Wirkens dar. Zum Beispiel die Bevölkerungsentwicklung, Verwaltung und
Justiz, Verkehr usw. (Kohlstock 2014; S. 123ff). In Tabelle 7 sind die beiden vorgestellten
Gliederungsvarianten gemeinsam dargestellt.
Physiogeographische K. Humangeographische K.
Analytische Karten; Einzelne Klimaelemente: Bevölkerungsverteilung
einschichtig Temperatur, Niederschlag, Verkehrsaufkommen
Luftdruck Bevölkerungsdichte
Komplexe Karten Temperatur und Niederschlag; Arbeitslosenquote und
mehrschichtig Wirtschaftseinwicklung
Synthetische Karten Klimakarten - Klimazonen Erwerbsstruktur einer
mehrschichtig Region/eines Landes
Tab. 7: Gliederung thematischer Karten; eigene Gestaltung 2014
Die Regeln und Konventionen zur Erstellung von thematischen Karten sind sehr vielfältig
und spezifisch für verschiedenste Aufgaben. Eine genaue Behandlung dieser
Gestaltungskriterien würde hier zu weit führen, nähere Informationen dazu sind zum
Beispiel bei Kohlstock (2014) und Hake/Grünreich (1994, 2003) zu finden, außerdem auf
der Homepage der Geographic Information Technology Training Alliance (2014), die ein
sehr gutes online Skriptum anbietet.
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Kartogramme beschreiben hingegen nur ein Merkmal pro Bezugsfläche. Sie können in
Subkategorien unterteilt werden. Das Punktkartogramm, dass statistische
Merkmalsausprägungen absolut in Form von Punkten bestimmter Größe und Farbe
darstellt. Eine Häufung von Punkten entspricht einer hohen Anzahl bzw. Größe des
Merkmals im Bezugsgebiet. Das Flächenkartogramm besteht aus, je nach Größe und
Anzahl der dargestellten Merkmalsausprägung, gewählten Farbfüllungen der
Bezugsflächen. Die Gruppierung, Typisierung und Farbgebung unterliegt strengen
kartographischen Regeln, die bei falscher Anwendung zu Manipulationen bzw.
Falschaussagen führen kann.
Die Flächen können in verschiedenen Farben, in einer Farbe mit gestufter Sättigung oder
aber mittels anderer geometrischer Muster (Streifen, Punkte,...) dargestellt werden.
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Karten auch animiert/bewegt oder interaktiv gestaltet sein. (Hake/Grünreich 1994; S.480f)
Für den Schulkontext von größerer Bedeutung sind einerseits plastische Darstellungen,
die die Oberflächenform eines Abschnittes der Erde verdeutlichen, aber auch Luft- und
Satellitenbilder, die eine sinnvolle Ergänzung zu klassischen Karten darstellen und den
Unterschied von Kartenbild und der Realität ebenfalls verdeutlichen können.
3.3 Infografiken
Infografiken sind ebenso wie Karten ein Beispiel für die Konstruktion von Wissen. Anders
als Karten, die meiner Meinung nach besser als fertiges Medium im Unterricht eingesetzt
werden sollten, bieten sich Infografiken nicht nur als fertiges Medium zum Einsatz im
Unterricht an, sondern lassen sich auch aktiv im Unterricht durch Schülerinnen und
Schüler erstellen. Die Möglichkeit komplexe Systeme in einem übersichtlichen Medium
darzustellen entspricht dabei der Natur der Geographie als Wissenschaft, die wie in
Kapitel 3.1. gezeigt, eine Systemwissenschaft ist und deren Aufgabe es ist komplexe
Wirkungsgefüge mit Raumbezug zu beschreiben. Das Ziel der Beschreibung ist es ein
Modell der Realität zu entwerfen und dieses dann entweder für sich selbst darzustellen um
das System zu verstehen, oder für andere RezipientInnen leichter verständlich und
zugänglich zu machen.
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Im folgenden Abschnitt wird zunächst der Begriff Infografik genauer betrachtet und deren
wichtigste Eigenschaften und Besonderheiten erläutert. Abschließend werden die
Gestaltungskriterien beziehungsweise die Ebenen der Konstruktion von Infografiken
behandelt, um diese wieder als Reflexionskategorien für die Arbeit mit Infografiken im
Unterricht nutzen zu können.
Viele der Informationen zu diesem Kapitel stammen ursprünglich aus einer Bachelorarbeit
(Seitner; 2012) die ich zum Thema Infografiken im Rahmen meines Bachelorstudiums
verfasst habe. Hier werden diese Informationen nun mit dem Konstruktivismus verbunden
und dadurch in einen neuen Kontext gerückt.
In diesem Kapitel sind auch einige von mir selbst erstellte Infografiken zu finden, diese
entstammen ebenfalls der Bachelorarbeit. Sie sollen die Eigenschaften von Infografiken
und insbesondere die Möglichkeit komplexe Sachverhalte übersichtlich darzustellen
illustrieren.
3.3.1 Begriffsbestimmung
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Informationen mit grafischen Hilfsmitteln darzustellen hat also bereits seit langem in der
menschlichen Gesellschaft einen fixen Platz. Der gezielte und reflektierte Einsatz von
Infografiken kommt aber aus der analogen Medienwelt und dort speziell aus Printmedien.
Heute spielen neben den analogen, die digitalen Medien eine immer wichtigere Rolle.
Fernsehen und Internet haben die Medienwelt revolutioniert und der Mensch wird immer
stärker zum Informationskonsumenten, der möglichst ohne großen Aufwand eine große
Bandbreite von Informationen konsumieren will. Infografiken werden in diesem
Zusammenhang immer wichtiger und ein klarer Trend zur grafischen Aufbereitung von
Informationen ist zu erkennen. Im Sinne einer umfassenden Medienkompetenz brauchen
speziell Jugendliche, die teilweise sehr viel Zeit im Internet verbringen und somit ständig
mit grafisch aufbereiteten Informationen zu tun haben, Hintergrundinformationen zur
Konstruktion dieser Grafiken um etwaigen Manipulationsversuchen nicht zum Opfer zu
fallen.
Zur genaueren Definition ist es wichtig eine klare Unterscheidung von rein künstlerischen
Darstellungen und grafischen Darstellungen die zur Informationsvermittlung dienen, zu
machen. Infografiken fallen als Wortkombination von Information und Grafik eindeutig in
die zweite Kategorie. Die zur Weitergabe gedachten Informationen werden mittels
grafischer und typografischer Elemente dargestellt, wobei die typografischen Elemente,
wie Ziffern Buchstaben oder mathematische Formelzeichnungen mit grafischen Elementen
wie Fotos, Karten oder Zeichnungen verschmolzen werden um dem Betrachter eine
möglichst einfache und schnelle Auskunft über Abläufe und Zusammenhänge zu geben
(Bouchon 2007; S. 16). Im Vergleich zu Karten und anderen kartenverwandten
Darstellungen ist die Gestaltungsfreiheit dabei aber größer. Infografiken können
gewissermaßen als Bindeglied zwischen Darstellungen, die sich an keine Konventionen
und Regeln bei der Gestaltung zu halten haben und kartenverwandten Darstellungen, die
nach kartographischen Regeln erstellt werden, betrachtet werden.
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Lukas Seitner 2014
Erläuterungen auskommen sollte. Das heißt, dass Infografiken auch ohne eine zusätzliche
schriftliche oder mündliche Explikation von einem Rezipienten/einer Rezipientin aus der
Zielgruppe der Infografik genutzt werden kann. Abbildung 9 ist ein Paradebeispiel für eine
Infografik. Dem Ziel möglichst effizient Informationen zu vermitteln werden andere
gestalterische und in diesem Fall auch kartographische Aspekte, wie der korrekte
Raumbezug untergeordnet.
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Lukas Seitner 2014
Während früher viele Informationen als Text weitergegeben wurden, bedienen sich die
modernen Medien mehr und mehr grafischen Hilfsmitteln. Die Menschen werden täglich
von zahllosen Grafiken, die Informationen enthalten „bombardiert“ und lernen so, freiwillig
oder unfreiwillig, den Umgang mit Infografiken. Viele, insbesondere junge Menschen, sog.
digital natives, wachsen mit dieser Art der Informationsvermittlung auf. Bildinformationen
werden gegenüber textlastigeren Informationen meiner Meinung nach eher bevorzugt und
einige AutorInnen sprechen vom „visuellen Jahrhundert“ bzw. dem modernen Menschen
als „Augenmensch“ (Hartmann; 2002; S.41)
Diese Textflucht ist allerdings nicht mit einem Informationsverlust gleichzusetzen, wie
Jansen und Scharfe (1999; S.14) feststellen „Sinnvoll und unaufhaltsam sind Infografiken
deshalb überall dort, wo sie lange Beschreibungen ersetzen oder Erkenntnisse
ermöglichen, die ein Text nicht leisten kann.“ (Jansen/Scharfe; 1999; S. 14)
Diese Bemerkungen gelten auch für Karten und Bilder, die in modernen Medien und
besonders dem Internet sehr stark verbreitet sind. Speziell Kartographische
Informationssysteme, wie Google Earth oder Google Maps, sind mit der Entwicklung von
besseren Internetverbindungen und Smartphones zum alltäglichen Medium für viele
Menschen geworden.
Um die Vorteile von grafischen Darstellungen nun genauer beleuchten zu können, ist es
wichtig den Prozess der Informationsvermittlung zu kennen. Aus den Erkenntnissen der
Bild- und Textkommunikation lassen sich dann Eigenschaften und Vorteile, die sich durch
die Nutzung von Infografiken ergeben ableiten. Der hier dargestellte Prozess der
Informationsvermittlung lässt sich mit dem Konstruktivismus aber nur bedingt in Einklang
bringen. Der Ablauf vernachlässigt Aspekte der persönlichen Konstruktion, die immer eine
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Lukas Seitner 2014
wichtige Rolle bei der Erlangung von neuem Wissen spielen. Diese konstruktivistischen
Aspekte sind als Erweiterung des nun folgenden modellhaften Überblicks zur
Informationsvermittlung zu berücksichtigen.
Die Vermittlung von Information, unabhängig vom Medium, gliedert sich in drei Stadien.
Die Informationsaufnahme, die Informationsverarbeitung und die Informationsspeicherung.
Während der sog. Informationsaufnahme, werden die visuellen Informationen eines Textes
oder Bildes wahrgenommen und für die weitere Verwendung im Kurzzeitgedächtnis
gespeichert. Diese Speicherfähigkeit ist nicht unbegrenzt und Medien, die Informationen
möglichst komprimiert und übersichtlich darstellen (z.B.: Infografiken), sind leichter
aufzunehmen als Medien, die Informationen unübersichtlich und komplex darstellen (z.B.:
lange Texte). Infografiken schließen hier die Lücke zwischen Text und Bild und sind im
Allgemeinen besser und leichter zu verarbeiten als reine Texte. Da die Aufnahme von
Informationen in kurzer Zeit geschieht ist sie kaum beeinflussbar ist und ein aktives
Hinterfragen der Darstellungsform und der verwendeten grafischen Hilfsmittel findet nicht
statt. Dies bietet die Möglichkeit zur Manipulation und es ist wichtig dass Infografiken so
gestaltet sind, dass keine Fehlinterpretationen durch die grafische Aufbereitung möglich
sind (Bouchon 2007; S.36).
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allem schneller weiterzugeben als Texte oder Tabellen. Ein Nachteil von Infografiken ist
allerdings, dass keine unbegrenzte „Detailtiefe“ gegeben ist, da Infografiken sehr stark
abstrahieren und vereinfachen um das bilden von Modellen zu ermöglichen.
Die wichtigsten Eigenschaften und Vorteile von Infografiken können nun wie folgt
formuliert werden:
1. Infografiken abstrahieren und vereinfachen komplizierte oder komplexe Abläufe und
erleichtern dadurch die Konstruktion von „kognitiven Karten“. Die Wahrnehmung
von Informationen wird durch eine komprimierte grafische Darstellung erleichtert
und die Speicherung im Kurzzeitgedächtnis wesentlich vereinfacht.
2. Infografiken als Verbindung von Information und Grafik sprechen bei Einhaltung der
Gestaltungskriterien bereits „gespeichertes“ Wissen an und ermöglichen so eine
schnellere Speicherung der Informationen im Langzeitgedächtnis.
3. Durch den steigenden Einsatz von grafischen Elementen in den Medien sind die
Menschen mittlerweile an deren Anwendung gewöhnt und versiert im extrahieren
der gebotenen Informationen. Infografiken entsprechen dieser Entwicklung und
können universell eingesetzt werden. Das Internet als Leitmedium begünstigt diese
Entwicklung und somit die Verbreitung von Infografiken.
Infografiken sprechen dadurch verschiedene Wahrnehmungskanäle an und
entlasten somit den Wahrnehmungsapparat.
4. Infografiken sind nicht linear aufgebaut und ermöglichen es dadurch dem Leser,
anstatt den Gedankengängen des Autors folgen zu müssen, eigene
Gedankenmodelle zu entwickeln und dem eigenen Lernstil anzupassen.
Infografiken bieten also die Möglichkeit und die Freiheit zur persönlichen
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Analog zu Kapitel 3.2. (Karten) werden in diesem Kapitel Informationen zur Systematik
und Gestaltung von Infografiken geliefert. Es handelt sich dabei um wichtige
Hintergrundinformationen, die wieder als Grundlage Arbeit mit Infografiken und deren
Reflexion dienen sollen. Das folgende Kapitel wurde teilweise aus meiner Bachelorarbeit
(Seitner, 2012) übernommen und an das Thema angepasst.
Systematik:
Wie aus Kapitel 3.3.1 und 3.3.2 ersichtlich ist, umfasst der Begriff Infografik eine Vielzahl
verschiedener Erscheinungsformen von grafisch unterstützter Informationsvermittlung.
Sowohl was die enthaltenen Informationen als auch deren grafische Umsetzung betrifft,
gibt es kaum Grenzen für die Anwendung von Infografiken.
Eine andere Variante zur Einteilung von Infografiken wählt Liebig (1999; S.24), der
zwischen Textgrafik, ikonischer Grafik und Fotografik unterscheidet. Sein Kriterium dabei
ist die Darstellungsvariante bzw. der Trägermedium der Information.
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Eine weitere Systematik liefert Bouchon (2007; S.17ff), die ebenfalls drei Kategorien
definiert. Ihre Kriterien orientieren sich wie bei Jansen und Scharfe an den der Infografik
zugrunde liegenden Leitfragen bzw. der „journalistischen Fragestellung“.
Die statistische Infografik, die Zahlen und deren Zusammenhänge darstellt, bildet die erste
Kategorie. Die kartografischen Infografiken die zweite Art, deren Ziel es ist, geografische
Fragestellungen zu beantworten und einen Raumbezug herzustellen.
Die dritte Kategorie ist die Funktionsinfografik, die versucht Funktionsweisen und Abläufe
darzustellen und somit neben einer strukturierenden Komponente auch eine zeitliche
Dimension besitzt.(vgl. Bouchon 2007; S. 17ff)
Abschließend sei erwähnt, dass die oben gemachten Unterscheidungen der einzelnen
Infografik- Unterarten in der praktischen Anwendung sehr oft verschwimmen. Die meisten
Infografiken können als Hybridvarianten der erwähnten Kategorien verstanden werden,
denn nur so ist es möglich komplexere Fragestellungen zu beantworten.
Abbildung 11 zeigt die Beteiligung österreichischer Firmen an der Porduktion des Airbus
A380. Die Vorteile und Stärken sind hier gut erkennbar, den gleichen Sachverhalt in einem
Text zu erläutern wäre weit weniger übersichtlich und unnötig kompliziert. In der
Systematik von Bouchon ist diese Grafik eine Funktionsgrafik.
Abb.11: Österreichische Hochtechnologie für den Airbus A380; Quelle: der Standard
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Gestaltungskriterien:
Durch die große Bandbreite an verschiedenen Arten von Infografiken ist die Erarbeitung
von Gestaltungskriterien nicht ganz einfach. Die hier gebotenen Kriterien sollen als
Richtlinien verstanden werden, anhand derer sich die Qualität von Infografiken beurteilen
lässt und die bei der Anfertigung von eigenen Infografiken als Orientierung dienen sollen.
Der späteren expliziten Aufzählung der Gestaltungskriterien sollen zunächst einige
Gedanken zu dem Thema - „Was ist eine gute und gelungene Infografik?“ - vorangestellt
werden.
Infografiken müssen auf mehreren Ebenen überzeugen. Infografiken liefern, der Definition
folgend, grafisch aufbereitete Informationen, folglich kann eine Informationsebene und
eine grafische Ebene unterschieden werden. Wie bereits in Kapitel 3.1.4 beschrieben
wurde, kommt es zu einer Konstruktion auf diesen beiden Ebenen.
Eine gute und gelungene Grafik bietet ein Maximum an Information bei gleichzeitig
maximaler Übersichtlichkeit und maximal möglicher Vereinfachung des darzustellenden
Sachverhaltes. Walther (1990, zitiert bei Bouchon; 2007; S. ) bezeichnet daher eine
gelungene Infografik als Informationsbombe, die einen bleibenden Eindruck beim
Betrachter hinterlassen soll. Neben der reinen Informationsdichte spielt natürlich auch die
Herkunft und Qualität der dargestellten Informationen eine entscheidende Rolle. Falsch
recherchierte oder absichtlich veränderte Datengrundlagen führen zu einer Minderung der
Qualität. Infografiken können dadurch bewusst oder unbewusst zu einem
Manipulationswerkzeug werden.
Auf grafischer Ebene kann eine Infografik als gelungen bezeichnet werden, wenn es
dem/der BetrachterIn leicht fällt die gebotenen Informationen aufzunehmen. Um dies zu
gewährleisten muss sich der/die ErstellerIn von Infografiken an allgemeine Leitsätze aus
der Wahrnehmungs- und Gestaltpsychologie halten um etwa optische Täuschungen zu
vermeiden. Außerdem muss auf gesellschaftliche Konventionen hinsichtlich der
Farbgebung und der Anwendung von Symbolen und Piktogrammen geachtet werden. Da
Infografiken stets eine Verbindung von grafischen Hilfsmitteln und Informationen sind,
findet die oben gemachte Unterscheidung in Informationsebene und grafischer Ebene
auch bei den nun folgenden Kriterien Verwendung.
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bei der gelungenen Erstellung von Infografiken. Statistiken werden in Infografiken mit
Mengenrelationen dargestellt, konkrete Zahlenwerte haben nur in seltenen Fällen eine
Berechtigung. Eine genaue Abhandlung der korrekten Darstellung von statistischen Daten
würde hier zu weit führen, die folgenden drei Aspekte zählen zu den wichtigsten
Grundregeln und können bewusst oder unbewusst von dem/der AutorIn zur Manipulation
eingesetzt werden:
1. Der Nullpunkt muss in die Grafik um eine korrekte Einordnung und den Vergleich
von Daten zu ermöglichen. Ist dies unter keinen Umständen realisierbar, muss dies
zumindest grafisch so dargestellt werden, dass Verzerrungen möglichst gering
ausfallen.
2. Beim Vergleich von Daten sollten sich diese nur in einer Dimension verändern.
Lineare Veränderungen sind dabei Flächen und Volumenänderungen vorzuziehen,
da der Vergleich im Allgemeinen leichter fällt.
3. 3D-Darstellungen sind zu vermeiden. Durch die perspektivische Ansicht wird die
Vergleichbarkeit eingeschränkt und die dargestellten Mengen sind nur mehr schwer
einzuschätzen.
Das Gesetz der Nähe besagt, das Elemente einer Grafik, die näher beieinander liegen als
zusammengehörig aufgefasst werden. Die Konsequenz für die Anfertigung einer Infografik
daraus ist, diese Tatsache auszunutzen und Dinge, die tatsächlich zueinander gehören, in
geringem Abstand zu platzieren und gleichzeitig Dinge, die nicht zusammen gehören, weit
voneinander entfernt. Außerdem sollten Symbole, die eine beschreibende Erklärung
benötigen, direkt in der Infografik erklärt werden anstatt in einer Legende am Rand der
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Das Gesetz der Ähnlichkeit besagt, dass Elemente einer Grafik als zusammengehörig
aufgefasst werden, die sich in Form und/oder Farbe ähnlich sind. Diese Tatsache kann
ebenfalls als Kennzeichnungsmerkmal für Ähnliches dienen oder aber zur besseren
Unterscheidbarkeit als starker Kontrast genutzt werden, um Dinge die nicht zusammen
gehören, besser voneinander zu trennen. Ist es dass Ziel Daten in einer Infografik zu
vergleichen muss das Gesetz der Ähnlichkeit besonders berücksichtigt werden.
Insbesondere bei Säulen- oder Balkendiagrammen kann man mit passender Farbgebung
die Wahrnehmung erleichtern und den Informationsverarbeitungsprozess beschleunigen.
(Bouchon; 2007, S.45/46)
Das Gesetz der Geschlossenheit besagt, dass Elemente wie Figuren und Symbole aber
auch Flächen als zusammengehörig identifiziert werden, wenn sie durch Linien direkt oder
indirekt verbunden sind. Linien sind in Infografiken also ein ordnendes und
strukturgebendes Element. (Bouchon; 2007; S. 46 und Haller; 1999)
Das Gesetz der Erfahrung oder der Konventionen besagt, dass grafische Elemente die
bereits in ähnlicher Form im Langzeitgedächtnis gespeichert sind, leichter und schneller
erkannt werden als andere. Dem/der BetrachterIn fällt es also leichter Grafiken zu
verstehen, wenn bestimmte Sachverhalte die bereits seit langer Zeit ähnlich dargestellt
werden wieder so dargestellt werden. Symbolik, Farbgebung, Diagrammgestaltung sind
nur einige Beispiele für grafische Ausdrucksmittel, deren Verständlichkeit mittels der
Einhaltung gewisser Konventionen verbessert wird.
Das Gesetz der guten Gestalt ist das letzte der Gestaltungsgesetze und besagt dass
vorhersehbare und gesetzmäßige Formen leichter als Einheit wahrgenommen werden als
andere. Um den Wahrnehmungsprozess zu beschleunigen werden bei jeder
Wahrnehmung alte bekannte Muster aus dem Gedächtnis mit den Neuen verglichen.
Element die dem/der BetrachterIn „gefallen“, werden dabei schneller verarbeitet.
In Abbildung 12 sind die Gestaltungskriterien zusammengefasst.
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Der Einsatz von Kartographischen Darstellungsformen und besonders von Karten und
Infografiken sollte meiner Meinung nach ein fixer Bestandteil des Geographie und
Wirtschaftskundeunterrichts sein. Durch den Raumbezug der Geographie sind diese
Medien bedeutende Träger von Informationen und Lerninhalten. Die theoretischen
Hintergründe aus wissenschaftlicher Sicht dazu, wurden ja bereits in Kapitel 3.1.
betrachtet und erläutert, nun soll die Verankerung der Kartenarbeit und der Einsatz von
Infografiken im GW Unterricht zunächst aus den Lehrplänen der AHS Unter- und
Oberstufe hergeleitet werden um anschließend Möglichkeiten zum Einsatz von Karten in
einer konstruktivistisch geprägten Unterrichtssituation zu beschreiben.
Die Lehrpläne für Unter- und Oberstufe der AHS folgen inhaltlich den allgemeinen
Bestimmungen zum Aufbau eines Lehrplanes. Der Aufbau ist gestuft und es werden
zunächst Bildungs- und Lehraufgaben formuliert, die bereits fachdidaktische Hinweise
aufweisen. Als nächstes folgen die didaktischen Grundsätze, die die Bemerkungen der
Bildungsaufgaben konkretisieren. Zuletzt wird der Lehrstoff jahrgangsweise, gegliedert
nach Leitthemen, in Form einer Auflistung von Lehrzielen ausformuliert. Diesem
fachspezifischen Lehrplan steht ein allgemeiner Teil voran, der die Aufgaben und Ziele der
Schule im Allgemeinen behandelt.
Die Lehrpläne sind Rahmenlehrpläne und lassen der Lehrperson bzw. den Schülerinnen
und Schülern einen großen Spielraum, welche Themen und welche Methoden
besprochen und eingesetzt werden. Konkrete Nennungen von Medien oder Methoden sind
im Lehrplan nur vereinzelt zu finden. Die Analyse der Lehrpläne sucht also nach direkten
und indirekten Hinweisen zum Einsatz von kartographischen Darstellungsformen im
Unterricht. Während explizite Hinweise zum Einsatz von Karten und kartenverwandte
Darstellungsformen im Lehrplan zu finden sind, gibt es keine direkte Forderung zum
Einsatz von Infografiken.
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Neben dem Begriff Karte und Infografik werden die Lehrpläne auch nach dem Begriff
„Raum“ durchsucht um Anknüpfungspunkte zu Kapitel 3.1. herzustellen.
Bereits am Beginn des Lehrplanes, der die Bildungs- und Lehraufgabe des Faches GW in
der Unterstufe beschreibt, wird die Beziehung zwischen Mensch und Raum wie auch in
dieser Arbeit in Kap. 3.1 beschrieben, als zentrales Untersuchungsgebiet der Geographie
ausgemacht. „Diese räumlichen Aspekte menschlichen Handelns sind Gegenstand des
Unterrichts.“ (Lehrplan GWK AHS Unterstufe 2000)
Der Unterricht soll weiters die Schülerinnen und Schüler zu tolerantem und
verantwortungsbewusstem Handeln im privaten, beruflichen und öffentlichen Bereich
verhelfen. Dieses Handeln soll durch den Aufbau von Orientierungs- und Bezugssystemen
mit Hilfe von fachbezogenen Arbeitsmitteln, also zum Beispiel der Verwendung und dem
Einsatz von Karten geschehen. Außerdem soll die „räumliche Strukturiertheit der Umwelt“
bewusst wahrgenommen werden. Dazu bieten sich primär topographische Karten an, da
sie zur Darstellung und Illustration der Erdoberfläche und darauf befindlicher Objekte
dienen. Der Einsatz von thematischen Karten kann aus der Bildungsaufgabe „Einsichten
in Vorgänge der Raumentwicklung gewinnen, um Fragen der Raumnutzung und
Raumordnung unter Beachtung von Ökonomie und Ökologie zu verstehen“ abgeleitet
werden. Das Verständnis von Raumentwicklung setzt bereits eine gewisse Vorstellung von
Raum voraus, die in der Kartenarbeit mit topographischen Karten erworben wird. Zur
Darstellung ökonomischer und ökologischer Aspekte werden thematische Karten in ihren
verschiedenen Formen und angepasst an das jeweilige Unterrichtsszenario angewandt.
Bei der Betrachtung der Beiträge des GW - Unterrichts zu den Bildungsbereichen finden
sich ebenfalls Hinweise zum Einsatz von Karten, am direktesten im Bereich Gesundheit
und Bewegung mit der Forderung nach der Verwendung einschlägiger Orientierungshilfen
(topographische Karten – Bsp. Wanderkarten usw.).
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Bildungsbereich Sprache und Kommunikation, wo sich der wohl deutlichste Hinweis zur
Nutzung von Infografiken finden lässt. Der genaue Wortlaut des Lehrplans ist: Erwerb von
Sprachkompetenz durch Auswertung von Texten, Bildern und grafischen
Darstellungsformen; Einbeziehung aktueller Massenmedien;(...) (Lehrplan Unterstufe S. 1)
Infografiken aber auch Karten können, als (karto)grafische Darstellungsformen einen
wichtigen Beitrag zum Bildungsbereich Sprache und Kommunikation liefern. Der Hinweis
auf die Einbeziehung von Massenmedien impliziert die Analyse von Zeitungen,
Magazinen, Internetportalen usw., wo viele Infografiken und Karten zu finden sind. Der
zweite Bildungsbereich ist Natur und Technik, hier wird die Erklärung der Entstehung von
Naturvorgängen und ihrer Wirkung auf den Menschen;(...); kritische Auseinandersetzung
mit Statistiken, Wahrnehmen von Manipulationsmöglichkeiten; Auseinandersetzung mit
einfachen Modellen gefordert. Modellbildungen werden durch die starke Abstraktion bei
Infografiken und Karten begünstigt, Statistiken gerne in Infografiken und thematischen
Karten eingesetzt. Der dritte Bildungsbereich der sich durch die Anwendung von
Infografiken sehr gut fördern lässt, ist der Bereich Kreativität und Gestaltung. Die
Erstellung von „guten“ Infografiken erfordert sowohl Kreativität als auch gestalterisches
Geschick, die Erstellung von Infografiken durch die Schüler fördert somit diesen
Bildungsbereich (siehe 4.2.3)
Der Umfang und die Art des Einsatzes von kartographischen Medien wird im Lehrplan im
Kapitel didaktische Grundsätze allgemein erläutert. In den ersten beiden Klassen soll der
Erwerb elementarer Begriffe, Fertigkeiten und Einsichten anhand einfacher Sachverhalte
angestrebt werden. In der 3. und 4. Klasse sollen diese Qualifikationen dann erweitert und
vertieft werden. In einer konstruktivistischen Auslegung bedeutet dies auch den Prozess
der Konstruktion und deren Subjektivität zu thematisieren (siehe Kapitel 4.2)
Außerdem soll der GW - Unterricht den Aufbau eines erdumspannenden topographischen
Grundgerüsts sichern und dies immer mit bestimmten Sachverhalten bzw.
Fragestellungen verknüpfen. Kartographische Infografiken aber auch thematische Karten
eignen sich für diese Aufgabe besonders. Der Unterschied zu thematischen Karten ist
dabei, dass Infografiken mehr Zusatzinformationen bieten und dadurch eine Fragestellung
präziser und detailreicher beschrieben und diese nicht nur „abbilden“.
Ein weiterer didaktischer Grundsatz betrifft die Verwendung von unterschiedlichen
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Lukas Seitner 2014
analogen und digitalen Medien im Unterricht und kann als Medienvielfalt summiert werden.
Infografiken sind eine wichtige journalistische Darstellungsformen und in vielen Medien
vertreten, diese richtig zu lesen und verstehen zu können also kompetent im Umgang mit
Medien zu sein ist eine wesentliche Aufgabe der Schule und des GW - Unterrichts.
4.1.2 Oberstufe
Der Lehrplan der Oberstufe beginnt ebenfalls mit einer Betonung der Mensch-Umwelt
Beziehung und dem Bekenntnis, Beiträge zu einer menschenwürdigen Gesellschaft, einer
intakten Umwelt und nachhaltigen Wirtschaft im GWK-Unterricht zu liefern. Danach
werden drei methodische und drei fachspezifische Kompetenzbereiche und ihre
besonderen Lehraufgaben erläutert. Hier finden sich auch erstmals ganz konkrete
Forderungen zum Einsatz von kartographischen Darstellungsformen, also zum Einsatz
von Karten und kartenverwandten Darstellungen wie z.B. Infografiken.
Bei den fachspezifischen Kompetenzen findet man ebenfalls immer wieder Bezüge zum
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Raum wie zum Beispiel bei der Umweltkompetenz folgende Beschreibung: „Landschaften
als Lebensräume ökonomisch und ökologisch einschätzen; Interessensgegensätze bei
der Nutzung von Räumen erkennen und somit auch die Notwendigkeit von
Raumordnungsmaßnahmen begründen.“ Dies impliziert natürlich ebenfalls den Einsatz
von Karten, insbesondere den Einsatz von thematischen Karten.
Im Bereich Gesellschaftskompetenz lassen sich kartographische Darstellungsformen und
insbesondere Infografiken ebenfalls gut einsetzen um beispielsweise die folgende
Forderung umzusetzen: „Die Fähigkeit erweitern, die von den Massenmedien verbreiteten
politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Informationen über Österreich, Europa
und die Welt kritisch zu beurteilen.“ (AHS-Oberstufenlehrplan S.1) Da es in
Massenmedien wie dem Internet, Zeitungen und anderen Medien zahlreiche
kartographische Darstellungsformen gibt, ist es für einen selbstbestimmt handelnden
Menschen wichtig diese richtig auswerten zu können und Manipulation durch die Ersteller
zu erkennen und ihnen nicht aufzusitzen.
Die in Kapitel 4.1.1 angesprochene Medienvielfalt findet sich auch im AHS-
Oberstufenlehrplan wieder. Hier heißt es: „ (…) insbesondere die Möglichkeiten der IKT
(Informations- und Kommunikationstechnik) zur Gewinnung sowie Verarbeitung und
Darstellung geographischer und wirtschaftskundlicher Informationen sei zu nutzen.(...)“
Die Nutzung von Medien wird hier um den Aspekt der Verarbeitung und Darstellung von
Informationen erweitert. Infografiken bieten sich für diese Aufgabe an, da es eine Vielzahl
an frei verfügbaren Online Infografik Programmen gibt, die sich zur Erstellung von
Infografiken auch im Unterricht eignen.
Lehrstoff:
Infografiken und Karten können den GWK Unterricht also wesentlich bereichern und einen
Beitrag zu verschiedenen Kompetenzen liefern. Betrachtet man nun den vorgeschlagenen
Lehrstoff für die einzelnen Schulstufen so findet man kaum ein Thema dass nicht durch
Infografik und Karten dargestellt oder zumindest visuell unterstützt werden könnte.
Die Besonderheiten von Infografiken zur Vermittlung des Lehrstoffes sollen hier noch
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Lukas Seitner 2014
einmal zusammengefasst werden. Speziell komplexe Systeme und Abläufe lassen sich mit
Infografiken übersichtlich und kompakt darstellen. Eine genauere Betrachtung des
Lehrstoffes würde hier zu weit führen, Infografiken lassen sich aber immer dort anwenden
wo:
– Abstraktion und Vereinfachung zu besserer Darstellung und vereinfachter
Wissenskonstruktion führt.
– Vergleiche und Gegenüberstellungen nötig sind um gewisse Aspekte einer
Fragestellung zu verstehen.
– Wissen zusammengefasst und neu geordnet wiedergegeben und illustriert werden
soll.
Diese Argumentation nähert sich an die Methode des Mind Mapping an, da Mind Maps,
ebenfalls der Strukturierung und Visualisierung von Informationen dienen. Der größte
Unterschied zu Infografiken liegt dabei in der grafischen Umsetzung dieser Strukturierung.
Beim Mind Mapping nutzt man hauptsächlich Linien und Farben um Assoziationen und
Verbindungen zu visualisieren(siehe Abb.1) Das primäre Ziel dabei ist es genau diese
Assoziationen sichtbar zu machen während Infografiken meist auch nähere Informationen
zu diesen Assoziationen darstellen. Bei Infografiken gibt es deutlich mehr grafische Mittel
um Verbindungen sichtbar zu machen.
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Aus konstruktivistischer Sicht wird dabei aber ein wesentlicher Aspekt der Karte und der
Kartographie vernachlässigt, nämlich die Subjektivität der Kartenkonstruktion. Diese ist
zwar durch die Konventionen der Kartographie durchaus beschränkt, aber trotzdem
existiert sie sowohl in technisch-handwerklicher Hinsicht als auch auf inhaltlicher
Ebene(siehe Kapitel 3.1.4). Insbesondere in Massenmedien wird diese Subjektivität der
Kartengestaltung oft ausgenutzt um Sachverhalte aus der Sicht eines bestimmten Akteurs
darzustellen und somit den Leser zu manipulieren. Um nun SchülerInnen zu ermöglichen
komplexe Karten und deren Inhalte umfassend auswerten zu können, ist es aber wichtig
genau diesen Aspekt der Subjektivität stärker zu betonen. (vgl. Gryl; 2008; S.26)
Bei der Beschäftigung mit Karten im Unterricht soll also neben dem Lesen und
Interpretieren der dargestellten Inhalte auch die Entstehung, Erscheinung und Wirkung der
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In Abbildung 13 sind die Aspekte der Kartenkonstruktion und die Vernetzung mit der
konstruktivistischen Kartenlesekompetenz dargestellt. Gryl fasst in dieser Abbildung die
Eckpunkte der Konstruktion von kartographischen Darstellungsformen zusammen und
beschreibt außerdem die Kategorien die zur Dekonstruktion von Karten notwendig sind.
Die gesellschaftlichen Einflüsse und Auswirkungen von Karten und deren
Konstruktionsprozess sind auf der linken Seite der Abbildung dargestellt. Auf der rechten
Seite befinden sich die Kategorien zur Dekonstruktion, die diese Einflüsse und
Auswirkungen aufzudecken versuchen. Im Rahmen einer klassischen Kartenkompetenz
wie sie weiter oben beschrieben wurde, werden die Einflüsse die bei der Konstruktion
mitspielen und die möglichen Wirkungen bei den Rezipienten/Rezipientinnen nicht oder
nur am Rande thematisiert. In meiner eigenen Schullaufbahn und im Rahmen meiner
Schulpraktika wurden die Aspekte der subjektiven Konstruktion und dadurch möglichen
Verzerrungen nur bei Karten angesprochen, die offensichtliche Fehler enthielten oder zu
Manipulationszwecken eingesetzt wurden.
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Karten
Nach der Analyse der Lehrpläne und der Erläuterung der konstruktivistischen
Kartenlesekompetenz ist nun klar, dass der Einsatz von Karten und kartenverwandten
Darstellungformen im GW-Unterricht unverzichtbar ist. Außerdem sind insbesondere im
Lehrplan der Oberstufe Forderungen nach Handlungsorientierung und aktiver
Unterrichtsmitgestaltung durch die Schülerinnen und Schüler zu finden. Doch wie könnte
der Einsatz von Karten in einem konstruktivistisch geprägten GWK Unterricht nun konkret
aussehen? Welche Methoden bieten sich an? Im folgenden Abschnitt soll diese Frage
ansatzweise geklärt werden. Es geht darum, die theoretischen Ausführungen zur
konstruktivistischen Didaktik von Kersten Reich und besonders von Antje Schneider mit
den Informationen zur Kartenlesekompetenz nach Gryl zu verbinden. Die wesentlichen
didaktischen Prinzipien, die bereits in Kapitel 2.3.2.2 eingeführt wurden nämlich die
Fallbeobachtung, das exemplarische Prinzip, die Illustration von Beobachtungen und die
Dekonstruktion von Karten werden in weiterer Folge genauer beschrieben.
Konstruktivistische Kartenarbeit:
Eine Fallbeobachtung oder Fallstudie ist eine detaillierte Betrachtung und Aufbereitung
einer (geographischen) Fragestellung. Durch die systemwissenschaftlichen Aspekte der
Geographie sind die Fragestellungen meist vielschichtig und komplex. Das
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Der Ablauf einer Fallbeobachtung im GWK Unterricht lässt sich auch auf andere Fächer
und Fragestellungen übertragen und kann in vier Schritte gegliedert werden:
1. Abgrenzung der Fragestellung/ des Problems
2. Recherche und Materialsammlung aus diversen Medien
3. Interpretation und Auswertung des Materials
4. Erstellung eines Berichts bzw. einer Zusammenfassung
Ein ähnlicher etwas vereinfachter Ablauf einer Fallbeobachtung ist in Abb. 14 dargestellt.
Die Punkte 2 und 3 aus der obigen Aufzählung sind in der Grafik zu einer Kategorie
zusammengefasst.
Karten und kartenverwandte Darstellungen können und sollen in allen Phasen zum
Einsatz kommen und dienen zur Visualisierung und grafischen Unterstützung der
Informationen. Karten können z.B. zur räumlichen Abgrenzung des
Untersuchungsgegenstandes herangezogen werden, die Aussagen des
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Abschlussberichtes durch eine Visualisierung ergänzen oder als Medium der Recherche
und der Materialsammlung dienen.
Abschließend soll die Frage geklärt werden in wie weit die Lehrperson den Ablauf dieser
Fallbeobachtung mitbestimmt bzw. vorgibt? Eine einfache und genaue Antwort zu dieser
Frage ist allerdings schwer zu geben. Die Unterrichtssituation und besonders die Übung
der Schülerinnen und Schüler im selbstständigen Arbeiten und planen einer
Aufgabenstellung ist dabei entscheidend. Geübte SchülerInnen bzw. Klassen benötigen
wenig Führung und sind in der Lage Entscheidungen auf inhaltlicher, methodischer und
medialer Ebene zu fällen. Diese Fähigkeit muss allerdings erlernt werden. Die
SchülerInnen und Schüler sollten dabei schrittweise mehr Verantwortung von der
Lehrperson delegiert bekommen. Meiner Meinung nach führt dies zu einer größeren
Identifikation der SchülerInnen mit dem neu erworbenen Wissen da sie beim Design und
der Durchführung der Fallbeobachtung oder allgemeiner des Lernprozesses mehr
Verantwortung zu tragen hatten.
Die Dekonstruktion von Karten kann als Umkehrung der Konstruktion von Karten
interpretiert werden. Die Konstruktionsschritte werden nachvollzogen, Informationen zum
Zweck der Karte, der Zielgruppe, dem Einsatz der grafischen Mittel eingeholt um ein
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Verständnis der Karte über das bloße Lesen und Interpretieren hinaus zu erlangen. Diese
Dekonstruktion, setzt Grundwissen zur Erstellung und Konstruktion von kartographischen
Darstellungsformen voraus, das im Unterricht nach und nach aufgebaut werden muss.
Dieses Grundwissen bedeutet aber nicht, dass die Schülerinnen und Schüler in der Lage
sein müssen die Regeln der Kartographie bis ins Detail zu kennen und anzuwenden,
sondern lediglich die Grundprinzipien der Kartenerstellung nachvollziehen zu können.
Als Endprodukt dieser Betrachtungen möchte ich nun eine Reflexionstabelle (Tabelle 8)
vorstellen, die als Grundlage zur konstruktivistischen Kartenarbeit im Unterricht eingesetzt
werden kann. Eine wichtige Bemerkung dazu ist, dass diese Tabelle nicht sofort in der
vorliegenden Form im Unterricht angewendet werden kann. Die Kategorien müssen
schrittweise eingeführt werden und die in der Tabelle zu findenden Kategorien sind im
Rahmen des Unterrichts mit Bedeutungen zu „befüllen“. Um diesem Anspruch gerecht zu
werden muss natürlich auch die Lehrperson diese Kategorien kennen und verinnerlicht
haben, ebenso die konstruktivistische Grundhaltung bezüglich der Konstruiertheit von
kartographischen Darstellungsformen. Die Reflexionskategorien sind als Vorschlag zu
werten, die je nach Klasse und Unterrichtssituation abgewandelt werden können. Meiner
Meinung nach ist es allerdings wichtig die inhaltliche und technisch-handwerkliche
Konstruktion zu thematisieren (Punkt 7 und 8) und ganz explizit nach Manipulationen
(Punkt 9) zu fragen. Eine abschließende Bewertung sollte ebenfalls in der Tabelle sein.
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Nr. Reflexionskategorien
1 Maßstab(gruppe)
2 Kartentyp
3 Dargestelltes Thema/Titel
4 Mögliche Absicht des/der AutorIn
5 Zielgruppe
6 Medium in dem die Karte gefunden
wurde
7 Technische/Gestalterische
Umsetzung des Themas
8 Inhaltliche Umsetzung des Themas
9 Offensichtliche Manipulationen
10 Bemerkungen/Sonstiges
11 Gesamtbewertung(1-10),mit
Begründung
Tab. 8: Reflexionstabelle zur Dekonstruktion von Karten; eigene Gestaltung 2014
Infografiken
Der Einsatz von Infografiken im GWK Unterricht ist ebenfalls sehr vielseitig möglich. Eine
genaue Beschreibung dieser Möglichkeiten würde den Rahmen dieser Diplomarbeit
sprengen und würde für eine eigene Diplomarbeit reichen. In diesem Kapitel sollen nun
ganz allgemeine Gedanken zum Einsatz von Infografiken aus konstruktivistischer Sicht
genannt werden.
Konstruktivistische Didaktik ist immer multimodal und fördert die Selbstständigkeit und
Selbstbestimmungsfähigkeit von Schülerinnen und Schülern. Das Ziel dabei ist neben dem
Erlernen von fachlichen und inhaltlichen Aspekten der Geographie und Wirtschaftskunde
auch persönliche Qualifikationen wie Teamfähigkeit und Selbstreflexion zu thematisieren
und den Schülerinnen und Schülern näher zu bringen. Die Basis dafür bildet das seit
einigen Jahren etablierte Kompetenzmodell, das allgemeine Kompetenzen mit
fachspezifischen verbindet und somit die Grundlage für lebenslanges Lernen bilden soll
(bifie; 2014). Zur Umsetzung diese Kompetenzmodells versteht sich die
konstruktivistische Didaktik als systemische Didaktik, deren Ziel es ist die jeweilige
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Infografiken können im Unterricht als Informationsmedium eingesetzt werden oder von den
Schülern selbst erstellt werden. In Tabelle 9 sind dafür einige Beispiele aufgeführt.
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Bei der Arbeit mit Infografiken im Unterricht, egal ob aktiv oder passiv, gilt es ebenso wie
bei der konstruktivistischen Kartenlesekompetenz, die Aspekte der subjektiven
Konstruktion der Grafik zu thematisieren. Da die Reduktion der Komplexität, die als
Voraussetzung für die Illustration von Beobachtungen nötig ist oft nicht direkt ersichtlich
wird, da ja die Vergleiche mit der Realität im Allgemeinen nicht immer sofort möglich sind,
gilt es diesen Aspekt besonders zu berücksichtigen.
Die folgende Infografik (Abb. 15) sind Beispiele für selbst erstellte Infografiken, wie sie
auch von SchülerInnen angefertigt werden können. Die hier abgebildete Infografik wurde
im Rahmen einer Lehrveranstaltung an der Universität Graz von einigen Kolleginnen und
mir erstellt.
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Um Infografiken im Unterricht zielführend einsetzen zu können, muss der Umgang und die
richtige Dekodierung der Informationen geübt werden. Wenn in weiterer Folge Infografiken
auch selbst angefertigt werden sollen, ist überdies Wissen über die wichtigsten
Gestaltungskriterien erforderlich, damit die SchülerInnen zu Experten im Umgang mit
Infografiken werden. Hierfür bietet sich ein aufbauendes Vorgehen an, dass Infografiken in
immer größerem Umfang in den Unterricht einbindet.
In Abbildung 16 ist das Schema der Expertenausbildung dargestellt. Im wesentlichen geht
es darum Infografiken und deren Gestaltungskriterien nach und nach im Unterricht
einzuführen und die SchülerInnen dadurch schrittweise zu Infografik ExpertInnen zu
machen. Im ersten Schritt dieser „Ausbildung“ ist die Lehrperson für die Auswahl der
Infografiken verantwortlich und beurteilt dabei die Qualität und somit die korrekte
Anwendung der Gestaltungskriterien. Die Aufgabe der SchülerInnen ist es die Inhalte der
Infografiken zu verstehen und dadurch als Lernmedium nutzbar zu machen. Im nächsten
Schritt können die SchülerInnen die Infografiken die sie im Unterricht verwenden wollen
beziehungsweise als Lernmedium nutzen wollen, selbst auswählen. Dafür müssen die
Inhalte der Infografiken nicht nur verstanden, sondern auch die Qualität beurteilt werden
können. In der letzten Phase, sind die SchülerInnen schließlich in der Lage Infografiken
selbst anzufertigen und nutzen die Vorteile von Infografiken als Lernmedium. Die
Gestaltungskriterien sind zumindest in Grundzügen bekannt.
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Diese Schema ist meiner Meinung nach auch auf andere Medien anwendbar, es geht
immer darum den Umgang mit verschiedenen Medien zu üben um sie sinnvoll im
Unterricht einsetzen zu können (Jahreis; 2007; S. 32).
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Abb.17: Der Süden – abgeschnitten von Geld- Waren- und Touristenströmen (Le monde
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diplomatique 2007)
Reflexionskategorien
Maßstab(gruppe) Keine Angabe zum Maßstab – kleiner Maßstab
Kartentyp Thematische Karte – komplexe humangeographische Karte –
mehrere Themen die in einem sachlichen Zusammenhang
stehen werden dargestellt
Dargestelltes Thema Die Probleme der südlichen Hemisphäre – abgeschnitten von
Geld-, Waren-, und Touristenströmen
Absicht des/der AutorIn Vergleich der nördlichen und südlichen Hemisphäre (BIP –
BNE – Börsenwerte – Finanz und Wirtschaftsströme –
Passagierzahlen der größten Flughäfen) mit der
Herausarbeitung eines deutlichen Unterschieds
Zielgruppe keine spezifische Zielgruppe
Medium in dem die Karte Atlas der Globalisierung, Le monde diplomatique 2007, Berlin
gefunden wurde
Technische/Gestalterische keine Standard-Projektion für die Grundkarte (Weltkarte) – die
Umsetzung des Themas verschiedenen Themen sind gut voneinander unterscheidbar
– starke Generalisierung der Grundkarte – steigert die
Übersichtlichkeit
Inhaltliche Umsetzung Die Unterschiede zwischen Nord und Süd kommen gut zur
des Themas Geltung – eine genaue Nachprüfung der Daten und
Diagramme ist allerdings schwierig – teilweise fallen aber
Ungenauigkeiten auf (siehe Manipulation)
Offensichtliche Vergleich der Börsenwerte: einzelne Städte werden mit
Manipulationen großen Regionen verglichen – z.B. Nordamerika vs. Sao
Paolo
Bemerkungen/Sonstiges Die Herausarbeitung des Unterschieds ist überdeutlich!
Manche Vergleiche scheinen übertrieben und verkürzt
dargestellt (siehe Manipulationen)
Gesamtbewertung(1-10) 7 – ansprechendes Kartenbild und übersichtliche, schlichte
und Begründung Darstellung allerdings teilweise manipulative Vergleiche
Tab. 10: Reflexionskategorien 1; eigene Gestaltung 2014
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Reflexionskategorien
Maßstab(gruppe) Kein Maßstab angegeben – Bildschirmkarte – kleiner
Maßstab
Kartentyp Topographische Karte - Übersichtskarte
Dargestelltes Thema/Titel Topographie Österreichs – Höhenschichten – Staatsgrenzen
– einige Hauptstädte
Absicht des/der AutorIn einen Überblick über die Topographie Österreichs zu geben
Zielgruppe Menschen die Informationen über Österreich suchen
Medium in dem die Karte Wikipedia – als Übersichtskarte
gefunden wurde
Technische/Gestalterische Starke Generalisierung – keine Landesgrenzen – nur
Umsetzung des Themas bestimmte Städte dargestellt
Inhaltliche Umsetzung Die Höhendarstellung wurde passend zum Maßstab
des Themas abgebildet
Offensichtliche Es wurden nicht alle Hauptstädte eingezeichnet
Manipulationen
Bemerkungen/Sonstiges Der fehlende Maßstab ist vermutlich auf die Anwendung als
Bildschirmkarte zurückzuführen -
Gesamtbewertung(1-10) 4 – der Zweck der Karte, einen Überblick zu geben wurde
zwar erfüllt, aber es wurden auch einige wichtige
Informationen unterschlagen
Tab. 11: Reflexionskategorien 2; eigene Gestaltung 2014
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Als Abschluss dieser Diplomarbeit möchte ich noch einmal auf die in Kapitel 1.2 erstellten
Leitfragen eingehen und versuchen kurze und prägnante Anworten aus den bisherigen
Ausführungen zu extrahieren.
Durch den Einsatz von Karten und Infografiken im Unterricht lassen sich je nach Art der
Verwendung verschiedene Kompetenzen und Fähigkeiten schulen. Bei Karten ist dies
z.B. die Methoden- und Orientierungskompetenz die in der Unterstufe schrittweise
eingeführt und in der Oberstufe weiter vertieft werden sollte. Topographische Karten
eignen sich besonders zum Aufbau dieses Orientierungsrasters, während thematische
Karten Verknüpfungen zu bestimmten Sachverhalten herstellen und somit die Beziehung
zwischen Mensch – Raum – Gesellschaft und Wirtschaft erläutern.
Besonders hervorzuheben ist die Rolle von Infografiken und Karten im Bereich der
Medienkompetenz, da kartographische Darstellungsformen in vielen Medien verbreitet
sind. Vielfach werden kartographische Medien zur zusätzlichen Illustration von Artikeln in
Printmedien oder dem Internet verwendet und dienen in diesem Zusammenhang auch oft
dazu bestimmte Aussagen zu untermauern und damit zu manipulieren. Die Aufdeckung
dieser Manipulationsversuche mit den Prinzipien der Dekonstruktion sind ein wichtiger
Beitrag zu einer kritischen Medienkompetenz. Die konstruktivistische
Kartenlesekompetenz (Kap.4.2.1) ist eine Erweiterung der genannten Kompetenzen, die
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speziell die Konstruktion von Karten und somit deren Subjektivität betont.
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