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Atomenergie - Ein satanisches Requiem

von Holger Strohm

Dieser Artikel handelt nicht von der Möglichkeit eines großen Reaktorunfalls, der Länder
unbewohnbar macht oder dass bereits jede Atomanlage im Normalbetrieb große Mengen
Radioaktivität abgibt. Selbst bei einem modernen Atomkraftwerk sind das Trilliarden an
Becquerel und mittlerweile erkrankt jeder zweite Mensch an Krebs. Nein, in diesem Artikel
wollen wir uns dem Nuklearterrorismus und dem radioaktiven Müll zu wenden. Anfang April
diesen Jahres warnte Barack Obama in Washington vor fünfzig Staatsoberhäuptern vor der
Weiterverbreitung von Atombomben, sogenannten „schmutzigen Bomben“ und dem
Nuklearterrorismus. Wahrlich kein neues Problem, denn bereits Mitte der 70.er Jahre sagte
der Verfasser vor dem Innenausschuss des Deutschen Bundestages über organisatorische
Sicherheit aus und beriet den Vorsitzenden des einflussreichen US-Senatsausschusses
„Committee on Government Operations“ über Nuklearterrorismus. In Deutschland wurden
die Warnungen bis heute ignoriert.

Mittlerweile lagern rund 1600 Tonnen hoch angereichertes Uran und 500 Tonnen Plutonium
in verschiedenen Depots. Daraus lassen sich 350.000 Atom-Hiroshima-Bomben herstellen.
Über Tausend Kilogramm dieser sogenannten „strategischen Materialien“ sind spurlos
verschwunden. Es wird befürchtet, dass sie sich im Besitz von Mafia- und
Terrororganisationen befinden, die daraus atomare Sprengsätze herstellen könnten. 1 Das
Supergift Plutonium, mit einer Halbwertszeit von 24.400 Jahren, zählt zu den bösartigsten
Krebserregern, die in der Medizin bekannt sind. Nach Angaben von Prof. Dr. Dr. John
Gofman, der als Arzt und Physiker die Plutoniumforschung der US-Atom-Energie-
Kommission überwachte, ist die Menge, die hundertprozentig zum Krebs führt, so klein, dass
sie nicht bestimmbar ist. Nach seinen Angaben kann ein einziges amerikanisches Pfund (450
Gramm) an Reaktorplutonium bei Rauchern zu 42.300.000.000 zusätzlichen
Lungenkrebstoten führen, wenn es in Form von unlöslichen Teichen eingeatmet wird. 2 Hinzu
kommt, dass Plutonium nicht beherrschbar ist. Sowie es mit Luft oder Wasser in Berührung
kommt, oxidiert es. Es schwebt als kleines Teilchen davon, das eingeatmet werden kann. Und
selbst der härteste Granit kann es nicht zurück halten.

Unter „schmutzigen Bomben“ versteht man herkömmliche Bomben, die mit radioaktiven
Müll vermischt werden. Das heisst, dass bei der Explosion auch Radioaktivität frei wird, die
dann Grossstädte radioaktiv kontaminieren, und Menschen verseuchen werden. Nun meint der
normale Bürger radioaktiver Müll wird streng bewacht und es sei unmöglich, daran zu
kommen. Weit gefehlt! Die kriminelle Energie, im Umgang mit solch hoch gefährlichen
Stoffen, ist kaum vorstellbar. So berichtete die Hamburger Morgenpost am 9. Februar 1988,
dass die Atomkraftwerksbetreiber von Brokdorf, Krümmel und Brunsbüttel ihren Atommüll
einfach auf Hausdeponien kippen. All dies geschieht unter den Augen der Behörden. Denn die
haben ausdrücklich dafür gesorgt, dass „alle Kennzeichnungen am Müll zu entfernen (sind),
die einen Hinweis auf die Herkunft geben könnten.“ 3 Universitätskliniken entsorgen ihren
strahlenden Abfall auf städtischen Müllplätzen, anstatt ihn vorschriftsmässig, aber teuer,
einzulagern. Auch dies geschieht mit voller Rückendeckung der Behörden. „Denn“, so Der
Stern, „die acht bundesdeutschen Sammelstellen für Radioaktivität platzen aus allen Nähten.
In Karlsruhe lagert Müll schon ungeschützt auf der grünen Wiese.“ 4 1988 kam heraus, dass
Tausende von Tonnen radioaktiver Müll einfach beiseite geschafft wurden, indem sich u.a.
das hochgiftige Plutonium befand. Mit Millionen an Schmiergeldern, gefälschten Papieren
usw. wurde schwunghafter Handel mit dem Bombenstoff betrieben. EU-Behörden und die
gesamte deutsche Atomfamilie war in dem Korruptionsskandal verwickelt. 5

Auch der Nuklearterrorismus ist nicht zu verhindern. Bereits Mitte der 80.er Jahre beauftragte
das US-General Accounting Office und das Militär ein halbes Dutzend Kommandoeinheiten,
die Spezialisten für Sabotage waren, unbemerkt in Atomkraftwerken einzudringen und als
Beweis z.B. eine Seite aus dem Reaktorhandbuch mitzubringen. Alle waren erfolgreich!
Zudem wurden Versuche mit Panzerfäusten und Raketen unternommen, um Reaktoren von
außen zu zerstören. Auch sie waren erfolgreich. Seitdem hat die Rüstungsindustrie neue
Waffen entwickelt, die meterdicke Stahlbetonwände durchschlagen und erst dann in
befestigten Unterständen detonieren. Diese Sprengköpfe können aus mehreren Kilometern
Entfernung abgeschossen werden und erreichen zielgenau jedes Atomkraftwerk und zerstören
es völlig. 6 Ebenso gut könnte ein frustrierter Pilot in Kamikaze-Manier ein Atomkraftwerk
rammen. Der Treibstoff, die Düsen oder eventuelle Bewaffnungen könnten dann für eine
Katastrophe sorgen: mit der Gesamtfreisetzung des radioaktiven Inventars. Das so ein
Szenario nicht aus der Luft gegriffen ist, zeigt der Vorfall des deutschen Piloten, der eine
Passagiermaschine gegen ein Felsmassiv in den französischen Alpen steuerte. Die US-
Nuclear-Regulatory-Commission veröffentlicht halbjährlich Berichte über „nukleare
Vorkommnisse“, die belegen, dass Atomkraftwerke beschossen und bombardiert, überfallen
und besetzt wurden. Sprengsätze explodierten in sicherheitsrelevanten Bereichen.
Sabotageaktionen zerstörten zentrale Sicherheitseinrichtungen. Wichtige Atomfunktionäre
wurden bestochen, erpresst, entführt und getötet. Und gleichzeitig wurde belegt, dass der
Nuklearterrorismus immer mehr um sich greift. 7

„Jeder, der ein Flugzeug entführen und auf einen Atommeiler lenken kann, ist genauso
mächtig wie Präsident Truman nach Hiroshima. Die Logik der atomaren Abschreckung, die
zwischen den Blöcken funktionierte, ist im internationalen Terrorismus außer Kraft gesetzt.“
Andrè Glucksmann (bedeutender französischer Philosoph und Bestseller-Autor)

„Es ist absolut sicher und unausweichlich, dass Terror-Organisationen irgendwann


Massenvernichtungswaffen erhalten und auch einsetzen.“
Donald Rumsfeld (ehemaliger US-Verteidigungsminister)

Dies ist besonders in der heutigen Zeit der Fall, in dem der IS verbreitete, dass er die
Atomkraftwerke aller Länder zerstören wird, die ihn angreifen. Dass dies nicht nur eine leere
Drohung ist, berichtete am 31.3.16 der Fernsehsender ntv: In dem Atomkraftwerk Tihange in
Belgien arbeitete ein IS-Mitglied und der IS habe ein Anschlag auf den Meiler geplant. Der IS
eroberte in Mossul ein riesiges Arsenal schwerer, hochmoderner amerikanischer Waffen von
fünf irakischen Divisionen. In Muthanna im Irak erbeuteten sie 5.000 Sarin-Raketen und
Giftgasgeschosse aus einem CIA-Depot. Sie verfügen über schultergestützte Abwehrraketen,
moderne TOW II Panzer-Abwehrraketen, 15.000 Boden-Luft-Raketen vom Typ Manpad,
moderne Panzerfäuste und Sprengstoffe jeglicher Art. Ihre Anhänger wurden in der
Verwendung von Raketen, Granatwerfern, Panzerfäusten und in der Herstellung und
Anwendung von Sprengstoffen geschult. Waffenfunde in der EU haben zudem gezeigt, dass
es dem IS gelungen ist, ein Teil dieser Waffen nach Europa zu bringen. 8 Für sie wäre es ein
leichtes mit Schnellbooten auf Rhein, Elbe oder Main oder Pick-up-Trucks gezielte Angriffe
auf atomare Anlagen zu führen.

Dies wird auch dadurch begünstigt, dass Angela Merkel sich weigert, deutsche
Atomkraftwerke ausreichend schützen zu lassen. Und dies, obgleich sowohl der Papst als
auch der französische Premierminister Manuel Valls warnten: „Es wird weitere Anschläge
geben, große Anschläge“. 9 Terrorexperten sind sich sicher, dass Deutschland das nächste
Ziel sein wird, denn der IS machte klar: „Wir können jederzeit und überall zuschlagen!“ 10
Israelische Sicherheitsexperten kritisierten die laschen Sicherheitsstandards, die „alten Damen
ihre Mineralwasserflaschen aus den Hand“ reißen, aber ihre Atomkraftwerke nicht schützen.
Denn „Europa ist in einem Terrorkrieg!“ 11 Wie sträflich sich Frau Merkel verhält, wurde
dem Verfasser drastisch klar, als am Ostersamstag der Chefredakteur von Eve mich vor dem
Atomkraftwerk Krümmel bei Hamburg fotografierte. Wir konnten uns unbehelligt bis auf
wenige Meter dem Reaktor mit seinem Druckbehälter nähern. Nach einer Viertelstunde kam
ein unbewaffneter Sicherheitsmann und fragte nach unserer Identität. Wenn wir IS-Terroristen
gewesen wären, hätten wir den riesigen Druckbehälter aus wenigen Metern Entfernung als
Blinde treffen können. Der Unwillen Frau Merkels als promovierte Physikerin, ehemalige
Umweltministerin und Bundeskanzlerin Atomkraftwerke zu schützen, ist nicht nur hoch
gefährlich, sondern kann schon fast als bewusste Beihilfe zur Vernichtung Deutschlands
gedeutet werden. Denn der IS hat offen damit gedroht „wir greifen euch dort an, wo es euch
am meisten weh tut“. Und das ist dort, wo möglichst hohe Opferzahlen mit einem Maximum
an infrastrukturellem und wirtschaftlichen Schaden bei größtmöglicher medialer
Aufmerksamkeit zusammen treffen. Diese Dschihadisten sehen in der Zerstörung von
Atomkraftwerken, die ein Land völlig zerstören können, die Bestätigung der apokalyptischen
Prophezeiung zur Vernichtung der Ungläubigen, die ihnen ein Ehrenplatz im Paradies
gewährt.

Die Vernichtung allen höheren Lebens auf diesem Planeten kann auch durch den hoch
radioaktiven Müll besiegelt werden, der langfristig nicht kontrolliert werden kann. Und zwar
aus drei Gründen: Zum Einen sind viele Elemente kleiner als die Wandungen. So kann z.B.
radioaktives Tritium oder Kohlenstoff durch sämtliche Barrieren schlüpfen. In der
Fachsprache heißt das Diffundieren. Das ist vergleichbar, wenn man einen Golfball auf ein
Fussballtor schlägt, der ungehindert durch die groben Maschen schlüpft. Als weiteres wird
jedes Material durch den radioaktiven Dauerbeschuss aufgelöst – es zerfällt in seine einzelnen
Atome. Und zum Dritten bilden sich aus den rund 1200 radioaktiven Elementen, die in einem
Reaktor entstehen - durch den radioaktiven Zerfall - neue chemische Elemente, die spontan
Sprengstoff bilden und die Umhüllungen zerfetzen. Zudem muss hoch radioaktiver Müll, nach
Angaben des Gouverning Councils der UNO für 20 Millionen Jahre strikt aus der Umwelt
gehalten werden. Prof. Michael Müller, ehemaliger Staatssekretär im
Bundesumweltministerium, der die Fachkommission für den Deutschen Bundestag zur
Lösung der Endlagerung leitet, bekundete in der Frankfurter Rundschau und in der
Süddeutschen Zeitung, dass aufgrund der immensen Probleme nicht mit einer Lösung vor
2170 gerechnet werden darf, wenn es denn überhaupt eine Lösung geben sollte.

Bisher wird der hoch radioaktive Müll in Abklingbecken und in Castorbehältern in


sogenannten Zwischenlagern deponiert. Die Brennstäbe entwickeln bei der Trockenlagerung
eine Temperatur von 600 Grad Celsius, durch die die Dichtung der Behälter zerstört wird.
Durch Wasserreste bildet sich Knallgas und mit der Zeit werden die Behälter undicht und
müssen ausgetauscht werden, was wiederum nur in gewaltigen Wasserbecken möglich ist.
Außerdem fällt so erneut radioaktiver Festmüll an. Salz als Endlager kommt ebenfalls nicht in
Frage, da jederzeit Wassereinbrüche wie in der Asse II auftreten können. 1998 schrieb Der
Spiegel: ausgerechnet die „oberste Instanz für Atommüll, die Bundesministerin für Umwelt
und Reaktorsicherheit Angela Merkel, möchte die Beschlüsse nicht länger tragen, für die sie
sich 1995 selbst verbürgt hat“, und bescheinigt ihr ein leichtfertigen Umgang mit dem
Atommüll. 12 Auch das Bundesverfassungsgericht hebelte das Vorsorgeprinzip des §9a des
Atomgesetzes und somit die Vorbedingung für den Reaktorbetrieb kurzerhand aus, indem es
erklärte, die Endlagerung hoch aktiven Mülls sei gelöst.
Weltweit gibt es kein sicheres Endlager für hoch aktiven Atommüll. In der Schweiz möchte
man ihn in Granit und Tonmergel einlagern. Finnland und Schweden möchten die nuklearen
Hinterlassenschaften ebenfalls in Granit einlagern, in großen Kupferzylindern. Belgien und
Italien ziehen Tonschichten vor. Andere schütten ihren Atommüll in Tümpel, Sümpfe und
Wüsten, vergraben ihn oder versenken ihn im Meer. Aber wohin man auch sieht, ein sicheres
Endlager gibt es nicht, sondern nur Täuschungen, Lügen und kriminelle Energie.
Gesundheitsfragen spielen keine Rolle, nur das Geld zählt, denn letztendlich werden
zukünftige Generationen die Zeche bezahlen müssen, und uns verfluchen, weil wir die Büchse
der Pandora öffneten, die wir nie wieder verschließen können.

Für weitere Informationen empfehlen wir Holger Strohms Buch und Film „Friedlich in die
Katastrophe“, erhältlich unter www.Friedlich-in-die-Katastrophe.de und seine beiden neuen
Bücher Wahnsinns Artikel und Gaia weint im Schild Verlag.

"Niedrig-Strahlung angeblich gesund"


von Holger Strohm* Der Autor ist Verfasser zahlreicher Bücher zur Radioaktivität und
Atomenergie (Friedlich in die Katastrophe, Die Stille Katastrophe)

Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping beteuerte - ganz ohne Not -, dass deutsche


Soldaten "praktisch völlig sicher vor Gesundheitsgefahren durch die Strahlung uranhaltiger
Munition" seien. Damit provozierte er weltweit heftigen Widerspruch von Wissenschaftlern. So
vertrat beispielsweise Wolfgang Köhnlein (Stellvertretender Vorsitzender der
Strahlenschutzkommission) die Meinung, dass deutsche Soldaten sehr wohl erkranken könnten,
teilweise noch nach Jahrzehnten. Robert Jütte wies in der "FAZ" darauf hin, dass es sich hier
nicht um "Peanuts" handele: So seien durch den Golfkrieg 39 000 GIs wegen
Gesundheitsschäden aus der Army entlassen worden. Tausende seien an Krebs gestorben. In
Großbritannien wären 160 Irak-Veteranen jämmerlich an Krebs zugrunde gegangen. Elf Länder,
deren Soldaten uranhaltiger Munition ausgesetzt waren, klagen über Krankheit und Tod.

Über die Zivilbevölkerung und insbesondere Kinder, die auf verseuchtem Boden spielen oder
Kriegsmunition als Beutestücke horten, spricht kaum einer. Stattdessen hört man, die Strahlung
sei unter der Nachweisgrenze oder innerhalb des Toleranzwertes und sehr viel geringer als die
natürliche Strahlung. Ja, Behörden, Atomindustrie und so genannte Experten versteigen sich
sogar in die Behauptung, Niedrigst-Radioaktivität sei gesund, sie stimuliere das Immunsystem
und keinerlei Radioaktivität käme aus einer nuklearen Anlage heraus und überhaupt, die
Menschen stürben nicht an Radioaktivität, sondern an Hysterie. Doch sicher ist nur, so das
"Bulletin of the Atomic Scientists", dass wir gar nichts wissen. Wir kennen weder die Mengen
des Urans, die verdampften und eingeatmet wurden, noch die Kontamination des Bodens oder
Grundwassers. Ja, wir wissen nicht einmal, ob nur abgereichertes Uran eingesetzt wurde oder ob
man den radioaktiven Müll einfach auf illegale Weise "entsorgte", wie so häufig zuvor. Die
unterschiedlichen Messwerte könnten dafür als Indiz gelten.

Was wir jedoch seit langem wissen, ist, dass Niedrigst-Radioaktivität keinesfalls harmlos ist,
obwohl gerade deutsche Apologeten dies ständig behaupten. Bereits 1978 verkündeten Robert
B. Minogue, Direktor des "Office of Standards Developement" der US-Nuclear Regulatory
Commission (NRC), und sein Stellvertreter Karl R. Goller (also die höchsten Strahlenschützer
der USA), dass es keinen sicheren Toleranzwert gäbe, der vor Gesundheitsschäden schütze. So
heißt es wörtlich: "Es gibt keinen Toleranzwert, der als sicher gelten kann". Das Risiko beginne
quasi beim ersten Becquerel. Man mache sich große Sorgen über die somatischen und
genetischen Schäden, sowohl bei Atomarbeitern als auch bei der Bevölkerung. Und es wurde
beklagt, das es sowohl innerhalb als auch außerhalb der Behörde noch immer Wissenschaftler
gäbe, die davon überzeugt seien, dass Niedrigst-Radioaktivität keine Gesundheitsschäden
hervorriefe. Hier wäre offensichtlich falsches Wissen verbreitet worden, obgleich die NRC sich
seit Jahren bemühe, diesen Fehler zu korrigieren. Der Brief ist vom 11. September 1978! Bei
den Unbedenklichkeits-Experten in Deutschland aber ist er immer noch nicht angekommen!
Dass jede Plutoniumbelastung und sei sie noch so klein zum Tode führen könnte, davor warnte
John W. Gofman (hoch dekorierter Arzt und Physiker, der seinerzeit als Direktor für die
Plutoniumforschung der US-Atomenergiekommission verantwortlich war) bereits 1977.

Auch die ständig aus Atomkraftwerken und Atommülllagern frei werdende Strahlung ist
gefährlich. Die Gefahren entstehen durch die Schädigung von Körperzellen. Pro Sekunde laufen
zirka 10 000 chemische Reaktionen in ihnen ab. Wenn Radioaktivität in die Zelle eindringt,
bilden sich im sauerstoffhaltigen Zellsaft so genannte freie Radikale, die von der Zellmembran
angezogen werden und dort schädliche Reaktionen bewirken. Schon bei kleinsten Mengen an
künstlicher Radioaktivität in Luft, Wasser und Nahrung werden Zellen geschädigt, die für die
Abwehrkräfte des Körpers verantwortlich sind. Damit steigt das generelle Infektionsrisiko.
Viren, Bakterien und Krebszellen können sich leichter vermehren. Der allgemeine
Gesundheitszustand verschlechtert sich.

In einem Reaktor entstehen 1200 künstlich erzeugte radioaktive Isotope, die sich völlig von der
natürlichen Strahlung unterscheiden. Sie werden in Organen des Körpers gespeichert, reichern
sich an und strahlen oft lebenslang von innen auf die Zellen. Strontium-90 beispielsweise lagert
sich in den Knochen ein und beeinflusst die Blut bildenden Zellen und somit das Immunsystem.
Die betroffenen Menschen sterben langsam an Lungenentzündung, Blutvergiftung oder
Herzkrankheiten. Das sind Krankheiten, die angeblich nichts mit Radioaktivität zu tun haben,
obgleich sie durch Strahlung ausgelöst werden können. Hinzu kommt, dass durch eine lang
andauernde Strahlung im Niedrigstbereich die Reparaturmechanismen des Körpers nur bedingt
arbeitsfähig sind. Als Folge treten weltweit Krebs und andere Erkrankungen insbesondere in der
Nähe von AKWs auf. In vielen britischen Studien mussten Gesundheitsämter zugeben, dass sich
in der Nähe von Atomanlagen Leukämie, Krebs und Missgeburten häuften. Dies sei der Preis
des Fortschritts, ließ man verlauten, während in Deutschland nach wie vor jeder Zusammenhang
stets geleugnet wird.

Neben den individuellen Krankheitsrisiken drohen zunehmend genetische Schäden. Bei


weltweiten Versuchen mit Niedrigst-Strahlung wurden in den ersten Generationen der
Versuchstiere kaum Schäden beobachtet. Aber in den darauf folgenden Generationen
verdoppelten sich die Schäden ständig, bis dies nach 15 bis 20 Generationen zum völligen
Aussterben der betroffenen Tiere führte. Warum weiß die Öffentlichkeit so wenig über diese
Gefahren? In einem Land, in dem der Atomenergie kritisch gegenüber stehende Wissenschaftler
zum Schweigen gebracht und gleich reihenweise aus ihren Berufen entfernt wurden und in dem
kritische Äußerungen zur Atomenergie unter Nachrichtensperre fallen (siehe Präsident Clinton
am 12. Okt.99: "Atomenergie ist gemeingefährlich und unbeherrschbar"; oder das Beinahe-
Kernschmelzen des britischen Atom-U-Bootes "Tireless" in Gibraltar im Sommer 2000), darf
man nichts anderes erwarten.

Bundeskanzler Schröder erklärte dereinst in der Tagesschau: "Er wolle sich nicht mehr von der
Agrarlobby dirigieren lassen!" Recht so, Herr Schröder. Auch für andere Politiker gilt: wie wäre
es, wenn auch sie sich endgültig von der Atomlobby befreien würden, die den Steuerzahler
bisher runde 200 Milliarden Euro an Subventionen kostete und die mit einem einzigen Super-
GAU aus Deutschland eine Todeszone machen würde.
Wie die Anti-Atomenergie-Bewegung kaltgestellt wurde
von Holger Strohm

Es gibt kaum ein Thema bei dem mehr gelogen wird als bei der Atomenergie. Deutschlands
Medien schweigen über die Hiobsbotschaften aus Fukushima. Der Block Nummer 3 raucht,
da die Kernschmelze voranschreitet. Der Block 4 wird irgendwann zusammen brechen und
tausende Brennelemente werden alles verseuchen. Geschwiegen wird auch darüber, dass alle
Messwerte dreist verfälscht werden, mindestens um das Zehnfache und zehntausende Kinder
strahlenkrank sind. 1 Gelogen wird auch darüber, dass die Gegend um Fukushima für immer
verseucht und unbewohnbar bleibt, so der Generalsekretär der Liberaldemokraten, Shigeru
Ishiba. Bisher hatte die japanische Regierung stets die Rückkehr der Vertriebenen garantiert. 2
Bekannt wurde allerdings, dass 51 Matrosen vom Flugzeugträger USS Ronald Reagan an
Krebs erkrankten, obwohl sie ca. 200 Kilometer vom Ort des Geschehens entfernt waren. Bei
ihnen handelte es sich um gesunde, junge Menschen, nicht um Kinder oder Greise, die
besonders gefährdet sind. Zudem waren sie der Strahlung nur kurzfristig ausgesetzt. Auch
dass die Krankheit bereits nach drei Jahren manifest wurde, ist ein bedenkliches Zeichen
dafür, dass die Strahlung sehr viel höher ist als angegeben. 3 4 5

Fukushima wird uns noch für Jahrzehnte beschäftigen, und wenn es zu weiteren Unfällen
kommt, werden die Krebszahlen weltweit hoch schießen. Murate Mitsuhei, ehemaliger
japanischer Botschafter, warnte, Fukushima könne „die globale Umwelt und die Zivilisation
zerstören. Yale-Professor Charles Perrow ergänzte, „dies würde die gesamte Menschheit
bedrohen, für tausende Jahre“. 6 Die „Deutsche Wirtschafts Nachrichten“ berichtete über die
„höchsten radioaktiven Werte aller Zeiten“ und kritisierte die Totalzensur: Alle Details aus
Fukushima gelten als „Staatsgeheimnis“. Doch selbst die „offiziellen“ Informationen zeigen,
„dass die Lage völlig außer Kontrolle ist… Die Folgen sind unabsehbar – für die Japaner und
für die Welt.“ 7 Diese Details müssen geheim bleiben. Premierminister Shinzo Abe peitschte
ein Gesetz durch das Parlament, nachdem die Weitergabe von Informationen aus Fukushima
als Weitergabe von „Staatsgeheimnissen“ gilt, die „mit zehn Jahren Gefängnis“ bestraft wird.
Auch Demonstranten, die gegen Atomkraft demonstrieren, können zu Terroristen erklärt
werden. Im japanischen Parlament und Oberhaus kam es dadurch fast zu einer
Massenschlägerei. 8

Die Wahrheit wird unter Strafe gesetzt. Doch keiner verbreitet hemmungsloser die
Unwahrheit als deutsche Medien und Staatssender, die zudem noch von uns zwangsfinanziert
werden müssen. So berichteten das ZDF und die ARD in Japan wäre eigentlich gar nichts
passiert. Das seien alles nur Verschwörungstheorien. 9 Um diesen gezielten Gegeninformation
etwas entgegen setzen zu können, entschloss sich der Verfasser, mit einem professionellen,
jungen Team von Filmemachern, einen Anti-AKW-Film zu erstellen, in dem Fachleute,
Politiker und Vertreter von Bürgerinitiativen unzensiert ihre Meinung vertreten können. Und
naiv, wie wir waren, sind wir davon ausgegangen, dass zumindest die Atomkraftgegner und
Umweltschützer unsere Arbeit schätzen würden. Weit gefehlt! Die meisten Menschen wollen
Negatives nicht wissen.

Nun, dass die Lobby uns bekämpfen würde, war klar. Doch dabei hatten wir unterschätzt, in
welchem Ausmaß die Bewegung von Sektierern und Links-Faschisten bereits unterwandert
war, die zudem für sich das Monopol beanspruchen, allein darüber entscheiden zu dürfen, wer
Atomgegner sein darf und wer nicht. Zudem war das Ausmaß der Welle an Hass,
Bedrohungen, Lügen, Verleumdungen und Unterwanderung von den Spitzen der Grünen,
Öko- und Anti-Atomenergie-Bewegung selbst für mich, der als Atomenergiegegner schon
Schlimmes über sich ergehen lassen musste, einfach unvorstellbar. Doch langsam zeichnet
sich ein erschreckendes Ausmaß der Unterwanderung der Anti-Atomenergie-Bewegung durch
verschiedene Geheimdienste und Atomlobby ab. Doch seltsamerweise will davon die Spitze
der Anti-AKW-Bewegung nichts wissen und spricht von Verschwörungstheorien. Dabei
fielen insbesondere Grüne Landesvorstände und die Antifa auf, die behaupteten Strohms Film
dürfe man sich nicht ansehen, denn Strohm sei Ausländerfeind, Nazi und Holocaustleugner,
weil er z.B. Robert Jungk (Alternativer Nobelpreisträger, Österreichischer
Bundespräsidentschaftskandidat) und Horst-Siegwart Günter (hoch dekorierter Mediziner und
in über 30 Ländern mit den höchsten Orden ausgezeichnet) als Holocaustleugner nicht
zensiert habe. Beide waren Juden bzw. Halbjuden und haben das KZ überlebt.

Dabei war es noch nie ein Geheimnis, dass die Anti-AKW-Bewegung von Anfang an durch
den Verfassungsschutz unterwandert und nicht erwünscht war. Ganz offen diffamierten
Bundeskanzler Kohl und die Ministerpräsidenten Filbinger und Strauß Atomkraftgegner als
Terroristen und kriminelle Elemente, die den Staat zerstören wollten, damit „die Sowjetunion,
dann in Europa die Macht übernehmen könnte.“ 10 Offen erklärte die Bundesregierung im
Bundestag, dass Atomgegner überwacht werden, um Gefahren „im Hinblick auf die
Gewährleistung des Schutzes vor Sabotage und terroristischer Aktivitäten beurteilen zu
können“. 11 Bürgerinitiativen waren von Spitzeln unterwandert, die versuchten zu Gewalttaten
zu verleiten. 12 Prof. Dr. Robert Jungk berichtete in seinem 661 Seiten starken Bestseller „Der
Atom-Staat“ über das Ausmaß der Unterwanderung, Mordanschlägen und wie
Atomenergiegegner in Irrenanstalten inhaftiert und mit Elektroschocks traktiert wurden, um
ihren Widerstand zu brechen. 13

So befürchten Insider, dass die Antifa ein Tummelplatz verschiedener Geheimdienste sei. Es
sollen gute Kontakte zum Mossad bestehen. Der jüdische Geheimdienst war besorgt, weil
früher die Linke israelkritisch war. Deshalb unterwanderte er vermutlich die Antifa und
deutsche Medien. Als forscher Verleumder entpuppten sich Andreas Speit und die taz, über
die die „Junge Freiheit“ schrieb: „Felix Menzel hat sich zudem an den Presserat gewandt und
wirft den Verfassern, darunter der Antifa-Journalist Andreas Speit, vor, unsauber recherchiert
und gegen sieben Vorschriften aus dem deutschen Pressekodex verstoßen zu haben.“ 14 Die
Antifa bediente sich lange der Internetseite „esowatch“, die in absurder Weise Menschen, die
noch denken konnten, beschuldigte, rechte Verschwörungstheoretiker, Antisemiten, Nazis
und Holocaust-Leugner zu sein. Bei Verleumdungsklagen, so z.B. im Fall des Anwalts
Dominik Storr, wurde offenbar, dass der Verfassungsschutz und der BND bei esowatch mit
involviert waren. Zudem wurde die Seite aus den USA betrieben – mit Hilfe der CIA?
Jedenfalls war das illegal und sie musste daher geschlossen werden. Nun nennt sie sich
psiram.de.

„Wenn der Faschismus wiederkehrt, wird er nicht sagen: >>Ich bin der Faschismus. Er
wird sagen: Ich bin der Antifaschismus<<!“

Ignazio Silone

Die Dienste bedienen sich zeitgemäßer Methoden schreibt das Magazin 2000plus: Vom
Geheimdienst beauftragte EDV-Experten dringen in Rechner von unliebsamen Privatpersonen
und platzieren über das Internet Kinderpornographie oder kompromittierende Daten. Dann
bedarf es nur noch eines anonymen Hinweises bei den zuständigen Ermittlungsbehörden und
einigen Medien, und der Betreffende ist zerstört. „Virtueller Mord“ nennt dies das „Magazin
2000plus“. 15 Drohanrufe, die Veröffentlichung persönlicher Daten im Internet, ein
augenzwinkernder Zeitungsartikel, ein abgefackeltes Auto reichen meistens aus, um
individuelle Renitenz niederzuzwingen. 16 In den USA gibt es Dutzende Agenturen, die
solche schmutzigen Dienste übernehmen. Und dem FBI und der CIA gelang es, in vielen
Fällen erfolgreich V-Leute inmitten von Initiativen oder in Hacker-Gruppen zu platzieren, um
die zu radikalisieren und zu Straftaten zu motivieren. 17

Die Unterwanderung der Umwelt- und Anti-AKW-Bewegung durch Beamte in zivil gehört,
quer durch Europa, längst zum Repertoire der angeblichen Demokratien. Diese
Spitzeltätigkeiten unterscheiden sich kaum von der Arbeit der Geheimdienste – „ohne
allerdings ausreichend kontrolliert zu werden“, kritisiert der Spiegel und verweist darauf, dass
auch ausländische Beamte auf deutschem Boden tätig sind und dabei sogar von den deutschen
rechtlichen Vorschriften befreit sind. 18 In den Niederlanden vergaß ein Mitarbeiter des
Geheimdienstes AIVD Datenträger, die Informationen über pikante Geheimoperationen
enthielten. Die Zeitung „de Volkskrant“ enthüllte an Hand dieser Daten, dass praktisch die
gesamte Öko- und Anti-AKW-Szene bespitzelt wird. 19 Der WDR zeigte in einer 45
minütigen Sendung, wie schwarz gekleidete Chaoten Steine und Molotowcocktails auf
Polizisten warfen, Autos und Banken anzündeten und andere Demonstranten aufforderten, die
Bullen „kalt zu machen“. Doch welch Wunder: die schwarz gekleideten waren selber
Polizisten, die von Kollegen mit Stahlstangen und Sprengsätzen nachgerüstet wurden. Die
Polizei sah dem Treiben ihrer Kollegen ungerührt zu, um wenig später friedliche
Demonstranten krankenhausreif zu schlagen. 20

Hinzu kommt die Lobby. Heute hält sich fast jeder große Multi ein Dutzend Bürgerinitiativen
und gekaufte Experten. So berichtete „raum&zeit“ und andere Medien wie der WWF
Monsantos Genpflanzen als „nachhaltig“ zertifizierte und auch sonst kaum Hemmungen beim
Weißwaschen von Umweltsündern zeigte. 21 Angebliche Umweltschützer werden von der
Presse zu Helden stilisiert, weil sie die Atomkraftwerke als puren Umweltschutz preisen und
jegliche Gefährdung leugnen. In dieser Disziplin tut sich besonders „Focus“ hervor, indem sie
die angebliche US-Umweltschützerin Gwyneth Cravens verkünden ließ, aus Fukushima sei
kaum Radioaktivität frei geworden und Atomkraft sei nun mal die einzig realistische Option
zur Energieerzeugung. 22 Radioaktivität habe heilende Funktion. Das müssten die
hysterischen, apokalyptischen, angstgesteuerten deutschen Verschwörungstheoretiker doch
endlich einsehen. Habe doch auch Hans-Werner Sinn behauptet „in Fukushima habe es noch
keine Toten gegeben“. 23

Nach Tschernobyl hieß es in den Medien, so etwas könne im technisch überlegenen Westen
nicht passieren, weil hier die Sicherheitsstandards so viel höher seien. Nach Fukushima durfte
das Atomforum verkünden, „die deutschen Kernkraftwerke hielten auch bei starken
Erdbeben“ 24 und Fukushima habe die „Atomenergie nur noch sicherer gemacht“.
Bundesumweltminister Norbert Röttgen und Bundeskanzlerin Merkel versicherten, es sei
ausgeschlossen, dass die deutsche Bevölkerung von den Auswirkungen des Unglücks in Japan
betroffen sei. 25 Und ließen gleichzeitig den Toleranzwert, der vor Tschernobyl 0,37
Becquerel pro Kg Nahrung betrug, zunächst auf 500 und dann auf 1350 Becquerel erhöhen.
Falls es zu weiteren Katastrophen in Fukushima kommt, ist vorgesehen, den Wert auf 4000 zu
erhöhen, wie er bereits in Japan gilt. Hinzu kommt, dass Atomkraftwerke sogar im
Normalbetrieb große Mengen Radioaktivität ausstoßen dürfen. Für das moderne
Atomkraftwerk Brokdorf sind dies jährlich eine Trilliarde Becquerel radioaktiver Gase. Das
ist eine Zahl mit 15 Nullen. Hinzu kommen 35 Billiarden an Abwässern und weitere
Belastungen durch einzelne Isotope. Das hat Folgen: Mittlerweile erkrankt jeder Zweite
Mitteleuropäer an Krebs, und es werden immer mehr. Dabei hatten bereits 1967 14
amerikanische Gesundheitsämter festgestellt, dass der einzige Weg die Krebsrate zu
verringern, sei, dafür zu sorgen, dass weniger Kanzerogene (also Radioaktivität und giftige
Chemikalien) in die Umwelt gelangen. 26 Doch das Gegenteil ist der Fall! Das bedeutet: Fast
alle von uns werden an Krebs erkranken. Macht nichts! sagen die Nutznießer: Hauptsache das
Geld fließt.

Der „Spiegel“ kommentierte: „Nach der dreifachen Kernschmelze in Japan wollen die
zuständigen Minister vieler Länder möglichst geräuschlos zur Tagesordnung übergehen. Dass
die Menschheit die Kernenergie inzwischen überwiegend ablehnt, schert sie wenig.“ 27
Deutschland mit dem drittältesten Reaktorpark der Welt, dessen Reaktoren weder gegen
Erdbeben, Flugzeugabsturz, Cyberattacken noch Sabotageakte gerüstet sind und von denen
heute keiner mehr eine Genehmigung erhalten würde, seien dennoch angeblich die sichersten
der Welt, beteuert E.on-Chef Johannes Teyssen. 28 Der „Spiegel“ hingegen bezeichnete sie als
„Zeitbomben“. 29 Bisher wurde die Atomenergie als alternativlos zur Aufrechterhaltung der
Stromversorgung dargestellt. Dann wurden sieben Reaktoren gleichzeitig und problemlos
abgeschaltet (in Japan sogar alle), ohne dass Auswirkungen bei der Stromversorgung zu
spüren waren. 30 Die Wahrheit ist: „Laufende Atomkraftwerke sind praktisch wie
Gelddruckmaschinen, sie werfen im Normalbetrieb gewaltige Gewinne ab. Was davor und
danach Kosten verursacht, wird sozialisiert. Forschung und Endlager zahlt der Staat, die
Folgen eines Unfalls trägt die Gesellschaft, weil keine Versicherungsgesellschaft der Welt
dieses Risiko übernehmen würde.“ 31 Und wenn sie es täte, wäre der Strom bis tausendmal
teurer und nicht mehr bezahlbar. Denn bei einem großen Reaktorunfall könnten finanzielle
Schäden über 50 Billionen Euro entstehen. Die Versicherungssummen hierfür wären
astronomisch und die Gesundheitsschäden und die durch Radioaktivität verursachten
Schmerzen und Qualen bei einem Super-GAU sind für uns schlicht unvorstellbar.

Dennoch zeigen Politiker kaum Hemmungen, der Atomindustrie zu dienen. Insbesondere die
„Grünen“ erwiesen sich als korrupt und als große Heuchler. So berichtete der „Spiegel“ grüne
Parlamentarier, die stets klare Bekenntnisse zum Ausstieg aus der Atomkraft öffentlich
verkünden, setzen sich, „hinter vorgehaltener Hand“, stets „für eine Verlängerung der
Laufzeiten von Reaktoren“ ein. 32 Ein gutes Beispiel ist Joschka Fischer. Er sitzt nicht nur in
Aufsichtsräten von Siemens, RWE und beispielsweise BMW, sondern seine Joschka Fischer
& Company GmbH berät viele Firmen im In- und Ausland. Insider schätzen, so „Focus“, das
er allein von Rewe & Co. mit jeweils mehr als eine Million Euro entlohnt wird. Zudem
kooperiert Fischer mit dem Lobbyisten-Ensemble seiner früheren US-Außenkollegin
Madeleine Albright. 33 Die Liste der Grünen, die ihre Dienste dem einstigen Gegner anbieten,
ist lang: Gunda Röstel ist Aufsichtsrätin beim Energieversorger EnBW wie zuvor Rezzo
Schlauch, Christine Scheel für den Energieversorger HSE usw. usw. 34

Aber auch in anderen Parteien tummeln sich die Atom-Lobbyisten: Merkel, Kauder, Söder,
Oettinger, Westerwelle, Brüderle – die Liste ist lang. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla
erklärte die Atomenergie zur „Öko-Energie der CDU“, ohne die hierzulande „die Lichter
ausgehen“. 35 Besonders peinlich waren die Vorgänge um den ehemaligen
Ministerpräsidenten Stefan Mappus, bei dem vorgeführt wurde, dass nicht er, sondern sein
Freund Dirk Notheis, Deutschland-Chef von Morgan Stanley, die Politik bestimmte. Das
Parlament musste im Nachherein alles abnicken. Ja gar, was Mappus öffentlich von sich
geben durfte, bestimmte die Finanz- und Energie Lobby. „Das Bananenländle“ nannte es der
„Spiegel“. 36

Das ZDF berichtete über die ungeheure Macht, über die die Atom-Lobby verfügt. Sie habe
den schwarz-gelben Wahlkampf 2009 minutiös geplant und finanziert und schwarz-gelb an
die Macht gebracht und fordere nun den Lohn. Auch „Spiegel-Online“ berichtete: „Die
Atomlobby hat den Wahlkampf bis ins Detail vorbereitet – um ihn aktiv zu steuern…
Demnach sollen Politiker und Journalisten gezielt auf Pro-Atom-Kurs gebracht werden…
durch „U-Boot-Strategien“. Als Verbündete werden u.a. Fritz Vahrenholt (ehemaliger SPD-
Umweltsenator in Hamburg), Claudia Kemfert (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung)
oder Norbert Walter (Chefvolkswirt der Deutschen Bank) genannt. An ihrer Spitze befindet
sich der EU-Energiekommissar Günther Oettinger, der als Ministerpräsident für eine
unbefristete Laufzeit der Atomkraftwerke plädierte. Es ist die Atom-Lobby, die dieses Land
regiert, so das ZDF und nannte als Beispiel Joachim Pfeifer (Schwaben AG, EnBW,
Aufsichtsrat bei Hitachi, die Atomkraftwerke bauen). Auch der neue Leiter der
Reaktorsicherheit, Hennenhöfer, gehört dazu. Er war es, der den Atommüll in den
absaufenden Salzstollen einlagern ließ. Die Politiker hätten nichts zu sagen, sie seien nur die
gekauften Abnicker. Und auch rot-grün, so das ZDF, fördere die Atomenergie, wo immer
möglich, obgleich sie offiziell gegen sie sei. 37 38

Insbesondere die Grünen haben ihre hehren Ziele verraten. Sie waren die treibende Kraft
hinter den Angriffskriegen gegen Jugoslawien und Afghanistan, bei denen Atommüll als
Urangeschosse eingesetzt wurde. Die Folgen dieses Kriegsverbrechens, so Prof. Dr. Dr.
Horst-Siegwart Günter, sind ein Anschlag auf alles höhere Leben. Auch bei der Aufklärung
der höchsten Leukämierate der Welt, bei Kindern in der Nähe von Geesthacht, spielten die
Grünen ein jämmerliches Spiel. Sie wollten verhindern, dass herauskam, dass vermutlich im
GKSS mit Kleinstatombomben experimentiert wurde, bei denen ein Kritikalitätsunfall auftrat,
der die Umgebung mit kleinen spaltprodukthaltigen Kügelchen verseuchte. Es waren die
Grünen, die die Arbeit der Leukämiekommission abwürgte, so dass letztendlich die
Professoren Otmar Wassermann, Inge Schmitz-Feuerhake, Edmund Lengfelder, Horst Kuni,
Roland Scholz und Helga Diekmann unter Protest zurücktraten. Sebastian Pflugbeil, Präsident
der Deutschen Strahlenschutzgesellschaft, kommentierte das Geschehen: „Sie mussten
erfahren, dass die Schleswig-Holsteinische Landesregierung… ihre Arbeit behinderte, wo sie
nur konnte: Beamte fälschten ungestraft Messwerte und durften abstruse Lügenmärchen
verbreiten.“ 39

„Wer die Wahrheit nicht kennt, ist nur ein Dummkopf, aber wer sie kennt

und sie eine Lüge nennt, der ist ein Verbrecher.“

Bertold Brecht

Die Grünen beteiligten sich auch zusammen mit deutschen Medien an der
Verleumdungskampagne gegen Prof. Dr. Inge Schmitz-Feuerhake. Als angesehene
internationale Experten und renommierte ausländische Laboratorien ihre Thesen bestätigten,
schwiegen die Medien. Als Jahre später der grüne Umweltminister Habeck den Schleswig-
Holsteinern den hochaktiven Atommüll unter das Bett schieben wollte – selbstverständlich
nur für eine ausreichende finanzielle Zuwendung – platzte sogar der Atomindustrie der
Kragen. Die Betriebsleitung des AKW Brunsbüttel machte klar, dass sie das Teufelszeug
nicht wolle, ihr reichen die Probleme mit dem eigenen Atommüll. Das führte die „Lübecker
Nachrichten“ zu der Frage „Wer regiert denn nun in Deutschland?“, und sie beantworteten die
Frage gleich selbst, es seien „die vier deutschen Energieriesen“, „die die Regierung
energiepolitisch am Gängelband führen“. 40

Aber nicht nur die Regierung, die ganze Gesellschaft wurde von der Atomlobby gekauft,
berichtete der „Spiegel“: „Wirtschaftsführer wie Rüdiger Grube von der Deutschen Bahn oder
Ekkehard Schulz von Thyssen-Krupp, die einstigen SPD-Größen Otto Schily und Wolfgang
Clement, der Publizist Manfred Bissinger und sogar Oliver Bierhoff, Manager der
Fußballnationalmannschaft, rufen die Bundesregierung auf, die Kernkraftwerke möglichst
lange laufen zu lassen und die Industrie nicht durch eine Brennelementesteuer oder eine
höhere Ökosteuer zu belasten.“ 41 Das Ausmaß, wie die Atomlobby Entscheidungsträger und
Medien kaufte und die Anti-Atomkraft-Bewegung unterwanderte, offenbaren zwei
Rechenschaftsberichte einer PR-Agentur der Atomlobby mit Namen „Kampagne
Energieverantwortung für Deutschland“ vom 12.12.2008 und „Aus Verantwortung für
Deutschland: Kernenergie“ von 2008/2009. Das Ziel der Kampagne: Ein verändertes
Meinungsklima zur Kernenergie in Deutschland und längere Laufzeiten zu etablieren. Die
direkten Zielgruppen, die beeinflusst werden sollten, waren Politik und Entscheidungsträger,
Medien und Meinungsführer, hochrangige Wissenschaftler und moralische Instanzen. Sie
sorgten für eine positive mediale Berichterstattung in dpa, Zeit, Titanic, Welt, FAZ, FAS,
Handelsblatt, SZ, brand eins, Stern, VDI Nachrichten, Bild, Brigitte ect. durch Textanzeigen,
geldliche Zuwendungen, Beilagen in Zeitungen, journalistische Dialoge und Vermarktung
gekaufter wissenschaftlicher Studien. Hinzu kamen Wanderausstellungen wie: Kernenergie
als Klimaretter oder warum Gorleben als Endlagerstätte geeignet ist.

Als Erfolg wurde u.a. verbucht: „Mediale Begleitung von Medienoffensive… aufgrund enger
Verknüpfung der redaktionellen Inhalte mit Anzeigenschaltung“, S.4,5. „Teilnahme von 16
Key-Journalisten deutscher Meinungsführer-Medien mit positivem Feedback in
überregionalen Medien“, S.15. „Platzierung von Thesen pro Kernenergie in auflagenstarken
Medium… Veröffentlichung der Thesen in Bild-Zeitung (reichweitenstärkste Tageszeitung)
und damit Ansprache der breiten Öffentlichkeit erreicht“, S.22. Pressegespräche mit denen
„das Anliegen der Branche optimal platziert werden“ konnte „mit einer beachtlichen medialen
Resonanz“, S.36. Beilagen in WamS, BamS und FAS für 821 370 Euro, S.20. In Zeitschriften
wurden Artikel vermarktet und lanciert wie „Frauen in der Kernenergie“ (Brigitte); „Leben in
der Nähe von Kernkraftwerken (Zeit); Finnische Energiewende“ (Süddeutsche Zeitung für
rund 500 000 Euro) S.29 oder kritische Artikel verhindert. So wird auf Seite 5 als Erfolg
verbucht: „Verschiebung der bereits geplanten Veröffentlichung weiterer Kinderkrebs-
Studien durch Süddeutsche Zeitung auf Zeitpunkt nach Bundestagswahl erreicht“.

Erschreckend ist dabei, wie billig sich Abgeordnete und moralische Instanzen einkaufen
ließen. So heißt es auf S. 18, dass Parlamentarier-Gruppen aus dem Umweltausschuss positiv
beeinflusst werden sollen. Kosten ca. 5000 Euro pro Briefing. Auf S.28 werden Prominente
aus Parteien, Gewerkschaften und Kirche aufgezählt, mit denen Sondierungsgespräche
geführt wurden. Kostenpunkt im 6stelligen Bereich. „Gemeinsamer Appell/Weckruf zur
Energieverantwortung von renommierten, allgemein anerkannten Wissenschaftlern und
>>Moralinstanzen<<“, S.26. In diesem Zusammenhang werden Prof. Dr. Arnulf Baring und
Prof. Dr. Joachim Schwalbach erwähnt, die sich immer positiv zur Kernenergie äußern,
S.23,26. Anzeigen in „Die Zeit“ und „FAZ“ als Weckruf von Wissenschaft, Junge
Avantgarde und MdBs, um „Aufbau von Handlungsdruck in Richtung lokale MdBs“ zu
erzwingen, S.34,35. Interessant ist auch, dass die Grünen und die taz mehrfach gelobt werden.
So heißt es auf S.17 „angeregte Diskussion in taz“ und auf S.37 wird „von Nachahmeraktion
der Grünen Niedersachsen“ berichtet. Daher sollte es niemanden wundern, dass beide so
intensiv gegen den Film „Friedlich in die Katastrophe“ gegiftet haben.

Wie weit die Atomlobby die Politik beherrscht, zeigt auch ein weiteres Beispiel. Auf Seite 5,8
wird gefordert, dass die Politik über Energiepreise eingreifen müsse, und es werden drastische
Strompreiserhöhungen verlangt, denn die würden der Kernenergie Vorschub leisten,
insbesondere wenn der „dämpfende Effekt der Kernenergie verdeutlicht“ wird! 42 An dem
Ausstieg vom Ausstieg wird längst gearbeitet, indem die obigen Vorgaben der Atom-Lobby
umgesetzt werden, die Ökostromumlage auf 6,3 Cent pro KW/h angehoben wurde und
gleichzeitig dafür gesorgt wird, dass die größten Umweltverschmutzer und
Energieverbraucher immer weniger zu zahlen brauchen. Die Nutzung des Atomstroms hat uns
laut einer Greenpeace-Studie bereits 204 Milliarden Euro Steuergelder gekostet. Auch ohne
Laufzeitverlängerung kämen weitere 100 Milliarden Euro hinzu. 43 Denn das Geld für den
Abriss der Atomkraftwerke wird nicht reichen, obgleich dafür 33 Milliarden Rückstellungen
bereitstehen. Auch für die Entsorgung von acht Millionen Tonnen strahlenden Mülls drohen
dem Steuerzahler weitere Milliardenlasten. 44 Außerdem sind alle AKWs nur ungenügend
versichert. Bei einem Super-Gau droht der finanzielle Totalschaden. Obgleich E.on-Chef
Ulrich Hartmann am 11. Juni 2001 bei der Unterzeichnung des für den Steuerzahler
dreistelligen Milliarden teuren Ausstiegs-Vertrags tönte: „Entscheidend ist, dass beide Seiten
sich auch in Zukunft an ihren Inhalt und Geist gebunden fühlen. Wir sind dazu bereit!“,
verklagte E.on die Bundesregierung wegen des Atomausstiegs auf 8 Mrd. Euro
Schadensersatz.

Auch RWE, Vattenfall, Eon und EnBW wollen vor dem Bundesverfassungsgericht und in
New York wegen Handelshemmnissen und dem „Eigentumsrecht des Grundgesetzes“ klagen.
45
Vattenfall werden von Juristen besonders gute Chancen eingeräumt, da er als ausländischer
Konzern sich auf die Investitionsschutzregeln berufen und sich somit der deutschen
Rechtssprechung entziehen kann. 46 Der CDU-Politiker und Atom-Lobbyist Rupert Scholz
geht fest davon aus, dass die Stromversorger einen Entschädigungsanspruch in Karlsruhe
durchsetzen werden. 47 Auch Wolfgang Clement, der im Aufsichtsrat von RWE Power sitzt
und Atom-Fan ist, meint, der Atomausstieg sei verfassungswidrig, selbst wenn ein Super-
GAU droht. Und er verweist auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts: „Ungewissheiten
jenseits dieser Schwelle praktischer Vernunft sind unentrinnbar und insofern als
sozialadäquate Lasten von allen Bürgern zu tragen.“ 48 Der Ausstieg ist somit noch lange
nicht in trockenen Tüchern. Sicher ist nur, so sekundierte Bundesumweltminister Peter
Altmaier, dass der Bürger die 200 Milliarden Kosten für die Energiewende zu zahlen habe. 49

„Wir haben in der Vergangenheit die Kosten der Kernenergie

zu Lasten der Allgemeinheit und künftiger Generationen gelöst.“

Peter Altmaier

Derweil macht die deutsche Atomindustrie weiterhin ungerührt Geschäfte, und die
Bundesregierung sichert diese mit Bürgschaften ab. „Größter Brocken ist eine Garantie für
den Bau des Reaktors Angra 3 in Brasilien, der in einem Erdbebengebiet liegt. Aber auch für
Neubauvorhaben in China“ und anderen Standorten „hat der Bund die Deckung von
Ausfallrisiken zugesagt“. 50 Dies, obgleich es in den deutschen Umweltleitlinien heißt:
„Ausgeschlossen von der Exportförderung sind Nukleartechnologien zum Neubau bzw. zur
Umrüstung von Atomanlagen.“ Und so schafft die Bundesregierung viele neue Irans, bricht
ihre eigenen Gesetze und denkt gar nicht daran, Atomkraftwerke für immer vom Netz zu
nehmen. 51 Denn die Abschaltung der älteren Atomkraftwerke geschah aus
wahlkampftaktischen Gründen, berichtete der damalige Wirtschaftsminister Rainer Brüderle
vor dem Bundesverband Deutscher Industrie (BDI). Doch diese Täuschung, so der ehemalige
schleswig-holsteinische Wirtschaftsminister Werner Marnette, erschüttere „die Grundfesten
der Demokratie“! 52
Und dies aus mehreren Gründen: Über die wirklichen Gefahren der Atomenergie und die
Geschehnisse in Fukushima wird so gut wie gar nichts mehr berichtet. Auch die Öffentlich-
Rechtlichen Anstalten verhalten sich wie die drei berühmten Affen. Entweder wurden die
Medien gekauft oder brutal auf Kurs gebracht wie in Frankreich. Anne Lauvergeon,
ehemalige Chefin des Atomkonzern Areva, wurde von dem Bankier Edouard de Rothschild,
kurzerhand zur Aufsichtsratsvorsitzenden der Tageszeitung „Libération“ ernannt. Die
„Libération“ gilt als Zentralorgan der französischen Linken und ist eindeutig gegen
Atomkraft. Deswegen wurde der Zeitungsgründer Serge Kuly durch den Haupteigner des
Verlages, Baron Rothschild, von der Redaktionsspitze vertrieben und durch den Atomfan
Lauvergeon ersetzt. 53 Diese Leute gefährden fahrlässig unsere Gesundheit und unser Leben.
In dem Atom, so Prof. Dr. Hermann Scheer (Alternativer Nobelpreisträger und Solar-Papst),
steckt der Geist des Nazismus und des Bösen, und wenn wir es nicht stoppen, wird es uns
vernichten!

„Dieser Unrechtsstaat ist zu allem fähig.“

Günter Grass

Schule und Lernen


von Holger Strohm

INHALTSVERZEICHNIS:

 Subjektive, ungerechte Zensurengebung; Auswirkungen auf die


Lernbereitschaft von Schülern; Zensurenrecht und Verfassungsrecht S. 2
 Neurogenetische und psychologische Bedingungen des Lernens S. 9
 Die Rolle des Lehrers, das Tabuthema Lehrergewalt, der Kreislauf der Gewalt,
wenn Schüler Lehrer töten, ist Schule die Ursache für die Gewalt? S. 16
 Wie und unter welchen neurologischen Bedingungen lernt der Mensch? S.28
 Wie sollte Schule aussehen - am Beispiel finnischer und schwedischer
Schulen? Wie kommt man dahin? S.36
 Thesen des Verfassers S.52

SUBJEKTIVE, UNGERECHTE ZENSURENGEBUNG; AUSWIRKUNG AUF DIE


LERNBEREITSCHAFT VON SCHÜLERN; ZENSURENRECHT UND
VERFASSUNGSRECHT

SUBJEKTIVE ZENSURENGEBUNG

Zensurengebung ist meist grober Unfug. Darauf weisen im Zusammenhang mit Pisa
nicht nur Ministerpräsidenten, die Grünen oder beispielsweise die GEW hin - die ja auch
aus diesem Grunde für eine Abschaffung des "Zensurenterrors" plädiert, da er mehr
schadet als nutzt - sondern auch sehr viele Erziehungswissenschaftler sind dieser
Meinung.
Allerdings meinen Schulbehörden, Schulleiter und Lehrer oft, Noten würden nicht
beliebig, sondern gerecht nach objektiven "Kriterien" von "Fachkräften" auf
"Konferenzbeschlüssen" "ordnungsgemäß" vergeben und daher könnte die
Notengebung nicht angezweifelt werden. Das steht im krassen Gegensatz zu der Meinung
fast aller Experten. Paul Innerhofer (Experte am Max-Planck-Institut für Psychiatrie),
stellte schon vor einem Vierteljahrhundert fest, dass nicht etwa der "Begabungsmangel"
oder "fehlender Lernwille" des Schülers für eine schlechte Leistung verantwortlich sei,
sondern dies ausschließlich von dem Unterrichtenden abhängt, der die Zensuren nach
soziokulturellen oder Sympathiewerten vergibt (Der Kinderarzt, S. 124-129, 1975).
Insbesondere K. Ingenkamp ("Die Fragwürdigkeit der Zensurengebung, 1971;
"Pädagogische Diagnostik", 1974; "Wert und Wirkung von Beurteilungsverfahren",
1981; "Zeugnisse und Zeugnisreformen in der Grundschule aus der Sicht empirischer
Pädagogik", 1987; "Pädagogik - Jahrbuch für Studium und Praxis, 1991) und J.W.
Ziegenspeck ("Handbuch Zensur und Zeugnis aus der Schule, 1999) haben das Märchen
von gerechten Noten völlig widerlegt.

H. Kasper ("Mobbing in der Schule", 1998) spricht von "Notenterror" und


"willkürlicher" Notengebung, die jeder wissenschaftlichen Grundlage entbehren. Das
Wort "Zensur" drücke es bereits aus. Es wird "zensiert", "gerichtet", aber kaum
"gewertet". "Business Week" (2.3.98, S.12) berichtete über umfangreiche Forschungen
in den USA, die ergaben, dass Lehrer nicht etwa die Leistungen und das Denkpotential
des Schülers beurteilen würden, sondern dass die Beurteilungen hauptsächlich von dem
"Sympathiefaktor", den der Lehrer für den Schüler empfindet, abhängt.

DAS VOMERONASALORGAN

Diese Forschungen wurden durch neurogenetische und psychologische Erkenntnisse


bestätigt, die dieses Phänomen hauptsächlich auf die Wirkung des VNO
(Vomeronasalorgan) zurückführen. Dieses stecknadelkopfgroße Organ mit zwei kleinen
Schläuchen sitzt in der Nasenwurzel und ist direkt mit dem Gehirn verbunden. Es
entschlüsselt die genetische Zusammensetzung des gegenüber, es fängt chemische Signale
auf und analysiert die Zusammensetzung der Pheromone, die von Drüsen über die Haut
abgesondert werden und leitet die Analyse direkt an das Gehirn weiter. Diese
pheromonale Kommunikation entscheidet darüber, ob sich Menschen riechen können
oder nicht. Über spezielle Nervenverbindungen dringt sie ins Hirn und beeinflusst
Sexualverhalten, Liebe, Zuneigung, Hass, Aggressionen und Widerwillen. Dabei wirken
männliche Pheromone auf Frauen entspannend, während Männer auf fremde männliche
Pheromone aggressiv und feindselig reagieren. Diese unbewusst wahrgenommenen
Signale führen bei uns zu chemisch programmierten Reaktionen. Sie bestimmen
darüber, wie ein männlicher oder weiblicher Schüler von Lehrern oder Lehrerinnen
beurteilt, gelobt, bestätigt, motiviert, missachtet, schikaniert, demotiviert oder hart
beurteilt wird. Es kann in ungünstigen Fällen sogar den Denkprozess stören.

Mädchen erreichen durchschnittlich immer bessere Schulnoten und bleiben weniger


sitzen als Jungen. Dieses Faktum bemerkten Therese Rank ("Schulleistung und
Persönlichkeit", 1962) und Rudolf Weiss ("Zensur und Zeugnis", 1965) bereits vor
Jahrzehnten. Mädchen werden sowohl in Kopfzensuren als auch in fast allen
Leistungsfächern günstiger beurteilt als Jungen. Die Note "ausreichend" tritt bei Jungen
um ein Mehrfaches auf als bei Mädchen, obwohl zwischen den Geschlechtern in der
allgemeinen intellektuellen "Ausstattung" keine Unterschiede nachgewiesen werden
konnten. Bei einer objektiven Nachprüfung mit standardisierten Schulleistungstests
konnten Mädchen keine signifikant besseren Ergebnisse erzielen als Jungen, dennoch
bekamen sie bessere Noten. (S.T. Hadley, "Feststellungen und Vorurteile in der
Zensierung", S.134-141, 1971) Somit fallen Intelligenzunterschiede und Unterschiede der
allgemeinen Schulleistungsfähigkeit als Erklärung weg. Rudolf Weiss ("Zensur und
Zeugnis", 1965; "Leistungsbeurteilungen in den Schulen", 1989) führt die Unterschiede
in der Benotung auf die geringere Tendenz zur Auflehnung und auf die höhere
Anpassungsfähigkeit von Mädchen zurück. Diese typisch weiblichen Eigenschaften (der
so genannte "Halo-Effekt") , in Kombination mit der pheromonalen Kommunikation
sind die ursächlichen Gründe für die Zensierungsunterschiede. Hinzu kommt das so
genannte "Etikettieren" mit dem Lehrkräfte saubere, gepflegte, schöne, ordentliche und
gehorsame Kinder meistens für intelligenter und fähiger halten als unordentliche,
schwierige und störrische Schüler (Hans Aebli, "Grundformen des Lehrens", S. 183,
1961).

DAS ETIKETTIEREN

V. Krumm schreibt hierzu ("Ungerechte Lehrer", psychosozial, S. 65, 2000): "Das


Kernproblem... sind fixierte Einstellungen und Vorurteile von Lehrern über geringe
Kenntnisse eines Schülers. Etliche Lehrer tendieren dazu, alle Verhaltensweisen eines
Schülers auf den sie sich eingeschossen oder den sie in einer Schublade haben, negativ zu
interpretieren und undifferenziert nicht wohlwollend auf seine Handlungen zu reagieren:
rechthaberisch, mit Empörung usw. - oder eben mit ungerechten Noten. Es sind jene
Verhaltensweisen, die J.E. Brophy und T.L. Good ("Die Lehrer-Schüler-Interaktion", S.
202, 207f. , 1976) bei Lehrern gegenüber "Ablehnungsschülern" beobachtet haben."

Der Salzburger Erziehungswissenschaftler Volker Krumm weist daraufhin ("Ungerechte


Lehrer", psychosozial, S.57-73, 2000), dass nicht die Leistung, sondern oft Fehlverhalten,
schlechte Schrift, ein anderer Lösungsweg oder Stören mit schlechten Zensuren geahndet
werden. Lieblingsschüler oder Schüler, deren Eltern Lehrer oder Akademiker sind oder
einflussreiche Positionen innehaben, erhalten stets bessere Noten. Oft halten sich Lehrer
nicht an ihre Versprechungen und stufen einen Schüler mit der Begründung herunter,
"er könne eine bessere Note nicht vertreten". Krumm kommentiert: "Die Ergebnisse
solcher Gültigkeitsprüfungen durch Schüler entsprechen den Befunden experimenteller
Forschung über die Objektivität, Reliabilität und Gültigkeit der Notengebungen: Die
Noten differieren zwischen Lehrern gewaltig und ebenso, wenn ein Lehrer dieselbe
Arbeit nach einiger Zeit ein zweites Mal korrigiert." Auch ist seit Jahrzehnten bekannt,
dass dieselbe Arbeit von verschiedenen Lehrern und Gutachtern völlig verschieden
zensiert wurde. Im Extremfall sogar von 1 bis 6 - wohlgemerkt für dieselbe Arbeit!

Kurt Singer ("Wenn die Schule krank macht", Kap.9, S.4,5, 2000) schreibt: "Bei einer
Untersuchung fand man in den Diktatheften sehr guter Schüler 39 Prozent von Lehrern
übersehene Fehler, in denen schlechter Schüler wurden nur 12 Prozent übersehen".
Nach Brophy & Good (1976, S.186ff.,203,207f.) wird bei der Zensurengebung nicht etwa
die Leistung des Schülers, sondern Persönlichkeitsmerkmale, soziobiographische und
soziokulturelle Merkmale wie Dialekt, Beruf oder Arbeitslosigkeit des Vaters, uneheliche
Geburt, Aussehen, Geschlecht usw. beurteilt. Paul Immerhofer schreibt: "Lehrern bleibt
völlig verborgen, wie der Kollege auf der Zeugniskonferenz zu seiner 1, 3 oder 5
gekommen ist. Denn die Notengebung besteht weitestgehend aus Zensurenwillkür." Dem
schließt sich der "Stern" (18.11.99, S.22-23) in seiner Beurteilung über "fiese Pauker"
an, die Schüler ohne Grund von Eins auf Drei herunterstufen, weil sie sie nicht leiden
können oder nicht ihrer Meinung waren.

NOTEN HABEN KEINEN POSITIVEN GESELLSCHAFTLICHEN NUTZEN

Zu der äußerst fragwürdigen Praxis der Notengebung kommt noch hinzu, dass Noten
keinen positiven gesellschaftlichen Nutzen haben, sondern fast ausschließlich dazu
benutzt werden, fragwürdige Inhalte, ohne Sinn und Verstand, dem Schüler zu
oktroyieren und ihn mit Noten zu disziplinieren. Johannes Beck (Der Bildungswahn,
S.17,56f.,69,154, 1994) kritisiert, dass die Zensur selbst in den Universitäten zur Zensur
führt - bis in den Inhalt hinein: "Sie sind nicht hier um zu denken, sondern um zu
studieren". "Wer die allgemeinen anerkannten Standards der Wissenschaft nicht
akzeptieren will, hat hier nichts zu suchen". "Mit derartigen Sätzen wird der Geist
verabschiedet und den vorausgesetzten Gegebenheiten unterstellt. Die hat er zu
reproduzieren, anstatt sie zu reflektieren." Gleiches gilt für die Schule, von denen viele
Erziehungswissenschaftler meinen, sie fördere vor allem die Dummheit, und das wäre
auch ihre politische Aufgabe. Wer wundert sich dann noch darüber, wenn nicht einmal
10 Prozent der von mir befragten Pädagogikstudenten, die dem Lehrerberuf äußerst
positiv zugewandt sind, in der Notengebung etwas Positives entdecken können. Für sie
hat die Lehrerzensur eher etwas mit dem viel belachten "Würfeln von Noten" zu tun.
TIMSS und Pisa haben gezeigt, dass die Länder, die keine Noten vergeben und bei denen
es kein Sitzen bleiben gibt, durch die Bank weg, besser bei Vergleichstest abschnitten als
Deutschland. Somit, so Eva Maria Stange (GEW-Vorsitzende), wären nicht die
deutschen Schüler an der schwachen Leistung Schuld, sondern das ungerechte
Schulsystem mit seinen Lehrern. Dem schließt sich Roman Herzog an, der den deutschen
Schulen und Lehrern - dem teuersten und ineffektivsten Schulsystem der Welt - ein
glattes "ungenügend" gab, und Heide Simonis Urteil lautete "mangelhaft" nicht
versetzt! "Thema verfehlt, Sechs!" schrieb die "Zeit" (S.1, 23.11.2000). "Miserable
Pädagogen pauken ihren Schülern ein starres Regelwerk ein. Denken sei verboten!" Was
für ein Glück für die deutsche Schule, dass sie bisher keine Privatkonkurrenz zu
fürchten brauchte.

UNGERECHTE ZENSUREN BEHINDERN LERNBEREITSCHAFT DES SCHÜLERS

Insbesondere gilt dies, wenn man die verheerende Wirkung auf die Lernbereitschaft und
Lernmotivation der Schüler berücksichtigt. Laut einer Umfrage von Volker Krumm vom
März 1999 beklagen sich 62,1 Prozent der Schüler über Ungerechtigkeiten bei der
Benotung. "Ungerecht beurteilte" Noten seien auf Platz 1 der Mängelliste gelandet. In
den meisten Fällen wurde die als ungerecht erlebte Note auf Rechthaberei, Vorurteile,
Antipathie sowie auf Revanche des Lehrers zurückgeführt. Mit ihren wirklichen
Leistungen, so die Schüler, hätten Zensuren absolut nichts zu tun. Dies wird von Krumm
et al. ("Ungerechte Lehrer", psychosozial, S. 63-65,2000) bestätigt: Schüler leiden am
meisten unter Notenungerechtigkeit und diese wiederum habe verheerende
Auswirkungen auf die Lernbereitschaft der Schüler. Schüler berichteten
folgendermaßen über ihre Reaktionen: "Der Lehrer wurde mir unsympathisch"; "Das
Fach des Lehrers wurde mir zuwider"; "Ich konnte mich im Unterricht schlechter
konzentrieren"; usw. Dennoch wagt kaum ein Schüler oder Elternteil gegen ungerechte
Beurteilungen anzugehen, da sie alle die Rache in Form von noch schlechteren Zensuren
fürchten. Krumm schreibt, dass Lehrer die Notengebung zum Machtmissbrauch
einsetzen und somit praktisch ein Lernen verhindern ("Machtmissbrauch von Lehrern",
Journal für Schulentwicklung, S.48, 1999; "Machtmissbrauch von Lehrern und was man
dagegen tun kann", Schweizer Schule, S.3, 1999).

Nach Krumm produzieren somit ausgerechnet die Lehrer die Probleme, über die sie
selber am lautesten lamentieren. Und er weist noch einmal auf die hohe Zahl von
leidenden Schülern hin, die die Schule als unerträglich empfinden: "Eine bedenklich
hohe Zahl, wenn man beachtet, dass die Mehrzahl dieser Klagen sich auf die
Sekundarstufe II bezieht und dass Selbständigkeit und Kritikfähigkeit zu den obersten
Erziehungszielen der Schule gehören. Unter den Gründen, weshalb nichts gegen die
ungerechte Zensur unternommen wurde, steht an 1. Stelle, dass Widerspruch "nichts
genützt" hätte, dann folgte "Angst", dass es schlimmer geworden wäre, und ungefähr
mit gleichem Gewicht "Hilflosigkeit". Das sind Begründungen von Ohnmächtigen!"
Folgerichtig spricht Rainer Korte (Prodekan an der Fachhochschule Dortmund) von
"moralinsaurem Gerede" der Lehrkörper, die endlich anfangen müssten, Schülern die
Rechte zu gewähren, die sie für sich selbst in Anspruch nehmen. Und sie sollten
aufhören, die Schüler ständig als Schuldige zu sehen!

ZENSURENRECHT UND VERFASSUNGSRECHT

Norbert Niehues, Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht Berlin, weist in


seinem Buch ("Schul- und Prüfungsrecht", S.286-296, 2000) daraufhin, dass die
Notengebung streng reglementiert ist: Der Gesetzgeber geht davon aus, dass eine
zutreffende Beurteilung der Eignung und Leistung eines Schülers in jedem Einzelfall
"sachkundig", möglichst "vollständig" und "realitätsnah ermittelt" werde, da sonst die
"Chancengleichheit" (Art. 3 Abs. 1 GG) berührt ist. Daher verlangt Art. 3 Abs. 1 GG ein
einheitliches Vorgehen ohne Benachteiligung Anderer. Daher hat der Gesetzgeber
gewisse Bedingungen gestellt. So sollen "die gleichmäßige Verteilung der durch die
Prüfungs- und Ausbildungsordnung vorgeschriebenen Klassenarbeiten/Klausuren über
das Schuljahr, wobei in einer Woche nicht mehr als zwei Arbeiten geschrieben werden
sollen und nur eine am Tag geschrieben werden darf (§22Abs. 1 nw AschO), sowie die
Ankündigung der Arbeiten bezwecken, eine Verfälschung des wahren Leistungsbildes
durch temporäre Überbeanspruchung zu vermeiden... Es genügt nicht, dass die Aufgabe
von den lehrplanmäßig umschriebenen Unterrichtsgegenständen erfasst wird, sondern
der Unterricht des einzelnen Lehrers muss sich hiermit wirklich befasst haben...Ferner
müssen die Aufgaben speziell aus der Sicht des Schülers verständlich sein; sie dürfen
nicht mehrdeutig oder gar verwirrend sein, indem sie nur eine denkbar richtige Lösung
suggerieren, obwohl es objektiv mehrere vertretbare Lösungen gibt... Schließlich muss
jede mündliche oder schriftliche Aufgabe geeignet sein, den Leistungsstandard aller
Schüler der betreffenden Klasse oder des Kurses zu ermitteln. Eine Aufgabe, die nur die
besten Schüler lösen können, ist nicht geeignet zu ermitteln, was die weniger guten
Schüler gelernt haben... Hohe Misserfolgsquoten geben Anlass dazu, der Frage
nachzugehen, ob solche Defizite bei der Aufgabenstellung vorhanden sind... Das
schriftlich oder mündlich ermittelte Leistungsbild eines Schülers ist unzutreffend, wenn
der Ermittlungsvorgang erheblich gestört ist. Das ist der Fall, wenn Lehrer oder Prüfer
die Gebote der Fairness und Sachlichkeit verletzen oder als Person befangen sind." Und
es muss immer der "Grundsatz der Chancengleichheit (Art.3 Abs.1 GG)" beachtet
werden, der es gebietet, stets die gleichen Maßstäbe zugrunde zu legen (BVerwG,
U.v.9.8.1996).

Aus der Sicht neuester Gehirnforschung sind diese Voraussetzungen in den meisten
Fällen nicht gegeben. Auch die Meinung vieler Lehrkörper, Schulleiter und Behörden,
die davon ausgehen, dass nur sie berechtigt sind, Noten festzulegen, ist rechtlich nicht
haltbar. So heißt es beispielsweise in einer Stellungsnahme einer Schulleiterin: "Eine
Korrektur von Noten, wie Sie sie fordern, einfach so, kann es nicht geben. Noten sind
Konferenzbeschlüsse. Sie sind in diesem Fall ordnungsgemäß zustande gekommen und
nur durch einen Konferenzbeschluss wieder zu ändern". Das stimmt nicht! Die
rechtlichen Vorschriften des Verwaltungsrechts sehen Folgendes vor: Wenn eine
Beschwerde beim Lehrer nichts bringt, ist der nächste Gang zum Schulleiter. Der hat die
Pflicht, bei begründetem Verdacht, bereits erteilte Zensuren auch gegen den Willen des
Lehrers zu korrigieren. Stellt sich der Rektor vor seinen Lehrer, so muss das Schulamt
die umstrittene Note ändern. Wenn sich auch das Schulamt - wie häufig - stur stellt, wäre
der Gang vor das Verwaltungsgericht fällig. Und dessen Entscheidungen sind eindeutig.
Die Fürsorgepflicht des Dienstherren für seine Untergebenen hat vor dem
Verwaltungsgericht oder bei Grundgesetzverstößen keinerlei Bedeutung. Am
Düsseldorfer Gymnasium Garath wurde ein Geschichtslehrer verurteilt, der übermäßig
schlechte Zensuren gab und damit, so das Gericht, "die Kinder in ihrer Würde"
herabsetzte.

Art. 19 (2) des Grundgesetzes besagt: "In keinem Fall darf ein Grundrecht in seinem
Wesensgehalt angetastet werden". Diese Grundrechte aus der Verfassung sind alle von
den Länderverfassungen übernommen worden und sind somit oberstes Gesetz für alle
Schulbehörden. Im Vorwort der "Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg"
werden verbeamtete Lehrer darauf hingewiesen, dass sie sich mit ihrem Eid und einem
besonderen Gelöbnis dazu verpflichtet haben, dieser Verfassung treu zu dienen, sie zu
vertreten und zu verteidigen. Sie haben sich mit Ihrem Amtseid verpflichtet, sich
"tätlich" für die Verfassung einzusetzen. "Tätlich" einsetzen, bedeutet mögliche
Verfassungswidrigkeiten auch bei Kollegen nicht zu dulden. Und ungerechte
Zensurengebung stellt nach Meinung des Bundesverfassungsgerichtes eine Herabstufung
der Würde des Kindes dar und ist somit verfassungswidrig! 1996 stellte das
Bundesverfassungsgericht in einem Grundsatzurteil fest: "Die Verletzung der Würde ist
durch nichts zu rechtfertigen!" "Die Fürsorge- und Obhutspflicht eines Lehrers
gegenüber Schülern geht über die allgemeine Amtspflicht eines Beamten hinaus."
"Lehrer dürfen weder selbst grundrechtsverletzende Handlungen vornehmen, noch
solche dulden!"

NEUROGENETISCHE UND PSYCHOLOGISCHE BEDINGUNGEN DES LERNENS

DAS MENSCHLICHE GEHIRN

Das menschliche Gehirn ist die komplexeste Struktur in unserem Universum. Es umfasst
eine Billion Zellen. Ca. 20 Milliarden davon sind Neuronen (Nervenzellen), die sich zu
einem Netz von 100 000 Kilometer Länge verknüpfen. Jedes dieser Neuronen kann bis zu
10 000 einlaufende Signale verarbeiten, gleichzeitig Verbindungen mit Tausenden
anderen Neuronen knüpfen, und diese Informationen simultan weiterleiten. Somit sind
in einem einzigen Gehirn mehr Kreuz- und Querschaltungen möglich, als es Atome im
Universum gibt. Jede Sekunde sendet und empfängt das Gehirn rund 50 Millionen
Informationen. All dies geschieht durch kurze Stromstöße von einer tausendstel Sekunde
und einer Stromstärke bis zu Hundert Millivolt und fünfzig verschiedene chemische
Transmitter. Sie verbinden in unzähligen Kreisläufen alle Informationen über sämtliche
Aktivitäten des Körpers. Als Signale sausen sie im Kopf herum und bestimmen in
unendlichen Kreisläufen unser Handeln, Fühlen und Denken. Dabei sticht ein Phänomen
hervor: Neuronale Netzwerke enthalten keine Regeln. Es gibt weder Zuordnungsregeln
noch Rechenvorschriften. Gedanken, Gefühle, Gewissen, Empfindungen, Vorstellungen,
Erinnerungen, Hoffnungen, Phantasie, Intuitionen, Geistesblitze, Kreativität, Intelligenz
oder jegliches Wissen stecken in der Vernetzung der Neuronen und in der Stärke der
Neuronenverbindung und bestehen letztendlich nur aus einem gewaltigen Strom von
Nullen und Einsen.

Das Gehirn besteht aus zwei symmetrischen Teilen: der linken und der rechten
Gehirnhälfte. Das Denken beider Hälften ist völlig verschieden, obgleich beide Seiten ihr
eigenes Gedächtnis und einen bestimmten Ablauf bewusster Gedanken haben. Das linke
Gehirn denkt in Worten, das rechte unmittelbar in Bildern. Die linke Hälfte ist mehr für
das Logisch-Verstandesgemäße, die rechte mehr für das Kreativ-Emotionale, das
Ganzheitliche zuständig. Beide Gehirnhälften werden durch einen Nervenstrang
verbunden, der aus vielen Millionen Fasern besteht. Bei Mädchen und Frauen ist dieser
"Balken" sehr viel stärker ausgebildet als bei Jungen und Männern, wodurch Mädchen
und Frauen große Lernvorteile genießen, da sie sich selbst motivieren können. Unser
Gehirn ist in Bewusstsein (15 Prozent) und Unterbewusstsein (85 Prozent) aufgeteilt. Nur
das Bewusstsein trifft Entscheidungen. Das Unterbewusstsein veranlasst uns, gewisse
Entscheidungen zu treffen und lässt uns auf bestimmte Art und Weise handeln, ohne
dass wir darüber nachdenken. Im Stress, in Angst oder Unwohlsein blockiert es die
Gedanken, Neuerungen werden nicht akzeptiert, weil das Unterbewusstsein mit Ängsten
reagiert. Somit ist es auch eine entscheidende Instanz unseres Denkens, Handelns und
Lernens.

Die Aufnahme von Informationen und das Denken erfolgen als Nervenimpulse, die durch
das Gehirn schießen. Der Hippocampus ist für die kurzfristige und mittelfristige
Speicherung von Gedächtnisinhalten zuständig. Er gilt als Dirigent des Gehirns. Die
Übertragung vom Hippocampus ins Langzeitgedächtnis geschieht größtenteils während
des Schlafes. In ihm werden Erkenntnisse so lang wiederholt, bis sie fest verankert sind.
Den Sitz des Langzeitgedächtnis hat man bisher nicht orten können. Es ist ein
dynamisches Etwas, das zugleich überall und nirgends im Gehirn ist. Man vermutet, dass
es in der Gesamtzahl der Verbindungen und Verknüpfungen der Synapsen und
Neuronen ruht.

GEHIRNE SIND NICHT OBJEKTIV

Es besteht keine Objektivität. Alle unseren Empfindungen, Sinneseindrücke oder


Bewusstseinszustände werden durch ein Muster neuronalen Feuerns erzeugt. Unsere
Realität findet in unserem Gehirn statt, und sie hat wenig mit dem wirklichen Leben zu
tun. Wir sehen den Himmel als blau an, in Wirklichkeit ist er rabenschwarz. Wir sehen
und hören nur innerhalb gewisser Frequenzen. Wir erleben also nur einen kleinen
Bereich der Wirklichkeit. Hinzu kommt: für jeden von uns wird diese gleiche Realität
auch noch unterschiedlich wahrgenommen. Und jeder von uns lernt unterschiedlich, da
die Netzwerke unserer Großhirnrinde sich individuell selbst organisieren. Daraus folgt,
dass jede wissenschaftliche Erkenntnis nur der gegenwärtige Stand des Irrtums ist. Die
Erde galt Jahrtausende lang als flach. Meine Generation lernte noch, dass das Atom
unteilbar sei. "Wir sehen die Dinge nicht so, wie sie sind, sondern wie wir sind",
beschrieb Anais Nin das Phänomen. Neurogenetisch ausgedrückt sind Bewusstsein und
Lernen nichts weiter als ein Muster neuronalen Feuerns. Da jedes Gehirn sich
individuell programmiert - indem es Tausende von Neuronen optimal einstellt und
Neuronen aus Nachbargruppen durch lokales Feuern aufs engste miteinander verbindet
und sie zur Gruppen verschweißt, erlebt jeder von uns eine andere Realität. Davon
zeigte sich der Direktor des Max-Planck-Instituts für Hirnforschung, Wolf Singer,
irritiert: "Wenn Neurobiologen Wahrnehmungsprozesse erforschen und erkennen, wie
konstruktivistisch und zugleich wenig objektiv unsere Wahrnehmungen sind, und wenn
sich ferner erweist, dass dies auch für die Prozesse gilt, die unserem Denken zugrunde
liegen - dann muss das für jemanden, der davon ausgeht, dass man durch Nachdenken
alleine zu verlässlicher Erkenntnis vorstoßen kann, irritierend wirken." (Zeit, S.43,
1.12.2000)

Denn Verstand und Gefühle sind immer an biologische Strukturen rückgekoppelt, die
sich in Jahrmillionen der Evolution bildeten. Lern- und Denkvorgänge sind
weitestgehend von einem gut funktionierenden Drogenmarkt im Hirn abhängig. Der
Mandelkern (Amygdala) steuert mit hirneigenen Botenstoffen, darunter
Endomorphinen, jedwede emotionale Regung. Besonders die Glücksstoffe wie
Endomorphine und Serotonin sorgen im Gehirn dafür, dass zwischen den verschiedenen
regionalen Netzwerken Harmonie herrscht, um Reserven zu aktivieren oder um sich
verstärkt auf ein Problem konzentrieren zu können. Die Aufgabe des Mandelkern ist es,
die wahrgenommene Welt mit Gefühlen auszustatten. Wichtige Informationen werden
mit positiven Gefühlen versehen, damit sie leichter speicherbar und abrufbar sind. Ohne
diese körpereigenen Drogen und einem funktionierenden Mandelkern ist ein effektiver
Denkprozess nicht möglich.

WIE WIR LERNEN

Bei der Geburt eines Säuglings wiegt sein Gehirn rund 500 Gramm. Nach der Geburt
bricht ein Entwicklungssturm im Gehirn los. Eine astronomische Zahl von Nervenzell-
Kontakten verbindet sich mit einer großen Logik und präzisem Zusammenspiel von
Lernen und Denken. Die Nervenzellen bilden unentwegt neue Verknüpfungen. Überall
sprießen fein verästelte Fortsätze, so genannte Dendriten. Sie sind mit Dornen übersät,
auf denen Synapsen sitzen. Über sie empfängt das Neuron Signale anderer Zellen. In
diesem Zeitraum vermehren sich die Synapsen rasant. Sie verknüpfen und verfestigen
sich miteinander bis alle notwendigen Vorgänge beherrscht werden. Kinder sind von
Natur aus auf das Lernen programmiert. Denn die Natur will dass wir lernen. Hierdurch
wird unsere Überlebenschance in einer sich ständig wandelnden Umwelt erhöht. Und
deswegen saugen Kinder in unstillbarer Neugier alles auf, was man ihnen kindgerecht
bietet. Ihr Drang zu gestalten, ist unzähmbar und schöpferisch. Sie wollen die Welt selbst
entdecken und sträuben sich, sie durch Belehrung kennen zu lernen. In den ersten
Lebensmonaten studieren sie einzelne Gegenstände bis ins kleinste Detail. Sie beginnen
die Dinge zu vergleichen und zu ordnen. Wie Wissenschaftler erforschen sie die Welt,
um nach der Methode von Versuch und Irrtum alles Wichtige zu ergründen.

Dabei gibt es einige Regeln. Ein Kind und selbst Erwachsene, lernen fast nur in
Bewegung, weil durch die Feinmotorik erst die notwendigen Verknüpfungen, in Anzahl
und Intensität, im Gehirn geschaffen werden, die die Denkfähigkeit und Intelligenz erst
ermöglichen. Deshalb sind Kinder auch ständig in Bewegung, denn nur so können sie
lernen. Spielen und Bewegung sind die Grundmuster des Lernens. Dabei werden die
"Input"- und "Output" Beziehungen immer wieder durchgespielt, bis die Synapsen und
Neuronen im Verknüpfungsgeflecht den Vorgang beherrschen. Beim Spiel wird
gefahrlos gelernt und das wissen wir seit Jahrhunderten. Friedrich Schiller sagte: "Der
Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da
ganz Mensch, wo er spielt. Nobelpreisträger Gerd Binnig kritisiert: "Wenn Schule das
Spiel ausgrenzt, koppelt sie sich ab von der Welt!" Denn insbesondere das Kind lernt
nur ganzheitlich, unter Einschaltung aller Sinne, spielerisch und voller Gefühl nach dem
Prinzip "Versuch und Irrtum". Umso mehr Sinne beim Lernen eingeschaltet werden,
umso höher ist die Behaltensquote. Ohne Fehler gibt es keinen Lernfortschritt. Jeder
Lernfortschritt summiert sich aus tausenden Fehlern und Irrtümern. Nur, wenn das
Kind Fehler machen darf, lernt es. Und nur wenn beim Lernvorgang eine enge
Verbindung zwischen Körper, Seele und Geist besteht, lernt es richtig. Denn wir können
nur ganzheitlich denken. Und alles was für das sich selbst organisierende Hirn keinen
Sinn macht, wird so und so wieder gelöscht.

DIE EMOTIONALE INTELLIGENZ

Das wesentlichste Element beim Lernen sind die Gefühle. Ein Denken ist ohne
Emotionen nicht möglich. Hierfür ist das limbische System, mit seiner Zentralstelle, dem
Mandelkern, zuständig. Er verbindet wahrgenommene Signale mit Gefühlen, um den
Lernprozess möglich zu machen und um die Information besser zu speichern. Jedes Mal,
wenn wir etwas für uns Wichtiges wieder erkennen, stößt die "Amygdala", wie der
Mandelkern auch genannt wird, kleine Mengen Endomorphine aus, um den Lernprozess
weiter zu festigen. Umso mehr positive Emotionen mobilisiert werden, umso höher ist der
Lernerfolg. Wenn der Mandelkern zerstört ist, erlischt das Interesse an der eigenen und
anderen Personen. Dann sind wir zu keinen Gefühlen wie Liebe, Hass oder Mitleid mehr
fähig. Gefühle sind daher das wichtigste Element des Lernens. Die Gehirn- und
Verhaltensforscher Joseph LeDoux ("The Emotional Brain", 1998) und Daniel Goleman
("Emotionale Intelligenz",1999) sprechen von der "Emotionalen Intelligenz". Ohne ein
intaktes Gefühlsleben taugt der beste Intellekt nichts, denn das emotionale und das
rationale System stehen in ständiger Wechselwirkung. Gefühle und Denken sind eine
Einheit. Diese Gefühle haben eine konkrete biologische Funktion. Durch sie können
Motivation und Energiereserven mobilisiert werden. Und die Gefühle erweisen sich
klüger als die Logik, meint der Denkpsychologe Gerd Gigerenzer: "Gutes Denken
arbeitet mit sozialer und ökologischer Rationalität. Logik spielt dabei nur eine kleine
Rolle." Zu dieser emotionalen Intelligenz kommt noch eine chemische Geheimsprache,
die unser Denken stark beeinflusst. Durch das Vomeronasalorgan in der Nasenwurzel
fangen wir Menschen pheromonale Signale auf, die entscheiden, ob wir uns mögen. Der
israelische Biopsychologe Aron Weller ist überzeugt, dass sie den Denkprozess und das
Lernen stark fördern oder aber auch verhindern können.

Deshalb ist ein effektiver Lernprozess auch nur mit Liebe und Sympathie möglich. Ein
Faktum, das Johann Wolfgang von Goethe so ausdrückte: "Überall lernt man nur von
dem, den man liebt." Deshalb lernt ein Kleinkind eine Sprache mit perfekter Aussprache
und grammatikalischen Strukturen von einer geliebten Bezugsperson innerhalb von zwei
Jahren. In der Schule hingegen, indem der Schüler von einem eventuell verhassten
Lehrer lernen muss, begibt er sich in die "Anatomie des Mühsals" und des Versagens.
Denn selbst nach zehn Jahren Sprachunterricht bleibt nur Klägliches hängen. Und auch
dies hat der Schüler dann nicht vom Lehrkörper gelernt, sondern über seine "Peer
Group" - dem Freundeskreis oder der Bezugsgruppe. Oft lernt er, selbst in der Schule,
nur durch sie und nicht durch den Lehrer. Denn unser Gehirn erlaubt uns nur von dem
zu lernen, der uns wohl gesonnen ist. Die Evolution verhinderte aus biologischem
Selbstschutz, dass feindlich gesonnene Personen zu dem lernenden Gehirn Zugang
bekommen.

Im Schlaf spielt das Gehirn alles für ihn Wichtige immer wieder durch. Damit die
Synapsen den Vorgang beherrschen, wird jede wichtige Information mit Emotionen
behaftet, damit ein späteres Abfragen und Bearbeiten leichter möglich ist. Gleichzeitig
werden alle Informationen gelöscht, die von der "ungeliebten" Person stammen. Denn
identifiziert das Schülergehirn den Lehrer als Feind, dann wird es nichts von ihm
annehmen. Das will die Evolution nicht, denn das könnte gefährlich sein. Und so löscht
das lernende Gehirn, spätestens nach der Klausur oder Prüfung alles, was von der
verhassten Person kam. Das Gleiche gilt, wenn der Lehrkörper - wie so oft - lamentiert:
"Das kapierst Du eh nicht! Du bist zu dumm für diese Schule!", dann wird das Gehirn
des Schülers komplett abgeschaltet. Ein Phänomen, das durch die
Computertomographie entdeckt wurde. Denn das Gehirn beugt sich dann dem Befehl
der nächst höher geordneten Bezugsperson. Wenn Schule und Lehrer bei Schülern aber
verhasst sind, werden sie im Schulunterricht überhaupt nichts vom Lehrer lernen,
sondern nur noch von ihren Klassenkameraden. Nur magere 4 Prozent der Abiturienten
bekundeten, dass sie gerne zur Schule gingen und über die Hälfte der Schüler sehen in
der Schule nur einen einzigen Alptraum. (K.Czerwenka, "Schülerurteile über Schule",
S.192,1993).

Viele Schüler empfinden Angst in der Schule. Bei Angst und Stress wird Adrenalin und
Noradrenalin ausgeschüttet. Dieses sind chemische Substanzen, die die Erzeugung
chemischer Transmitter, die den Kontakt zwischen den Synapsen herstellen,
unterbinden. Die Synapsen haben dann keinen physischen Kontakt mehr. Eine
Aufnahme oder ein Verarbeiten von Informationen wird damit nicht mehr möglich. Der
Denkprozess wird komplett unterbrochen. Aus neurophysiologischen Gründen hat die
Evolution den Menschen so geprägt, dass er im Zustand der Angst oder des Unwohlseins
flüchtet und den Ort meidet. Daher führen Angst und Demotivation zu Denkblockaden.
Frederic Vester wies bereits vor Jahrzehnten daraufhin, dass in einem angstfreien
Prüfungsklima auf 100 Fragen 90 richtige Antworten kamen. Wurden die Probanden in
Angst versetzt, kamen auf 100 Fragen nur noch 50 richtige Antworten. Denn Angst
macht dumm. Aber Angst und Demotivation gehören zum schulischen Alltag wie viele
Umfragen ergeben haben (B. Jacobs et al., "Der schulängstliche Schüler", 1979), und das
erklärt, warum wir so wenig in der Schule lernen! Deutschlands großer Lyriker Rainer
Maria Rilke konstatierte bereits vor einem Jahrhundert: "Eine Reihe unsäglicher
Irrtümer hat die Schule zum Gegenteil werden lassen!"

DIE LUST AM LERNEN

Am besten lernt man, wenn man motiviert ist und etwas selber tut oder einem anderen
erklären muss. Im aktiven Zeigen und Erklären beim Lernvorgang wird das Wissen
vertieft und gefestigt. Wenn sich nach vielen Versuchen der Erfolg einstellt, so läuft er
über das Lustzentrum im Gehirn ab. Der Lernende empfindet Freude. Dieser Vorgang
wird "operantes Lernen" genannt. Der Jülicher Hirnforscher Ernst Poppel stellt fest:
"Es lässt sich vorweg sagen, dass richtiges Lernen ohne Bedürfnisbefriedigung, ohne
Lust gar nicht möglich zu sein scheint. Ausgangspunkt bei diesem operanten Lernen, wie
es auch bezeichnet wird, ist die Beobachtung, dass eine Verhaltensweise, für die man eine
Belohnung erhält, verstärkt und eine Verhaltensweise, für die man bestraft wird,
abgebaut wird. Diesen Sachverhalt bezeichnet man als "Effekt Gesetz" des Lernens:
Positive Effekte führen zur Einprägung, negative zum Verdrängt werden." ("Lust und
Schmerz", S.204-229,1995) Und deshalb fordern Reinhard Kahl und Jürgen Hüholdt die
Maxime: "Loben, loben, loben... selbst bei einer Fünf muss noch gelobt werden.

Hinzu kommt die soziale Komponente, die immer stärker von der Wirtschaft gefordert
wird. Sie verlangt Sozialkompetenz und kreative Teamarbeit. Doch in der Schule ist das
Gegenteil der Fall. Frederic Vester kritisiert: "Alle sind wir in der Schule zu
Einzelkämpfern erzogen worden; nicht vorsagen, nicht helfen, nicht abschreiben - ein
zutiefst lebensfeindliches Verhalten für die Spezies Mensch, die aufgrund ihrer
genetischen Ausstattung nur in der Gruppe überleben kann." ("Denken, Lernen,
Vergessen", S.136, 1978) Für Kinder sind andere Kinder immer das Wichtigste. In der
Schule lernen Kinder das Meiste von denen mit ihnen befreundeten Klassenkameraden
und nicht, wie fälschlich gemeint, von dem Lehrer. Von daher wäre das Sinnvollste
Schüler von Schülern unterrichten zu lassen. Und in der Tat hat man hiermit in anderen
Ländern erstaunliche gute Erfahrungen gemacht (Schweden, Schweiz).

Schule, mit ihren unsinnigen Lernzwängen, wirkt wie eine geistige Kastration wirkt.
Denn sie geht nur auf einen Lerntyp ein. Frederic Vester spricht aber von Hundert
verschiedenen Lern- und Mischtypen. Daher muss der Schüler die größte Freiheit haben,
seinen eigenen Weg zum Lernen zu finden. Heinz von Foerster weist auf den Unsinn hin,
Kinder zum geistigen Gleichschritt zu zwingen und sie mit vorgefertigten Lernhäppchen
zwangsernähren. So würde jede "Selbstorganisation" unterbunden. Peter Struck
schreibt in seinem Buch "Die Schule der Zukunft": "Aus der Verhaltens- und
Hirnforschung wissen wir, dass Haustiere im Vergleich zu ihren wildlebenden
Artgenossen ein stark geschrumpftes Hirn haben. Der Mangel an Herausforderung ist
dafür verantwortlich. Auch Schüler werden oft wie Haustiere gehalten, mit einem
Mangel an Eigenständigkeit und mit zu viel Dressur. Wenn Schüler kreativer,
selbstbestimmter, handlungsorientierter, also mehr schüler- und weniger
lehrerkonzentriert unterrichtet werden, entwickelt sich ihr Hirn besser, vorausgesetzt,
wir wollen das."

Reinhard Kahl fragt in seiner Fernsehserie "Lob des Fehlers" woher denn die
Kreativität des Schülers kommen soll, wenn sie schon frühzeitig eliminiert wird? Nach
Kahl werden Schüler in der Schule terrorisiert, traumatisiert, verängstigt, ihr Denken
kanalisiert und uniformiert. Reinhard Sprenger schreibt in "Das Prinzip
Selbstverantwortung": Die Schule verlange von den Schülern "Unterwerfung" und löse
"Rechtfertigungszwänge" aus, weil sie "Schuldige produziere und Problemlösung
erschwere". Der Pisa-Schock bestand doch hauptsächlich darin, dass die Deutsche
Schule aufgrund ihrer Unmenschlichkeit so schlecht ist. Denn nur Wohlfühlen, soziale
Kontakte, Zuneigung, Lob, Erfolg ermöglicht ein sinnvolles und effektives Lernen,
schreibt Kurt Singer in seinem Buch ("Wenn die Schule krank macht", 2000): "Alles,
was zum Wohlbefinden beiträgt und das Selbstwertgefühl stärkt, vermehrt den
Unterrichtserfolg und fördert die Gesundheit!"

DIE ROLLE DES LEHRERS, DAS TABUTHEMA LEHRERGEWALT, DER


KREISLAUF DER GEWALT, WENN SCHÜLER LEHRER TÖTEN, IST SCHULE
DIE URSACHE FÜR DIE GEWALT?

DIE ROLLE DES LEHRERS

Ob Schüler gut lernen oder nicht, ist hauptsächlich auf die Rolle des Lehrers zurückzuführen.
Dies sei eine Binsenwahrheit meinte der ehemalige Bundespräsident Roman Herzog, und er
schrieb in der "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (S..10, 14.4.99): "Wir alle wissen: Unsere
Schulen sind immer nur so gut wie die Lehrer, die dort arbeiten." Der Münchener Professor für
Didaktik und Schulpsychologie Kurt Singer schreibt in seinem Buch "Wenn die Schule krank
macht" (Beltz Verlag, 2000): "Die Erwartung des Lehrers bestimmte mit, wie er sich dem
Schüler gegenüber verhält. Er behandelt die Kinder in einer Weise, die mit dem, was er
erwartet, übereinstimmt. Erwartet er Positives, lobt er die Schüler häufiger, ist ihnen gegenüber
aufmerksamer, sucht Kontakt zu ihnen, ist zuversichtlicher, erkennt rasch, wenn sie etwas
richtig gemacht haben. Die Kinder reagieren auf den Lehrer entsprechend der positiven
Erwartung: Sie werden aufmerksamer, hoffnungsvoller, mutiger; die Lernbereitschaft steigt, das
Selbstwertgefühl wird sicherer. Das beeinflusst die Leistung günstig. Kinder neigen dazu, die von
den Erziehern akzeptierten Verhaltensweisen auch künftig zu zeigen. Sie übernehmen die
Lehrererwartung und machen sich die Ansicht des Lehrers über ihre eigene Leistung zu eigen...
Lehrer erwarten von vermeintlich schwachen Schülern weniger und behandeln sie entsprechend.
Diese Kinder werden im Vergleich zu den als begabt bezeichneten häufiger aufgerufen, der
Lehrer lächelt sie seltener an, nickt weniger mit dem Kopf, sie werden häufiger kritisiert, und
zwar vor allem bei falschen Reaktionen: bei guten Antworten empfangen die schwachen Schüler
seltener Lob, und insgesamt reagiert der Lehrer zumeist überhaupt nicht auf ihre richtigen oder
falschen Antworten. Im Falle unzureichender Antworten zeigt der Lehrer geringe Bereitschaft,
eine Frage zu wiederholen oder umzuformulieren."

Lehrer sind selten bereit, ihre Vorurteile zu korrigieren. So galt für Jahrhunderte, dass
Mädchen nicht rechnen und logisch denken können. Doch Mädchen sind mathematisch
nicht weniger begabt als Jungen. Die Leistungen hängen vielmehr von der Einstellung
zur Mathematik ab und diese wiederum hängt hauptsächlich davon ab, wie der jeweilige
Lehrer dem Schüler und dem Fach gegenüber steht. Ist er der Überzeugung,
Mathematik sei >Männersache<, so übernimmt die Klasse seine Ansicht und das
Vertrauen der Mädchen in die eigenen mathematischen Fähigkeiten sinkt. Die
Schweizer Psychologin Carmen Keller (Psychologie Heute, S.14, Jan.99) stellte in
umfangreichen Befragungen fest, dass unterschiedliche Leistungen lediglich vom
Selbstbewusstsein der Mädchen und Jungen und von ihrer Einstellung zum Fach
Mathematik abhängen. Und diese würden wiederum entscheidend von Lehrkräften
geprägt: "Der Lehrer beeinflusst die Klasse, und die Klasse prägt das einzelne Kind.
Eine Lehrkraft, die davon überzeugt ist, ein >Männerfach< zu unterrichten, erzieht eine
Klasse zu dieser Meinung. Bei Mädchen, die diese Einstellung übernehmen, schrumpft
das Selbstvertrauen in die eigene Mathematikleistung signifikant." "Psychologie Heute"
berichtete im Mai 2001 erneut, dass eine Untersuchung von rund 900 Realschulklassen
und 21 000 Schülern in Baden-Württemberg ergeben hätte, dass, wenn eine Lehrerin
Mathematik-Unterricht erteilt, die Mädchen erheblich besser abschneiden. War der
Mathelehrer ein Mann, erzielten die Mädchen bei Abschlussprüfungen Noten, die um
knapp zehn Prozent unter denen der Jungen lag. Hatte eine Frau den Jugendlichen
Algebra, Geometrie und Rechnen beigebracht, so schrumpfte der Abstand auf 2,5
Prozent.

Lernleistungen sind also hauptsächlich vom Verhalten des Lehrers abhängig. Versteht er
es spannend zu unterrichten, lobt er die Schüler und zeigt ihnen sein Wohlwollen, so
lernen sie gerne, und er hat keine Disziplinprobleme. Traktiert er die Schüler mit
langweiligem Unterricht, behandelt Schüler taktlos oder quält sie, ist selbstherrlich,
ironisch oder zynisch, so zerstört er bei den Schülerinnen und Schülern Lernfreude und
Fragelust, Interesse, Vertrauen und Selbstvertrauen. Dann wird jeder Lernprozess auf
ein Minimum reduziert. Doch der Faktor >Lehrerverhalten< wird renitent ignoriert,
klagte Paul Innerhofer bereits vor einem Vierteljahrhundert (Der Kinderarzt, S.124-
129,1975). Eltern und Lehrer suchen bei Schulschwierigkeiten fast immer die Schuld
beim Kind. >Fehlender Willenseinsatz< und >Begabungsmangel< würden dabei am
häufigsten genannt. Der Erziehungswissenschaftler Volker Krumm von der Universität
Salzburg stellt fest: "Lehrer erklären störendes Schülerverhalten vor allem mit
Verhaltensdispositionen des Schülers: Leistungsmängel erklären sie mit fehlender
Begabung, störendes (>undiszipliniertes<, >unfolgsames<, >antisoziales<) Verhalten mit
>Unerzogenheit< und dafür machen sie die Eltern verantwortlich. In ihrem eigenen
Verhalten sehen Lehrer äußerst selten Auslöser oder Bedingungen von störendem
Schülerverhalten oder Leistungsmängeln... Fast alle Lehrer fordern eine Änderung des
Verhaltens des Schülers oder verlangen eine Lösung des Problems durch die Eltern. Ihr
eigenes Verhalten stellen sie nicht in Frage: Ob sie ihr eigenes Verhalten ändern müssen,
erwägen sie nicht." (Schweizer Schule, S.3,1999)

DAS TABUTHEMA LEHRERGEWALT

Besonders fatal ist es jedoch, wenn Lehrkräfte psychische und körperliche Gewalt
einsetzen. Während jedoch die Schülergewalt in aller Munde ist, wird die Lehrergewalt
völlig ignoriert. Denn Lehrergewalt ist ein Tabuthema. Behörden, Lehrer und Politik
breiten einen Mantel des Schweigens über das Thema. Doch jeder kennt einen, hatte
schon mal einen gewalttätigen Lehrer. Der Schulleiter und Gewerkschaftssekretär H.
Kasper beschreibt in seinem Buch "Mobbing in der Schule" (AOL-Verlag,
S.56f.,63,1999) schikanöses Lehrerverhalten gegenüber Schülern und nennt dabei
folgende Kategorien: "Erniedrigung, Schikanieren, Dompteursituation mit Peitsche,
grausam, Verletzung des Gerechtigkeitsgefühls, Schläge und andere Formen der
körperlichen Züchtigung, Drohung mit weit reichenden Strafen, willkürliche
Notengebung, ungerechtfertigte oder entwürdigende Bestrafung, systematische oder
gewohnheitsmäßige Herabsetzung einzelner Schüler, Herabsetzung des Ansehens der
Familie oder der Eltern eines Kindes, Verletzung des Selbstwertgefühls der Kinder
(Zweifel am Verstand, der Begabung, verbale Beleidigung mit Schimpfwörtern usw.)."
Gratzer ergänzt in seinem Buch "Mit Aggressionen umgehen" (1993), dass jeder
aggressive, boshafte und gewalttätige Lehrer kennt: "Häufig auftretende Formen (von
Lehrergewalt) sind insbesondere Verletzungen der persönlichen Sphäre, kollektive
Entmutigung und Bedrohung, Herabsetzung und Bloßstellung, Verweigerung von Hilfe
sowie die zynische Demonstration von Macht gegenüber den SchülerInnen. Eder (S.82,
1997; S.208ff., 1995) äußert sich überrascht über das enorme Ausmaß von
Lehreraggressionen gegenüber Schülern.

Medien haben über unglaubliche Vorfälle von Lehrergewalt berichtet: Lehrer sollen
Kinder die Treppe runtergeprügelt haben, mit Schuhen auf ihnen rumgetrampelt sein,
sie mit dem Kopf in den Lokus gestoßen haben, sich laufend an ihnen vergangen haben
usw. (A. Miller, "Am Anfang war Erziehung", S.257, 1983). Medien berichteten von
terrorisierten jungen Schülern, die sich vor den prügelnden und schreienden Lehrern
weinend unter der Schulbank versteckten und sich einnässten. Der "Stern" schrieb (S.2,
18.2.1999): Vier Jahre lang, von 1992 bis 1996 konnte ein Lehrer in Mittelfranken
Kinder prügeln, misshandeln und einschüchtern. Aus purer "Freude am Quälen" habe
der Lehrer insgesamt in 48 Fällen Kinder gepeinigt oder "roh misshandelt" und
Körperverletzungen begangen. Der Lehrer prügelte mit Holzstecken, steckte Schülern
Seife in den Mund und warf Nichtschwimmer ins tiefe Wasser und schaute seelenruhig
zu, wie das Kind um sein Leben kämpfte. Die Behörden unterstützten den
"Vorzeigepädagogen" in jeder Form und führten "Krieg" mit den Eltern, die sich
beschwerten. Der Lehrer fand milde Richter. Er darf weiter unterrichten. Denn Kinder
haben in Deutschland kein Recht auf Menschenrechte. Die fordert man lieber lautstark
von so genannten "Schurkenstaaten" ein.

Lehrergewalt ist nicht auf Einzelfälle beschränkt. Lehrergewalt, so Schulleiter Hoos


(Schulmanagement, S.32-42,1999), gehöre zum Schulalltag. Der Verfasser befragte 450
Lehrerstudenten in Hamburg. 80,8 Prozent hatten in ihrer Schulzeit Bedrohungen und
Beleidigungen erlebt; 25,5 Prozent waren körperlicher Gewalt durch Lehrer ausgesetzt
gewesen (Schulisches Lernen und Lehrergewalt, 2002). Volker Krumm et al. haben in
Deutschland, in der Schweiz und Österreich knapp 3000 Studenten darüber befragt, ob
sie im Laufe ihrer Schulzeit kränkendes Lehrerverhalten erlebt haben. 78 Prozent
bejahten diese Frage (Psychosozial Verlag, S.58, 2000). In einer weiteren Studie
antworteten sogar 95% der Studenten mit Ja (Aggressionen in der Schule, S.163-166,
1995). Krumm ergänzt: "Knapp die Hälfte der Befragten hat wiederholt Verletzungen
erlebt... Über 85 Prozent dieser (48%) Jugendlichen erlebten Verletzungen mindestens
ein halbes Jahr lang - bezogen auf alle Jugendlichen ist das über ein Drittel. Definiert
man Mobbing - als negative kommunikative Handlungen - so streng wie es Leymann
(S.22, 1993) ursprünglich tat, nämlich mindestens einmal pro Woche mindestens sechs
Monate lang, dann erlebten sich 17,6% der Befragten während ihrer Schulzeit als von
einer Lehrerperson gemobbt. Diese Zahl liegt über dem Ausmaß von Mobbing in der
Arbeitswelt, das in Schweden für den Bereich >Bildungswesen/ Universität<
überdurchschnittlich im Vergleich zu anderen Branchen mit 14% festgestellt wurde."
Hinzu kommt, dass von 73% der älteren Schüler die Lehrergewalt als erheblich
unangenehmer empfunden wird als die Gewalt von Mitschülern.

Obgleich es sich hier um Verletzungen der Menschenrechte und des Grundgesetzes


handelt und die Behörden darüber Bescheid wissen, werden die gequälten Schüler von
der Gesellschaft alleine gelassen. Politik, Recht, Medien, Wissenschaft, Eltern, Lehrer,
Behörden - alle ignorieren oder leugnen die Menschenrechtsverletzungen. Bestenfalls
wird argumentiert, es handele sich hier um seltene Einzelfälle. Doch, wenn man davon
ausgeht, dass jeder Lehrer rund 200 SchülerInnen unterrichtet und sich oft mehrere
gewalttätige Lehrkräfte an einer Schule befinden, so summieren sich die angeblichen
"Einzelfälle" zu Hunderttausenden oder Millionen betroffener SchülerInnen. Der
Psychoanalytiker, Schulpädagoge und Professor für Pädagogische Psychologie Kurt
Singer schreibt in seinem Buch "Die Würde des Schülers ist antastbar"
(S.17ff.,27ff.,100,126f.,1998): "Was in >Einzelfällen< Hunderttausende von Kindern
bedrückt, kränkt, krank macht und das Lernen stört, ist kein öffentliches Thema; es
muss verleugnet werden. Alle Beteiligten halten sich an das große Schweigen." Und er
weist daraufhin, dass die meisten Jugendlichen sich nicht getrauen, gegen die psychische
Hinrichtung, die die Lehrer an ihnen vollziehen, zu protestieren: "Jeder fürchtet,
nächstes Opfer zu sein und sich die Noten zu verderben". Keine Lehrerin, kein Lehrer,
kein Vertrauenslehrer oder Schulpsychologe, kein Ethik- oder Religionslehrer stellt sich
auf die Seite der rechtlosen Kinder! Aber Wegsehen ist auch Gewalt. Durch
stillschweigende Duldung von Gewalt nehmen aber beide - Täter wie Opfer - auf Dauer
schwere seelische Verletzungen mit ins Leben. Und so lernen Kinder von klein auf an,
dass Gewalt zur Durchsetzung von Zielen ein probates Mittel ist.

DER KREISLAUF DER GEWALT

Die Gewalt fällt nicht vom Himmel. Wir erziehen sie unseren Kindern an. Kein Wunder,
denn "aggressive Kinder sind ein Spiegelbild der Erwachsenenwelt, sie werfen nur die
Gewalt zurück, die ihnen widerfährt. 81,4 Prozent aller Kinder erhalten Prügel als
Erziehungsmaßnahmen. Über die Hälfte der Jugendlichen in Ost und West müssen mit
Schlägen, Einsperren, sexuellen Übergriffen und Erniedrigungen leben. Jährlich werden
etwa 1,4 Millionen Kinder mit Gegenständen geschlagen. Davon 300 000 so schwer, dass
sie körperliche Schäden erleiden. Selbst schlimmste Misshandlungsfälle werden häufig
als Kavaliersdelikte eingestuft. Nach Einschätzung der Bundesärztekammer werden in
Deutschland 21 Prozent aller Mädchen und sechs Prozent aller Jungen unter 16 Jahren
sexuell missbraucht. Bründel und Hurrelmann schreiben in "Gewalt macht Schule"
(1997): "Gewalt, Brutalität und Korruption beherrschen unseren Alltag" und "machen
Schule". Die Darstellung von schrecklichen, kriegerischen Ereignissen, von
Vergewaltigungen, Folterungen, Überfällen und Entführungen sind Signale für die
Verrohung des Umgangstons der Erwachsenen. Eine normale TV-Woche bietet rund
4000 Tote und 600 Mordszenen, die ungefiltert auf die kindlichen Gemüter einstürzen.
Sie erfahren in den von Erwachsenen produzierten Medien, dass Konflikte am besten
mit Gewalt zu lösen sind. "Wenn Jugendliche aggressiv und gewalttätig sind, dann
kopieren sie in ihrer eigenen, unverstellten und spontanen Form nur diese von den
Erwachsenen scheinbar kaschierten und verdeckten Formen der indirekten und
direkten Gewalt." Gewalt ist eine soziale Krankheit der Gesellschaft. "Es ist doch nur
konsequent, dass unsere Kinder das Verhalten der Erwachsenen imitieren und in ihrem
Alltag ebenfalls zur Gewalt greifen." Wilhelm Heitmeyer et al. (Gewalt,, S.132ff., 1996)
bestätigen dies durch Umfragen, nach denen Jugendliche meinen, dass "im
Zusammenleben von Menschen letztlich alles über Gewalt geregelt wird". "Angesichts
alltäglicher Gewalt ist die aggressive Reaktion Jugendlicher verständlich". Diese
Aussage findet bei über 60% der westdeutschen und knapp 70% der ostdeutschen
Jugendlichen Gefallen.

Die Ursachenforschung zeigt, dass ein Zusammenhang zwischen Gewalt Erfahrungen


der Kindheit und eigener Gewaltanwendung als Erwachsener besteht, eine Art Kreislauf
der Gewalt. Geschlagene Kinder schlagen später als Eltern ebenfalls. Auch Schüler, die
geschlagen werden, schlagen oft als Lehrer. Es existiert eine Art Gesetzesmäßigkeit. Der
Hamburger Erziehungswissenschaftler Peter Struck schrieb in der "Welt am Sonntag"
(10.5.1998): "Gewalttätige Kinder und Jugendliche sind zunächst immer selbst Opfer
von Gewalt gewesen, sei es von Sprachgewalt, sei es durch Misshandlung oder
Vernachlässigung. Die am häufigsten verprügelten und am schlimmsten
vernachlässigten Kinder sind genau diejenigen, die später die gewalttätigsten
Jugendlichen werden, die 50 Prozent mehr Gewaltdelikte begehen als andere
Gleichaltrige, wenn sie vernachlässigt werden, und 100 Prozent mehr, wenn sie
körperlich misshandelt werden." Martin H. Teicher (Prof. an der Harvard Medical
University) begründete dies im März 2002 in "Scientific American" (S.54-61) mit der
Wirkung der Neurobiologie. Durch psychische-, körperliche- und sexuelle Gewalt würde
bei Kindern eine Vielfalt von molekularen und neurobiologischen Schäden erzeugt, die
die Gehirne der misshandelten Kinder irreversibel schädigen würde. Neuronale
Strukturen würden beeinträchtigt. Das limbische System und mit ihm der Hippocampus
und auch die Amygdala (Mandelkern) würden signifikant verkleinert. Außerdem wurde
eine starke Beeinträchtigung des Corpus callosum, dem Balken, der die beiden
Gehirnhälften verbindet, festgestellt. In frontalen und temporalen Gehirnregionen träten
abnormale Gehirnströme auf. Bei diesen Kindern traten später ein verringertes
Erinnerungsvermögen, Depressionen, erhöhte Selbstmordrate und Eigenverstümmelung,
asoziales und gestörtes Verhalten sowie eine stark erhöhte Aggressivität auf.

Fred Schiffer von den McLean Laboratorien ergänzte, dass das Gehirn des
misshandelten Kindes auf die ihm aufgenötigte Gewalt reagiert, indem es
neurobiologische Effekte und neurologische Veränderungen initiiert, damit sich das
Kind problemloser der gewalttätigen Gesellschaft anpassen kann und ihm somit eine
erhöhte Überlebenschance ermöglicht wird. Stress, Angst und Qualen bewirkten eine
Vielfalt hormoneller Veränderungen, die das Gehirn irreversibel schädigen. Martin
Teicher resümiert; "Die Gesellschaft ernte die Gewalt, die sie selbst säe". Millionen von
Kindern würden täglich in Familie und Schule misshandelt und gequält. Als Folge würde
durch veränderte Gehirnorgane die Gewalt - in großen Kreisläufen - von Generation zu
Generation weiter getragen. Daher plädiert Teicher für ein Ende der Gewalt. Denn,
wenn die Gehirn Veränderungen erst einmal aufgetreten seien, könnten sie nicht mehr
rückgängig gemacht werden und eine noch größere Welle der Aggressionen würde sich
dann über die Gesellschaft ergießen.

Hinzu kommt die stetig wachsende Zahl und Menge gefährlicher Schwermetalle und
Umweltchemikalien, die die mentale Gesundheit schwer und nachweisbar schädigen.
Bereits minimale Mengen von Blei, weit unterhalb des Wertes, bei dem eine Vergiftung
eintritt, führen zu asozialen und gewalttätigen Verhalten. Die "Welt am Sonntag"
(18.2.1996) schrieb: "Die Wissenschaftler stellten fest, dass zwischen hoher
Bleikonzentration in den Knochen und der Neigung zu Gewalttätigkeit eine eindeutige
Beziehung bestand. Diese Jungen schikanierten andere, waren wegen Vandalismus,
Diebstahls und der Bereitschaft, sich zu prügeln, bereits auffällig geworden. Und: Die
Jungen mit den höchsten Bleikonzentrationen in den Knochen waren zugleich besonders
aggressiv und gewaltbereit, unabhängig von sozialen und wirtschaftlichen Faktoren...
Seit langem ist bekannt, dass Blei die Intelligenzleistung dauerhaft schädigen kann, weil
das Schwermetall bei kleinen Kindern die Entwicklung der Gehirnzellen in dem
Zeitraum hemmt, in dem sich die neuronalen Bahnen bilden. Vermutet wurde, dass
schon geringe Bleikonzentrationen im Körper die Konzentrationsfähigkeit eines Kindes
beeinträchtigen, seine Neigung zu impulsiven Handlungen und zur Unruhe verstärken -
Faktoren, die als Vorläufer für aggressives Verhalten gelten." Ähnliches gilt für
Cadmium und die halbe Million chemischer Substanzen, die in unserer Atemluft
schweben. Sowohl über deren Gesundheitsgefahren als auch über die synergistischen
Wirkungen ist so gut wie gar nichts bekannt.

Eine Recherche der ZDF-Redaktion "Mit mir nicht" erbrachte, dass ca. 15 000 Schulen
in den alten Bundesländern, also jede dritte Schule, mit PCB und anderen gefährlichen
Chemikalien belastet sind Das geruchlose und unsichtbare PCB befindet sich in Türen,
Fußbodenbelägen oder in Verfugungen und kontaminiert Atemluft, Kleidung und
Schulmaterialien. Als Fallbeispiel könnte die Friedrich-Ebert-Schule in Baunatal
genannt werden. In dem 20-köpfigen jungen Kollegium traten elf Krebsfälle,
Herzversagen, Schilddrüsenerkrankungen, Fehl - und Totgeburten, Herz-Rhythmus-
Störungen und eine Vielzahl von Erkrankungen auf. Über die Hälfte der Schüler litt an
Kopfschmerzen (73 Prozent), Müdigkeit, Vergesslichkeit, Konzentrationsstörungen,
psychische Auffälligkeit und diversen anderen Symptomen. Von Eltern veranlasste
Untersuchungen stellten hohe Konzentrationen von PCB, Lindan, Formaldehyd,
Lösemittel, Asbest und anderen giftigen Chemikalien fest, aber auch radioaktive Isotope
wie Strontium, Barium und Zirkonium, die sich in Fertigbetonteilen befanden und
offensichtlich auf kriminelle Art entsorgt wurden. Daraufhin wurde die Schule 1990
geschlossen und abgerissen. Nicht aber wegen der Verseuchung, sondern wegen
angeblicher Baufälligkeit. Der ebenfalls am multiplen Krebs erkrankte Schulleiter
Wolfgang Krug weist in einer Studie "Lern- und Verhaltensstörungen bei Kindern - ein
Schadstoffproblem?" (Hessische Lehrerzeitung, Feb. 1999) daraufhin, dass Kinder
durch ein höheres Atemvolumen, 2,5-fach größere Hautoberfläche im Verhältnis zu
ihrem Gewicht, erhöhte Stoffwechselrate, durch schlechter funktionierende
Immunsysteme, geringere Enzymaktivitäten zur Schadstoff-Entgiftung usw. erheblich
empfindlicher sind.
Krug sieht darin die Ursache für die Lern- und Verhaltensstörungen, für das
schwächere Kurzzeitgedächtnis oder beispielsweise in den Hör- und Sprachdefiziten.
PCB´s hemmen die Synthese von Nervenbotenstoffen und somit Motorik und Aktivitäten
des lymbischen Systems. Die Folgen, das so genannte >Sick-School-Syndrom< (SSS), sind
u.a.: Hyperaktivität, Konzentrationsstörungen, kurze Aufmerksamkeitsspanne, gestörte
Merkfähigkeit, Unfähigkeit logisch zu denken, verminderte Intelligenz, häufige
Stimmungsschwankungen, chronische Kopfschmerzen, Ruhelosigkeit, Müdigkeit und
starke Aggressivität. Amerikanische Forscher haben nachgewiesen, dass
pestizidbelastete Jugendliche, im Vergleich zu unbelasteten Gleichaltrigen, in ihren
Leistungen deutlich im Rückstand sind. "Erstmals", so kommentiert der New Yorker
Neurotoxikologe David Carpenter, "wurden kognitive, motorische und
Gedächtnisleistungen pestizidbelasteter Jugendlicher systematisch untersucht. Obwohl
die Kinder... äußerlich keine Vergiftungserscheinungen aufwiesen und genauso groß und
schwer wie die Spielgefährten aus der Vergleichsgruppe waren, erzielten sie in allen
Tests signifikant schlechtere Resultate." (Geo-Wissen", S.180f., Feb.1999)

Peter Struck schreibt in seinem Buch "Zuschlagen, zerstören, selbst zerstören" (S.2,
1995): "Über aggressive Kinder klagend zu richten, ohne gleichzeitig die aggressive
Erwachsenenwelt anzuprangern, ist einseitig und ungerecht. So gewalttätig wie
Erwachsene im Straßenverkehr, so rücksichtslos, wie sie in der Berufswelt, so
unmenschlich, wie sie im Familienleben und in der Planung von Wohn- und
Spielumwelten und in der Gestaltung der Medienlandschaft sind, muss man sich
eigentlich wundern, dass junge Menschen nicht noch gewalttätiger sind." Ähnlich urteilt
Jörg Otto Meier ("Eigentlich sind wir gut drauf, S.2, 1999): "Die Autorität von
Elternhaus, Staat und Kirche hat weiterhin an Glaubwürdigkeit verloren. Die
permanenten Gewaltdarstellungen in den Medien haben ihr Übriges getan: Sie sind im
Alltagsleben der Jugendlichen auf erschreckende Weise Wirklichkeit geworden - ein
Ende ist nicht absehbar. Steigende Arbeitslosenzahlen, Politik-, Wirtschafts- und
Umweltskandale sowie das Anwachsen bedrohlicher Krankheiten trüben die
Zukunftsaussichten der Heranwachsenden enorm."

WENN SCHÜLER LEHRER TÖTEN

Ein weiteres Phänomen, das aus der Gewaltdiskussion herausragt, sind die kürzlich
aufgetretenen offenen Aggressionen von Schülern gegenüber ihren Lehrern. Im
brandenburgischen Velten legte im Mai 1999 der 15jährige Manuel mit einer Softair-Pistole auf
seinen Lehrer an. In Garching bei München schoss ein Zwölfjähriger mit so einer Waffe zweimal
auf seine schwangere Lehrerin. Im September 1999 verletzte ein 16-jähriger Realschüler seinen
ehemaligen Lehrer mit einem Messer erheblich an Kopf und Hals. Ein 15-jähriger schoss in Köln
seinem Lehrer mit einer Gaspistole ins Gesicht. In Berlin wurde ein Sozialkundelehrer vor
versammelter Klasse mit einer Fahrradkette niedergeschlagen. In München wurde ein Schüler
zu sechs Monaten Jugendhaft auf Bewährung verurteilt. Er hatte einen Lehrer mit einem fast
unsichtbaren Draht zu Fall gebracht. Der Lehrer erlitt einen Schädelbruch, an dessen Folgen er
starb. Dann tauchten Todeslisten in Radeberg bei Dresden, in Hannover, im niederbayerischen
Metten, in Sachsen bei Döbeln usw. auf. Aus Hass auf Lehrer planten Schüler ein Blutbad an
ihrer Schule. In anderen Fällen erhielten LehrerInnen Todeslisten und Morddrohungen. Das
Hamburger Abendblatt" (S.32, 22.12.1999) kommentierte: "Es war der 14. Fall von
Gewaltandrohungen gegen sächsische Lehrer seit dem Mord von Meißen."
Der Mord an der Meißener Lehrerin Sigrun Leutzeritz wurde von den Medien groß
aufgegriffen. Mit 22 Messerstichen brachte ein 15-jähriger Schüler seine Lehrerin um.
Er habe sie aus tiefstem Herzen gehasst. Der "Stern" (S.22-23, 18.11.1999) schrieb,
warum: Sie "marschierte gnadenlos und streng durch den Stoff"; sie galt als "fieser
Pauker" der alten Schule, die SchülerInnnen gerne "runter machte" und auch vor
"persönlichen Beleidigungen" nicht zurückschreckte. Wer nicht ihrer Meinung war,
dessen Leistungen sackten "ohne Grund von Eins auf Drei". Die Schüler waren " alle
Drückeberger", eine "Horde Neger". Wer sich nicht mit ihr verstand, den hasste sie. Die
Beschreibung des Stern ist eine Erklärung für die Verzweifelungstat des Schülers -
Andreas galt als "brav" - der mit dieser Tat ja auch seine Zukunft und sein Leben
zerstörte. Alleingelassen und verzweifelt sah er keinen anderen Ausweg als den der
Gewalt. Denn Deutschland ist das kinderfeindlichste Land in Westeuropa, so der
Präsident des Kinderschutzbundes Hilgers.

"Newsweek" schreibt in einem Artikel "Why Children Turn Violent" (S.14,25, 6.4.1998),
dass dies immer geschieht, wenn Kinder sich völlig machtlos und misshandelt fühlen. Die
Wut baut sich dann auf, bis sie explodiert. Oft hörten Ermittler, ich habe getötet, weil
ich täglich schlecht behandelt wurde. Kinder geben sich lange ihren Rachephantasien
hin und sie geben ihren Entschluss zu töten oft vorher bekannt - eine Art letzter Hilferuf.
Aber sie werden nicht ernst genommen. Erst, wenn der Schüler so verzweifelt ist und er
keinen Ausweg mehr weiß, zerstört er sein Leben und das anderer. Der vorläufige
Höhepunkt war Erfurt mit 14 getöteten Lehrern. Aber das ist erst der Anfang. In einem
Land, in dem Schülern die Menschenrechte vorenthalten werden, sie täglich von
Lehrern gequält und gedemütigt werden - in vielen Fällen mit vollem Wissen und
Unterstützung der Schulbehörden - sehen immer mehr Schüler nur noch einen Ausweg:
Zerstörung.

IST SCHULE DIE URSACHE FÜR DIE GEWALT?

Der Jugendforscher Klaus Hurrelmann von der Universität Bielefeld sieht die Schule als
Ursache von Gewalt. Denn Schule wäre für Schüler eine gewalttätige Institution. Wo
unfaire Leistungsbeurteilungen und scharfer Wettbewerb herrschten, steige das
Gewaltniveau deutlich an. Übertriebene Leistungsanforderungen, einseitige kognitive
Beanspruchung, ungerechte Benotung, Herabsetzung oder Erniedrigung sind Quellen
aggressiven Verhaltens. Reinhard Kahl klagt, Schüler würden in Schulen terrorisiert,
traumatisiert, verängstigt, ihr Denken kanalisiert und uniformiert. (NDR International,
16.15 Uhr, 11.11.1996). Reinhard Sprenger beschreibt die Wirkung des zentralistischen
Systems Schule, das seine institutionelle Macht einsetzt, um die Schüler in Schach zu
halten. Die Schule verlange von den Schülern "Unterwerfung" und löse
"Rechtfertigungszwänge" aus, weil sie "Schuldige produziere". (Das Prinzip
Selbstverantwortung, 1997). Kurt Singer ergänzt: "Lernstörendes Lehrerverhalten und
amtliche Vorschriften hängen zusammen. Tabus bei Kinderfeindlichkeit müssen auch
deshalb unangetastet bleiben, weil destruktives Handeln in abgeschwächter Form zum
Wesen der Schule gehört. Manche Schulstrukturen begünstigen oder verordnen
unpädagogisches Handeln: Das Zensuren-Unwesen führt zur staatlich befohlenen
Verletzung kleiner Kinder; die Tyrannei des Stoffes nimmt Sachen wichtiger als den
Menschen; die unbarmherzige Auslese für gesellschaftliche Zwecke unterwirft die
Kinder einem unerbittlichen Rivalitätsprinzip; die Diktatur der Prüfungen und
unangesagter Proben. Es kommt zur Pathologie der Normalität." ("Vom achtungsvollen
Umgang mit Kindern und Jugendlichen im Schulalltag", S.4, 1999). Singer kritisiert die
Schule als Strafanstalt: Das unpädagogische Schulsystem wird gestützt durch einen
Katalog amtlicher Strafen. In mancher Hinsicht erscheint Schule als Strafanstalt mit
Verweisen, Nachsitzen, Sitzenbleiben, Strafaufgaben, Unterrichtsausschluss; zusätzlich
mit verdeckten Strafen wie unangekündigte Arbeiten, Notendruck, Ausgefragt werden.
Die in den Schulordnungen vorgeschriebenen Maßnahmen entbehren oft jeder
pädagogischen Vernunft." (Die Würde des Schülers ist antastbar", S.149, 1998).

Hinzu kommt die strukturelle Gewalt, der die Schüler in der Schule ausgesetzt sind.
Diese Systemgewalt, die von den Schulen und Lehrern ausgeht, wird in der
Gewaltdiskussion fast immer ausgeklammert. Peter Struck schreibt: "In keiner
Schulamts-Gewaltstudie wird auf die vom Schulsystem, von den einzelnen Schulen und
von den Lehrern ausgehende Gewalt eingegangen, wie sie mit den Instrumenten Noten
und Zeugnisse, Sitzenlassen, Abschulung und Drohungen an die Eltern sowie durch
unangemessenes Lehrerverhalten, ungeeignetes Gestühl, langweiliger Frontalunterricht,
veraltete Lehrpläne, übertriebenes Fachlehrer- und Kurssystem und Übergröße von
Klassen und Schulen ausgeübt wird." ("Zuschlagen, zerstören, selbst zerstören", S.6,
1995) "Diejenigen strukturellen Gewaltfaktoren, die darüber hinaus durch das tägliche
Schulbus fahren über viele Stunden und Kilometer hinweg in die Schule der nächsten
oder übernächsten Stadt entstehen, die sich durch übergroße Schulzentren,
Mittelpunktschulen und Gesamtschulen ereignen, die vom einzelnen Schüler, der
keineswegs Schulen von mehr als 800 Schülern erträgt, nicht mehr überblickt werden
können, die durch ein übertriebenes Tutoren-, Fachlehrer- und Kursprinzip bei
gleichzeitigem "Abholzen" der Bezugsperson des Klassenlehrers vorhanden sind, die
durch unkindgemäße Kaufhausarchitektur oder lüftungsfeindliche Klimaanlagen
gegeben sind, die durch eine totale Koedukation auch im Sport- und
Informatikunterricht auftauchen, sollen hier nur der Vollständigkeit halber erwähnt
werden." (ebenda, S.33f.)

In einem unmenschlichen Schulsystem, in dem

- die Hälfte der Schüler beim Frühstück unter Appetitlosigkeit leidet;

- ein Fünftel der Kinder mitteilte, ihnen sei bei Schulbeginn vor

Angst schlecht;

- 67 Prozent vor Prüfungen Magenbeschwerden haben;

- 61 Prozent Herzrasen bei Rückgabe der Klassenarbeitshefte haben;

- 46 Prozent Händezittern vor Prüfungen haben;

- 30 Prozent vor Klassenarbeiten schlecht schlafen;

- 22 Prozent auf Grund der Schule allgemein schlecht schlafen;

- und 30 Prozent Beruhigungsmittel nehmen müssen, darf man nichts Anderes als
Schülergewalt erwarten. (B. Jacobs, P. Strittmatter, "Der schulängstliche Schüler",
1979).

Deutsche Schüler erleben ihre Schule überwiegend als Trauma, stellen Kurt Czerwenka
und Hans Schmidt von der Universität Lüneburg nach Befragung von 12 000 Jungen
und Mädchen fest. Nur 4 Prozent der Abiturienten bekundeten, dass sie gerne zur
Schule gegangen wären. Professor Wulf Rauer stellt fest, dass bis zu 20 Prozent der
Schüler gewaltbereit seien. Die Frage ist nur warum? Und er stellt fest, dass die Schule
selbst Schuld sei, denn sie produziere die Gewalt. ("Schulen dürfen keine Lehranstalten
sein", 1996). Weil die Deutsche Schule unmenschlich und kriminell ist, ist auch der
Lernerfolg so niedrig. Denn das ist die wirkliche Bedeutung von Pisa und warum
deutsche Schüler so wenig lernen. In einem Land, in dem Menschenrechte für die
schwächsten in der Gesellschaft - unsere Kinder - nicht gelten, und fast jede Kritik an
den Missständen unterdrückt wird, ist nicht einmal ein Ansatz zur Lösung der
Gewaltprobleme vorhanden. Und daher werden sich Ereignisse wie in Erfurt mit
schöner Regelmäßigkeit wiederholen. Denn die deutsche Schule ist nicht mehr
reformierbar, meinte Schleswig-Holsteins ehemalige Ministerpräsidentin Heide Simonis,
sie muss völlig neu konzipiert werden!

WIE UND UNTER WELCHEN NEUROLOGISCHEN BEDINGUNGEN LERNT DER


MENSCH?

AUFBAU UND FUNKTIONSWEISE DES GEHIRNS

Das menschliche Gehirn ist die komplexeste Struktur in unserem Universum. Es umfasst
eine Billion Zellen. Ungefähr 20 Milliarden davon sind Neuronen (Nervenzellen), die
sich zu einem Netz von 100 000 Kilometer Länge verknüpfen. Jedes dieser Neuronen
kann bis zu 10 000 einlaufende Signale verarbeiten, gleichzeitig Verbindungen mit
Tausenden anderer Neuronen knüpfen, und diese Informationen simultan weiterleiten.
Somit sind in einem einzigen Gehirn mehr Kreuz- und Querschaltungen möglich, als es
Atome im Universum gibt. Jede Sekunde produziert das Gehirn rund 100 000 chemische
Reaktionen und sendet und empfängt rund 50 Millionen Informationen. All dies
geschieht durch kurze Stromstöße von einer tausendstel Sekunde und einer Stromstärke
bis zu Hundert Millivolt und über 50 verschiedene chemische Transmitter. Sie
verbinden in unzähligen Kreisläufen Informationen über alle Aktivitäten des Körpers.
Sie sausen als Signale in unserem Kopf herum, verdrahten sich miteinander und
bestimmen unser Handeln, Fühlen und Denken. Gleichzeitig stellt das Gehirn den
Körper nach Temperatur, Feuchtigkeit, den mechanischen Belastungen und der
chemischen Zusammensetzung der Umwelt ein. Dabei leistet es Phantastisches. Man
denke nur an die Koordination der Kiefer-, Rachen-, Atem- und
Stimmbandmuskulatur, die unserem normalen Sprechen zu Grunde liegt. Oder die
Fähigkeit, die 242 Gesichtsmuskeln so mimisch fein zu steuern, dass sie genau
abgestimmt zu Sprache und Bewegung passt. Hinzu kommt die nicht sprachliche
Kommunikation in Form von Mimik, Gestik, Körperkontakt, akustischen Signalen und
Gerüchen und Tausender anderer Körperfunktionen wie Atmung, Herzschlag usw.
Daher ist es nicht verwunderlich, dass das Gehirn weitestgehend mit sich selbst
beschäftigt ist. Nicht einmal 0,1 Prozent aller Verbindungsfasern sind für das Lernen
zuständig.

Hinzu kommt, dass unser Gehirn in Bewusstsein (15 Prozent) und Unterbewusstsein (85
Prozent) aufgeteilt ist. Nur das Bewusstsein trifft Entscheidungen, während das
Unterbewusstsein uns auf bestimmte Art und Weise handeln lässt, ohne dass wir
darüber nachdenken. Es blockiert uns aber auch. Im Stress können wir nicht mehr klar
denken und lernen. Neuerungen werden nicht akzeptiert, weil das Unterbewusstsein mit
Ängsten reagiert. Das Unterbewusstsein ist also eine entscheidende Instanz unseres
Denkens, Lernens und Handelns. Das Gehirn besteht, vereinfacht gesagt, aus zwei
symmetrischen Teilen, der linken und rechten Gehirnhälfte. Beide Seiten haben ihren
eigenen Ablauf bewusster Gedanken und ihr eigenes Gedächtnis. Die Denkweisen beider
Hälften sind jedoch fundamental verschieden. Das linke Gehirn denkt in Worten, das
rechte unmittelbar in Bildern. Man glaubt, dass jede Gehirnhälfte spezielle Funktionen
und Fähigkeiten hat. Die linke Hälfte ist mehr für das Logisch-Verstandesmäßige, die
rechte mehr für das Kreativ-Emotionale, das Ganzheitliche zuständig. Neue Theorien
sehen sogar mehr als zwei Gehirnareale am Werk. 1 Beide Gehirnhälften werden durch
das "Corpus callosum", einen Nervenstrang aus vielen Millionen Fasern miteinander
verbunden, der auch als "Balken" bezeichnet wird. Durch das isolierte Zertrennen
einzelner Fasen, lässt sich die Wirkungsweise des Balkens direkt überprüfen. Durch
diese Experimente wurde bewiesen, dass sich verschiedene Denkprozesse, "sowohl
innerhalb eines bestimmten Hirnrindenareals als auch zwischen verschiedenen Arealen
abspielen". 2 Die Aufnahme von Informationen und das Denken erfolgen als
Nervenimpulse, die durch den Cortex schießen. Spezialisierte Funktionen konnten
einzelnen Cortex-Regionen genau zugeordnet werden. Kurzzeitige synaptische
Veränderungen deuten dabei auf einfache Lernvorgänge hin, die mit einer
Molekularveränderung von Proteinen in Zusammenhang stehen. 3

WACHSTUM UND ENTWICKLUNG DES GEHIRNS

Während der Schwangerschaft vermehren sich die Neuronen "Schwindel erregend schnell".
Sie wachsen um 250 000 pro Minute, bis es insgesamt eine Billion geworden sind. Das Gehirn
wächst zum großen Teil im Mutterleib. Am Ende der Schwangerschaft sind die
Funktionsregionen des Gehirns ausgebildet. Innerhalb weniger Monate sind 100 Milliarden
Zellen von ihrem Entstehungsort - den Rändern der Hirnkammern - an die Hirnoberfläche
gewandert. Aber noch fehlt die Verschaltung der wenige Millimeter dicken Großhirnrinde.
Mit der Geburt bricht ein Entwicklungssturm im Gehirn los. Die astronomische Zahl der
Nervenzell-Kontakte verbindet sich in ungeheurer Kombinatorik und präzise
synchronisiertem Zusammenspiel zum Lernen und Denken. Allerorten sprießen fein
verästelte Fortsätze, so genannte Dendriten. Sie sind übersät mit Dornen, auf denen Synapsen
sitzen. Über sie empfängt das Neuron Signale anderer Zellen. In der Stunde Null verfügt
jedes Neuron in der für das Sehen zuständigen Zone des Gehirns über etwa 2500 Synapsen.
Acht Monate später sind es bereits mehr als 15 000. Ähnlich hektisch geht es in anderen
Regionen der Großhirnrinde zu. Es entstehen Unmengen an synaptischen Kontakten. Die
wichtigsten und erfolgreichsten festigen sich. Parallel zur Struktur des Arbeitsgedächtnisses
reift der Hippocampus, der eine zentrale Rolle beim Langzeitgedächtnis spielt. Nach zehn
Monaten ist er fast auf seine endgültige Größe herangewachsen. Mit unstillbarer Neugier
saugen Kinder alles auf, was man ihnen kindgerecht anbietet. Ihre Hirne sind wie
Schwämme. Dieser Wille zum Lernen gehört zu unserer biologischen Grundausstattung.
Kinder sind regelrecht auf Lernen programmiert. Ihr Organismus lechzt geradezu nach
Lernerfahrungen. Dabei stützen sie sich auf einen enorm aufnahmebereiten und
anpassungsfähigen Lernapparat. So bewältigen Kleinkinder unglaubliche Leistungen
spielerisch und mit großer Leichtigkeit. In den ersten Lebensmonaten studieren sie die
kleinsten Details einzelner Gegenstände. Ja, nach Meinung der amerikanischen
Lernpsychologen Alison Gopnik und Andrew Meltzoff, haben sie bereits alle Fähigkeiten,
wissenschaftlich zu denken. 4 Offenbar kommen Kinder schon mit einem intuitiven Wissen
über die belebte und unbelebte Natur sowie über zwischenmenschliches Verhalten auf die
Welt. Sie verstehen auf ihre kindgerechte Art bereits die Grundregeln der Biologie, der
Physik und der Psychologie. Vor allem aber beherrschen sie die Methode der Theoriebildung.
5
Sie beginnen eigenständig zu vergleichen und die Vielfalt der Dinge zu ordnen. Wie
Wissenschaftler ergründen sie die Welt, um nach der Methode von Versuch und Irrtum alles
für sie Wichtige zu ergründen.

Besonders erstaunlich sind die Leistungen beim Sprachenlernen. Bestimmte


Sprachfertigkeiten scheinen uns angeboren, als gäbe es eine Art grammatikalisches Ur-
Wissen. Im Alter von vier Monaten kann der Säugling noch alle Laute aller Sprachen
auseinanderhören - vom afrikanischen Klicklaut bis exotisch wirkenden Klängen. In den
folgenden Monaten verengt sich die Trennschärfe auf den Klang der eigenen Sprache.
Innerhalb des ersten Jahres eignen sich Kleinkinder Vokale, Konsonanten und Worte
an. Mit etwa zwei Jahren erlernen sie die grammatikalischen Strukturen. Beim
Sprachenlernen speichert das Gehirn die Grammatik und Aussprache in der Broca-
Region (über dem Ohr). Das Vokabular hingegen wird in der Wernicke-Region (hinter
der Broca-Region) gespeichert. Bei zweisprachig aufgewachsenen Kindern sind beide
Kindheitssprachen in der Broca-Region enthalten. Für später erworbene
Fremdsprachen dagegen muss das Gehirn eigene Areale anlegen und erlernt die
Sprache sehr viel schwerer. Forscher sehen die Schlüsselrolle bei diesem Lernprozess in
dem sozial-emotionalen Kontakt zu einer geliebten Person. Mit ihm ist Lernen - in der
Tat - ein Kinderspiel. Denn beim Lernvorgang besteht eine enge Verbindung von
Körper, Seele und Geist. In der Schule hingegen werden Emotionen nach besten Kräften
ausgeklammert. Liebe und Motivation werden durch Druck und Angst ersetzt. 6 7

Wer die Sprache jedoch von einem ungeliebten Lehrer lernen soll, der begibt sich in die
"Anatomie der Mühsal", wie es der "Spiegel" nennt. Des Weiteren lernen Kinder nur in
jungen Jahren eine Sprache perfekt. Später werden sie ihre Grammatikfehler und ihre
originäre Sprachmelodie nicht mehr (so leicht) los. Dabei gilt: Umso jünger das Kind,
umso leichter lernt es die Sprache. Aus diesem Grund sind die ersten drei Lebensjahre
erzieherisch viel bedeutsamer als die folgenden 15 Jahre zusammen. Dabei gilt: Umso
früher ein Kind eingeschult wird, umso schneller lernt es. Allerdings tut es dies nur,
solange es motiviert und voller Lerneifer ist und von einer geliebten Bezugsperson
angeleitet wird.

WIE DAS GEHIRN LERNT

GRUNDVORAUSSETZUNGEN ZUM LERNEN – SPIEL UND BEWEGUNG

Schule verkehrt diese Bedingungen aber oft ins Gegenteil. Denn sie missachtet folgende
Regeln: Ein Kind lernt nur ganzheitlich, emotional und spielerisch nach dem Prinzip
"try and error" und es muss sich beim Lernprozess ständig in Bewegung befinden.
Denn Spielen und Bewegung sind das Grundmuster des Lernens und deshalb spielen
nicht nur Menschenkinder, sondern auch alle Jungtiere höherer Arten. Lernen basiert
darauf, so Manfred Spitzer in seinem Buch "Geist im Netz": "dass Input-Output-
Beziehungen immer wieder durchgespielt werden und die Synapsenverbindungen im
Netzwerk sich langsam so verändern, dass der richtige Output mit immer größerer
Wahrscheinlichkeit hervorgebracht wird... Genau daher gibt es Spiel. Im Spiel können
Input-Output-Relationen immer wieder trainiert werden, ohne dass der Organismus
Gefahr läuft, durch das Hervorbringen von falschem Output Schaden zu nehmen. Spiel
ist damit die unmittelbare Konsequenz von Lernfähigkeit. Da man davon ausgehen
kann, dass die Spezies Mensch am lernfähigsten ist, ist sie notwendigerweise nicht nur
am spielfähigsten, sie hat das Spielen auch am dringendsten nötig! Wenn neuronale
Netzwerke die Verhältnisse in biologischen Gehirnen abbilden und wenn daher
Organismen aus Beispielen lernen und nicht dadurch, dass man ihnen (wie etwa einem
Computer) eine Regel einprogrammiert, und wenn Menschenkinder sich von den
Nachkommen anderer Arten vor allem durch ein Mehr an Lernen unterscheiden, dann
bedeutet dies für die Erziehung, dass sie nicht durch Predigten, sondern durch Beispiele
erfolgt. >Erfolgt<, nicht >zu erfolgen hat<, denn Lernen läuft auch dann über Beispiele,
wenn der Erzieher predigt...Wenn also der (Lehrer) immer schimpft und diese oder jene
Maßregel damit durchzusetzen sucht, so wird das Kind lernen, dass ein (Lehrer)
schimpft (bzw. dass Lehrer schimpfen). Gemessen an dieser Regelhaftigkeit im Input
sind die einzelnen Inhalte nahezu vernachlässigbar." 8

Wissenschaftler verstehen die Evolution von Lebewesen mehr und mehr als einen Akt
spielerischen "Lernens". Der Historiker und Philosoph Johan Huizinga vertrat bereits
1939 in seinem Klassiker "Homo Ludens" die These, dass die menschliche Kultur als
Spiel entstanden sei. 9 Doch in der Schule und Pädagogik steht das Spielen nicht im
Mittelpunkt. Und auch die Kreativität, jener Prozess schöpferischen Veränderns, mit
dem die Natur sich stets anpasst, steht nicht auf dem Lehrplan. Die moderne
Wissenschaft entdeckt immer mehr Kreativität, Experiment und Spiel auf allen Ebenen
der Natur. Nur im Bildungssystem werden diese Gestaltungsprinzipien völlig
missachtet. "Wenn Schule das Spiel ausgrenzt, koppelt sie sich ab von der Welt",
kritisiert Nobelpreisträger Gerd Binnig. Und Friedrich Cramer (Biochemiker am
Göttinger Max-Planck-Institut für experimentelle Medizin) ergänzt: "Kreativ kann man
nur sein, wenn man spielt."

WIR LERNEN AM BESTEN, WENN WIR UNS BEWEGEN

"Spielen ist die seltenste und zugleich die potentiell machtvollste Lernmethode",
schreibt Peter M. Senge in seinem Buch "Die fünfte Disziplin". 10 Das Wirksame beim
Spiel ist die Bewegung. Insbesondere durch Feinmotorik wird die Anzahl und Intensität
der Neuronen-Verknüpfungen stimuliert. Diese Verknüpfungen aber entscheiden über
die Intelligenz eines Menschen. Darauf wies Nobelpreisträger John C. Eccles bereits
1986 hin: "Motorisches Lernen ist für alle geschickten Handlungen, die von der
Hirnrinde ausgehen, von grundlegender Bedeutung, und das gilt in besonderem Maße
für menschliche Tätigkeiten." 11

Der Hirnforscher Terrence Sejnowski des kalifornischen "Salk Institute" berichtete,


dass Tiere, die in Bewegung gehalten wurden, bei Gedächtnis-Tests viel besser
abschnitten. Die Mathematik-Didaktiker Jens Holger Lorenz und Hendrik Radatz aus
Bochum führen Rechenschwäche auf Lernblockaden und Bewegungsmangel zurück.
Peter Struck kommentiert dies folgendermaßen: "Kinder, die nicht ohne weiteres
Fahrrad fahren, balancieren, rückwärts gehen oder auf einem Bein stehen können, die
nicht hüpfen oder ein Papier falten können, sind durchweg auch rechenschwach." 12
Bedauerlicherweise steigt der Anteil Bewegungsgestörter Jugendlicher stetig. "Studien
an Kindern zeigen, dass ihre motorischen Fähigkeiten durch Bewegungsmangel bereits
deutlich eingeschränkt sind und trainiert werden müssen", beklagte der Bonner
Neurophysiologe Detlef Linke in der "Woche". 13

Das erklärt aber auch, warum Sport, Turnen, Tanzen und Musik so wichtig sind. In
einer umfangreichen vom Bundesbildungsministerium geförderten Studie wies der
Frankfurter Pädagogikprofessor Hans Günther Bastian nach, dass Kinder, die
wöchentlich einen zweistündigen Musikunterricht an einem Instrument erhielten - im
Gegensatz zu einer nicht spielenden Kontrollgruppe - eine viel ausgeprägtere soziale
Kompetenz zeigten, erheblich weniger aggressiv waren und einen deutlichen Zugewinn
beim Intelligenzquotienten erlangten. Bastian betont: "Es entspricht auch den neuesten
hirnphysiologischen Untersuchungen, dass Kinder Musik figural lernen in Tanz, im
Bewegen, im Singen, im Spiel." Er klagt, dass bis zu 80 Prozent des Musikunterrichts an
Schulen ausfalle oder fachfremd unterrichtet würde. Schädlich wäre auch, wenn Kinder
für vier Jahre Einzelhaft an der Triangel verdonnert oder durch abfällige Bemerkungen
entmutigt würden. 14

Diese Erkenntnisse sind ebenfalls nicht neu. Die Rudolf-Steiner-Schulen basieren auf
diesem Prinzip. Nur Schule ist wieder einmal lernunfähig. Denn dort wird Sport,
Schwimmen, Kunst und Musik immer mehr vom Stundenplan gestrichen. Noch
schlimmer, anstatt der Kreativität in Kunst und Musik freien Lauf zu lassen, werden
tückische Fangfragen in Arbeiten gestellt, der Stoff möglichst kompliziert und
abfragbar dargestellt und oft sehen die Schüler gar kein Instrument und werden zudem
mit schlechten Zensuren endgültig demotiviert! Kurt Singer klagt: "Selbst in Turnen
kann den Kindern die Freude an der Bewegung vergehen, wenn der Lehrer die Schüler
in langen Reihen anstehen lässt, auf dass jeder seinen benoteten Bauchaufschwung
mache. Und wenn es die Disziplin erfordert, dann wird ein Test über die Regeln des
Basketballspiels geschrieben. Im Kunstunterricht kann den Jugendlichen die Lust
vergehen, wenn jeder Strich dazu dient, die Note festzulegen." 15

EIGENMOTIVATION UND LERNEN DURCH LUST UND FEHLER

Am besten lernt man, wenn man motiviert ist und etwas selber tut oder einem anderen
erklären muss. Im aktiven Zeigen und Erklären beim Lernvorgang wird das Wissen
vertieft und gefestigt. Aber diesen Vorteil hat in der Schule fast nur der Lehrer. Die
Schüler dürfen oft nicht in die Position des Lehrenden schlüpfen. Und somit entgeht
ihnen eine Chance zur Übung und Entwicklung ihrer eigenen Intelligenz. Dennoch
entwickelt sich in einem gesunden Kind die Fähigkeit zum Lernen von selbst, sie muss
nicht gelernt werden - sie kann kaum verhindert werden - sie bricht sich spielerisch ihre
Bahn. Wenn man Kinder frei gewähren lässt und ihre Denkfähigkeit im frühesten Alter
durch kindgerechte Stimulation fördert und ihnen viel Liebe zukommen lässt,
entwickeln sie erstaunliche geistige Fähigkeiten und in ihrem späteren Leben geistige
Hochleistungen, die die Gesellschaft beeinflussen und verändern. 16

Dabei will das Kind immer selbst lernen und nicht belehrt werden. Es lernt durch
Fehler. Der Fehler gehört zum Lernvorgang. Ohne Fehler gibt es keinen
Lernfortschritt. Und die Lernentwicklung eines Kindes summiert sich zu vielen
tausenden Fehlern, Irrtümern und fehlgeschlagenen Versuchen. Doch nur so lernen wir.
Dieser Vorgang wird auch "operantes Lernen" genannt. Er läuft über das Lustzentrum
im Gehirn ab: positive Effekte führen dabei zur Einprägung, negative werden
verdrängt. Und deswegen versuchen wir es immer wieder. Von dem amerikanischen
Erfinder Edison ist bekannt, dass er mehr als tausend Fehlversuche hatte, bevor er eine
brauchbare Glühlampe erfand. Die gesamte systematische Forschung beruht auf diesem
Prinzip. Oft werden Tausende oder gar Millionen Fehler gemacht, bevor sich eine neue
Errungenschaft Bahn bricht. Dabei evolutioniert sich das Gehirn selbst, denn je
pragmatischer und "vielfältiger die Verarbeitung von Informationen, desto
leistungsfähiger, desto anpassungsfähiger ist das System". 17
EMOTIONALE INTELLIGENZ UND DER SYMPATHIE-FAKTOR

WEITERE FAKTOREN BEIM LERNEN

Umso mehr Sinne beim Lernen eingeschaltet werden, umso höher ist die
Behaltensquote.

Das Lernen und das Gedächtnis sind wesentliche Funktionen sowohl der Großhirnrinde
als auch des Hippocampus. Ganz offensichtlich spielt der Hippocampus für die kurz-
und mittelfristige Speicherung von Gedächtnisinhalten eine wesentliche Rolle. Er gilt als
Dirigent des Gehirns. Wird er zerstört, ist das Speichern neuer Erinnerungen
unmöglich. 18 Die Übertragung vom Hippocampus ins Langzeitgedächtnis geschieht
größtenteils während des Schlafes. Die Aktivitäten der Hippocampus-Nervenzellen sind
dann besonders hoch. Wir lernen also hauptsächlich im Schlaf, in dem bestimmte
Informationen so lange wiederholt werden, bis sie fest verankert sind. 19 Der
Denkprozess des Gehirns ist ohne Emotionen nicht möglich. Der Umschlagplatz hierfür
ist das limbische System, dessen Zentralstelle "Amygdala" oder "Mandelkern" heißt. Er
hat die Aufgabe, die wahrgenommene "kognitive" Welt mit Gefühlen auszustatten und
so den Lernprozess möglich zu machen. Jedes Mal, wenn eine Information wieder
erkannt oder ein Weltbild bestätigt wird, werden kleine Mengen Endomorphine
ausgestoßen und so der Lernprozess belohnt. Gleichzeitig aber verhindert dieser
neurogenetische Effekt, überholtes Wissen zu korrigieren. Hierfür ist oft das
Wegsterben einer Generation notwendig, bevor das neue Wissen von der folgenden
Generation übernommen werden kann. Wenn der Mandelkern zerstört wird, ist der
Mensch nicht mehr zur Trauer, Liebe, Mitleid, Hass oder Wut fähig. Er verliert das
Interesse an anderen Menschen und sogar an sich selbst. Ein glückliches Leben oder das
Lernen ist nur auf einem stabilen System der Serotonin- und Endorphin-Produktion des
limbischen Systems möglich. Und dies erklärt, warum für uns sogar höchst objektive
Abläufe immer nur subjektiv sein können.

WIE SOLLTE SCHULE AUSSEHEN? - AM BEISPIEL FINNISCHER UND


SCHWEDISCHER SCHULEN? WIE KOMMT MAN DA HIN?

Die deutsche Schule ist nicht reformierbar. Sie muss völlig neu konzipiert werden. Da ein
umfangreiches Konzept hier jeden Rahmen sprengen würde, wird in dieser Abhandlung
nur auf einige wenige Beispiele eingegangen: Das Sprachenlernen bei kleinen Kindern
und das schwedisch-finnische Schulsystem. Die optimale Phase für den Spracherwerb
vermuten Hirnforscher zwischen dem zweiten und fünften Lebensjahr. Kleinkinder, die
in dieser Zeit mit verschiedensprachigen Bezugspersonen aufwachsen, lernen zwei, drei
oder vier Sprachen schnell und mühelos, wenn diese notwendiges Verständigungsmittel
sind. Schließt sich aber das Zeit- und Entwicklungsfenster bei Kindern und erfolgt der
Kontakt mit Fremdsprachen erst in der Schule, tun sich Kinder schwer und erreichen
oft nicht mehr die perfekte Aussprache. Denn die optimalen Lernphasen des
Spracherwerbs schließen sich aufgrund der Evolutionsbedingungen bereits sehr früh.
Was im Kindergarten erst einmal versäumt wurde, lässt sich in der Schule nur noch
begrenzt und unter großem Aufwand einholen. Die Veränderbarkeit der
Nervenverknüpfungen, die so genannte Plastizität des Gehirns verringert sich stetig.
Dieser Prozess beginnt bereits sehr früh. "In der Kindheit reifen bestimmte Teile des
Hirns besonders schnell und sind daher leicht formbar. Danach verändern sie sich viel
langsamer und sind daher auch weniger trainierbar. Diese Umstellung wird chemisch
gesteuert. Interessanterweise sind dabei dieselben Mechanismen aktiv, die auch dafür
verantwortlich sind, dass Bewegung das Gehirn jung hält... Allein die Tatsache, dass die
Kindheit bei uns länger dauert als bei allen anderen Lebewesen, scheint für einen
Großteil unserer geistigen Fähigkeiten verantwortlich zu sein. Deswegen spielen die
kritischen Perioden in der Kindheit, in denen das Hirn besonders trainierbar ist, bei
Menschen sogar eine noch wichtigere Rolle... Die ersten paar Lebensjahre sind von
entscheidender Bedeutung für das visuelle System, und soziale Interaktionen werden bis
über die Pubertät gelernt. Diese Zeitfenster in der Kindheit gilt es auszunutzen. Hierin
versagen unsere Bildungssysteme gründlich." 20 Denn bei den meisten Kindern ist das
Gehirn nach zehn Jahren so weit gereift, dass sie Sprachinformationen nur noch
begrenzt aufnehmen und zusätzlich nach starren Regeln in der Schule lernen müssen.
Entscheidend für die Zukunft eines Kindes ist, was es in den ersten Jahren lernt.
Verpasste Momente für den Spracherwerb oder für feinmotorische Bewegungen lassen
sich nie oder nur sehr begrenzt nachholen.

Wichtig, sei, so Jürgen Meisel, der seit über 20 Jahren am Romanischen Seminar in
Hamburg an dem größten Forschungsprojekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft
über Mehrsprachigkeit forscht, früh verschiedene Sprachen zu lernen: "Unsere
Untersuchungen zeigen dass jeder in der Lage ist, verschiedene Sprachen wie seine
Muttersprache zu erlernen. Er muss nur früh anfangen." Außerdem sei vorteilhaft,
wenn die zu erlernende Sprache sich möglichst stark in Wortbestand, Grammatik und
Klang vom Deutschen unterscheide. Dann lernten Kinder weitere Sprachen erheblich
leichter. Meisel verweist auf Pisa: "Ein Grund für das schlechte Abschneiden der
Schüler waren mangelhafte Deutschkenntnisse der Immigrantenkinder. Kinder erst im
Schulalter zu fördern, sei zu spät. Forschungen zeigen, dass die angeborene Gabe zur
Mehrsprachigkeit bis zum Alter von fünf Jahren am stärksten ausgeprägt sei, dann
abnehme. Meisel nutzt das >>Bild einer sich langsam schließenden Tür<<, bis fünf Jahre
steht sie weit offen, dann schließt sie sich langsam, mit zehn Jahren ist sie zu." Doch
danach beginnt gewöhnlich der Sprachunterricht in der Schule. "Warum beginne man
nicht im Kindergarten mit Deutschunterricht für Immigrantenkinder oder Englisch- und
Französischunterricht für Deutsche?" 21 Langsam denkt man um. Mittlerweile werden in
Baden-Württemberg Erstklässler in 2500 Primarschulen in Englisch oder Französisch
unterrichtet. Der Spiegel schreibt: "Deutsch ist während der Englisch- und
Französischstunden tabu - die Schüler müssen sich also schnell an die fremden
Ausdrücke gewöhnen. >>Immersives Lernen<< nennen Didaktiker diese Methode: Die
Kinder lernen keine Vokabel-Listen, sondern tauchen vollkommen in die andere Sprache
ein. Das fällt den meisten leichter, als Werlen (Erika Werlen, Tübinger Institut für
Erziehungswissenschaft) erwartet hatte. >>Die Schüler nehmen auch komplizierte
Konstruktionen ganz selbstverständlich an<<, berichtet die Professorin, >>wie waren
überrascht, wie schnell sie eigene Hypothesen über die Struktur der Sprache bilden<<....
Die Kinder entwickeln eine Art Zwischensprache, die nach und nach verfeinert wird." 22

In anderen Ländern hat man schon seit längerem beobachtet, dass eine frühe
Zweisprachigkeit die Vernetzung im Gehirn entscheidend fördert. Denn Kinder lernen
in den ersten Lebensjahren Sprachen mit großer Leichtigkeit. In Frankreich hat man
deshalb den zweisprachigen Unterricht schon für ABC-Schützen eingeführt. Andere
Länder, so z.B. in Skandinavien, Luxemburg, Österreich und den Niederlanden, fangen
mit dem Sprachunterricht schon im Kindergarten an. 23

Ein mit mir befreundeter Schweizer Banker durfte als Ehrengast der Volksrepublik
China die Insel Hainan, das chinesische Silikon-Valley, besuchen. Er erzählte mir von
Eliteschulen, in denen Tennisplätze und Swimmingpools zu jeder Schule gehörten. Ab
zwei Jahren würde man dort Kinder mehrsprachig erziehen. Als Lehrer würden
Chinesen eingesetzt, die die Fremdsprache in dem betreffenden Land erlernt hätten und
perfekt beherrschten. Die Vermittlung geschehe spielerisch. Lehrer und Kinder spielten,
dürften sich dabei aber nur in einer bestimmten Fremdsprache unterhalten. Mein
Freund unterhielt sich mit den drei-fünfjährigen Schülern auf deutsch, englisch und
französisch und war äußerst erstaunt, wie gut sie sich ausdrücken konnten. Die Kinder
waren hoch motiviert und lernten Sprache als Spiel. Solange solche Methoden nicht
eingesetzt werden, hilft es nicht, wenn der Europarat und die Europäische Kommission
das Jahr 2001 zum "Europäischen Jahr der Sprachen" ausgerufen haben, und die
Förderung der Mehrsprachigkeit als unumgängliche Maßnahme für die persönliche und
berufliche Entwicklung preisen. 24

Ein wesentliches Problem der deutschen Schule ist ihre selektive Eigenschaft, Kinder
nach den Berufen der Eltern zu sortieren und mit ihr die frühe Trennung in
verschiedene Schulstufen. Jürgen Baumert kritisierte in der Frankfurter Rundschau den
Sachverhalt: "Bei hoher Bildungsbeteiligung schälten sich in Skandinavien viel mehr
Schüler mit Spitzenleistungen heraus als bei >>restriktivem Zugang<< zum
Gymnasium... Während die Schweden es normal und überhaupt nicht bemerkenswert
finden, dass 70,6 Prozent der Schüler in die gymnasiale Oberstufe überwechseln, sind es
bei uns lediglich 25 Prozent, die den Sprung schaffen. Und selbst diese magere Quote
scheint einigen noch viel zu hoch.... Unser Bildungssystem braucht einen
Richtungswechsel. Mit dem Irrglauben, dass nur eine selektive Bildungsbeteiligung
Qualität verspricht, verfehlt es nicht nur den jeweils Einzelnen mit seinem Recht auf
Bildung, sondern auch den gesellschaftlichen Bedarf an beruflich und akademisch
gebildeten Menschen." 25

Alle Länder, die bei Pisa gut abgeschnitten haben, verbindet, nach Meinung von
Schulforscher Eckard Klieme ein Erfolgsgeheimnis: das Prinzip Verantwortung. "In
Schweden wie in Finnland, aber auch beim fernöstlichen Spitzenreiter Südkorea gilt laut
Klieme: >>Es gibt klare Leistungsanforderungen an den Unterricht - und klare
Verantwortlichkeiten dafür, dass die auch erfüllt werden<<. Außerdem spielt das
Lernumfeld eine wichtige Rolle. Ob Leistung in einer Gesellschaft etwas gilt, entscheidet mit
über den Erfolg der Schule... Ernst Rösner hat beobachtet, >>dass Länder, in denen gewisse
Sekundärtugenden einen hohen Stellenwert haben - etwa Pünktlichkeit, Anwesenheitspflicht,
Leistungsbereitschaft - bei Pisa generell besser dastehen<<." Zu diesen Ländern gehört auch
Holland. Nach Gesamtsieger Finnland waren sie das beste europäische Land. "Deutsche
könnten von den Niederlanden viel lernen" schrieb die Süddeutsche Zeitung: "Das beginnt
mit der frühen und individuellen Förderung. Schon für die Fünfjährigen besteht Schulpflicht,
viele Kinder wechseln jedoch bereits mit vier vom Kindergarten auf die Basicschool... Zwar
werden, wie in Finnland, die Schüler länger gemeinsam unterrichtet, nämlich die ersten acht
Jahre in der Basicschool, der Grundschule. Danach aber werden sie auf drei Schularten
aufgeteilt, die deutliche Parallelen zu den deutschen Sekundarschulen haben... Was die
Schüler bis dahin wissen sollen, ist in Bildungsstandards, den Kernzielen festgelegt. Wie die
Schulen diese Ziele erreichen, ist ihnen weitgehend selbst überlassen. Ohnehin genießen sie,
gerade verglichen mit den Deutschen, sehr viel Eigenständigkeit... Die niederländischen
Lehrer... wenden mehr Zeit für die Fortbildung auf. Letztere ist europaweit vorbildlich:
Nicht die Lehrer gehen auf Fortbildung - die Fortbildung kommt zu ihnen und wird teilweise
sogar in den Unterricht integriert." 26

Auch ein Blick auf die skandinavischen Schulsysteme kann helfen. Denn es ist sehr
einfach festzustellen, Finnlands und Schwedens Schüler haben es besser, obgleich es
nicht möglich ist, das schwedisch/finnische Schulsystem mit dem deutschen zu
vergleichen. Wenn in Deutschland die Gesamtschule übernommen würde, ohne weitere
Änderungen, würde sich kaum etwas verändern. Deutschlands Problem ist seine
Unmenschlichkeit, über die aber nicht gesprochen werden darf. Schweden und Finnland
sind Kinderparadiese. Deutschland hingegen gilt als das kinderfeindlichste Land
Europas. Und das spiegelt sich im Schulsystem wieder. In Schweden und Finnland sind
Lehrer gute Freunde der Kinder, die gerne helfen. In Deutschland sind viele Lehrer
erbitterte, hartherzige Feinde von allem Kindlichen. Während in diesen skandinavischen
Ländern alles getan wird, um die Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Kinder sich
wohl fühlen und gut lernen können, wird in Deutschland verbissen das Gegenteil getan.
Würden Lehrer in Schweden oder Finnland Schüler so behandeln, wie man es in
Deutschland tut, so wäre das nicht nur das Ende der schulischen Karriere, sondern viele
der Lehrkörper würden sich vermutlich auch im Gefängnis wieder finden. Doch in
Deutschland wird das Kinderschinden als normal, wünschenswert und pädagogisch
empfunden. Die Tragödie Deutschlands ist, dass man hier zu Lande nicht einmal über
die wirklichen Probleme offen sprechen darf: Seien es wirtschaftliche, politische oder
schulische Probleme. Überall existieren Tabus, Denkverbote, Sakrilege und eine
unglaubliche Verachtung für alles Schwache. Deutschlands Schulen sind unmenschlich
und das ist das Hauptproblem. Wer dies jedoch ändern möchte, der findet viele
Anregungen - gerade in Skandinavien.

Eine große Leidenschaft der Finnen ist, neben Tango tanzen, das Lesen. Damit auch
jedes Kind möglichst viele Bücher liest, fahren Bibliotheksbusse nicht nur in Dörfer,
sondern sie fahren auch einzelne Häuser an, um den Kindern die Möglichkeit zu bieten,
ihre Lieblingsbücher aus einem Sortiment von 20 000 Büchern herauszusuchen. 27 Da
Lesen die Grundvoraussetzung für alles weitere Lernen ist, genießen die Finnen
hierdurch schon einen enormen Vorteil. Hinzu kommt: In Finnland gibt es nur wenig
Ausländer und die müssen finnisch sprechen. "Während Beispielweise beim Pisa-Sieger
Finnland nur eingeschult wird, wer die dortige Landessprache versteht, verzichtet die
Bundesrepublik darauf, die Zuwanderer und deren Nachwuchs in Sprachkurse zu
drängen." 28

Hinzu kommt alle Schulen in Finnland sind sehr klein und überschaubar und damit
auch persönlicher. 40 Prozent der Schulen haben weniger als 50 Kinder. 60 Prozent der
Schulen haben weniger als sieben Lehrer. Nur drei Prozent der Schulen haben mehr als
500 Schüler. Dadurch werden für die Schüler lange Anfahrten erspart. In Deutschlands
Massenfabriken verlieren Schüler die Orientierung und fühlen sich unwohl. In Finnland
wird, im Gegensatz zu Deutschland, jedes Kind individuell betreut. "In Finnland
kümmert man sich um jeden Schüler. In Vorschulen unterrichten zwei Pädagogen 15
Kinder. Da gibt es kostenlos Nachhilfeunterricht für die Schwachen. Psychologen
arbeiten als Ansprechpartner für die Jugendlichen. Kuratoren helfen bei sozialen
Problemen. Niemand bleibt sitzen. Die versuchen jeden durchzubringen." Zusätzlich
gibt es Assistenten, die die Lehrer entlasten und die sich gezielt einzelner Schüler
annehmen. 29 Neben den Klassenlehrern stehen auch Sozialarbeiter und Psychologen zur
Verfügung, die sich um Problemfälle kümmern und schwächere Schüler fördern. Dieser
Personaleinsatz fehlt in Deutschland völlig." Eva-Riitta Pirhonen, Abteilungsleiterin im
Bildungsministerium in Helsinki ist stolz, dass Finnland in der neuen OECD-Studie
erneut Spitzenreiter wurde: "Das verdanken wir unserem sehr guten Bildungssystem,
aber auch der Tatsache, dass wir ein Wohlfahrtsstaat sind in dem Sinne, dass wir uns
um alle unsere Kinder, unsere Jugend und Familien kümmern". Sie verwies auf die
Grundsätze für den Unterricht: >>Niemand ist so schlau wie wir alle zusammen<< und
>>Jeder ist gut in irgendetwas<<, außerdem auf die hohen Standards bei der
Lehrerausbildung. 30

Spiegel Special stellt fest: "Finnische Schulen sind anders, keine Frage. Und ihre Lehrer
und Schüler erst recht. Seit einer radikalen Schulreform Mitte der siebziger Jahre gehen
alle Schüler auf die Gesamtschule, und alle finden das gut so: Eltern, Politiker, Schüler
und Lehrer. Sitzen bleiben gibt es nicht. Noten sind erst ab Klasse sieben Pflicht. >>Wir
können uns nicht leisten, Kinder nach unten durchzureichen<<, sagt Jukka Sarjala,
Präsident des Zentralamts für Unterrichtswesen, der als Architekt des Schulsystems gilt.
>>Wir brauchen jeden<<. Deshalb wird Bildung immer als Volksbildung verstanden, als
>>Bildung für alle<< eben. >>Chancengleichheit hat hier größtes Gewicht<<, weiß
Rainer Domisch, der seit Ende der siebziger Jahre in Helsinki lebt und im Amt
verantwortlich für den Deutschunterricht ist. >>Syjaytiminen<< heißt Ausgrenzung und
ist >>das Unwort der finnischen Pädagogik<< (Domisch). Nach Klasse neun wechseln
knapp 60 Prozent an die gymnasiale Oberstufe, fast alle von ihnen machen Abitur. Und
niemand wertet das als Inflationierung der Hochschulreife. Alle Schulen arbeiten im
Ganztagesbetrieb. Mittagessen ist obligatorisch und umsonst. >>Wir bekommen etwas
Warmes und sitzen zusammen<<, sagt der 17-jährige Annu Nieminen, >>das ist gut für
das Klima und fördert den Zusammenhalt<<

...Das finnische Schulsystem kennt ab Klasse sieben keine feste Stundentafel. Das
Schuljahr gliedert sich in meist fünf Perioden von sechs bis sieben Wochen, in denen die
Jugendlichen unter angebotenen Kursen wählen und so Schwerpunkte setzen können -
und müssen. Je höher die Klassenstufe, desto größer die Eigenverantwortung. >>Es wird
eine aktive Rolle von den Schülern erwartet<<, sagt Jutta Laakson...>> Übergreifender
Unterricht<< nennen die finnischen Pädagogen ihr Unterrichtsmodell, bei dem Schüler
weitgehend selbständig arbeiten und dabei in klassischen Fächern wie Geographie,
Chemie, Mathematik und Sprachen die Inhalte miteinander vereinen. An deutschen
Schulen würde das wohl Projektunterricht heißen. Nur ist es da die Ausnahme, im hohen
Norden dagegen die Regel... Auch die finanzielle Ausstattung der Schulen ist deutlich
besser als in Deutschland. Alle Schulen haben eigene Sonderpädagogen, dazu so
genannte Kuratoren, die sich um soziale Probleme der Kinder kümmern, meist auch
einen Schulpsychologen, Schullaufbahnberater und vor allem mehrere Lehrerassistenten
- Männer und Frauen, die in pädagogischen Schnellkursen quasi als Hilfstruppe für den
Unterricht ausgebildet werden... Typisch für das Bild in finnischen Klassenzimmern:
Pennäler und Pädagogen duzen sich. >>Dadurch sind die Beziehungen untereinander
enger und offener<<, sagt Marja Martikainen, >>frei von Angst<<... >>Wie sollen
Schüler gern zu Schule gehen<<? fragt beispielsweise Rainer Domisch vom Zentralamt...
Marja Martikainens Antwort ist einfach: >>Man muss seine Schüler mögen, dann erst
kommt das Fachwissen. Das ist die Basis, darauf baut sich alles auf<<." 31

Friedrich Bode wies in der Rotenburger Rundschau auf die enormen


Mentalitätsunterschiede zwischen Deutschland und Finnland hin: In Deutschland wäre
überall der Dämon des Mobbing spürbar. Viele Lehrer behandelten ihre Schüler
schlecht. Entsprechend wäre der Hass deutscher Schüler auf die "Bildungsanstalt"
Schule. In Finnland hingegen wären Schüler- und Lehrergewalt so gut wie unbekannt.
Friedrich Bode dazu: "Zunächst einmal wurde festgestellt, dass die Gewalt in zweierlei
Gestalt in den Lehranstalten der Pisa-Sieger fast nicht vorkommt, obwohl Schüler und
Lehrer ganztägig miteinander auskommen müssen. Schule macht außerordentlichen
Spaß. Selbst im erkrankten Zustand fällt es einem finnischen Schüler schwer, sich von
seiner Schule fern halten zu müssen. Augenscheinlich hat sich vor Jahren im Norden
Europas ein pädagogischer Paradigmenwechsel ereignet, der die deutschen Grenzen
nicht passieren sollte. Daher verwundert es nicht, wenn die deutschen Fachvermittler
ihre Schüler nach wie vor als >>bildungsmäßiges Rohmaterial<< betrachten, dass es zu
veredeln gilt. Aus >>schlechtem Rohmaterial<<, meist Kinder aus Unterschichtfamilien,
lässt sich nichts Elitäres herausschmieden. Die deutschen Pädagogen begegnen demnach
ihren Schutzbefohlenen mit einer zumindest unterschwelligen Arroganz und
Beckmesserei. Ganz anders verhalten sich z.B. die finnischen Kollegen: >>Ihr Schüler
seid alle ohne Unterschied gut. Ihr könnt mehr aus euch machen. Unser Land braucht
die in euch verborgenen kreativen Kräfte. Euch gehört die Zukunft<<." 32

"Die Schulsprecherin an der II. Normalschule in Helsinki war vergangenen Sommer für
vier Wochen in Deutschland, zum Schüleraustausch an einer Oberstufe in Kassel. Und
der Praxisschock traf sie >>wie ein Schock<<. Im Unterricht hielten die Lehrer >>kleine
Vorlesungen<< erinnert sich die Abiturientin, >>sie erwarten nichts von der Schule und
interessierten sich nicht für ihre Schüler; in den Pausen saßen sie nur in den Ecken und
rauchten<<. Ihre Kasseler Mitschüler wussten von der Penne vor allem eines: >>Schule
ist Scheiße<<... Lauri Mustonen war ein ganzes Jahr in Hamm und Dresden und hat
trotz allem >>das Schulsystem dort nicht verstanden<<; erst recht nicht seine Lehrer.
>>In Deutschland wird alles kontrolliert<<, sagt der Abiturient... Von ihren eigenen
Schulen sind Annu, Lauri und Janina selbst bestimmtes Lernen gewohnt. >>Fast alles ist
freiwillig, auch die Hausaufgaben<<, sagt Annu. Das fördert die Motivation offenbar
beträchtlich. >>In Deutschland sehen Schüler die Schule als Pflicht<<, glaubt Lauri,
>>in Finnland nicht<<." 33

In den letzten Jahren entwickelte sich ein reger Schultourismus Richtung Helsinki:
Edelgard Bulmahn, Wolfgang Clement, Bildungsminister, Politiker - alle suchten ihr
Heil im Norden. Doch da ist auch nicht alles Gold was glänzt. Auch im Pisa-Siegerland
gibt es Schulprobleme: "Landesweite Tests der Zentralen Unterrichtsbehörde haben
enorme Leistungsunterschiede zwischen den Gesamtschulen zu Tage gefördert. Von 100
möglichen Test-Punkten erreichten die Schüler an den besten Schulen immerhin 85 - an
den schlechtesten aber lediglich 40... Doch damit nicht genug: Die laut Sarjala
>>Besorgnis erregenden Leistungsunterschiede<< zeigen sich nicht nur zwischen den
einzelnen Regionen des Landes, sondern oftmals sogar innerhalb derselben Stadt oder
Gemeinde... Der Grund für die Misere steht für den Direktor der Unterrichtsbehörde
außer Frage. Der Staat komme seinen finanziellen Verpflichtungen nicht nach." 34 Trotz
dieses Disputes erscheint dem deutschen Durchschnittsschüler Finnland als
Schulparadies. Doch finnische Verhältnisse an deutschen Schulen sind eine Utopie. Um
diesen Zustand bildungspolitischer Glückseligkeit zu erreichen, bedarf es des Abschieds
von alten, lieb gewonnen Errungenschaften, wie etwa dem dreigliedrigen
wilhelminischen Schulsystem. Hierzu ist die Politik aber noch nicht bereit. Dieser
mangelnde Modernitätswille wird in Zukunft zur folgenschweren Konjunkturbremse. 35
Obwohl Schüler in Skandinavien, wo nahezu jeder versetzt wird und es erst sehr spät
Zeugnisse gibt, in den Vergleichsstudien so hervorragend abschneiden, mögen die
meisten deutschen Schulpolitiker das Sitzen bleiben nicht zur Disposition stellen.
Schulleiter Hans Klein erinnert sich: "Die Kollegen in Finnland konnten wirklich nicht
viel mit unserem System der Selektion nach der Grundschule und dem Sitzen bleiben
anfangen." In Finnland wird nach der Devise gehandelt: "Bei uns wird keiner
beschämt." 36

Beschämt werden auch keine Schüler in Schweden. Erst ab der achten Klasse gibt es
Noten. Die neunjährige schwedische Grundschule (Gesamtschule) ist Pflicht. Sitzen
bleiben gibt es so gut wie gar nicht. Ähnlich, wie in Finnland, wird auch in Schweden
Fächer übergreifender Unterricht durchgeführt. "Weil man einen Zusammenhang am
besten versteht, wenn man ihn anderen erläutert", lernen auch gute Schüler in
Integrationsklassen ausgesprochen viel. In Schweden erreichen auf diese Weise mehr als
70 Prozent der Schüler die Hochschulreife (Deutschland: 36 Prozent) - und das auch
noch mit mehr und besseren Spitzenleistungen als in der Bundesrepublik. Allerdings
steht für zehn Schüler ein Lehrer zur Verfügung. Zusätzlich werden die Lehrer von
einem Team aus Psychologen, Soziologen und Sozialarbeitern unterstützt, um
Problemfälle oder hochbegabte Schüler zusätzlich zu fördern. Dabei kann man in
Schweden auch ohne pädagogische Qualifikation Lehrer werden. Fast ein Fünftel der
Lehrerschaft hat keinen pädagogischen Hochschulabschluss. Aber dafür sind sie oft
geborene Erzieher, die von den Schülern verehrt werden. Der schwedische Staat lässt
sich sein Bildungssystem etwas kosten. Mit 8,5 Prozent (BRD 5,9%) des
Bruttoinlandproduktes fließen diese Gelder hauptsächlich in mehr und besser
ausgebildete Lehrer. Doch Schweden hat große Probleme genügend Lehrer zu
bekommen. Denn auf sie wartet viel Arbeit und ein Gehalt weit unter dem anderer
Akademiker. 37

Einen 45-Minuten-Takt gibt es an schwedischen Schulen nicht. Der Spiegel: Die


weitgehend selbständigen Lernkonzepte, wie sie in Schweden verfolgt werden, bieten
nach neuesten Erkenntnissen aus der Hirnforschung den größeren Reiz zum Lernen.
Doch was macht das schwedische Schulsystem für Erziehungswissenschaftler so reizvoll?
Die Frankfurter Rundschau gibt Auskunft: "Äußere Fachleistungsdifferenzierung ist in
allen Fächern nach schwedischem Schulgesetz untersagt. Die Schweden haben eine
Lernkultur entwickelt, die Heterogenität auch im Bereich der Leistungen nicht nur
akzeptiert, sondern positiv für den individuellen Lernprozess nutzt.
Anstrengungsbereitschaft und Leistung, davon sind sie überzeugt, wachsen aus
Selbstvertrauen und Lernermutigung... Selbstverständlich werden die Schulen als
Ganztagsschulen geführt. Es ist üblich, in Lehrerteams zu arbeiten, die jeweils Klassen
mehrerer Jahrgänge durchgängig begleiten und damit als >>Schulen in der Schule<< für
Überschaubarkeit, Orientierung und sozialen Zusammenhang sorgen. Das Lernen in
Jahrgangs übergreifenden Gruppen ist sehr viel stärker verbreitet als bei uns. Es setzt
auf Lernen in sozialen Bezügen statt in Konkurrenz. Für Schüler mit Lernproblemen
gibt es maßgeschneiderte individuelle Programme. Darauf haben sie einen
Rechtsanspruch. Selbstverständlich sind Migranten und Flüchtlinge einbezogen... Es gibt
in Schweden nicht die bei uns verbreitete Notengläubigkeit. Schweden bevorzugt
stattdessen Lernberichte, die mit den Schülern und ihren Eltern zweimal im Jahr
besprochen werden... Auch eine andere deutsche Spezialität, das Sitzen bleiben, ist in
schwedischen Schulen nicht bekannt. Stattdessen greift im Bedarfsfall das System der
individuellen Förderung durch individuelle Programme. Sie sollen dem Einzelnen wieder
den Anschluss ermöglichen... Dass Bildung sich nicht mit >>teaching<<, sondern mit
>>learning<< verbindet und dass alle ein Recht darauf haben, ist die Philosophie des
schwedischen Bildungssystems." 38

Der schwedische Unterricht unterscheidet sich völlig vom deutschen. Häufig dürfen
Schüler, Eltern, Lehrer den Schulbau mitbestimmen: "Wie überall in der schwedischen
>>Grundschule<< sind hier von den Sechsjährigen in der Vorschule bis zu den
Sechzehnjährigen in der neunten Klasse alle Schüler zusammen. Die rund 1000 Schüler
wurden in sechs Einheiten aufgeteilt, mit etwa 160 Schülern aller Altersgruppen und 16
Lehrkräften. Jede Einheit hat als Zentrum einen rund 250 Quadratmeter großen
Arbeitsraum, um den herum sich - durch Glaswände getrennt - kleinere Gruppen- und
Werkräume, Ateliers und Lehrerzimmer gruppieren. Jahrgangsklassen gibt es nicht
mehr, nur zwischen den Jüngeren bis Klasse vier und den Älteren wird noch unterteilt...
Jeder Schüler konnte sich testen lassen, welche Lernumgebung er braucht: Der eine
muss sich bewegen, der andere still sitzen, der eine hört Musik beim Lesen, der andere
lernt im Gespräch, die einen brauchen viel Licht und Luft, die anderen arbeiten lieber
im Halbdunkel. All das ist in dieser Lernlandschaft möglich. Jeder Schüler hat seinen
Stundenplan und sein >>Logbuch<<, in das ihm sein Tutor Woche für Woche seine
Aufgaben in den verschiedenen Fächern hineinklebt. Wie nun gearbeitet wird, in großen
oder kleinen Gruppen, individuell oder paarweise, das wechselt... In der Schule läuft
man nur in Hausschuhen oder auf Socken. Es ist sauber, keine Graffiti an den Wänden,
kein Geschrei auf den Gängen, aber Arbeitsgeräusche aus allen Ecken. Von morgens
sechs Uhr bis abends um halb sieben ist hier Betrieb, Computer, Musikinstrumente, alles
ist für die Schüler in der Freizeit frei zugänglich. Mutwillige Zerstörungen - Fehlanzeige.
Unterricht findet zwischen acht und halb drei statt, dazwischen gibt es Mittagessen,
kostenlos für alle... Am Ende des neunten Schuljahres stehen landesweit zentrale Tests in
Mathe, Englisch und Schwedisch. Über 90 Prozent schaffen diesen Abschluss und
wechseln dann in die Gymnasium genannte Oberstufe mit beruflichen und allgemein
bildenden Zweigen. An deren Ende haben etwa drei Viertel aller Schüler eine
Studienberechtigung." 39

Die Frage ist, was hat die Länder zu so einem radikalen Schnitt bewogen - eine völlig
neue Lernkultur zu erschaffen? Schweden hat bereits Anfang der sechziger Jahre das
gegliederte Schulsystem abgeschafft und eine Gesamtschule bis zum Ende der neunten
Klasse erschaffen. Die Einführung der Gesamtschule begann mit einem Kraftakt:
Stockholm wurde in zwei Schulbezirke eingeteilt. In der einen Hälfte kam die
Gesamtschule, in der anderen blieb alles, wie es war. Als nach Jahren die Gesamtschule
bessere Leistungen erbrachte, vollzog das Parlament die Wende. Doch der damalige
Schulminister Olof Palme war bereits einen Schritt weiter. Er wollte eine völlig neue
schwedische Schule - den >>nya svenska skolan<<. Er war mit dem schwedischen
Schulsystem unzufrieden und ließ Konzepte entwickeln. Die Schulfrage hatte einen
hohen Stellenwert für ihn - auch als Premierminister. Und so ließ er die Reform
vorantreiben - auch im Austausch mit den skandinavischen Nachbarländern. Und dieser
Reformprozess schreitet auch heute weiter voran. In Finnland stieß die Gesamtschule
erst auf große Skepsis, aber die Erfolge gaben ihnen Recht. "Zwar", meint Jukka
Sarjala, Generaldirektor des Schulamts, "gebe es immer noch Eltern, die meinten ihre
kleinen Genies würden in der Gesamtschule nicht ausreichend gefördert. >>Aber keine
Partei in Finnland würde zum alten System zurückkehren wollen<<." Sarjala: >>Wir
haben nicht so viele Rohstoffe. Unsere wichtigsten Ressourcen liegen zwischen den
Ohren<<. Ein kleines Hightech-Land wie Finnland kann es sich nicht leisten, nur auf
Eliteförderung zu setzen... 70 Prozent der Gymnasiasten besuchen eine Universität oder
polytechnische Anstalt. >>Wir sind eine Bildungsnation<<, sagt Sarjala stolz. >>Wir
haben 20 Unis für fünf Millionen Menschen. Das ist Rekord<<." 40 Und so haben
Schweden und Finnland über Jahrzehnte ihre Schulsysteme immer wieder erprobt und
umgebaut. Das dauerte Jahrzehnte, während Deutschland in vergangenen
Jahrhunderten stecken blieb.

WIE KOMMT MAN DAHIN

Seit über einem Jahrhundert wird die Deutsche Schule als ineffektiv und unmenschlich
kritisiert. 1964 zeichnete der Religionsphilosoph Georg Picht den "Bildungsnotstand"
an die Wand und drängte auf lebenslanges Lernen und offene neue Lernstrukturen.
Ralf Dahrendorf forderte ebenfalls 1964 Chancengleichheit, pädagogische Förderung
und Demokratisierung des Bildungssystems. Der "Spiegel" brachte in schöner
Regelmäßigkeit Titelgeschichten über die Mängel der deutschen Schule und forderte
Veränderungen. "Bild der Wissenschaften" stellte 2004 dazu rückblickend fest und
fragte: "Die fatalen Botschaften über das Bildungswesen in Deutschland klingen seit 40
Jahren zum Verwechseln ähnlich. Ist das System nicht lernfähig?" 41 Offensichtlich
nicht! Denn, wenn der politische Wille vorhanden wäre, deutsche Schulen positiv zu
verändern, so wäre das längst geschehen. Aber offensichtlich hält man es mit Adolf
Hitler, der bekundete "was für ein Glück, dass die Schulen die Deutschen so dumm
machen, dass ich sie so leicht regieren kann!" So geht es in der Schule und Universitäten
hauptsächlich darum, den Untertan für den Wirtschaftsprozess tauglich zu machen und
dabei jede Eigenständigkeit - oder gar kritisches Denken - zu unterbinden. Unter dem
Druck staatlicher Schulaufsicht wird jeder pädagogischer Abweichler mit Misstrauen
betrachtet, ist jedes Experiment verdächtig, schreibt die "Zeit". Sie schützt aber Lehrer
erfolgreich, die ihre Pflichten vernachlässigen. So sind es am Ende die Kinder, so die
Grünen, auf deren Rücken die Reformunfähigkeit zentraler gesellschaftlicher
Institutionen wie die Schule ausgetragen wird. Die Kommission "Zukunft der Bildung -
Schule der Zukunft" sieht daher keine Reformmöglichkeit durch staatliche
Institutionen. Sie fordert, der Staat solle sich aus der Bildung zurückziehen.

Durch die PISA-Studien wurden die Mängel der deutschen Schule im internationalen
Maßstab angeprangert und somit Deutschland unter Druck gesetzt. Doch das Land der
Nachtmützen flüchtete sich in eine PISA-Psychose und in einen Prüfungsrausch - vom
Kindergarten-PISA bis zum Lehrer-PISA - anscheinend nur, um vor jeder Veränderung
abzulenken. Doch die Mängel sind seit vielen Jahren bekannt und das Schwein wird
bekanntlich nicht dadurch fett, dass man es täglich mehrfach wiegt, sondern durch
angemessene Nahrung. In unserem Falle wäre es die geistige Nahrung, die auf
angemessene Weise vermittelt werden muss. Auch hierfür sind seit vielen Jahren immer
wieder Vorschläge gemacht worden, die genauso schnell wieder ignoriert wurden.

So sollten die Schulbehörden ihren Schulen größere Eigenständigkeit ermöglichen.


Holland hat bewiesen, dass dies möglich ist, ohne dass Schulanarchie ausbricht. Welcher
ideologischen, weltanschaulichen, wirtschaftlichen oder pädagogischen Anschauung man
folgt, das ist allein Angelegenheit der Schulleitung, des Kollegiums und der Eltern. Die
Schulen und Eltern entscheiden selbst wie Geldmittel eingesetzt, welche Lehrer
eingestellt werden usw. 42 Hierzulande tendiert der wirkliche Einfluss der Eltern in der
Schule gegen null, und wenn ein Elternteil etwas in der Schule kritisiert, so bekommt das
am Ende das eigene Kind zu spüren, wusste die "Zeit" zu berichten. 43 In der Schweiz
oder beispielsweise Neuseeland sind es die Eltern, die über die Anstellung eines Lehrers
oder die Verlängerung seines Arbeitsvertrages befinden. Unfähige oder gar sadistische
Lehrer haben so keine Chance Kindern weiteres Leid anzutun.

Ein weiteres Problem ist die desolate Lehrerausbildung und Fortbildung. Das gesamte
dreiteilige System der Lehrerfortbildung, Referendariat und Berufseinstiegsphase ist in
die Kritik geraten. Zu wissenschaftlich, zu praxisfern und desolat - häufig ohne Sinn und
Verstand - so lautet das Urteil der Fachleute. Mehr Psychologie, mehr Sozialpädagogik,
mehr Neurodidaktik sollten Pflicht im Lehrerstudium werden, um mit bindungslosen,
psychisch gestörten und gewalttätigen Schülern überhaupt umgehen zu können. Eine
frühe Anbindung an die Unterrichtspraxis mit einem vorherigen einjährigen
Pflichtpraktikum vor dem Studium und eine ständige Fortbildung sind unumgänglich.
Hinzu kommt, dass mehr Lehrer, Sozialarbeiter, Psychologen und Hilfskräfte benötigt
werden, um eine individuelle Förderung des Schülers überhaupt zu ermöglichen.

Große Schulen und Klassen sind ein Widerspruch. Die erfolgreichsten Schulen und
Universitäten sind klein. Das persönliche Miteinander ist ein menschliches Bedürfnis
und notwendig, um gute Leistungen zu erzielen. Auf Zensuren und Sitzen bleiben sollte
weitestgehend verzichtet werden. Gute Schüler und schlechte Schüler dürfen nicht
voneinander getrennt werden. Die guten Schüler sollen die schlechten unterrichten.
Denn am besten Lernen Schüler, wenn sie sich selbst unterrichten. Für sowohl den guten
als auch den schlechten Schüler hat dies große Vorteile. Es bestehen keine
Verständigungs- oder Angstbarrieren. Die Wahl, wie und was in Projektarbeit gelernt
werden soll, wird den Schülern überlassen. Da es über 100 verschiedene Lerntypen gibt,
können Tests den Schülern zeigen, wie sie am besten lernen können. Die Grundfertigkeit
des Lesens muss früh vermittelt werden. Denn das Lesen ist die Basis allen Lernens.

Nur wenn Schulen sich von alten Machtstrukturen lösen können und die Schüler zum
eigenen, sozialen Lernen erziehen, macht Schule noch Sinn. Wir brauchen Schulen, die
Spaß machen und in denen Schüler lernen zu lernen. Wir brauchen eine menschliche
Schule der Zukunft, des freiwilligen, lebenslangen, genussvollen Lernens. Dabei müssen
die Entfaltung und Eigenorganisation der Persönlichkeit im Vordergrund stehen. Denn
Denken kann man nur selbst. Wissen im Gehirn zu verankern, ist ein
Einordnungsprozess. Dabei werden die Informationen hierarchisch geordnet - vom
Wichtigen zum Unwichtigen. Aus der Sicht des Gehirns macht die normale deutsche
Schule gar keinen Sinn. Effektives Lernen findet nur statt, wenn Schüler zielbewusst
gefördert werden und individuell lernen. Nur wenn Lernen Spaß macht und wenn
gleichzeitig der Lerninhalt Sinn macht, speichert das Gehirn im Langzeitgedächtnis ab
und belohnt den Eigner mit Glücksgefühlen. Dabei kommen noch weitere Faktoren
hinzu: Wir lernen am besten im Schlaf, im entspannten Zustand und in der Bewegung,
unter Einschaltung möglichst vieler Sinne. Auch Musik, Ballett, Turnen und Sport, also
Bewegungen bei dem eine Feinmotorik notwendig ist, stimulieren das Gehirn und seine
Vernetzung. Auch von daher ist eine menschliche Frühkinderziehung dringend
notwendig. Doch ausgerechnet auf diesem Gebiet bestätigen uns OECD-Studien
gravierende Mängel. Doch die wichtigste Voraussetzung allen Lernens ist Sympathie und
Liebe. Denn jede Information wird nach ihrer Gefühlsbewertung registriert, bearbeitet
und gespeichert. Emotionen machen möglich, dass eine Tatsache bedacht werden kann.
Effektives Lernen und Wohlfühlen sind eng miteinander verwoben. Doch im typisch
deutschen Unterricht wird alles Emotionale, Kreative und Soziale unterdrückt. Zu den
Emotionen gehört vor allem die pheromonale Kommunikation, die entscheidet, ob wir
uns sympathisch sind und ob das Lernen positiv oder negativ beeinflusst wird.
Hirnforscher Gerald Hüther hält das Gehirn für ein Sozialorgan, das zum sozialen
Agieren erschaffen wurde und nur nebensächlich denkt. Und daher ist es unerlässlich,
dass Schüler sich ihre Lehrer selbst auswählen können.

THESEN DES VERFASSERS

1. Die psychische und körperliche Lehrergewalt muss umgehend gestoppt werden. In der
Schweiz und beispielsweise in Neuseeland sind Anstellung und Weiterbeschäftigung
eines Lehrers von der Zustimmung von Schülern- und Elternvertretern abhängig.
Dadurch können sich ungeeignete, psychisch gestörte oder sadistische Lehrer nicht
halten. Unfähige und kriminelle Lehrer müssen aus dem Dienst entfernt werden.
2. Ein effektiver Lernprozess ist nur möglich, wenn eine kritische Erziehung stattfindet,
die die neurobiologischen Erkenntnisse des Lernens berücksichtigt und in
Gesamtzusammenhängen Wissen motivierend vermittelt. Dazu ist notwendig, Lehrer
fortzubilden, wie und unter welchen Bedingungen das Gehirn eines Schülers überhaupt
lernen kann.

3. Lehrer, die nicht bereit sind, ein positives emotionales Verhältnis zu Kindern
aufzubauen, sollten sich einen anderen Beruf suchen.

4. Ab zwei Jahren sollten Kinder in Kinderkrippen, Kindergärten und Vorschulen


altersgemäß gefördert und soziale Kontakte zu älteren Kindern aufnehmen können. In
Kindergärten sollte sehr früh - aber nur spielerisch - das Interesse an Sprachen und
Wissen geweckt und vermittelt werden.

5. Da die Zensuren hauptsächlich auf die Wirkung des Vomeronasalorgan - und ob


Menschen sich riechen können oder nicht oder ob sie miteinander lernen können oder
nicht - zurückzuführen sind, sollten Schüler immer die Möglichkeit haben, sich ihre
Lehrer selber auszusuchen.

6. Schüler sind die besten Lehrer. Sie erklären kindgerecht Zusammenhänge und es
bestehen keine Angstbarrieren. Daraus folgt: Schüler sollten, wann immer möglich,
Schüler unterrichten.

7. Hierfür sollten insbesondere hochbegabte Schüler eingesetzt werden, um sie zu


integrieren und um den schwächeren Schülern zu helfen.

8. Da sich jedes Gehirn individuell vernetzt und organisiert, macht es keinen Sinn, alle
Schüler über den gleichen Leisten zu ziehen. Jeder von uns lernt unterschiedlich und
muss seinen eigenen Weg zum Lernen finden. Daher muss Schule jedem Schüler mehr
Raum lassen, um den cirka 100 verschiedenen Lern- und Mischtypen ihren eigenen
Lernweg zu ermöglichen.

9. Kinder lernen fast nur in Bewegung unter Einschaltung aller Sinne. Durch
Feinmotorik werden die Verknüpfung der Synapsen in Anzahl und Intensität erst
geschaffen, die Denkfähigkeit und Intelligenz ermöglichen. Daher sind Turnunterricht
und das Spielen von Musikinstrumenten so wichtig für die Entwicklung der Intelligenz.
Das ständige Stillsitzen baut nicht nur Aggressionen auf, sondern behindert auch das
Lernen. Unterrichtsformen wie Projektunterricht lassen mehr Raum für Bewegung,
Kreativität und praktische Intelligenz. Zudem ist mehr Projektunterricht notwendig, da
zusammenhangsloses Einzelwissen vom Gehirn gelöscht wird und nur Zusammenhänge,
die einen praktischen Sinn ergeben, ins Langzeitgedächtnis übertragen werden. Daher
müssen Sport, das Musizieren und Projektunterricht in den Schulen mehr gefördert
werden.

10. In Schulen wird man oft zu Einzelkämpfern erzogen: Nicht vorsagen, nicht helfen,
nicht abschreiben. Das widerspricht nicht nur der genetischen Ausstattung des
Menschen, der nur in der Gruppe überleben kann, sondern auch den Anforderungen der
Wirtschaft. Denn nur wer kreativ, innovativ, flexibel, unkonventionell im Team an
Projekten im multinationalen Rahmen arbeiten kann, hat in Zukunft noch Chancen in
der Wirtschaft. Daher muss das Soziale Lernen im Vordergrund stehen. Schüler müssen
aber auch für gesellschaftliche Missstände sensibilisiert und Kritikfähig gemacht werden
und lernen, sich von gesellschaftlichen Mächten und Meinungen zu emanzipieren.

11. Zensuren sind nicht objektiv und haben keinen positiven gesellschaftlichen Nutzen.
Denn eine Schule, die auf Angst vor Noten und Lehrern basiert, bewirkt kein
Langzeiteffekt des Lernens. Bei Angst wird Adrenalin und Noradrenalin ausgeschüttet
und die Erzeugung chemischer Transmitter, die den Kontakt zwischen den Synapsen
der Neuronen herstellen, unterbunden. Ein Lernvorgang ist dann nicht mehr möglich.
Daher ist die Voraussetzung für jeden Lernvorgang ein freundliche - noch besser -
liebevolle Atmosphäre in der Schule. Wie in Skandinavien sollten wir auf Noten und
Nichtversetzung verzichten.

12. Wenn wir nicht als Dritte-Welt-Land enden wollen, so muss die Schule zur
Lernwerkstatt werden. Schule selbst muss zum Motor neuen Denkens und neuer
Veränderungen, anstatt zum Bremsblock gesellschaftlichen Fortschritts zu werden.

13. Unsere Kinder müssen Lösungskompetenz und Lebenstüchtigkeit erwerben und


Phantasie und Kreativität entfalten, und sie müssen den eigenen Pfad zur Zufriedenheit
und zu ihrem Glück finden - dem allerhöchsten Gut und Lernziel!

Quellenangaben:

1. F. Decker, "Die neuen Methoden des Lernens und der Veränderung", AOL-Lexika Verlag,

München, S.44,45, 1996

2. "Jahrbuch 1996", Max-Planck-Institut für Hirnforschung, Frankfurt/M, S. 212,213, 1997

3. G.D. Fischbach, "Mind and Brain", A Scientific American Special Report, SCA 45001,
New

York, S. 2-11, 1994/1999

4. A. Gopnik et al., "Words, Thoughts, and Theories", MIT Press, Boston, 1997

5. R. Klingholz, "Kleine Menschen - Große Theorien", Geo-Wissen, Gruner & Jahr,


Hamburg,

Nr. 1, S. 51, Februar 1999;

6. K. Bachmann, "Naturtalent Kind", Geo-Wissen, Gruner & Jahr, Hamburg, Nr. 1, S. 36-48,
1999

7. "Anatomie der Mühsal", Der Spiegel, Hamburg, Nr. 29, S. 158,159, 14. Juli 1997

8. M. Spitzer, "Geist im Netz", Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, Berlin, S.


39,61,62,63, 1996

9. J. Huizinga, "Homo ludens", Rowohlt Verlag, Reinbek, 1994


10. P.M. Senge, "Die fünfte Disziplin", Klett-Cotta Verlag, Stuttgart, 1996;

11. J.C. Eccles, "Wie das Selbst sein Gehirn steuert", Piper Verlag, München, S. 130, Juni
1996

12. P. Struck, "Mädchen sind eben doch anders als Jungen", Die Welt, Hamburg, 13. Dezember 1997

13. D.B. Linke, "Das Denken ändert seine Richtung", Die Woche, Hamburg, Nr. 52/53, S. 5,
19. Dezember 1997

14. H.G. Bastian, "Musik macht klug", Die Zeit, Hamburg, Nr. 15, S. 47, 6. April 2000

15. K. Singer, "Die Würde des Schülers ist antastbar", Rowohlt Verlag, Reinbek, S. 156, Juni 1998;

16. J.R. Wilson, "The Mind", Time Incorporated, New York, S. 126, 1964

17. W. Wieser, "Genom und Gehirn", dtv, München, S. 105, 1972

18. M. Mishkin et al., "The Anatomy of Memory", Scientific American Special Report, New
York, S. 2-11, 1987

19. C.P. Simon, "Warum die Erinnerung trügt", Die Woche, Hamburg, Nr. 40, S.32,33, 12.
September 1997

20. Sejnowski, T.: Training fürs Köpfchen. Hamburg, Die Zeit, 8.6.2000, S.36.

21. Kramer, K.: Früh übt sich. Hamburger Abendblatt, 21.5.2002, Wissen, S.1.

22. Koch, J.: I am ball spieling. Hamburg, Der Spiegel, 26.4.2004, S.196-198.

23. Flisi, C.: A bilingual approach with an early start. London, The European, 15-21.2.1996,

24. Kahl, D et al.: Sprachen - Hamburg macht Schule. Hamburg, Behörde für Schule,(Hrsg.),

Nr. 1, 2001, S.4-7.

25. Schumann, B.: Warum sind die schwedischen Schüler besser? Frankfurter Rundschau,
28.6.2001;

26. Finetti, M.: Der Erfolg liegt nahe. Süddeutsche Zeitung, 6.12.2004. S.5.

27. ARD, Länderspiegel, 12.12.2004, 19.10 Uhr.

28. Bölsche, J.: Pfusch am Kind. Hamburg, Spiegel Special, Nr.3/2002, S.10,15.

29. Tönnemann, C.: Wir sind nicht so schlecht. Lübecker Nachrichten, 8.12.2004, S.4.

30. Pisa-Spitzenreiter Finnland ist stolz auf seine Schüler. Lübecker Nachrichten, 8.12.2004,
S.4;

31. Ertel, M.: Jeder ist gut in irgendwas. Hamburg, Spiegel Special, Nr.3/2002, S.104f..
32. Bode, F.: Leserbrief. Rotenburger Rundschau, 28.1.2004.

33. Ertel, M.: Jeder ist gut in irgendwas. Hamburg, Spiegel Special, Nr.3/2002, S.104.

34. Finetti, M.: Schiefes Bild durch Pisa. München, Süddeutsche Zeitung, 28.5.2002, S.1.

35. Finnische Verhältnisse. Leserbriefe, München, Focus, 7.7.2004, S.120.

36. Zwei-Klassen-Bildung. Hamburger Abendblatt,7.6.2002, S.19.

37. Klumpp, F.: Der Schein an Schwedens Schulen. Frankfurter Rundschau, 2.8.2001.

38. Schumann, B.: Warum sind die schwedischen Schüler besser? Frankfurter Rundschau, 28.6.2001.

39. Heinemann, K.-H.: Hier fehlt alles, was deutschen Schulmeistern heilig ist. Frankfurter

Rundschau, 14.2.2002.

40. Gamillscheg, H.: Reise zum gläseren Turm der Weisheit. Frankfurter Rundschau, 22.5.2002.

41. Tenorth, H.-M.: Die unendliche Geschichte. Lindau, Bild der Wissenschaft, Nr.10/2004,

S.84-87.

42. Etzold, S.: Hollands Vrijheid. Hamburg, Die Zeit, 31.1.1997, S.45.

43. Glück, G.: Ein deutscher Klassenkampf. Hamburg, Die Zeit, 20.10.2005, S.41.

Das Buch ist im Schildverlag erschienen und kann direkt dort bestellt werden:
http://www.schildverlag.de/node/847

Nazi-Grüne in Deutschland?
Von der taz, Andreas Speit, einigen Grünen, Umweltschützern und Atomgegnern wurde
impliziert, dass alle die, die es wagen „Umwelt & Aktiv“ ein Interview zu geben, gefährliche
Nazis, Antisemiten und Ausländerfeinde sind, da sie dem Magazin „bei der Etablierung über
die Szenegrenze hinweg“ helfen.

Nach dieser Logik ist demnach auch Nobelpreisträgerin Vandana Nazi, Antisemit und
Ausländerfeind!

taz, 2.12.12. „Grüner Pionier im Nazi-Sumpf“ von Andreas Speit

OFFENER BRIEF AN DIE TAZ

Zu dem Artikel habe ich folgendes festzustellen: Bei der Vorführung meines Filmes
„Friedlich in die Katastrophe“ in Lüchow wurde ich von Jemandem interviewt, der sich als
Vertreter einer Anti-AKW-Initiative aus Gorleben vorstellte. Außerdem: Soll ich jedes Mal,
wenn mich jemand etwas fragt, eine Kopie des Ausweises fordern und ihm sagen, sie könnten
es in drei Wochen noch einmal versuchen, ich müsste erst die Stasi um Erlaubnis fragen? Mir
wurde zugesichert, dass nur eine von mir autorisierte Fassung veröffentlicht wird. Daran hat
man sich nicht gehalten wie die Fülle an Grammatik- und Sachfehlern offenbart. Dennoch,
um aus diesem sehr kritischen Interview aus dem Strohm einen Nazi zu stricken – wo ihn sich
doch andere als Radikalkommunist wünschen – musste die taz arge Pirouetten schlagen.

Dabei war es doch nur die taz, die es von allen Medien wagte, über meine Dissertation zur
Lehrergewalt und über die massiven Rechtsbrüche gegen mich zu berichten. Chapeau!
Allerdings mit dem Nachgeplapper der obligatorischen Vorgabe des Verfassungsschutzes –
via esowatch – der Strohm sei rechtsradikaler Verschwörungs-theoretiker, bei gleichzeitigem
Totschweigen meines kritischen Anti-AKW-Filmes „Friedlich in die Katastrophe“ Zudem:
Der inflationär verwandte Begriff „Verschwörungstheoretiker“ sollte zum Unwort des
Jahrzehnts werden, denn er stoppt das Denken, vermeidet die sachliche Auseinandersetzung
und beseitigt das verfassungsmäßige Recht auf freie Meinungsäußerung.

Doch um die geht es mir!

Wahr ist: Ich habe sowohl vor Stalinisten als auch strammen Konservativen Vorträge
gehalten. Jeder, der etwas dazulernen und klüger werden will, ist mir willkommen. Mir aber
deswegen das Statement zu unterschieben alle Nazis seien gute Menschen ist absurd. Es wäre
genauso als wenn ich den Autoren Andreas Speit als Linksfaschisten bezeichnen würde.
Apropos Nazis: 1938 waren mindestens 80 Prozent der Deutschen Nazis. Aber tausende von
ihnen halfen jüdischen Mitbürgern unter Lebensgefahr oder waren selbst das Opfer einer
verlogenen Propaganda. So wie heute, denn nicht jeder selbstgefällige Linke ist automatisch
ein guter Mensch.

Mit freundlichen Grüßen

Euer

Holger Strohm

STELLUNGNAHME ZUM taz-ARTIKEL

„GRÜNER PIONIER IM NAZI-SUMPF“ VOM 2.12.12.

von Holger Strohm

„Wer die Meinungsfreiheit stranguliert, die Menschenrechte mit Füßen tritt,

erdrosselt die Menschlichkeit und unterdrückt die Wahrheit.“

Nobelpreisträger Liu Xiaobo

Die systematische, generalstabsmäßig durchgesetzte Verleumdungskampagne gegen mich,


ich wäre Nazi, antisemitisch und ausländerfeindlich, hat mir ziemlich zugesetzt und mir den
Schlaf geraubt. Ich wurde mit Kübeln voller Hass überschüttet und habe Anrufe bekommen
wie „du Nazischwein gehörst ins KZ und vergast“ oder „wir schmeißen Molotowcocktails in
dein Haus“. Als ich mich zuvor, in einem Interview der „Lübecker Nachrichten“ als linker
Anarchist geoutet habe, wurden Tage später ein Dutzend roher Eier gegen meine weiße
Hauswand geworfen. Aber am schlimmsten habe ich empfunden, dass die taz, Wolfgang
Ehmke oder Dirk Seifert, von denen ich annahm, sie wären wie ich Atomgegner, mir ohne
Gespräch und Skrupel in den Rücken fielen und halfen, mich auf die übelste Art zu
verleumden. Dabei lässt sich keiner der Vorwürfe ich wäre Nazi, antisemitisch,
ausländerfeindlich und so weiter durch das Interview in „Umwelt & Aktiv“ ableiten.
Übrigens in der vorangegangenen Nummer (3/2012) wurde die Inderin und Alternative
Nobelpreisträgerin Vandana Shiva interviewt. Ist sie jetzt auch Nazi und Ausländerfeind?
Außerdem war „Umwelt & Aktiv“ die einzige Zeitung in Deutschland, die es wagte, mit mir
ein Interview zu meinem Film „Friedlich in die Katastrophe“ zu veröffentlichen. So viel zur
angeblichen Pressefreiheit. Und wer will mir eigentlich Vorschriften machen, mit welchen
Menschen ich reden darf oder nicht, und was ich denken darf? Denn:

„Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden“ so Rosa Luxemburg

Nun bin ich ja schon einiges gewöhnt. Ende der siebziger Jahre behaupteten die Hamburger
Electricitäts Werke (HEW) gegenüber der Hamburger Schulbehörde, ich wäre
Radikalkommunist, der aus Moskau bezahlt würde, um die freiheitlich demokratische
Grundordnung in Deutschland zu beseitigen. Hans Ulrich Klose (damaliger Hamburger
Oberbürgermeister) und Manfred Bissinger (sein Pressesprecher und ehemaliger Stern-
Chefredakteur) bewahrten mich vor einem Berufsverbot. In so fern kenne ich politische
Verfolgung und wie damals Linke gejagt wurden. Doch heute herrscht ein McCarthyismus
paradox. Dogmatische Linke hetzen gegen andere Linke und zerstören deren Existenz. Von
Solidarität keine Spur! Dabei wurde ich bereits vor einem Jahr von Größen aus Film und
Fernsehen genau vor diesen Methoden gewarnt. Ende November sagte mir ein Bankier, der
durch Zufall meinen Film „Friedlich in die Katastrophe“ sah, dass der ihn - obwohl er zuvor
kein Atomgegner war - zutiefst getroffen habe. Der Film und auch meine neuen Bücher, die
von der Presse systematisch totgeschwiegen werden, seien ein Frontalangriff auf das System
und Milliardeninvestitionen. „Die werden sie fertig machen – mit allen Mitteln!“

„Es breitet sich eine neue Intoleranz aus, das ist offenkundig.

Es gibt eingespielte Maßstäbe des Denkens, die allen auferlegt werden.“

Papst Benedict XVI

"Ultralinks ist rechts".

Mao DseDong

Apropos Meinungsfreiheit und Freiheit: Ob Eva Herman oder Günter Grass – ob links oder
rechts – eine eigene Meinung wird von der „freien Presse“ sofort eliminiert, sowie sie von der
erlaubten, vorgegebenen abweicht. Nirgendwo in Westeuropa wird die kritische Intelligenz
brutaler verfolgt als in Deutschland. Ein Goethe, Schiller, Nietzsche oder Heine hätte heute
keine Chance mehr. Denken verboten! Ich lese regelmäßig „europäische ideen“, eine sehr
kritische Zeitschrift aus London mit jüdischem Hintergrund, die übrigens in Heft 149
feststellte, dass „Holger Strohm in Deutschland so behandelt wird, wie die Nazis die Juden
behandelt haben“. Vielleicht bekomme ich daher so viel Zuspruch von jüdischen Freunden.
In „europäische ideen“ kann man aus den Memoiren jüdischer Intellektueller aus den
Anfängen der Hitlerzeit eine bedrückende Parallele erkennen: Gleichschaltung der Presse,
Verleumdungen, Rufmord, Hetze und Pogromstimmung, also genau das, was jetzt ein Teil
der dogmatischen Linken mit mir betreibt. Dabei geht es mir um das „Menschsein“. Auch
politisch Rechtsstehende sind Menschen und haben ein verfassungsmäßiges Recht auf
Menschenwürde und freie Meinungsäußerung. Und wenn Andersdenkende bei uns
entmenschlicht werden, so befinden wir uns wieder einmal im Faschismus. Diesmal einem
purpurrot angestrichen Faschismus, wie es Herbert Wehner nannte.

„Ich werde Ihre Meinung bis an mein Lebensende bekämpfen, aber ich werde mich mit
allen Kräften dafür einsetzen, dass Sie sie haben und aussprechen dürfen.“

Voltaire

Enttäuscht bin ich auch von der taz. Sie hält es nicht für nötig, sich zu entschuldigen. Sie
veröffentlicht auch nicht die Dutzenden kritischen Leserbriefe, in denen steht, dass man die
taz in Zukunft nicht mehr lesen werde. Und das Schlimmste an allem, dass es in Wirklichkeit
gar nicht um meine Person geht, sondern um den Film „Friedlich in die Katastrophe“, der
übrigens fast ausschließlich von Ausländern erstellt wurde und meinen neuen kritischen
Büchern (Banken-Mafia; Euro-Mafia; Lehrergewalt und strukturelle Gewalt an Schulen etc.),
die von den Mächtigen unerwünscht sind. Vorher haben mich diese Kreise Jahr für Jahr
totgeschwiegen. Doch seitdem der Film auf dem Markt ist, reagiert man hysterisch. Klar, dass
der Atomlobby und dem Verfassungsschutz Film und Bücher von mir nicht gefallen und sie
bestrebt sind - die „schärfste Waffe der Atomgegner“, so Greenpeace - den Atomgegnern
aus den Händen zu winden, damit möglichst wenig Menschen sich den Film ansehen. Und
damit Frau Merkel weiter ungestört am Ausstieg aus dem Ausstieg basteln darf. Diese
Aufgabe haben nun angebliche, selbstgerechte, linke Atomgegner übernommen. Lobby und
Verfassungsschutz werden jubeln. Prof. Michael Müller (ehemaliger Staatssekretär im
Bundesumweltministerium und Umweltexperte der SPD) dazu: „Nun offenbart sich das
wahre Ausmaß der Unterwanderung. Jedem mit gesundem Menschenverstand sollte klar sein,
dass alle relevanten Gruppierungen in Deutschland vom Verfassungsschutz unterwandert
sind!“ und von ihm gesteuert werden.

„Die Irreführung der Öffentlichkeit durch die gezielte Beeinflussung der Medien ist ein
Merkmal der organisierten Kriminalität.“

Jürgen Roth

STELLUNGNAHME ZU DEN ARTIKELN IN NEUES DEUTSCHLAND UND


JUNGE WELT VON HEINZ-WERNER JEZEWSKI VOM 8.5.2013

von Holger Strohm

Am 8.5.2013 schrieb Heinz-Werner Jezewski in „neues deutschland“ und in „junge Welt“


jeweils ein Hetzartikel, der vor Lügen strotzte. So hieß es: dass „die Hälfte der Anwesenden
den Saal“ bei einer Aufführung seines Filmes „Friedlich in die Katastrophe“ im Flensburger
Science-Center Phänomenta unter Protest verließ, weil Strohm sich von seinen Äußerungen
in „Umwelt&Aktiv“ nicht distanzieren wollte. Die Wahrheit ist: Es haben zwei Anwesende
unter Buhrufen der Anwesenden den Saal verlassen, während ich wiederholt stehenden
Beifall erhielt. In „neues deutschland“ unterstellte mir Jezewski gar eine Relativierung des
Holocaust, weil ich in „Umwelt&Aktiv“ sagte: „Ich will zumindest nicht teilnehmen an dem
größten Verbrechen der menschlichen Geschichte“, nämlich die Ausrottung unserer Urenkel
und allen höheren Lebens. Auch Prof. Dr. Robert Jungk, der in dem Film die Atomenergie als
„Super-Hitler“ bezeichnete und Friedrich Bode, der die Meinung äußerte, dass über die
Gräuel der faschistischen Diktaturen des 20. Jahrhunderts langsam Grass wachsen könne,
dies sei bei der Atomenergie und Radioaktivität nicht möglich, wurde eine Relativierung des
Holocaust nachgesagt. Dies ist nur noch peinlich, da die Familienmitglieder von Prof. Dr.
Robert Jungk (Gründer der Zukunftswerkstätten, alternativer Nobelpreisträger,
österreichischer Bundespräsidentschaftskandidat) als Juden in deutschen KZs ermordet
wurden. Außerdem zeigen die Unterstellungen und Hetze, dass die angeblichen „Grünen“
und „Linken“ eine erschreckende und beängstigende Ahnungslosigkeit von Atomenergie und
Umweltschutz haben und diese Themen offensichtlich nur als Vehikel für Geld und Kariere
missbrauchen.

„In Zukunft werden die Folgen der Atomenergie verheerend sein. Die Gräuel eines Herrn
Stalin und Hitler werden dagegen völlig verblassen!“

Prof. Dr. Dr. Vladimir Tschernosenko (wissenschaftlicher Leiter der Aufräumarbeiten


in Tschernobyl, starb durch multiplen Krebs)

„Genauso wie die Verwendung der Atomenergie für militärische Zwecke ist auch die
Verwendung der Atomkernspaltung für friedliche Zwecke in den Atomreaktoren ein
Verbrechen an der gesamten Menschheit; und Verbrecher sind, die solche Atomreaktoren
bauen, sie fördern und verteidigen und die Lüge verbreiten, dass Atomzertrümmerung in
den Atomreaktoren harmlos sei.“

Prof. Dr. Dr. Dr. Dr. Johannes Ude (u.a. Prof. für katholische Moral)

BESCHLUSS DES LANDESVORSTANDES DER GRÜNEN


SCHLESWIG-HOLSTEIN und NIEDERSACHSEN zu Holger Strohm und den von ihm
produzierten Anti-Atom-Film „Friedlich in die Katastrophe“

„Der Landesverband von Bündnis 90/Die Grünen wird nicht mit Holger Strohm zusammen
arbeiten. Im Dezember 2012 erschien ein Interview in der rechtsextremen Zeitschrift Umwelt
& Aktiv, in der Holger Strohm (Urgestein in der Anti-Atombewegung) mit dem Satz zitiert
wird, >>selbst unter Nazis gibt es gute Menschen<<. Als einzigen Maßstab in der Bewertung
eines Menschen zähle für ihn, ob man gegen Atomkraft sei. Dieses Interview hat zu
weitreichender Kritik an Strohm geführt, auch die taz griff das Thema in einem Artikel auf.
Holger Strohm wehrte sich gegen diese von ihm so empfundene
>>Verleumdungskampagne<<, in dem er einen weiteren Artikel auf der Internetseite von
Umwelt & Aktiv veröffentlichte. Er tut damit wiederholt das, was ihm auch zuvor schon
vorgeworfen wurde: Er verharmlost Menschen mit faschistischem Gedankengut und hilft
ihnen, sich als >>Umweltaktivisten<< gesellschaftsfähig zu machen. Auch auf
Veranstaltungen von GRÜNEN im Zusammenhang mit diesem Film lässt Holger Strohm
eine Abgrenzung zu Menschen mit rechtem Gedankengut vermissen. In seinem Film selber
kommt zudem ein Pastor zu Wort, der sich einer vergleichbaren Verharmlosung bedient.
Eine Zusammenarbeit mit Rechtsaußen beziehungsweise eine Zusammenarbeit mit
Menschen, die Nazis als salonfähig betrachten, wird es mit uns nicht geben. Wir bitten Euch
daher, auf Veranstaltungen mit Holger Strohm zu verzichten.“

Dazu habe ich festzustellen: Die obigen Zitate sind aus dem Zusammenhang gerissen. Ich
habe Umwelt & Aktiv keinen weiteren Artikel zur Verfügung gestellt. Die Landesvorstände
wurden diesbezüglich aus den eigenen Reihen darauf hingewiesen. Somit liegt Verleumdung
vor – ein krimineller Straftatbestand!! Zudem bin ich nicht nur Urgestein der Anti-
Atombewegung, sondern auch der Grünen. Von mir stammte das Konzept der Grünen Partei.
Zwischen 1975 bis 1978 habe ich 200 Vorträge gehalten, in denen ich für eine grüne Partei
geworben habe und war 1978 Spitzenkandidat der Bunten Liste – ein Zusammenschluss von
ca. 200 linken Bürgerinitiativen. Dies war der Startschuss für die grüne Bewegung. 1981
habe ich die Partei mit gegründet und später Einleitungsreferate bei Bundesparteitagen
gehalten. Ohne mich gäbe es die Grünen in dieser Art vermutlich nicht! Allerdings habe ich
nachdem die Grünen grau wurden, Kriege unterstützten und das Prinzip der Basisdemokratie
brachen nur noch Die Linken gewählt, weil mir die Grünen zu weit Rechts waren! Zudem
halte ich nichts von Zensur und Stalinismus wie einige Grüne. Allen Beteiligten an dem Film
wurde zugesichert, dass sie nicht wie üblich zensiert würden. Wenn Grüne ihr Grünen-
Mitglied Pastor Friedrich Bode (Brokdorf-Pastor) und Prof. Dr. Robert Jungk, der die
Atomenergie als „Super-Hitler“ bezeichnet und dessen komplette Familie als Juden in KZs
ermordet wurden, diffamieren, spricht das für sich. Wer ist hier eigentlich Nazi und Stalinist
und hat bisher alle Wahlversprechen und grüne Grundsätze gebrochen?

Holger Strohm

STELLUNGNAHME DES POLNISCHEN REGISSEURS MARCIN EL

ZU DEM BESCHLUSS DER GRÜNEN SCHLESWIG-HOLSTEIN

„Bevor Karol Wojtyla das Priesteramt antrat, war einer seiner besten Freunde ein Priester.
Karol besuchte ihn in der Kirche und stellte fest, dass er Nazis segnete. Wojtyla: Du erteilst
Nazis Absolution? Priester: Glaub mir, auch gute Menschen werden vor furchtbare
Entscheidungen gestellt. Sie fühlen sich wie wandelnde Tote, weil sie gezwungen waren, erst
ihre Seele zu töten. Ich bin noch mehr für die da als für Dich. Erlauben Sie mir noch ein
kurzes Zitat aus der Bibel: Und es begab sich, da er zu Tische saß im Hause, siehe, da kamen
viele Zöllner und Sünder und saßen zu Tische mit Jesu und seinen Jüngern. Da das die
Pharisäer sahen, sprachen sie zu seinen Jüngern: Warum isset euer Meister mit den Zöllnern
und Sündern? Da das Jesus hörte, sprach er zu ihnen: Die Starken bedürfen des Arztes nicht,
sondern die Kranken. Gehet aber hin und lernet, was das sei: Ich habe Wohlgefallen an
Barmherzigkeit und nicht am Opfer. Ich bin gekommen die Sünder zu Buße zu rufen und nicht
die Gerechten. (1. Samuel 15.22; Matthäus 18.11)

Nun, ich bin kein Christ, aber diese Zeilen drücken genau die Menschlichkeit aus, die Holger
Strohm meint. Er betrachtet Nazis als Menschen. Würde er es nicht tun, würde er sie
entmenschlichen, dann würde er genauso handeln, wie es die Nazis mit den Juden taten. Und
wie kommen Sie überhaupt dazu zu meinen, dass Holger Strohm Nazis für salonfähig hält,
nur weil er mit jedem spricht, der etwas dazu lernen möchte? Im Gegensatz zu Ihnen weiß er
sehr wohl, dass in jedem Menschen sowohl Gutes als auch Schlechtes steckt. (Vermutlich
haben Sie „Das Wunder des Seins und seine Zerstörung“ nicht im Bücherregal, denn dann
wüssten Sie sehr wohl, was er mit diesen Sätzen gemeint hat und auf welcher Seite sein Herz
schlägt. Zu diesem Thema empfehle ich Ihnen auch gleich mal das Buch „Ganz normale
Männer“, von Christopher Browning).

Es scheint mir, dass Sie die Nazis lieber vergasen würden, statt mit ihnen zu reden, was Sie
auch nicht besser als sie machen würde. Doch das Böse frisst sich selbst und wenn die Liebe
nicht obsiegt, dann kommt das Böse in einer anderen Gestalt zurück. Nun, und wenn Sie die
Augen weit genug öffnen, dann werden Sie sehen, dass wir immer nur über die Gräueltaten
längst vergangener Zeiten lamentieren und dabei völlig aus den Augen lassen, dass unsere
Welt dabei ist zu sterben. Doch Sie, als „Grüne Partei“ scheinen wichtigeres in Ihrer Agenda
zu haben. Was soll man von Ihrer Partei eigentlich noch halten, wenn Sie öffentlich im
Bundestag das Gewaltmonopol der NATO befürworten und damit den Kriegstreibern und
Lobbyisten soweit in den Hintern kriechen, dass man sich fragt, wofür das Grün überhaupt
noch steht?

Ihre Stellungnahme zeigt sehr deutlich wofür Sie stehen. Welchen Meinungen Sie folgen.
Wie wenig Sie Ihren Kopf benutzen und wie wenig Mut Sie haben. Ihre Partei hat ihre Ideale
für 30 Silberlinge verkauft. Und was ist man schon, wenn man noch nicht mal mehr seine
fundamentalen Ideale hat? Nichts! Mit Sicherheit gibt es Ausnahmen. Engagierte Politiker,
denen es um die Sache geht und nicht darum, sich gut darzustellen. Doch das trifft auf Sie
ganz bestimmt nicht zu. Sie klammern sich an eine Meinung, die bewusst geschürt wird, um
jemanden zu verleumden, der sein ganzes Leben dem Umweltschutz und damit dem
Menschen gewidmet hat und ohne das rational abzuwägen, ohne in Betracht zu ziehen, was
hier tatsächlich vorgeht, was Holger Strohm tatsächlich gemeint hat und wie überhaupt die
ganzen Medien arbeiten. Ihre Absage ist eine Schande für uns alle und vor allem für Sie
selbst. Im Gegensatz zu Ihnen ist Holger Strohm einer der wenigen Menschen mit Charakter,
die noch in den Spiegel schauen können, ohne Gewissensbisse dabei zu haben.

Marcin El

FRIEDRICH BODE AN DIE GESCHÄFTSFÜHRUNG DER GRÜNEN IN


NIEDERSACHSEN

Holger Strohm ist einer der federführenden Umwelt- und Mitweltschützer mit einer langen
Geschichte von Anfeindungen und Verunglimpfungen, wie kaum einer der „Jetztgrünen“
Mandatsträgern es sich nur annähernd vorstellen kann. Ohne seine zahlreichen Bücher und
Vorträge gäbe es weder die Öko- und Atombewegung, noch die Grünen in ihrer
gegenwärtigen Form.

Früher wurde er als Radikalkommunist diffamiert und mit Berufsverboten belegt. Heute wird
aus dem linken Anarchisten Dr. Strohm ein Nazi gemacht und man will ihm vorschreiben,
was er denken, sagen und mit wem er reden darf. Das ist ein faschistoides Vorgehen, wie es
die Nazis bei den Juden praktizierten. Die jüdische Zeitschrift „europäische ideen“ dazu:
„Holger Strohm wird in Deutschland so behandelt, wie die Nazis die Juden behandelt haben.“

Die schleswig-holsteinische Resolution enthält Lügen und erfüllt den Straftatbestand der
Verleumdung, da der Landesvorstand von ihren eigenen Mitgliedern auf die Unrichtigkeiten
hingewiesen wurde. Es ist peinlich, dass Ihr die Resolution des schleswig-holsteinischen LV
ungeprüft und ohne Rücksprache übernommen habt.

Strohm ist aber nicht nur angefeindet worden. Seine unwiderlegbaren wissenschaftlichen
Arbeiten und seine avantgardistische und undogmatisch zwangslose Begeisterungsfähigkeit
verschafften ihm im In- und Ausland einen großen einflussreichen Freundeskreis in höchsten
politischen und geisteswissenschaftlichen Kreisen. Zu diesen dreyfusartigen Vorgängen
äußert sich eine Auswahl linker kritischer Denker im Anhang.

Nachfolgende Fragen ergeben sich für mich:

1. Waren die Stellungnahmen aus dem Anhang dem LV bekannt?


2. Wenn ja, warum wurden sie ignoriert?
3. Warum gab man ihm nicht die Möglichkeit, sich zu den Vorwürfen zu äußern?
Eine machtorientierte, geschichtslose Rufmordkampagne, um die handelt es sich hier, zwingt
jeden halbwegs in der Humangeschichte des Abendlandes vertrauten Freund nach dem
uralten Vorbild der griechischen Demokratie vorbehaltlos zu verfahren, bevor sie zur
Ochlokratie (verbrecherische Herrschaft) verkam und als solche Sokrates zum Tode
verurteilte. Aber immerhin gab die ochlokratisch verkommene Prytanie (regierende Behörde)
ihm dem Schöpfer des abendländisch, dialogen humanen Denkens die Gelegenheit zur
Erwiderung.

Beide Landesverbände glauben offensichtlich das uralte moralische Recht des Angeklagten
übersehen bzw. sich über diese von den griechischen Philosophen erdachten und erkämpften
moralischen Rechtsgrundsätze hinwegsetzen zu können, die als solche bis heute in unserem
Rechtssystem jederzeit grundlegend verpflichtend sind.

Dies darf nicht sein! Ich schlage daher vor, die Resolution zurückzunehmen und sich bei Dr.
Strohm zu entschuldigen, der für seine Verdienste mit dem Bundesverdienstorden,
internationalen Umweltpreisen und zahlreichen hochrenommierten Auszeichnungen
nominiert wurde. Zu dem Rückgriff auf die taz der zweite Anhang. Die taz ist mutmaßlich
längst embedded, wie die im Anhang aufgezeichnete Kritik der „Jüdischen Stimme“
nachweist.

Ich vermute sehr stark, dass sich diese Rufmordkampagne gegen den erschütternden und
aufdeckenden Film „Friedlich in die Katastrophe“ richtet, in dem hoch qualifizierte
Wissenschaftler, Grüne Mandatsträger und Politiker zu Worte kommen.

Mit urgünen, unbeugsamen Grüßen

Friedrich (Grüner Mandatsträger)

LIEBE LANDES-GRÜNE!

Mein Freund Friedrich Bode gab mir Eure nachstehende Mail zur Kenntnis. Ich bin doppelt
bestürzt! Zum einen über den Beschluß der Schleswig-Holsteinischen Grünen, zum anderen
darüber, dass Ihr ihn Euch kritiklos zu eigen macht.

Der Beschluß aus S.-H. lässt erkennen, dass die Autoren keine Ahnung haben von den
Zuständen in Deutschland in den zwanziger und dreißiger Jahren. Bevor ich weiter schreibe,
möchte ich dem Verdacht vorbeugen, selbst ein Nazi zu sein und flechte deshalb ein: Ich hatte
einen jüdischen Großvater und unterlag deshalb von 1935 bis 1945, also von meinem achten
bis zu meinem siebzehnten Lebensjahr, den Nürnberger Rassegesetzen, und das hat man mich
bei vielen Gelegenheiten fühlen lassen. Mehrere Mitglieder (im weiteren Sinne) und Freunde
unserer Familie sind in deutschen Konzentrationslagern umgekommen, etliche, die vor Hitler
in die Sowjetunion (das Land ihrer Sehnsüchte und Träume) geflüchtet waren, übrigens auch
in sowjetischen Straflagern. Zu meinen frühen Kindheitserinnerungen gehört die Zerstörung
des Lebenswerkes meiner Eltern durch eine Hundertschaft von SA-Leuten im Frühjahr 1933
und das folgende dauerhafte Berufsverbot für meinen Vater, daneben die ständige Angst
meiner armen Mutter, als Halbjüdin „abgeholt“ zu werden.

Wie war in den zwanziger Jahren die Situation der damals Zwanzig- bis Dreißigjährigen?
Vater im ersten Weltkrieg gefallen, Vermögen und Eigentum der Familien in der
Inflationszeit verloren, Deutschland durch den Vertrag von Versailles tief gedemütigt und
wirtschaftlich geknebelt, Arbeitslosigkeit und keine Aussicht auf Besserung, heillose und
ebenso fruchtlose Streitigkeiten der politischen Parteien. Es gibt eine schier erdrückende
Menge von Zeugnissen aus der damaligen Zeit, die belegen, daß die Sehnsucht groß war nach
einem „Führer“, der das Volk aus dieser Not befreite. Als ein solcher „Führer“ wurde Hitler
zunächst von vielen empfunden, und der Jubel, mit dem er überall, wo er sich zeigte, begrüßt
wurde, war durchaus echt und keineswegs erzwungen. Wenn heute von der
„nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“ gesprochen wird, dann ist das ein Begriff aus der
Retrospektive. Damals wurde die NS-Herrschaft weit überwiegend nicht als
„Gewaltherrschaft“ empfunden, und die Wahlergebnisse von mehr als 90 Prozent waren
weder erzwungen noch gefälscht. Und da gab es eine große Zahl von hoch anständigen und
gutwilligen Menschen, die in dieser „Bewegung“ mitwirkten.

Wenn also Holger Strohm sagt, es habe selbst unter Nazis gute Menschen gegeben, dann ist
das nicht mehr als eine wahrheitsgemäße, sachlich unangreifbare Feststellung. (Ich könnte
aus dem Stand eine ganze Handvoll aus meiner eigenen Umgebung aufzählen). Aus dieser
Feststellung eine Nähe Holger Strohms zu nationalsozialistischem Gedankengut zu
konstruieren, ist bösartig und gehässig. Ich kenne Holger Strohm seit vierzig Jahren und habe
bei ihm niemals auch nur Spuren einer solchen Nähe bemerkt. (Und aufgrund meiner eigenen
Biografie bin ich in diesem Punkt SEHR empfindlich.)

Der Beschluß aus S-H beruft sich auf einen Artikel in der taz. Ich kenne diesen Artikel und
finde ihn geradezu bösartig. Und ich weiß, daß nicht wenige taz-Leser aufgrund dieses
Artikels ihr Abonnement gekündigt haben. Ich kenne auch die Umstände, die zu dem
Interview Holger Strohms mit der Zeitschrift „Umwelt & Aktiv“ geführt haben. Diese
Umstände zu verschweigen und dann eine Boykott-Kampagne gegen Holger Strohm zu
entfachen, ist nicht nur doppelt verwerflich, es ist auch geradezu DUMM. Niemand hat mehr
zu einer sachlichen Fundierung der Anti-Atom-Bewegung geleistet als Holger Strohm, und
nichts könnte die augenblickliche Diskussion um den Atom-Ausstieg und die Endlagerfrage
nachdrücklicher fördern als sein von Euch boykottierter Film.

Überlegt Euch die Sache noch einmal!

Mit freundlichem Gruß

Ulrich Uffrecht

Liebe Mit-Atomgegner, liebe Grüne,

HOLGER STROHM VERHARMLOST KEINE FASCHISTEN!

Mit großem Befremden habe ich soeben ein Schreiben der Grünen aus Niedersachsen
gelesen, in dem wir Grünen vom niedersächsischen Landesvorstand aufgefordert werden,
nicht mit Holger Strohm zusammenzuarbeiten bzw. „seinen“ Film „Friedlich in die
Katastrophe“ nicht zu zeigen.

Als alter Anti-Brokdorf-Kämpfer und Grüner der ersten Sunde kenne ich Herrn Dr. Holger
Strohm seit 40 Jahren und habe seither regelmäßig Kontakt mit ihm. Außerdem habe ich
einen großen Teil seiner Bücher gelesen und war auch bei der Vorpremiere des Filmes
„Friedlich in die Katastrophe“ im Hamburger Abaton.
Dass „der Prophet nichts gilt im eigenen Lande“ wissen wir seit dem Neuen Testament
(Markus 6,4). Dass Holger Strohm als angeblicher Linksextremist und Staatsfeind vom
Verfassungsschutz verfolgt wurde und deshalb nach Drohungen zum Schutz seiner Söhne
lange in Portugal leben musste, wissen von den „neuen“ Grünen vermutlich nur wenige.

Ihn als angeblichen Sympathisanten von Neonazis zu denunzieren, ist nun aber wirklich nicht
nur das Lächerlichste, Absurdeste, sondern auch Diffamierendste, was ich seit Langem erlebt
habe.

Da fragt man sich: „Grüne, quo vaditis?“ (Grüne, wohin geht ihr?). Diesen Weg werde ich
mit den Grünen nicht mitgehen. Entweder existiert hier völlige Unkenntnis und nicht mehr
der Grundsatz „Audiatur et altera pars“ (Auch die andere Seite muss gehört werden) oder der
Verfassungsschutz arbeitet hier mit seinem Atom-Spaltpilz inzwischen schon mit den Grünen
zusammen.

So wie schon damals das Buch „Friedlich in die Katastrophe“ aufgrund seiner investigativen
Informationen verhindert werden sollte, dann aber zur „Bibel der Atomgegner“ wurde, stellt
auch der gleichnamige Film (der übrigens nicht von Strohm, sondern dem polnischen
Regisseur Marcin El stammt) eine hervorragend gelungene und erschreckende Darstellung
der Zusammenhänge von kriegerischer und so genannter „Friedlicher Nutzung der
Kernenergie“ dar. Als solcher ist er auch im beginnenden Wahlkampf unverzichtbar, denn
wer glaubt, die Nutzung der Atomkraft mit ihren Folgen sei in Deutschland beendet, befindet
sich leider im Irrtum. Die Grünen verzichten hier auf eine ihrer wichtigsten „Waffen“.

Aber offenbar soll Pastor Friedrich Bode (der „Anti-Brokdorf-Pastor“) hier in die gleiche pro-
Nazi-Schublade gesteckt werden. Dass der taz-Artikel falsch recherchiert war, spielt auch
keine Rolle. Und wenn ich jetzt versuche, mich für Holger Strohm einzusetzen, werde ich
möglicherweise auch bald als Nazi-Sympathisant bezeichnet.

Das Feindbild des Kommunisten zieht nicht mehr, nun wird man zum Nazi(sympathisanten)
oder Islamisten „gemacht“. Kritik ist offensichtlich zu unbequem. Wenn wir Grünen uns nun
auch solchen Methoden anschließen und diesen Film ausschließen, bin ich nicht im falschen
Film, sondern in der falschen Partei (was ich auch schon nach den Kriegseinsätzen im
Kosovo und in Afghanistan glaubte).

Wenn von den Grünen keine Rücknahme dieses Beschlusses erfolgt, werde ich meine
zahlreichen Kontakte (allein bei facebook 5000) nutzen und hierüber aufklären.

Mit grünen Grüßen

Matthias Glage

DER FILM „FRIEDLICH IN DIE KATASTROPHE“

Negatives wollen die meisten Menschen nicht wissen. Obgleich Präsidenten von
Wissenschaftsorganisationen, Dutzende Nobelpreisträger oder das „Bulletin of the Atomic
Scientists“ uns prophezeiten, dass wir, wenn wir so weitermachen, bis Ende dieses
Jahrhunderts unsere eigenen Urenkel ausrotten werden, wollen wir weitermachen wie bisher.
Es ist für mich erschreckend, dass ein Anti-AKW-Film, den alle, die ihn gesehen haben, als
großartig empfinden, ausgerechnet von Teilen der Spitze der Grünen-, Öko- und Anti-AKW-
Bewegung bekämpft wird. Greenpeace hat offensichtlich Order aus den USA, via Amsterdam
bekommen, den Film zu ignorieren, da in ihm Kriegsverbrechen der USA (Hiroshima,
Nagasaki, Uranmunition, HAARP) abgehandelt werden. Außerdem befürchtete Greenpeace
wohl auch den Verlust der Gemeinnützigkeit, wenn sie solch einen kompromisslosen und
ehrlichen Film unterstützen. Dennoch stellte Greenpeace fest: „Trotzdem ist der Film
offenbar sehr sehenswert und Greenpeace hat auch einen großen Part im Film, also hingehen
und angucken auf jeden Fall Ok.“ Große Umweltschutzbewegungen ignorieren den Film,
angeblich aus „Terminnot“. Die Grünen Niedersachsen unterstützen zunächst den Film,
während der Landesvorstand Schleswig-Holstein und dann auch Niedersachsen mit Lügen
und Hetze versuchen, den Film zu verhindern und Kinobetreiber mit Boykottdrohungen unter
Druck setzen: „Wir als nordfriesische Grüne… werden uns auf keinen Fall an einer
Vorführung dieses Films beteiligen.“ Ein Kinobetreiber schrieb: „Der Familienrat hatte getagt
und nach dem Grünenbrief Gefahr gesehen… für derartige Auseinandersetzungen sei das
Kino nicht da.“

Auch die Spitzen der Anti-Atombewegung haben sich nicht mit dem Film solidarisiert,
sondern eine Gegenkampagne initiiert. Und was wäre aus historischer Sicht dafür besser
geeignet als Internethetze und Verleumdungen: Ich wäre Nazi, Antisemit und
ausländerfeindlich. Ausländerfeindlich? Der Film wurde fast ausschließlich von Ausländern
erstellt, da die Deutschen Angst vor einem Berufsverbot hatten. Damit erfüllt sich, was mir
Granden aus Film und Fernsehen im Frühjahr 2012 prophezeiten, der Film wäre viel zu
kritisch für Deutschland: Ihr werdet keine Förderung erhalten, keinen Filmverleih bekommen,
er wird nicht auf Festivals, in regulären Kinos oder im Fernsehen gezeigt, und er wird von
den Medien ignoriert werden. Und am Schlimmsten: Aus der Anti-AKW-Bewegung wird
man Euch den Dolch in den Rücken stoßen, denn die ist völlig von V-Leuten und der
Atomlobby unterwandert. Dies habe ich mir in dieser Perfektion nicht vorstellen können,
wurde aber leider eines besseren belehrt. Die Anti-Atombewegung bestand ursprünglich aus
Querdenkern, von denen viele politisch verfolgt wurden. Heute sind sie mit Merkels Segen
„Gutmenschen“, die demonstrieren gehen, weil es „cool“ ist und von denen kaum welche
über Sachinformationen verfügen und die sich meistens im Winterschlaf befinden und nicht
geweckt werden wollen.

Summa summarum: Ich distanziere mich von der sogenannten „politischen Korrektness“, die
mit nationalsozialistischen Methoden durchgesetzt wird und hinter der ich die Atomlobby
und den Verfassungsschutz sehe, der bereits Jahre zuvor über eso-watch und wikipedia
verbreiten ließ, ich wäre ein rechtsradikaler Verschwörungstheoretiker und der die Bewegung
am Nasenring durch die Arena führt. An dieser Stelle möchte ich den Linken, Anarchisten,
Freidenkern, dem „Funken“ oder der „Roten Fahne“ danken, dass sie sich mit mir
solidarisierten. Ich bin weder Nazi, noch kenne ich persönlich Nazis, noch bin ich Links-
noch Rechtsfaschist oder Antisemit, sondern „Radikaldemokrat“ wie Hans-Ulrich Klose,
ehemaliger Hamburger Oberbürgermeister, es dereinst nannte und viel weiter links als die,
die mich in die rechte Ecke drängen wollen.

Holger Strohm

KOMMENTARE ZUR HETZKAMPAGNE GEGEN DEN FILM

FRIEDLICH IN DIE KATASTROPHE

„Holger Strohm mit seinem Wahlspruch >>Intelligenz ist immer kritisch<<, gilt bei den
atomkritischen CDU/CSU Mitgliedern als beeindruckendes und geradliniges Universalgenie
(Schriftsteller, Bildungsarchitekt, Regierungsberater)… Als Holger Strohm in den 70er
Jahren gegen die mit millionenschweren Propagandamitteln ausgestattete Atomindustrie den
publizistischen Aufstand einleitete,… konnte er nicht wissen, was er noch alles erleiden sollte.
Als dann seine Familie bedroht wurde, suchte er Asyl in Portugal.“

Junge Welt, 9.8.2012

„Der Film ist mit seinen Fakten schwer zu ertragen, aber immens wichtig. Ansehen und
danach handeln ist obligatorisch, wenn wir uns nicht selbst vernichten wollen.“

Günter Zint, Pressefotograf, Regisseur und Bestseller-Autor

„Taz-Mitarbeiter Andreas Speit kam ja erstaunlich schnell aus den Startlöchern, um bei
seinem Präferenzthema auf den druckfrischen U&A-Artikel zu reagieren… und das leider
wenig differenziert. Auftragsarbeit? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt… Warum hat
eigentlich die taz keine Kritik zu Holger Strohms Film >>Friedlich in die Katastrophe – Ein
Plädoyer für das Überleben<< formuliert? Ich habe heute meine Beitrittserklärung zur taz-
Genossenschaft der Papiertonne überlassen. Und bitte: Schickt mir kein
Erinnerungsschreiben mehr.“

Monika Wilkens, Aktion bessere Schulen

„Sehr geehrter Herr Speit, zuerst ziehen sie etwas aus dem Zusammenhang und dann
versuchen Sie Herrn Strohm einen Strick daraus zu ziehen. Das empfinde ich stilistisch nicht
sonderlich fair. In 2012 schrieb die taz noch, Strohm sei ein grüner Messias und nun
behaupten Sie, soll er den Nazis nahe stehen. Ja, was ist denn nun der Fall? Die taz muss
sich endlich mal für eine dbzgl. Grundhaltung entscheiden. Er selbst bezeichnet sich als
linker Anarchist. Nach der Lektüre dieses Artikels könnte man sich fast einbilden, die taz
könne vom Verfassungsschutz unterwandert worden sein. Ich kenne Herrn Strohm nun schon
einige Jahre persönlich und es ist absurd ihn als Ultrarechten abzustempeln. Dieser Bericht
gleicht einer Verleumdung und Hatz gegen ihn. Darüber hinaus enthält diese
Veröffentlichung m.E. rufmordschädigende Inhalte. Ihre Behauptung halte ich für abstrus
und wenig seriös. Ich werde die taz nie wieder kaufen und alles in meiner Macht stehende
unternehmen, dass zahlreiche mir bekannte taz-Abo-Bezieher, mir dbzgl. Folgen. Dutzende
meiner Bekannten erhalten diese Zeilen in Kopie zur Kenntnis.“

Willi Wissen, Bund- & NABU-Aktivist

„Ich möchte Holger Strohm für den Film danken… Großartig! Vielen, vielen Dank im Namen
von Greenpeace!... Menschen die trotzdem, trotz dass sie dauernd Gegenwind kriegen,
trotzdem dass sie kritisiert werden, immer weiter sagen: >>Das ist das, was ich als Wahrheit
sehe und das ist was ich auch deswegen in die Welt hinaustragen möchte<<.“

Christoph von Lieven, Greenpeace

„Da ich Holger Strohm seit mehr als dreißig Jahren kenne und bei ihm niemals irgend eine
Nähe zur >>rechten Szene<< bemerkt habe, hat mich Ihr Artikel >>Grüner Pionier im Nazi-
Sumpf<< sehr irritiert. Inzwischen habe ich den Text des von Ihnen inkriminierten Interviews
gelesen und kann auch dort keinerlei Nähe zum >>Nazi-Sumpf<< erkennen… Daß die taz
daraufhin – ohne sich zuvor mit Holger Strohm in Verbindung zu setzen – in die von vielen
Seiten angestimmte Hetze gegen Holger Strohm einstimmt, empfinde ich als eine bodenlose
Gemeinheit. Ich werde die taz erst dann wieder kaufen, wenn ich erfahren habe, dass sie sich
für diesen Fehlgriff öffentlich entschuldigt hat.“

Ulrich Uffrecht, Lektor über die Gefahren der Atomenergie

„Ich, Detlef Romey, offen schwul lebend und Gründer eines Vereins für Völkerverständigung
und gegen Rechtsradikalismus, bin erschrocken über gewisse linke und grüne Gruppen, die
Herrn Strohm diffamieren, und ihn im Internet an den Pranger stellen. Der Dokumentarfilm
„Friedlich in die Katastrophe“ ist grandios und wenn ARD, ZDF und große Verleihfirmen
ihn ignorieren, dann ignorieren sie auch das Leid aller Reaktoropfer bis Fukushima. Herr
Strohm ist Philosoph, Autor und als Mensch ein so wunderbares Individuum, dass ich froh
bin, ihn kennen gelernt zu haben. Er ist alles andere als ein Nazi. Er ist links wie ich und hat
einen gesunden und profunden Wissensstand. Die taz sollte sich schämen und den
Journalisten öffentlich bitten, sich zu entschuldigen!! Wie gesagt, wenn Holger Strohm ein
Nazi ist, dann bin ich homosexueller Papst.“

Detlef Romey, Opernsänger und Kabarettist

„Als Jude bin ich entsetzt wie man mit meinem Freund Holger umgeht. Zur Erinnerung: Die
Judenvernichtung begann mit Hetze und Pogromstimmung. Und natürlich gab es gute Nazis.
Sind die 12.000 Schindlers schon vergessen? Seit 43 Jahren ist Holger der Kopf hinter der
Grünen-, Öko- und Atombewegung. Ohne ihn gäbe es sie nicht. Im Ausland gilt er als letztes
Universalgenie Deutschlands. Sein Fehler ist, dass er denkt. Dafür wird er seit 43 Jahren
unerbittlich verfolgt. Früher erledigten die Schergen der Atomlobby die Drecksarbeit selber.
Heute verraten die opportunistischen Schleimer und Medien den >>grünen Messias<< (taz)
für ihre >>gute Brotstelle<< (Charlotte Rosenthal 1897-1994).

Samuel Hilf, Philosoph und Denker

„Ein großartiges Bekenntnis der Anti-Atom-Bewegung!“

Jens Wagner, IPPNW, Ärzte gegen Atomkrieg

„So wie man aus Bettina Wulff eine Nutte machte, weil ihr Mann den Euro-Rettungsschirm
nicht unterzeichnen wollte, machte man aus Holger Strohm erst einen Kommunisten und
dann einen Nazi, weil die Stasi nicht will, dass man sich seinen Film Friedlich in die
Katastrophe ansieht. Dabei lügen die Moralapostel der Grünen und angeblich linke
Atomgegner hemmungsloser als Joseph Goebbels, bedienen sich hetzerischer
nationalsozialistischer Methoden und sprechen uns in einer hirnlosen Gesellschaft die letzten
elementaren demokratischen Rechte ab. Pfui Teufel!

Ein ehemaliger taz-Leser und orientierungsloser Ex-Grüner

„Wer den Film über Hannah Arendt gesehen hat oder sich die Anfänge des
Nationalsozialismus vergegenwärtigt, findet erschreckende Parallelen zum Fall Strohm. Es
ist schrecklich, immer wieder diese Schmutzkampagnen zu erleben! Aber letztlich setzt sich
die Wahrheit durch. Nur leider zu spät. Ich wünsche Dir lieber Holger und uns mehr
Gelassenheit. Wenn die Menschen so blöd sind, ihren eigenen Untergang zu gestalten, dann
muss es wohl so sein!!

Walter Sauermilch, ehem. Bundestagsabgeordneter der Grünen


„Wir sind Ausländer mohammedanischen Glaubens aus verschiedenen Ländern, die Holger
Strohm u.a. über seine Integrationsarbeit kennen und schätzen gelernt haben. Wir sind
empört, dass man ihn in die braune Ecke stellen will oder sogar als Ausländerfeind
anprangert. Wir haben ihn tatkräftig unterstützt, als es darum ging, die Rechte für die
türkische Filmmusik der großartigen Sängerin Devrim Kaya in seinem Film „Friedlich in die
Katastrophe“ zu erwerben. In der Türkei werden Atomkraftwerke auf der europäisch-
asiatischen Erdbebenplatte gebaut. Unter uns sind auch iranische Mitbürger, die sich
ebenfalls große Sorgen machen. Denn die Atomkraftwerke im Iran könnten eines Tages
verheerenden Schaden anrichten – besonders bei kriegerischen Auseinandersetzungen. Die
Menschen in der muslimischen Welt wissen kaum etwas über die Gefahren der
Nuklearanlagen. Daher ist es wichtig, mithilfe dieses Filmes für Aufklärung zu sorgen. Wir
sind momentan dabei, ihn ins Arabische, Türkische und andere Sprachen zu übersetzen.
Holger Strohm hatte bisher immer mit seinen Prognosen recht behalten, doch leider musste
er dafür einen hohen Preis zahlen. Wir haben allerdings den Eindruck, dass es ihn diesmal
besonders unfair getroffen hat; stammen die Verleumdungen doch hauptsächlich aus den
Reihen der Atomkraftgegner sowie einiger Umweltschutzgruppen. Es schmerzt uns sehr, zu
sehen, wie gerade die AKW-Bewegung sich widerstandslos am Nasenring vorführen lässt.
Für uns denkende Menschen handelt es sich dabei um ein leicht zu durchschauendes
Manöver der Atomkraftlobby.“

Ziya Ö.; Ali-I. C.; Hasan Y.; Faim E.

„Der Film ist großartig – ein Meisterwerk! Heinz Smital, Greenpeace

„Wer nach 40 Jahren Anti-AKW-Bewegung und nach Angela Merkels Wende in der
Atomfrage schläfrig geworden ist, der wird durch den von Holger Strohm produzierten Film
>>Friedlich in die Katastrophe<< wieder hell wach. Es ist ein Gesamtkunstwerk, das durch
eine Fülle erdrückenden, aber großartigen Filmmaterials besticht. Die Auswahl der
Experten, die im Film zu Wort kommen, obliegt der Künstlerfreiheit und kommt nicht von
ungefähr. Es sind durchweg Wissenschaftler, die in ihrem Leben bewiesen haben, dass sie
unbestechliche Köpfe sind und die Dinge kompromisslos beim Namen nennen. Ein Satz im
Film >>Friedlich in die Katastrophe<< ist mir in bleibender Erinnerung geblieben: >>Die
Guten sind so selten, dass man die Zeit nach ihm berechnet<<. Wohl war. Strohm selbst
würden einige am liebsten ans Kreuz nageln und Aufführungen seines Films verhindern.
Darüber jubeln dann nur einige selbsternannte Antifaschisten mit ihrer roten
Frontkämpferfahne, was für sich spricht. Linke zerfleischen sich gerne selbst, das ist nicht
neu. Aus dem eher konservativen Lager betrachtet wirkt das recht unkultiviert. Holger
Strohm habe ich hingegen als einen diskussionsfreudigen Menschen mit Format kennen
gelernt, von dem sich mancher, der nur zu gerne Gift und Galle speit, eine Scheibe
abschneiden könnte. Strohm und dem jungen polnischen Regisseur Marcin El ist für diesen
Film, der aufklärt und aufrüttelt, sehr zu danken.

Volker Kempf, Vorsitzender der Herbert-Gruhl-Gesellschaft e.V.

„Die taz bezeichnete Holger Strohm als >>echten Propheten<<, als >>Messias der Grünen-
Bewegung<<, den >>manche wie einen Heiligen verehren<<, um ihn dann als angeblichen
Nazi ans Kreuz zu nageln. Seit dem sein Film >>Friedlich in die Katastrophe<< auf dem
Markt ist, wird er mit einer Welle an Hass überschüttet. Die Inquisitoren, die angebliche
Nazis jagen, gleichen ihnen auf erschreckende Weise. Dabei hat sich Holger Strohm nur für
das verfassungsmäßige Recht der freien Meinungsäußerung eingesetzt, dass in diesem Lande
bereits abgeschafft wurde. Strohm ist ein leuchtendes Beispiel für praktizierte Demokratie
und generationsübergreifende soziale Verantwortung. Einige sehen in ihm sogar den größten
kritischen Denker Deutschlands, ja gar Europas. Nachdem er seine Ersparnisse für seinen
Film >>Friedlich in die Katastrophe<< geopfert hat, um uns vor dem größtmöglichen
Verbrechen der Menschheit abzubringen – der Ausrottung unserer Kindeskinder –
verleumdet ihn der Pöbel (unter ihnen leider auch fanatische Linksradikale und Atomgegner)
als Unmensch. Ich schäme mich zutiefst.“

Klaus Müller, fünffacher Vater und seit 45 Jahren Atomgegner

„Ich habe mir den Film >>Friedlich in die Katastrophe<< angesehen und geweint. Er hat
mir die Augen geöffnet und mich zutiefst berührt. Danke Holger Strohm für Deinen Mut und
Deine Menschlichkeit.“

Mareike Winter, Ex-taz-Leserin und Grüne

„Wir sind Bürger dieses Landes mit unschwer auszumachenden Immigrationshintergrund mit
überwiegend muslimischen Ursprungs. Dass sollte genug sein, um feststellen zu können,
wenn uns Fremdenhass, Rassismus und braunes Gedankengut begegnen. Ein
gesellschaftliches Phänomen, mit dem wir in unserem Leben alle ausreichend Erfahrungen
machen mussten. Herr Strohm hat uns immer tolerant, respektvoll und höflich behandelt. Mit
Verwunderung und einem guten Maß an Empörung mussten wir feststellen, dass aus uns
schwer nachvollziehbaren Gründen eine gemeine und scheinbar böswillig gemeinte
Kampagne gegen Holger Strohm losgetreten wurde, deren Ursprung tatsächlich aus den
Reihen ehemaliger überzeugter alternativer Mitstreiter und der taz auszumachen ist. Dieses
Faktum verbittert uns umso mehr, da wir eher mit Zuspruch und Unterstützung gerechnet
hätten, als Resonanz auf einen Film, der an Aktualität nichts eingebüßt hat. Umso
interessanter, dass sich gleich verschiedene Personen zu Wort meldeten, um Holger Strohm
anzuprangern, nachdem er seinen Film Friedlich in die Katastrophe der Öffentlichkeit
präsentiert hat. Dieses wurde auch gleich mit Ignoranz und Veröffentlichungsboykott
bestraft. Einigen dieser Personen würde es mit Sicherheit nicht schlecht zu Gesicht stehen,
selbst einmal etwas Rückrat, Geradlinigkeit und Engagement zu zeigen, wenn es um die
Verantwortung unserer Generation, unseren Kindern und Enkeln gegenüber geht. Bitte
lassen Sie doch einfach ihre Diffamierungen und Schmierereien für die Zukunft sein, und
zeigen Sie etwas mehr Charakter und Toleranz jenen gegenüber, die es anders als Sie wagen,
für ihre Meinung und Überzeugung einzustehen.“

Irvan Cardak i.A. Dutzender Muslime

„Durch den Aufruf zum Boykott des Filmes „Friedlich in die Katastrophe“ reiben sich die
Befürworter der Atomenergie und Energiemonopolisten fröhlich die Hände. Damit haben sie
erreicht, was sie schon immer wollten. Die Unterwanderung der ursprünglich grünen
Bewegung durch lobbyistisch verseuchte Scheingrüne a lá Joschka Fischer offenbart sich
nun. Die opportunistische Eiterbeule ist geplatzt, und das ist gut so! Denn jetzt wissen wir
woran wir sind, und die Gesundung kann einsetzen. Dies stellt ein Atomgegner seit den
Anfängen und Urgrüner fest, der an der Gründung der grünen Bewegung vor über 30 Jahren
beteiligt war.“

Friedrich Bode, Brokdorf Pastor


„Mir ganz egal, ob es sich bei der Nicht-Rezeption des Strohmschen friedlichen
Atomkatastrophenfilms von Seiten der grünen Streberpartei um eine Verschwörung oder um
bloße Blödheit handelt: Wer sich aus Holger Strohm einen Nazi bastelt, während Josef
Fischer, Säulenheiliger nämlicher Veranstaltung seine (Kaviar-) Brötchen bei RWE, Siemens
und den Erben Herbert Quandts verdient – und das Ganze ohne einen Aufschrei – wie etwa
jenen, dem man hinsichtlich der Decollté-Expertisen des Herrn Brüderle nirgends entgehen
konnte, verdient nicht wirklich ernst genommen zu werden.

Alexander von Zitzewitz, Kreditor beim Buch Friedlich in die Katastrophe 1973

„Es ist ein Anti-Atom-Film, der aufrüttelt. Bringt er doch alle die Argumente zur Sprache, die
tief in unserem Herzen verwurzelt sind.“

Film & TV Kameramann 1/2013

„Welch ein Film! Tief aus dem Herzen von Menschen herausdrängend, die die
Ungeheuerlichkeit nicht mehr ertragen, die eine letzte Hoffnung haben, etwas zu bewegen,
eine Art Dokumentarfilm des schleichenden Wahnsinns…Das alles hat der Autor Holger
Strohm schon in den 70er Jahren angeprangert und mit dem Buch >>Friedlich in die
Katastrophe<< publiziert. Er hat viel erreicht. Ihm ist allerdings seitdem von den
>>Diensten<< mit geschlossenem Visier übel mitgespielt worden. Aber er hat nicht
aufgegeben! Im Gegenteil: Zusammen mit seinem kongenialen Regisseur Marcin El hat er
diesen Film gemacht, der zutiefst aufrüttelt. Der sich aus tiefster Überzeugung – im
Gegensatz zu einem zurzeit gesponserten naiven Film über die Dorf-Idylle Brokdorf – im
Interesse unserer Kinder und Kindeskinder an die verantwortungsbewussten Menschen
wendet. Das bequeme Hoffen auf das Nicht-Eintreffen weiterer >>Störfälle<< ist wider
besseres Wissen. Nicht nur der einzelne >>Störfall<< ist eine Katastrophe. Die nukleare
Technik als Ganzes ist die historische Katastrophe! Für sie gibt es keine Katharsis. Die
besonders kriminelle Energie der Radioaktivität ist ihre unumkehrbare schleichende
Vergiftung. Sie ist schon weit fortgeschritten. Es gibt keine untere Grenze der Schädlichkeit.
Genozide hat es in der Geschichte mehrfach gegeben. Aber: Die friedliche vund militärische
Nutzung der Kernenergie ist das Genozid, das letztlich die gesamte Menschheit früher oder
später umbringt, wenn nicht jetzt damit Schluss gemacht wird.“

ImPulse, Dez./Jan. 2013

„Holger Strohm`s cineastische Übersetzung von >>Friedlich in die Katastrophe<< ist eine
notwendige Auseinandersetzung mit der Atomtechnologie, ihren Apologeten und ihren
Adepten. Auch nach der Katastrophe von Fukushima halten einige Länder am Neubau von
Atomkraftwerken fest, obwohl die wahren Kosten von Atomstrom offensichtlich geworden
sind. Fast immer steckt dahinter eine unheilvolle Verquickung mit den militärischen Optionen
dieser Technologie. Der Film wird und soll Kontroversen auslösen. Das ist notwendig, um
das Bewusstsein kommender Generationen für die apokalyptischen Gefahren dieser
Technologie zu schärfen.“

Stefan Wenzel, Minister und Chef der Grünen in Niedersachsen

„Holger Strohms Film >>Friedlich in die Katastrophe<< ist von großer argumentatorischer
Wucht und Schärfe. Er wäre dazu geeignet, zu verhindern, daß eine Mehrheit in Deutschland
zwei Jahre nach Beginn des Super-GAU von Fukushima erneut wegdämmert – zu verhindern,
daß sie sich vom >>schwarz-rot-gelb-grünen<< Gesäusel, der Atomausstieg sei beschlossen,
einlullen lässt. Der Film bietet eine lange vermißte Gesamtschau der Risiken, Gefahren und
schrecklichen Folgen sowohl der sogenannten zivilen als auch der damit untrennbar
verbundenen militärischen Nutzung der Atomenergie. Es ist eine Schande, dass große Teile
der Umwelt- und Anti-AKW-Bewegung diesen Film ignorieren, statt Werbung für ihn zu
machen…“

Klaus Schramm. Netzwerk Regenbogen

„An die taz: Unmöglich wie sie über Holger Strohm berichten. Sein Selbst, seine Aktivitäten
zum Wohle der Menschen ganz vergessen? Wir bräuchten noch viel mehr Menschen, die sich
wie er für dich, für mich und alle einsetzen.“

Margit Mack, Portugal

„Der Film >>Friedlich in die Katastrophe<< von Holger Strohm ist eine umfassende
Dokumentation über die gezielte >>friedliche<< und militärische Atomspaltung und die
zahllosen verschiedenen Arten der gegen die elementaren Grundrechte des Menschsein
gerichteten Folgen. Der Film zeigt eindrucksvolle Beispiele, beginnend beim Einsatz der
Atombomben mit ihren schrecklichen Auswirkungen bis hin zu den gesundheitsstörenden, ja
tödlichen Hinterlassenschaften der Atomenergienutzung durch die Energiewirtschaft. Eine
besondere Stärke des Films liegt in den Aussagen zahlreicher, unabhängiger Fachleute. Sie
erläutern mit ihren in Jahrzehnten eigener Forschung und Erfahrung gesammeltem Wissen
Sachverhalte und Zusammenhänge, welche die Befürworter und Nutznießer der
Atomtechnologie in Politik, Wirtschaft und Militärwesen gerne im Verborgenen halten
wollen. Ich sehe in diesem Film ein Meisterstück, dass der Bevölkerung durch
Anschaulichkeit und Themenbreite die Grundlagen für eine sehr selbstständige Beurteilung
dieser Technologie ermöglicht. Sehr empfehlenswert!“

Prof. Dr. Dr. Edmund Lengfelder

„Erschütternd und schonungslos ehrlich bringt der Film >>Friedlich in die Katastrophe<<
von Holger Strohm die Problematiken der Atomenergie auf den Tisch… Die Verschleierung
der Gefahren der Atomenergie sowie die Machtstrukturen der Atomlobby werden mit Strohms
Dokumentarfilm eindrücklich belegt. Die Aussagen, Atomenergie sei die günstigste und
klimaschonendste Form der Energieerzeugung werden im Film in Frage gestellt. Vom Abbau
des Rohmaterials Uran bis hin zur Zwischenlagerung der strahlenden Abfälle produziert
diese Art der Energieerzeugung immense Mengen an Kohlendioxid. Mehr als 200 Milliarden
Euro an Steuergeldern sei bislang in die deutsche Atomindustrie geflossen. Kein deutsches
Atomkraftwerk wäre heute genehmigungsfähig und alleine in Deutschland gäbe es jährlich
100 Störfälle. Selbst bei störungsfreien Betrieb entweichen radioaktive Abfallprodukte in
Form von Gasen in die Umwelt.“

Südkurier, „BUND zeigt Film von Holger Strohm“

„Über 40 Jahre nachdem Holger Strohm sein Anti-AKW-Buch geschrieben hat, ist ihm mit
seinem gleichnamigen Film >>Friedlich in die Katastrophe<< ein Dokumentarfilm
gelungen, der nach der Tschernobyl- und Fukushima-Katastrophe der Atomlobby ihre
heuchlerische Maske vom Gesicht reißt: Weder ist diese Technik beherrschbar, noch ist sie
billig!... Ja, der Film erzählt unbequeme Wahrheiten, die von der Politik und den Medien
jahrelang verschwiegen wurden. Und so verwundert es nicht, dass man Holger Strohm, den
man früher als Kommunist geschmäht hat, heute in die Ecke der Braunen drängen möchte.
Das Ziel früher wie heute: Diffamierung seines atomkritischen Werkes und seiner Person und
das nur, weil er in seinem Film, wie schon in seinem Buch aus den 70-er Jahren, Ross und
Reiter nennt. Ich habe meinen Freund Holger Strohm gewarnt und ihm gesagt, dass er
womöglich für diesen Film, weil zu kritisch, eine Menge Ärger bekommen wird. Aber der
Film wird, wie schon das Buch, seinen Weg gehen. Dafür wird in diesem Fall auch das
Internet sorgen. Die immer größer werdende Netzgemeinde wird verbreiten wie
hervorragend der Film ist. Sie alle müssen und werden sich den Film ansehen und
sogenannte Bürgerjournalisten werden für seine Verbreitung Sorge tragen –

Glück auf Holger, ich danke Dir für diesen Film.“

Frieder Wagner, Journalist und preisgekrönter Filmemacher

„Der Befund: zu kritisch. Ebenfalls wurde der Film nicht in das Netz der Filmverleiher
aufgenommen… Bis auf einige wenige Zeitungen verschwiegen die großen Medien diesen
Dokumentarfilm bislang… Setzt man darauf, dass ohne Promotion dieses an sich wichtigen
Films nur die alten Kämpen der Anti-AKW-Bewegung in die Vorführungen kommen, die
breite Masse aber davon ferngehalten wird?... Früher habe man ihn (Strohm) Kommunist
geziehen, heute werde er in die Nähe der Braunen gerückt. Das Ziel früher wie heute:
Diffamierung seines atomkritischen Werkes sowie seiner Person… Wo leben wir eigentlich?“

Der Freitag: Anti-Atom Film: „Friedlich in die Katastrophe“.

„Es ist immer wieder erstaunlich und erschreckend, mit welchen Mitteln versucht wird,
unliebsame Wahrheiten zu bekämpfen und ihre Verkünder zu denunzieren. Dies geschieht
offensichtlich derzeit mit dem Film >>Friedlich in die Katastrophe<< von Holger Strohm.
Der Film ist sicherlich radikal und schonungslos. Er mag auch für manche Atomgegner an
der Seite des Autors nicht immer den richtigen Ton treffen und die rettende Botschaft finden,
aber es ist eine grobe Verleumdung, ihn in die braune Ecke zu stellen. Holger Strohm ist seit
seinem bahnbrechenden Buch aus dem Jahr 1971, welches vielen in der Bundesrepublik
erstmals die Augen öffnete über den Irrsinn und die Gefahren der Atomindustrie, als
unbequemer aber seriöser Autor bekannt. Dies bestätigt er auch mit diesem Dokumentarfilm,
der sich ganz überwiegend auf bekannte Fakten, gesicherte Erkenntnisse und unangreifbare
Autoren stützt. Offensichtlich fehlen denjenigen, die sich auch noch nach Fukushima noch
gegen diese Dokumentation wehren, Argumente und Fakten, dass sie zur Denunziation und
Verleumdung greifen müssen. Gegen diese ewig Gestrigen ist Holger Strohm voll in Schutz zu
nehmen.“

Prof. Dr. Norman Paech, ehem. Bundestagsabgeordneter der Linken

„Ein >>Grüner Pionier im Nazi-Sumpf<< sei er, einer >>der mit den Nazis gespielt<<
habe. Die Empörung der taz war nicht zu überhören… Dabei war Strohm, den die FAZ den
>>ersten ernstzunehmenden Kritiker der Atomindustrie in Deutschland<< nennt, noch im
Sommer 2012 von der taz selbst zur >>Person der Zeitgeschichte<< gesalbt worden, da er
mit seinem 1971 erschienen Buch >>Friedlich in die Katastrophe<< der Anti-
Atomkraftbewegung >>ein seriöses Fundament<< gegeben und >>durch seine Synthese von
Umwelt- und Friedensbewegung<< gar einst >>den Grünen die Raison d´etre geliefert<<
habe… Damit aber hatte man bei der taz wohl nicht gerechnet – dass da einer mit dem linken
Postulat vom >>Selberdenken<< einmal tatsächlich Ernst macht.“
Junge Freiheit, Der Standhafte

„Gestatten Sie, dass ich mich vorstelle: Ich bin Chefredakteur und Eigentümer zweier
Journale und Radiostationen in Portugal. Holger Strohm schätzen wir als einen der
bedeutendsten zeitgenössischen europäischen Denker, der nicht nur über ein enormes Wissen
verfügt, sondern auch über die Gabe, komplizierte Sachverhalte leicht verständlich
darzustellen. Dieses hat er in über Dutzenden Interviews unter Beweis gestellt. Radio Maré
Alta pries Strohm als Auferstehung Nietzsches, da er in der heutigen Zeit eine ähnliche
Funktion erfüllt wie Nietzsche im 19. Jahrhundert. Der Prophet gilt nichts im eigenen Lande.
Ob Schiller, Goethe, Heine, Marx, Engels etc. – alle wurden in Ihrem Lande verfolgt und
nach ihrem Tod rühmte sich das Land - der Dichter und Denker - ihrer. Holger Strohm wird
es ähnlich ergehen. Wir Portugiesen wären stolz, wenn wir über solch einen eloquenten und
profunden Philosophen und Denker verfügen würden. Insofern ist dieses unwürdige
Schauspiel um seine Person und um seinen Film – aus dem Ausland betrachtet – für Ihr Land
peinlich und beschämend!“

Prof. Jorge Fidalgo

ANHANG:

Artikelverweise

Von Heinz-Werner Jezewski 08.05.2013

Anti-Atom-Ikone am rechten Rand

Öko-Bewegung distanziert sich von Umweltaktivist Holger Strohm wegen


holocaustrelativierender Aussagen

Holger Strohm ist Atomkraftgegner der ersten Stunde. Jetzt macht der 70-Jährige mit rechten
Ansichten auf sich aufmerksam.

Holger Strohm galt einst als Prophet der Anti-Atom-Bewegung. Vor 40 Jahren schrieb er mit
»Friedlich in die Katastrophe« ein Standardwerk über die Gefahren der Atomkraft, das zur
»Bibel der Anti-AKW-Bewegung« wurde. Doch seit er in seinem neuen Film die Atomkraft
als »schlimmstes Verbrechen der Menschheit« bezeichnete, geht die alternativ-ökologische
Szene auf Abstand...

Der volle Artikel lässt sich hier nachlesen


http://www.neues-deutschland.de/artikel/820900.anti-atom-ikone-am-rechten-rand.html?sstr=%D6ko-
Bewegung|distanziert|sich|von|Umweltaktivist|Holger|Strohm
08.05.2013 / Antifa / Seite 15

Braunes, grün serviert


»Gute Nazis«: Der Antiatomkraftpionier Holger Strohm entdeckt seine Nähe zur rechtsextremen Ökoszene
Von Heinz-Werner Jezewski

Der volle Artikel ist nur Abonenten zugänglich.


https://www.jungewelt.de/loginFailed.php?ref=/2013/05-08/017.php
Der Atomstaat oder wie Atomgegner verfolgt werden
ARTIKEL FÜR „LIEBER HEUTE AKTIV ALS MORGEN RADIOAKTIV“

LAIKA VERLAG, HAMBURG 2012-07-12

In den fünfziger und sechziger Jahren entschied sich die Bundesregierung Atomwaffen
herzustellen und zu diesem Zweck eine Nuklearindustrie aufzubauen. So heißt es in einem
ehemals geheimen Dokument: Der Bundeskanzler weist daraufhin „es sei daher dringend
erforderlich, dass die Bundesrepublik selbst taktische Atomwaffen besitze“. 1 Der
Bevölkerung beschied man, diese neue Energieerzeugung sei sauber, sicher und vor allem
wirtschaftlich. Kaum einer der Bürger verfügte über ausreichende Kenntnisse der Gefahren
oder hatte die Courage die Atompolitik zu hinterfragen. So konnte die Atomwirtschaft
ungestört ihre Pläne durchziehen. 1970, so der Spiegel, konnten nicht einmal 5 Prozent der
Deutschen etwas mit dem Begriff Umweltschutz anfangen. Umweltschützer und Atomgegner
galten als Spinner, Aufrührer und waren dem Staat suspekt. Anfang der siebziger Jahre
wurden erste Bücher zum Umweltschutz und über die Gefahren der Atomenergie
veröffentlicht. Bürgerinitiativen bildeten sich und schulten Bauern und Bürger, so dass sich
Widerstand entwickeln konnte. Als Bürger in Wyhl, Brokdorf und Grohnde demonstrierten,
nahm der Verfassungsschutz sie rasch ins Visier. Ganz offen diffamierten Deutschlands
Politiker, Atomkraftgegner als kriminelle Elemente und beschworen den „wehrhaften
Rechtsstaat“, der sich nicht von „Gewalttätern und Chaoten“ in die Knie zwingen lasse. 2 Der
ehemalige Blutrichter und Ministerpräsident Dr. Filbinger bezeichnete Atomgegner als
„professionelle Revoluzzer“, die den Staat zerstören wollten. 3 Bundeskanzler Kohl
sekundierte Atomgegner wollten die AKWs abschalten, „um die Republik sturmreif zu
machen“. Und der ehemalige bayerische Ministerpräsident Strauß tönte: „Ich werde den
Verdacht nicht los, dass den Hintermännern und Drahtziehern der Anti-Atom-Bewegung
daran gelegen ist, die Bundesrepublik in ein Chaos zu stürzen, deren einziger Nutznießer, die
Sowjetunion, dann in Europa die Macht übernehmen könnte.“ 4

Offen erklärte die Bundesregierung im Bundestag, dass Atomgegner überwacht werden, um


Gefahren „im Hinblick auf die Gewährleistung des Schutzes vor Sabotage und terroristischen
Aktivitäten beurteilen zu können.“ 5 Selbst Veranstaltungen von evangelischen Pfarrern zu
juristischen Aspekten der Atomenergie wurden von der Kriminalpolizei „observiert“. 6
Bürgerinitiativen wurden von Polizeispitzeln unterwandert, diese versuchten zu Gewalttaten
zu verleiten. Listen der Mitglieder von Bürgerinitiativen, ihre Adressen, Autokennzeichen,
Telefonnummern usw. wurden polizeilich ermittelt, um „Gefahren für unsere freiheitlich
demokratische Grundordnung“ abzuwehren. 7 Spaziergänger, die sich auf einen Kilometer
einem Atomkraftwerk näherten, wurden von Polizeihubschraubern observiert und
fotografiert. In Brokdorf, Gorleben, Wackersdorf etc. wurden Bauern mit Feldstechern,
Videokameras usw. „tot observiert“. 8

Prof. Dr. Dr. Karl Bechert, Vorsitzender des Atomausschusses des Deutschen Bundestages,
resignierte: „Da haben wir also den Atomstaat!“ 9 Das „Komitee für Grundrechte und
Demokratie“ stellte in der Frankfurter Rundschau fest, „die Furcht vor dem deutschen
Atomstaat“ sei „auf erschreckende Weise bestätigt“ worden. 10 Prof. Dr. Robert Jungk wies in
seinem 661 Seiten starkem Buch „der Atomstaat“ nach, dass der demokratische Rechtsstaat
de facto nicht mehr existiert. Um den Widerstand zu brechen, so Jungk, wurden Atomgegner
in Irrenanstalten inhaftiert und mehrfach mit Elektroschocks traktiert. 11 Jungk erinnerte an
die „dunkelsten Zeiten tyrannischer Herrschaft“, und er wies daraufhin, dass alle Kritiker –
auch konservative Umweltschutzorganisationen – mit aller Härte verfolgt wurden. 12 So
wurden die Mitglieder der „Gesellschaft zur Aufklärung über Umweltgefahren“ (GAU), die
aus einem honorigen Kreis von Juristen, Ärzten und Pfarrern bestanden, so lange vom Staat
und Steuerbehörden schikaniert, bis sie sich auflösten.

Bei vielen Demonstrationen in Wyhl, Brokdorf, Grohnde, Gorleben und Wackersdorf setzte
eine entfesselte Soldateska mit Hubschraubern, Wasserwerfern, Nebel- und Giftgasgranaten
und Hundestaffeln neue ethische Maßstäbe: „Ein wehrlos auf dem Boden liegendes Mädchen
wurde brutal mit Gummiknüppeln zusammengeschlagen.“ Alte Frauen wurden in
Stacheldrahtzäune und in eiskaltes Wasser getrieben. „Den gewaltfreien Widerstand der
Wendländer – Bauern, Hausfrauen, Pastoren, alte und junge Bürger – knüppelte die Polizei
nieder“, kritisierte die Frankfurter Rundschau. 13 In meinem Buch „Friedlich in die
Katastrophe“ werden im Kapitel „Der Atom-Staat“ seitenlang die unglaublichen Vorfälle und
Rechtsverstöße akribisch aufgelistet. Zehntausende Atomgegner wurden verfolgt, verleumdet,
mit Disziplinarverfahren überzogen, vor Gericht gezerrt und widerrechtlich inhaftiert. Medien
hetzten in konzertierten Aktionen über Atomgegner als Extremisten, Kommunisten,
Gewalttäter und Terroristen. Auf der anderen Seite wurden aber auch selbst Fotografen und
Journalisten bei ihrer Arbeit vor Ort brutal zusammengeschlagen und inhaftiert. Der Bürger
wurde entmündigt und ihm jedes Recht auf Widerstand genommen: „Und wenn die Welt
unterginge (weil alle AKWs explodierten), gäbe es Widerstandsrecht nicht“. Atomgegner
wurden „im Namen des Volkes“ als Staatsfeinde und Terroristen verurteilt. 14 15 Dem
entgegnete Prof. Bechert, indem er feststellte: „Man nennt uns Aufwiegler – wir aber wollen
nicht in einer atomaren Katastrophe untergehen; wir wollen nicht, dass unsere Nachkommen
uns verfluchen, weil wir dem atomaren Wahnsinn keinen Widerstand geleistet haben!“

Staatsanwaltschaften und Polizei konstruierten Fälle, manipulierten Prozesse, sorgten für


Falschaussagen und unterliefen das Recht. Selbst auf Staatsanwälte und Richter, die sich
weigerten zu „kooperieren“, wurde Jagd von der Justiz gemacht. 16 Der Stern berichtete von
tausenden Prozessen gegen Atomgegner mit unglaublichen, systematischen
Rechtsbeugungen, wie sie in einem Rechtsstaat nicht vorkommen dürften. „Verstöße gegen
die Prozessordnung“ seien an der Tagesordnung. „Dabei legten diese Gesetzeshüter“ eine
schier unglaubliche Unverfrorenheit an den Tag, indem sie sich auf ihre Falschaussagen noch
vereidigen lassen.“ 17 Mit dubiosen Methoden, Einreise- und Versammlungsverboten,
überfallartigen Hausdurchsuchungen und ähnlichem Instrumentarium wurde gegen
Atomgegner vorgegangen, die man kurzerhand als Terroristen bezeichnete. Dass sie solche
seien, konnte zwar in keinem Fall bestätigt werden, dennoch war „kein Mittel zu schade, um
unliebsamen Widerstand gegen die Atompolitik“ zu kriminalisieren. 18 Auch größere
Menschenansammlungen versuchte man zu verhindern. Ein sehr gutes Beispiel hierfür ist die
„Geiselnahme“, wie sie Hamburgs ehemaliger Oberbürgermeister Henning Voscherau
nannte. Der „schwärzeste Tag“ seiner siebenjährigen Amtszeit, so resümierte Klaus von
Dohnanyi, sei der 8. Juni 1986 gewesen: der Tag des Hamburger Polizeikessels. Damals
waren 800 friedliche Demonstranten von vier Hundertschaften der Polizei auf dem
Heiligengeistfeld umzingelt und festgehalten worden. Hungernd und frierend mussten sie im
Stehen warten, Frauen vor den Augen der Polizei ihre Notdurft verrichten. Die Einkreisung
und Verhaftung war von Anfang an rechtswidrig und Freiheitsberaubung, so urteilte das
Gericht und verurteilte die Stadt Hamburg zu Schmerzensgeld an alle Beteiligten. 19

Wenn schon „Mitläufer“ nicht auf Gnade hoffen durften, so entlud sich die staatliche Willkür
erst recht an sogenannten Rädelsführern und Landesverrätern. Zwar würde es jeden Rahmen
sprengen, über alle Opfer zu berichten, doch einige Beispiele sollen die Vorgehensweise
beleuchten. Der zuständige Schwandorfer Landrat, Hans Schuirer, der mit 70,5 Prozent der
Stimmen gewählt wurde, weigerte sich den Bau der Wiederaufbereitungsanlage in
Wackersdorf zu fördern. Seine Amtshandlungen wurden stets von übergeordneten Behörden
ins Gegenteil verkehrt, und er geriet schnell ins Visier der Atomlobby. Franz Josef Strauß und
sein Innenminister August Lang nannten ihn „Steigbügelhalter des Kommunismus“,
„Volksverhetzer“, „Rädelsführer“ und beschuldigten ihn offen der Sabotage. Schuirer wurde
von der Staatsregierung verklagt und mit Disziplinarverfahren überzogen, ähnlich wie bei
Pfarrer Leo Feichtmeier und Richter Helmut Wilhelm. Das löste eine Solidaritätswelle in der
Bevölkerung aus. Schuirer erklärte Verleumdungskampagnen, Hausdurchsuchungen und
Einkesselungen könnten den Willen der Bevölkerung nicht brechen. Sie seien „keine
Leibeigenen der Atomlobby“. Als dann ein scharfer Polizeihund auf ihn gehetzt wurde,
nannte es Schuirer „Terror in Vollendung“. 20 21 Schuirer wurden in allen Prozessen
freigesprochen, denn kein Dienstherr darf ihm den Mund verbieten.

Helga Vohwinkel, Oberstudiendirektorin, die sich dem Leben gegenüber verpflichtet fühlte,
klagte erfolgreich gegen das Atomkraftwerk Mühlheim/Kärlich, da es illegal auf einer
Erdbebenspalte errichtet worden war. Da ihre Aktivität der RWE einen Milliardenverlust
bescherte, trat eines frühen Morgens ein Spezialkommando ihre Haustür ein. Als Vohwinkel
aus ihrem Bett hochschreckte, sah sie in den Lauf von Maschinenpistolen, bevor man ihr
einen Sack über den Kopf zog und sie fesselte. Mit den Füßen voran schleifte man sie die
Treppen herunter, so dass sie bei jeder Stufe mit dem Kopf aufschlug. Sie wurde inhaftiert,
bis ihr Anwalt erschien und musste dann umgehend freigelassen werden. Als ich persönlich
danach mit ihr sprach, war sie immer noch geschockt und konnte kaum fassen, dass der Staat
zu so etwas fähig war.

Noch schlimmer erging es dem promovierten Physiker und Gymnasiallehrer Fritz Storim.
Als Wissenschaftler hatte er Hunderte von Bürgern und Bauern in der Willster Marsch über
die Gefahren der Atomenergie aufgeklärt. Selbstverständlich war das der Obrigkeit nicht
verborgen geblieben. Sie verklagte ihn nach § 129a StGB – an wegen angeblicher
„Unterstützung der terroristischen Vereinigung RAF“, weil er Physiker und angeblich an
zwei Zeitungsartikeln bezüglich der Besetzung der Hafenstraße in Hamburg beteiligt gewesen
wäre. Verhandelt wurde im Terroristentrakt – im Staatsschutzsaal mit Trennscheibe. Die
Öffentlichkeit und offizielle Prozessbeobachter waren nicht zugelassen. Er wurde zu einem
Jahr Gefängnis ohne Bewährung verurteilt. Obgleich das Urteil noch nicht rechtskräftig war,
wurde er 114 Tage in Isolationshaft und unter verschärften Haftbedingungen eingekerkert.
Dann wurde eine weitere Anklage erhoben. Angeblich sei er an einem Sprengstoffanschlag
gegen einen Mast des AKW Brokdorf beteiligt gewesen. Als Indiz galten seine
Atomgegnerschaft und sein Wissen als Physiker. Doch der Haftbefehl war wegen fehlender
Beweise nicht zu belegen und musste aufgegeben werden. Dennoch wurde das Verfahren
fortgeführt, bis es letztendlich wegen „mangels hinreichenden Tatverdachts“ endgültig
eingestellt werden musste. Zu diesem Zeitpunkt war die Existenz Storims jedoch bereits
vernichtet, seine Anstellung als beamteter Gymnasiallehrer war ihm gekündigt und er zum
Sozialfall geworden. Nach Meinung Storims ging es um eine Einschüchterungstaktik – um
ein Abschreckungsbeispiel, um andere Atomgegner abzuschrecken und einzuschüchtern, da
man sich gegen das zur Schau gestellte staatliche Unrecht kaum wehren konnte. 22

Prof. Dr. Robert Jungk hatte sich mit seinem Buch der „Atomstaat“ Feinde in Deutschland
gemacht, die dafür sorgten, dass er wegen „Volksverhetzung und Landsfriedensbruch“
verklagt wurde, um ihn so aus dem Land heraushalten zu können. Doch Jungk war nicht
irgendjemand. Seine komplette Familie wurde in KZs ermordet, da sie Juden waren und
obwohl er selber Opfer war, war er nach dem Krieg der Erste, der weltweit die
Vergewaltigungen und systematischen Morde an der deutschen Zivilbevölkerung durch die
Siegermächte anprangerte. Zudem genoss er ein hohes internationales Ansehen: war sehr
populär, ein erfolgreicher Autor, Gründer der Zukunftswerkstätten, österreichischer
Bundespräsidentschaftskandidat und Träger des Alternativen Nobelpreises. Jungk bezeichnet
die Atomenergie und ihre Förderer als „Super-Hitler“, da sie langfristig alles höhere Leben
auf der Erde zerstören werden – so in der Tat die „Endlösung“ erst möglich machen. 23 Seine
erneute Verfolgung in Deutschland führte zu ernsthaften diplomatischen Verstimmungen mit
den USA und Österreich. Als Franz Josef Strauß zum Opernball nach Wien reisen wollte,
stoppten ihn die österreichischen Zöllner. Er werde in Österreich wegen „Volksverhetzung
und Landsfriedensbruch“ gesucht. Bei der Einreise würde man ihn sofort verhaften. Ähnlich
ging es einer bayerischen Wirtschaftsdelegation, die nach Wien wollte. Dieser Vorfall kostete
Deutschland viele Sympathien im Ausland. Auf einmal war er wieder da, der Ruf des
hässlichen Deutschen, der die Juden verfolgt. Jungk musste letztendlich freigesprochen
werden.

Doch der Schaden im internationalen Porzellanladen ließ sich nicht so einfach reparieren.
Jungk forderte: „Es geht nicht an, dass diejenigen, die uns schützen wollen, bestraft, statt
gelobt werden.“ 24

Frieder Wagner, ein erfolgreicher Filmemacher, der Jahrzehnte für das ZDF und die ARD
Filme produzierte und den Grimme Preis in Silber und Gold und den Europäischen
Fernsehpreis erhalten hatte, fiel in Ungnade, als er den Film „Todesstaub“ über Uranmunition
produziert hatte. Die Uranmunition ist radioaktiver Müll, der aus der Anreicherung und den
Wiederaufbereitungsanlegen stammt. Im letzteren Fall ist er zudem mit Plutonium und
anderen gefährlichen radioaktiven Spurenelementen kontaminiert. Aus diesem Material wird
Munition für Maschinengewehre, Granaten und Bomben hergestellt, welche auf Grund ihres
hohen Gewichtes Stahl, Beton und Granit wie Butter durchschlagen. Die Explosion erfolgt
bei rund 5000 Grad und die Uranmunition formt sich bei der Verbrennung in kleine Nano-
Uran-Teilchen um. Dieser Todesstaub treibt der Wind vor sich her, er geht auf Felder und
Gewässer nieder, verseucht Nahrung und Wasser, wird eingeatmet, getrunken, gegessen und
dringt durch die Poren der Haut ein. Im Körper dringt er in Zellen, ins Gehirn, in Samen- und
Eizellen ein und verursacht auf Grund seiner hohen Giftigkeit und radioaktiver Strahlung
Krebs und Missgeburten.

Uran-238 hat eine Halbwertzeit von 4,5 Milliarden Jahren, d.h. es zerfällt kaum und
verursacht für alle Zeiten Gesundheitsschäden. Mittlerweile wurde der Uranstaub aus dem
Irak, Afghanistan, Kosovo, Lybien, Libanon, Somalia und überall dort, wo die NATO diese
Waffen eingesetzt hat, also fast überall auf der Welt, nachgewiesen. In den oben genannten
Ländern gibt es hoch verseuchte Gebiete, in denen kaum noch gesunde Kinder zur Welt
kommen und Krebs endemisch ist. Von dieser Munition wurden bereits Zehntausende
Tonnen verschossen. Zudem hat Barack Obama eine 15 Tonnen schwere Uranwaffe
entwickeln lassen (Massive Ordnance Penetrator), die im Iran eingesetzt werden soll, um
hunderte Meter tief in Granit einzudringen und um die Urananreicherungsanlagen zu
zerstören. Langfristig wird durch diesen Wahnsinn jegliches höhere Leben vernichtet. Der
Friedensnobelpreisträger Obama sorgt dafür, dass selbst seine eigene Nachkommenschaft
ausgerottet werden wird. 25 26 Weil Frieder Wagner es wagte, auf dieses ungeheure
Verbrechen hinzuweisen, bekam er ein Berufsverbot. Rund ein Dutzend Journalisten, die über
diesen Vorfall geschrieben haben, wurden ebenfalls mit Berufsverbot belegt.

Noch schlimmer erging es Sir Prof. Dr. Dr. Horst-Siegwart Günther (sechs akademische
Grade), der für seine medizinische Forschung von der englischen Königin geadelt wurde.
Günther saß bereits als junger Offizier im KZ Buchenwald, da er dem Widerstand gegen
Hitler zugeordnet wurde. Später arbeitete er jahrelang mit Albert Schweizer im
Urwaldhospital Lambaréné zusammen. In Nordafrika baute er Hospitäler, die
Medizinstudenten wurden mit Hilfe seiner Bücher ausgebildet und er behandelte Minister und
Ministerpräsidenten in Ägypten, Syrien, Irak usw. Günther, ein Gutmensch, der mehrfach für
den Friedensnobelpreis nominiert wurde und in rund 30 Ländern die höchsten
Auszeichnungen erhielt, machte das Verbrechen der Uranmunition weltweit bekannt. Wegen
eindeutiger Beweise, die er präsentierte, wurde er in Deutschland inhaftiert und man
versuchte dreimal, ihn zu ermorden. Beim letzten Mal wurde er in der Nähe Münchens von
einem Geländewagen ohne Nummernschilder, der den Fahrradweg überfuhr, um ihn, der sich
auf dem Gehweg befand, mit hoher Geschwindigkeit gezielt zu überfahren. Er blieb schwer
verletzt liegen, während der Täter Fahrerflucht beging. Günther hat sich nie von dem
Mordanschlag erholt. Er siecht heute in Husum körperlich und geistig verkrüppelt in einem
Rollstuhl dahin. Anstatt in Deutschland stolz auf seinen berühmten, weltweit vergötterten
Sohn zu sein und ihn zu ehren, schaltete die Atomlobby ihn aus. 27 28

Auch Wissenschaftler wurden massiv unter Druck gesetzt. Universitäten haben ihre
Institutionen von kritischen Atomexperten gesäubert. Anderen wurden Forschungsgelder und
Mitarbeiter gestrichen, sie wurden öffentlich angefeindet und dem Rufmord preisgegeben.
Zudem griffen die Medien solche Kampagnen gerne auf wie z.B. bei der Ärztin und
Radiologin Prof. Dr. Inge Schmitz-Feuerhake. Sie wurde ohne Gnade bekämpft, lächerlich
gemacht und verleumdet. Als später ihre Erkenntnisse durch renommierte, ausländische
Strahleninstitute bestätigt wurden, verlor die Presse darüber kein Wort. Selbst die vom Staat
eingesetzte Leukämie-Kommission, die die erhöhten Krebsraten um das Atomkraftwerk
Krümmel klären sollte, wurde so lange behindert, bis sich fast alle Mitglieder zum Rücktritt
genötigt sahen. Zudem wurden bei ihnen die Steuerbeamten besonders aktiv. 29 So z.B. auch
bei Professor Klaus Duphorn, einem international geachteten Wissenschaftler, der wiederholt
für die Bundesregierung tätig gewesen war. Als er nach intensiver Forschung zu der
Erkenntnis kam, dass der Salzstock Gorleben für hochradioaktive Abfälle nicht geeignet ist,
wurde er öffentlich diskreditiert und in die Eiswüste der Antarktis geschickt. 30

Und wer als Wissenschaftler etwas herausfindet, das gegen massive politische- und
wirtschaftliche Interessen verstößt, muss damit rechnen, ermordet zu werden. So wurden auf
das Öko-Haus des BUND in Freiburg 1986 und 1987 Anschläge verübt, dabei eine
wissenschaftliche Mitarbeiterin erschossen und eine weitere verletzt. 31 Wer immer sich
gegen die Atomenergie einsetzt, muss damit rechnen, in irgendeiner Form ausgeschaltet zu
werden.

Darüber kann auch der Verfasser dieses Beitrags ein Lied singen – nach 44 Jahren massiver
politischer Verfolgung und Terrorisierung, drei verschiedenen Berufsverboten, Schikanen
unglaublichen Ausmaßes, Verleumdungen mal als Radikalkommunist, dann als bekennender
Rechtsradikaler, Nazi, Holocaust-Leugner, als Scientologe, rechter
Verschwörungstheoretiker, Anfeindungen, Zensur, Prozesse im Sicherheitstrakt für
Terroristen. Sowie ein zehnjähriges Exil in Portugal, weil man mir drohte, dass sonst meine
beiden kleinen Söhne verunglücken könnten, Brand – und Mordanschläge.

1969 kehrte ich aus Nordamerika zurück, wo ich studierte und als technischer Berater für
Fertigung und Rationalisierung arbeitete. 1970 bekam ich eine Anstellung als Organisations-
und Industrieberater in einer Firma in Düsseldorf. Gleichzeitig begann ich mich für den
Umweltschutz einzusetzen. Auf der Weihnachtsfeier der Firma im gleichen Jahr wurde ich
von einer Sekunde auf die andere mit der Begründung gefeuert, ich könne nicht Firmen
bekämpfen und beraten. Obgleich hochqualifiziert, mit begehrtem Spezialwissen aus den
USA, die uns damals viele Jahre voraus waren und einer zusätzlichen Ausbildung in EDV-
Organisation, konnte selbst das Zentralarbeitsamt in Frankfurt mich nicht mehr vermitteln, da
die deutsche Industrie mich mit einem Berufsverbot belegt hatte.

1970 schrieb ich mein erstes Buch „Klimaveränderungen: Brennende Senge oder Eiszeit?“
und erntete dafür Gelächter und Spott. Kein Verlag war bereit, solch einen „Unsinn“ zu
drucken. 1971 zog ich wegen einer Fortbildung nach Frankfurt um und wurde Direktor der
internationalen Umweltschutzorganisation „Friends of the Earth“, die mit der von mir
gegründeten „Aktion für Umweltverbesserung“ verschmolz. Zu dieser Zeit schrieb ich vier
weitere Bücher, die im Melzer Verlag erschienen. Gleichzeitig verklagte ich Mineralölfirmen
wegen Vergiftung von Müllladern in Frankfurt durch Blei. Die Klage wurde abgewiesen,
doch dann wurde ein Klageerzwingungsverfahren von mir eingeleitet. Die deutsche
Richterkonferenz stellte fest, dass der Tatbestand der Bleivergiftung bestand und machte dem
Gesetzgeber die Auflage, die Bleizusätze im Benzin schrittweise zu verringern. 32 Weiterhin
wurden diverse Firmen wegen Umweltverschmutzung verklagt, bei denen sich herausstellte,
dass sie seit Kriegsende wegen schlechter Ertragslage von allen Umweltschutzauflagen
befreit waren! 1971 schrieb ich mein erstes Buch gegen Atomenergie und bot es 80 Verlagen
an. Die lehnten alle ab und fragten, ob ich verrückt sei, da doch jeder wisse, dass die
Atomenergie sicher, sauber, billig und unerschöpflich sei?

1972 zog ich nach Hamburg, um an der dortigen Universität Erziehungswissenschaften zu


studieren. Zu der Zeit lernte ich in Stockholm auf der Umweltschutzkonferenz der UNO Peter
Jacobi kennen. Er vermittelte den Kontakt zu einem kleinen anarchistischen Verlag –
Association, den beeindruckte, dass so viele Verlage mein Anti-Atom-Buch abgelehnt hatten
und schloss daraus, dass das Thema wichtig sei. Bürgerinitiativen kauften ganze Auflagen, da
der Buchhandel das Buch mied. Friedlich in die Katastrophe diente den Initiativen in Wyhl,
Brokdorf und Grohnde als Argumentationshilfe und avancierte schnell zur „Bibel der
Atomgegner“ (Stern). Gleichzeitig organisierte ich mit dem Sozialistischen Hochschulbund,
Jusos, Jungdemokraten und Junger Union Bildungsveranstaltungen mit renommierten
Wissenschaftlern zu verschiedenen Themen des Umweltschutzes im Audi Max der Uni
Hamburg, die jedoch von der Universitätsleitung mit horrenden Gebühren abgewürgt wurden.
Doch diese Veranstaltungen erreichten ihre gewünschte Wirkung, indem hunderte Studenten
anfingen, sich als Atomgegner einzusetzen.

„Friedlich in die Katastrophe“ hinterließ einen nachhaltigen Eindruck. Der Innenausschuss


des Deutschen Bundestages, US-Behörden und US-Senatsausschüsse, UNO-Gremien und
andere luden mich zu Hearings ein oder baten um Beratung. Die Universität Hamburg ließ
mich als Student, auf Betreiben des Asta, Proseminare, Mittel- und Hauptseminare zur
politischen Ökologie der Berufsschuldidaktik durchführen. Doch gleichzeitig bewirkte die
Aufmerksamkeit auch, dass die Atomlobby, ihre abhängigen Senatoren und Politiker gegen
mich in Stellung brachten, so dass ich mit einer Reihe von Schikanen überzogen wurde. Bei
einer Podiumsdiskussion im Curio-Haus am 22. Februar 1977 wagte ich das erste Mal über
diese Vorfälle zu sprechen, woraufhin Ermittlungsverfahren gegen mich wegen
Verleumdungen erfolgten, und ich wurde vom Senat aufgefordert, konkrete Tatsachen zu
nennen, denn so etwas gäbe es in Hamburg nicht. Die Anwaltssozität Niese/Ketelboeter
vertrat mich gegenüber der Staatsanwaltschaft: „Wir haben somit selbst die Behauptung von
Herrn Strohm vernommen, dass nach dem Erscheinen seines Buches „Friedlich in die
Katastrophe“ seine Post kontrolliert, sein Telefon abgehört und er persönlich massiv unter
Druck gesetzt worden sei, und zwar entweder vom Verfassungsschutz oder der
Kriminalpolizei (K4), jedenfalls ohne richterlichen Beschluss.“
Weiterhin heißt es in dem sechsseitigen Brief: „3. Im Januar 1975 erhielt unser Mandant
eines Abends in seiner damaligen Wohnung Hansastraße 12, 2 Hamburg 13, von 3 Herren
Besuch, die sich als Polizeibeamte erklärten und ihm sagten, dass seine Tätigkeit in Sachen
Kernenergie keinen Gefallen finde. Er möge sich zurückhalten, sonst kämen sie wieder und
zögen eine Maschinenpistole oder 1 kg Hasch unter seinem Bett hervor oder aber man würde
ihn auf dem Weg in´s Präsidium ein wenig unsanft behandeln, und ihm so viele Anzeigen
wegen Widerstandes, Beamtenbeleidigung, Körperverletzung, Sachbeschädigung und
Landfriedensbruchs anhängen, dass er mindestens für 1 Jahr weg vom Fenster sei; mit seiner
Anstellung als Beamter sei dann ja nichts mehr, was für ihn ja wohl das >>Aus<< bedeute,
nachdem er schon bei der Industrie praktisch ein Berufsverbot habe.“ Und weiter heißt es
unter „6. Drei Tage vor der ersten Brokdorf-Demonstration erhielt unser Mandant wiederum
Besuch von 2 Herren, die sich als Polizeibeamte vorstellten und sagten, dass nicht erwünscht
sei, dass er in Brokdorf spreche; werde er sich dort sehen lassen, so werde er durch nicht
uniformierte Polizei >>im Gewühl unauffällig krankenhausreif geschlagen<<.“ 33

Das Versprechen des Senators für Aufklärung zu sorgen, wurde nicht eingehalten. Im
Gegenteil: Es erfolgten weitere Anzeigen der Hamburger Polizei wegen des Verdachts der
falschen Verdächtigung, Verleumdung, übler Nachrede und Beleidigung, die einen illegalen
Eingriff in ein schwebendes Primärverfahren darstellten. Zudem erfolgte ein Brandanschlag
auf meine Wohnung und in meiner Bibliothek wurden eine Reihe Bücher und geheimer
Unterlagen über Atombombenherstellung und interne Unterlagen amerikanischer Behörden
zur Reaktorsicherheit umgruppiert, so dass sie nicht mit dem Buchrücken, sondern mit der
Vorderseite zum Betrachter standen. Offensichtlich ein Hinweis, diese Literatur nie zu
verwenden. Die Presse griff die Vorfälle auf. So z.B. das „Deutsche Allgemeine
Sonntagsblatt“, das weitere Schikanen auflistete. 34 „Der Stern“ erklärte: „Dass die Frage
aufgeklärt wird, ob Polizisten oder von anderen gedungene Täter Strohm unter Druck setzen
wollten, glaubt allerdings auch die Staatsanwaltschaft nicht. Sie weiß, dass >>Profis
normalerweise keine Spuren hinterlassen<< (so Staatsanwalt Rohlf).“ 35 Zwei Tage nach
Erscheinen des Stern-Artikels erhielt ich ein Steuerermittlungsverfahren mit dem Datum des
14. Juli 1977 – der Tag an dem der Artikel erschienen war!

Doch auch die Presse ließ sich von der Atomlobby einspannen. Nach einer Veranstaltung
gegen das Atomkraftwerk Krümmel, bei der ich als Hauptredner aufgetreten war, hieß es
später in der Tagespresse, ich hätte zur Stürmung auf den Bauzaun aufgefordert.

Bei der Nachfrage meines Anwaltes bei der Deutschen Presseagentur ergab sich, dass diese
Information von der Polizei gekommen sei, die anscheinend vorhatte, mich wegen
Aufforderung zur Gewalt juristisch zur Strecke zu bringen. 36 Auch „Die Zeit“ ließ sich von
der Atomlobby einspannen. Ich hatte mehrere Artikel für „Die Zeit“ u.a. über die Folgen
eines Reaktorunfalls geschrieben, die nie gedruckt wurden. Nach dem AKW-Unfall in
Harrisburg (Dreimeileninsel, 28.3.1979) wurde die Zeitung von Bürgerinitiativen
aufgefordert, endlich den Artikel zu veröffentlichen. Nachdem auch diese monatelang
hingehalten wurden, platzte den Initiativen der Kragen und sie fertigten einen Sonderdruck
an. Daraufhin wurde ich von Dr. Theo Sommer, dem Herausgeber der Zeit auf 500 000 DM
Ordnungsgeld verklagt. Das wiederum löste eine große Solidaritätswelle aus. Tausende
Bürger empörten sich. Unter anderem erhielt ich Besuch von Joseph Beuys, Gösta von
Uexküll, Rudi Dutschke und vielen anderen Persönlichkeiten, die mich fragten, ob ich
finanzielle Hilfe benötigte. Der Prozess endete in einer Schlammschlacht. Die Mediensozietät
der „Zeit“ beleidigte mich grob, so dass ihr ein Standesverfahren der Anwaltskammer wegen
Beleidigung drohte, das sie mit einer öffentlichen Entschuldigung vor Gericht abwenden
konnte. Gleichzeitig erklärte sie meinem Anwalt den Streit, so dass dieser auch damit rechnen
musste, auf 500 000 DM Ordnungsgeld verklagt zu werden, so dass ich mich auf einen
Kompromiss einlassen musste. 37

Solche Prozesse dienen der Einschüchterung und verursachen hohe Kosten.

Auch die HEW (Hamburgische Electricitäts-Werke) arbeitete mit schmutzigen Tricks. Ihr
Propagandachef, Johannes Koppe, behauptete im Februar 1974 gegenüber Schulbeamten, ich
wäre Kommunist, der sein Geld aus Moskau beziehen würde, um unser freiheitlich
demokratisches Wirtschaftssystem zu beseitigen. 38 Eine Methode, die damals für gewöhnlich
zu einem Berufsverbot führte. In einem Brief an das Helene-Lange-Gymnasium versuchte
sich die HEW um eine Podiumsdiskussion zu drücken, indem sie auf drei Seiten weitere
Beleidigungen über mich verbreitete u.a. mir sei jedes Mittel recht, um unsere
Volkswirtschaft zu schädigen. 39 Peinlicherweise wurde Johannes Koppe wenige Jahre später
als der erfolgreichste Atomspion des Staatssicherheitsdienstes der DDR entlarvt, dem es aber
gelang, in die DDR zu entfliehen. Die Schulbehörde nahm die Hinweise der HEW gerne auf.
Bestanden doch innige Bande mit Schulsenatoren, die immer wieder Ausstellungen wie „Du
und das Atom“, „Schule und Atom“ förderten. Da mir das Beamtenrecht verbietet, über
meine Erfahrungen mit der Schulbehörde - die man mir acht Jahre lang angedeihen ließ - zu
sprechen, sei nur so viel gesagt: Sowohl bei meiner ersten als auch zweiten Staatsprüfung
haben die Vertreter der Schulbehörde mir stets, mit Hinweis auf meine Anti-AKW-
Aktivitäten, die schlechteste Note verliehen, während mich andere Prüfer mit sehr gut
bewerteten. Nachdem ich acht Jahre lang mit dem Rücken zur Wand stand und Schlimmes
über mich ergehen lassen musste, wurde ich schwer krank. Ein Jahr, nachdem eine
Überarbeitung und beträchtliche Erweiterung meines „Friedlich in die Katastrophe“ 1981
erschien, wurde ich als querulatorischer Paranoider in den vorzeitigen Ruhestand versetzt,
genau wie die unbequemen Steuerbeamten in Frankfurt - offenbar hat diese Praxis Methode.

Im Jahre 1978 war ich Spitzenkandidat der „Bunten Liste“ in Hamburg, einem Vorläufer der
Grünen. Das stieß nicht gerade auf Begeisterung bei den Behörden, die mir dies als
Beamtenanwärter nachdrücklich klar machten. Staatsfeinde hätten nun einmal nichts im
Staatsdienst zu suchen. So wurde auch meine Verbeamtung weit hinausgezögert - obgleich
ich zuvor wegen besonders guter Leistungen vorzeitig verbeamtet werden sollte – bis der
ehemalige Oberbürgermeister Hans-Ulrich Klose und sein Pressesprecher einschritten und die
Verbeamtung veranlassten. Auch die Polizei interessierte sich eifrig für mich und mein Auto,
auf dem sich große Bunte Liste Aufkleber befanden. Bei einer Fahrt von Hamburg nach
Hannover wurde ich sechs Mal von der Polizei angehalten und mein Fahrzeug ausgiebig
durchsucht. Kaum eine Fahrzeugkontrolle der Polizei konnte ich ungeschoren passieren. Man
widmete sich voller Intensität dem angeblichen Staatsfeind, der seine demokratische
Gesinnung mit ökologischen Aufklebern demonstrierte.

Apropos Fahrzeuge: Wiederholt wurden an meinem jeweiligen Auto Lenkungen angesägt,


Bremsschläuche angeritzt, Keilriemen durchschnitten, Reifen mehrfach durchstochen, das
Fahrzeug besprüht oder ich nachts mit Telefonterror belästigt usw. Durchaus eine übliche
Praxis bei Atomgegnern bezeugt Prof. Robert Jungk. Er schreibt in seinem Buch „Der Atom-
Staat“ über den Ingenieur Ingo Focke, der aus der Familie des berühmten Bremer
Flugzeugkonstrukteurs stammt: „Focke schilderte mir darin, wie man sein eigenes Auto und
die Fahrzeuge einiger anderer qualifizierter Atomgegner heimlich beschädigt hatte, wohl in
der Erwartung, die Sabotage würde zu spät bemerkt werden. In einem Fall war die Rechnung
der Attentäter sogar aufgegangen: S., Leiter einer deutschen Volkshochschule, hatte eine
Vortragsreihe veranstaltet, in der er sich kritisch mit dem Thema auseinandersetzte.
Vergeblich hatten die Stadtväter, die sein Vorhaben missbilligten, zunächst versucht, es mit
Entschlossenheit zu unterbinden… Kurz darauf verunglückte S. auf der Autobahn tödlich“,
schreibt Jungk und nennt weitere Beispiele wie Autos von Atomgegnern sabotiert wurden
oder diese auf seltsame Art verunglückten. 40

Da der Platz hier beschränkt ist und um den Artikel nicht ausufern zu lassen, mache ich einen
Sprung in den April 1986. Ich kündigte in einer Vortragsreihe an, es würde sich demnächst
ein großer Reaktorunfall ereignen. Obgleich er nicht in Deutschland stattfinden würde,
würden wir dennoch in Mitleidenschaft gezogen. Daraufhin ließ die Deutsche
Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf GmbH in der „Mittelbayerischen Zeitung“, „Der
Neue Tag“ und anderen Zeitungen halbseitige Annoncen drucken mit der Überschrift
„Jenseits des Erträglichen. Die Horrorgeschichten des Holger Strohm – Mit
Schreckensvisionen ungeheuren Ausmaßes konfrontierte Holger Strohm bei seinem Auftritt
in Schwandorf seine Zuhörer… über die angeblich zu erwartende Atomkatastrophe.“ Die
Anzeige erschien am 26. April 1986, an dem Tag als der Reaktor in Tschernobyl explodierte.
Die Absicht, mich lächerlich zu machen, wurde durch den Reaktorunfall durchkreuzt. Also
legten die Hamburger Electricitäts-Werke nach: Sie erstattete im schwarzen Amberg eine
Anzeige wegen Verleumdung, da in meinem „Friedlich in die Katastrophe“ in einem Satz
stand, dass offensichtlich Behinderte im AKW Brunsbüttel eingesetzt worden waren, um
Reinigungsarbeiten vorzunehmen. Dabei interessierte weder, dass ich notariell eidesstattlich
beglaubigte Aussagen von Mitarbeitern des AKW vorlegen konnte, die Passage längst
verjährt war, noch dass es schon sehr abwegig ist, wenn die HEW, die in Hamburg ansässig
sind, einen Prozess im fernen Bayern führen. Das schwarze Amberg sei wohl williger,
mutmaßten Medien.

Die „Amberger Stadtnachrichten“ kommentierten im Zusammenhang mit dem Verleger von


Friedlich in die Katastrophe, Lutz Kroth von Zweitausendeins: „Obwohl Strohm seinen
Wohnsitz zu Protokoll gegeben habe, habe die Polizei, wie Kroth fortfährt, weitergeforscht,
als sei Holger ein Staatsfeind mit unbekanntem Aufenthalt… Die Strafanzeige löste eine
Ermittlungstätigkeit aus, die in ähnlichen Fällen undenkbar wäre. In anderen
Verleumdungsverfahren werden die Anzeigenerstatter nämlich regelmäßig auf den
Privatklageweg verwiesen.“ Die Fahndung löste eine Überwachungsorgie aus, die wohl
einmalig in Deutschland war und Dutzende Personen mit einschloss, angeblich um den
Wohnsitz Strohms zu ermitteln. Lutz Kroth: „Es wurde in meinem Umfeld fleißig ermittelt
und selbst der Zustand meines Briefkastens nach Amberg gemeldet… Alles hört sich zwar an
wie eine bundesdeutsche Amtssatire, aber Holger Strohm mag darüber nicht mehr lachen. Er
stellt die merkwürdigen Nachforschungen nach seinem Aufenthaltsort in eine Reihe mit den
Drohungen, denen er seit Jahren ausgesetzt ist.“ Dabei war die Polizei längst bei dem
Vermieter meiner Wohnung in Hamburg gewesen und berichtete dem, ich wohne in Portugal
und sprach die Empfehlung aus, dem Staatsfeind zu kündigen. Die Amberger
Stadtnachrichten: „Dass Strohms Hamburger Vermieter nach den polizeilichen Recherchen
wegen ihm urplötzlich eine Räumungsklage wegen Eigenbedarfs schickte, wundert den
45jährigen Schriftsteller nicht mehr. >>Repressalien gegen mich sind nichts Neues<<.“ 41

Der Prozess fand im Hochsicherheitstrakt für Terroristen hinter Panzerglas in Schwandorf


statt. Dabei interessierte nicht, dass Leiter von Behindertenwerkstätten zugaben, dass
selbstverständlich ihre Leute auch in Atomkraftwerken putzen, solange die gesetzlichen
Bestimmungen eingehalten werden, dass Datenschutzgesetze und die Amtsverschwiegenheit
von der Staatsanwaltschaft gebrochen wurden und den Geschäftsführern des AKW
Brunsbüttel vertrauliche Informationen über mich übermittelt wurden. Auch nicht, dass ich
dem Gericht eidesstattlich notariell beglaubigtes Zeugnis mit der Bestätigung über die
vorherig beschriebenen Tatsachen vorlegte. In weiteren Verhören wurde versucht, aus
„wurden“ ein „werden“ und aus radioaktiven Säuberungsarbeiten ein „wegwischen von
Plutonium im Kontrollbereich“ und aus Behinderten ganze „Busladungen geistiger
Behinderter“ zu machen. Als ich die Glaubwürdigkeit der Geschäftsführer des AKW mit
Fragen überprüfen wollte, wurde ich von dem Staatsanwaltschaft angeherrscht: Sie sind der
Angeklagte, nicht die Zeugen! Da die Beweise für eine Verurteilung nicht ausreichten, wurde
das Verfahren ausgesetzt, um weiter zu ermitteln. Richter Grüner erklärte entlarvend, auch
wenn es stimmt, was Sie sagen, kann es trotzdem theoretisch zu einer Verurteilung kommen.
Und machte diese Ankündigung Jahre später wahr, als ich längst in Portugal im Exil wohnte.
In Abwesenheit wurde ich wegen Beleidigung der Nuklearindustrie zu 1500 DM Geldstrafe,
Gerichtskosten, Gebühren etc – summa sumarum zu 3000 DM Strafe verurteilt. 42 Die
bayerische Staatsregierung hält die Justiz unter ihrer Fuchtel und schert sich wenig um
Grundrechte oder Karlsruher Urteile, wenn es gegen Atomkraftgegner geht, stellte der
Spiegel fest. Und Abgeordneter Rolf Langenberger ergänzte: Staatsregierung und Justiz ist
kein Mittel zu schade, um unliebsamen Widerstand gegen die Atompolitik zu kriminalisieren.
43 44

Doch diese „Rechtsmaßnahmen“ waren nur ein Teil einer konzertierten Aktion. Im gleichen
Zeitraum hielt ich Vorträge in einer gutbesuchten Veranstaltung der Gewerkschaft Erziehung
und Wissenschaft im Hamburger Curio-Haus. Nach Beendigung ging ich als einer der letzten
zu meinem Fahrzeug, als sich ein elegant gekleideter Herr aus dem Schatten löste und mich
ansprach. Mein rhetorisches Talent habe ihn beeindruckt; doch leider befände ich mich auf
der falschen Seite. „Man“ wolle, dass ich ins Ausland verschwinde – möglichst weit weg. Mir
würde man nichts tun, einen Märtyrer könne man nicht gebrauchen, aber meine
Schwachstelle seien meine Kinder – wie leicht können die verunglücken. Und ich wüsste ja
mittlerweile, dass sie die Stärkeren seien. Mir wurden noch einige Interna über mich
offenbart, die nur Behörden wissen konnten. Auf meine Frage, wer denn „man“ sei – die
Atomindustrie oder Verfassungsschutz? – antwortete er mir, in meinem Fall spiele das keine
Rolle, da alle Beteiligten derselben Meinung seien: raus müsse ich, ganz schnell raus aus
Deutschland und dann lasse man mich auch in Ruhe. Nach all meinen Erfahrungen war mir
klar, dass nur das Recht des Stärkeren zählt und so zog ich mit meinen beiden kleinen Söhnen
nach Portugal, um ihr Leben nicht zu gefährden. 45 Doch, auch das Versprechen mich in Ruhe
zu lassen, wurde nicht eingehalten. Offensichtlich wollte „man“ nur, dass ich mich im
Ausland aufhalte, um mich ohne großes Aufsehen verunglücken zu lassen, indem man mich
mit einem Laster in eine tiefe Schlucht, in der Nähe meines Wohnortes schieben wollte. Doch
leider kann ich hierzu nichts Näheres verlauten lassen, da mir der portugiesische
Geheimdienst die Vorfälle niemals offiziell bestätigen würde.

1994 starb mein Vater und meine betagte, kranke Mutter wollte unbedingt, dass ich mit ihren
Enkeln zurück nach Deutschland komme. Zur Strafe wurden in Deutschland sämtliche meiner
Bücher vom Markt genommen. Sogar das Buch „Plumps“, das meine Söhne 1994 mit acht
und neun Jahren schrieben und zeichneten – über die wahre und ergreifende Geschichte einer
Ente - konnte bisher – in Nazi-Sippenhaft - vom Markt ferngehalten werden, obgleich der
zuständige EU-Kommissar für Bildung und Ausbildung Jan Figel zu dem wundervollen
Projekt gratulierte 46 und selbst EU-Präsident Jose Manuel Barroso das Buch als „extrem
interessant und relevant“ bezeichnete und ausgezeichnet geeignet, um unterpreviligierten und
Kindern mit Immigrantenhintergrund Sprachen zu vermitteln, „da es auf hocheffektive Weise
den Spaß am Lernen mit dem Inhalt verbindet“. 47 Doch offensichtlich will uns die
Bundesregierung so dumm wie nur möglich, um uns leichter regieren zu können und
verhindert daher jede Förderung von Immigrantenkindern.
Für Atomgegner gibt es auch keine Freiheit der Wissenschaften. 1998 begann ich eine
Dissertation über Lehrergewalt zu schreiben. Die zuständigen Ministerien in Hamburg und
Kiel verboten mir dafür, Schüler und Lehrer zu befragen. Nur Prof. Dr. Johannis Beck aus
Bremen getraute sich, die Doktorarbeit anzunehmen. 2002 reichte ich meine erste
Dissertation mit rd. 200 Seiten Umfang ein. Obgleich die Gutachter bestätigten, dass die
Arbeit alle Erfordernisse an eine bildungswissenschaftliche Dissertation voll erfüllt, wurde
sie vom Promotionsausschuss als unwissenschaftlich abgelehnt. Die nächste Ausarbeitung
mit 500 Seiten wurde als zu lang abgelehnt. Die dritte habe man angeblich nie erhalten. Nach
einem Postnachforschungsauftrag tauchte sie nach einem halben Jahr wieder auf und wurde
ohne Gründe abgelehnt. Erst als der damalige Bildungssenator Willi Lemke und
Staatssekretär Michael Müller wegen verfassungsfeindlicher Zensur intervenierten, wurde die
Dissertation angenommen. In der mündlichen Prüfung bestätigten mir vier Professoren ein
„immenses Wissen auf allen Gebieten“. Da schritt der Promotionsausschuss erneut ein und
verlangte, dass die Arbeit neu geschrieben werden solle, dann sie ein Dutzend Mal zu ändern,
um sie letztendlich mit einem Gefälligkeitsgutachten, des ach so linken Gewaltforschers
Wilhelm Heitmeyer aus Bielefeld abzulehnen.

Aus Protest traten die beiden Gutachter zurück und schrieben geharnischte Briefe. Der hoch
renommierte Jurist, ehemalige Verfassungsrichter und bekannte Kunstsammler, Prof. Dr.
Harald Falckenberg, sprach von einem „einzigartigen Fall schikanösen Verhaltens“ und dass
das Verfahren „mit einem an den Rechtsstaat gebundenen Ablauf nichts zu tun hat“. Mehrere
renommierte Tageszeitungen und bekannte Journale wollten über den Vorfall schreiben,
durften aber nicht! Nur die „taz“ getraute sich. Obwohl juristischer Laie wies Redakteur
Benno Schirrmeister auf einer ganzen Seite nach, dass praktisch alle Vorschriften der
Promotionsordnung von dem Promotionsausschuss permanent und vorsätzlich gebrochen
wurden. Die Professoren hätten Anstoß daran genommen, dass der Atomkritiker Strohm von
Medien als „einer der bedeutendsten zeitgenössischen Denker“ bezeichnet wurde. 48 Und
natürlich schmeckte ihm das Thema der Dissertation nicht: Der systematischen schweren
Folter und Körperverletzung von Lehrern an Kindern – unter staatlicher Obhut. Ich habe über
100 Briefe an Bundespräsidenten, Bundeskanzler, Minister, Wissenschaftler, Abgeordnete,
die Spitzen der Grünen, sogenannten Gutmenschen, Amnesty International, Medien usw.
usw. geschickt. Kaum einer hat reagiert und wenn, dann hat man sich für nicht zuständig
erklärt. 49

Glücklicherweise hat das Oberverwaltungsgericht in Bremen keinen Zweifel daran gelassen,


dass der Promotionsausschuss so ziemlich alle Vorschriften des Promotionsrechts permanent
und willkürlich gebrochen hat: „In der anderthalbstündigen Verhandlung ließ die sechste
Kammer des Verwaltungsgerichts am Dienstag keinen Zweifel daran, dass der
>>Promotionsausschuss Dr. phil<< das 2002 begonnene Promotionsverfahren des politischen
Publizisten aus Mölln willkürlich verzögert hat, um es schließlich nach erfolgreicher Prüfung
seiner Dissertation über Gewalt von Lehrern gegen Schüler, zu torpedieren… Dabei habe sich
der nur für formale Fragen zuständige Ausschuss mehrmals widerrechtlich in die fachlich-
inhaltlichen Bereiche eingemischt… Als >>menschenverachtend<< hatte der ehemalige
Hamburger Verfassungsrichter Harald Falckenberg den Umgang der Bremer Uni-Verwaltung
mit Strohm bezeichnet…

Wer die Akten durchforstet, entdeckt, dass sich die geradezu hysterische Abwehrhaltung des
Ausschusses am Namen Strohm und seinem Ansehen entzündet“, so die taz. 50

Seit Jahrzehnten stehe ich unter massiver Zensur. Kein Verlag, Vertrieb oder Buchladen
wagte noch Bücher von mir zu veröffentlichen bzw. zu verkaufen. Von mir verfasste Bücher
werden von den Medien totgeschwiegen und ignoriert. Das portugiesische Journal „Maré
Alta“ schrieb: „Auf Grund seiner hohen kritischen Intelligenz wird Holger Strohm vom
deutschen Staat als Staatsfeind betrachtet. Keines seiner Bücher darf mehr verkauft werden.
Der Buchmarkt wurde komplett gesäubert. Sein letztes Buch „Unmensch Mensch“ musste in
Portugal gedruckt werden.“ 51

Nach der Fukushima-Katastrophe schrieb die Frankfurter Allgemeine Zeitung einen


ganzseitigen Artikel über mich „Einer steht im Weg“. Das brach anscheinend zunächst das
Eis. Nachrichtenagenturen interviewten mich. Doch man nahm ihnen die Filme weg, sie
durften nicht gesendet werden. Kein Journalist wagte, mich zu den Vorgängen in Fukushima
zu interviewen, obgleich ich über Hundert von ihnen kontaktiert hatte. „Holger, Du weißt
doch, dass wir mit Dir nichts machen dürfen. Aber nun erzähl uns doch mal, was da passiert.
Denn uns belügt man ja auch nur.“ Immerhin getrauen sich seitdem einige kleinere Verlage
wieder, einige Bücher von mir herauszubringen. Doch sofort ließ die Steuerbehörde über das
Finanzgericht Hamburg verordnen, dass ich die Kosten für meine Bücher nicht absetzen
dürfe, aber alle Einnahmen voll zu versteuern hätte, obgleich die Verluste erst durch die
verfassungsfeindliche Zensur entstanden sind. Daher kann ich mir teure Fachliteratur nicht
mehr leisten. In dem Urteil „im Namen des Volkes“ heißt es: „Die Aberkennung der
steuerlichen Absetzbarkeit der Verluste käme einem Berufsverbot gleich.“ 52 Für mich ist dies
ein weiterer Versuch, meine kritische schriftstellerische Tätigkeit zu unterbinden.

Zudem unterstehe ich einer massiven Zensur – ähnlich wie die Menschen in China, dem Iran
oder Weißrussland. Während hierzulande ständig von Medien auf die vermeintlichen
Verstöße von Menschenrechten im Ausland hingewiesen wird und wir Deutschen als die
Klügsten, Schönsten und Beliebtesten der Welt gepriesen werden, wird von den
gleichgeschalteten Medien jegliche Kritik an Missständen unterdrückt, obgleich Amnesty
International oder der Menschenrechtsausschuss der UNO uns wiederholt wegen Verstößen
gegen demokratische Freiheiten verwarnten. 53 In Universitäten und Schulen wurden
Seminare, Diskussionen und Filmvorführungen mit folgender Begründung verboten: Der
Strohm sei zu intelligent, wisse zu viel und sei zu kritisch. Man müsse die Studenten bzw.
Schüler vor seinem Wissen schützen. Universitäten wollen Studenten vor Wissen schützen?
Man lasse sich das mal auf der Zunge zergehen!

Seit meinem Umweltschutzengagement vor 44 Jahren wurde immer wieder phasenweise


meine Post aufgerissen zugestellt. Zwar verfügt man schon lange über die Technik gefaltete
Briefe zu scannen und zu speichern, aber offensichtlich sollte ich genau wissen, dass ich
überwacht werde. Wenn ich zu viele kritische Gespräche am Telefon führe, wird mir das
Telefon zur Strafe für Stunden oder Tage einfach abgestellt. Über das Internet bin ich seit
Jahren nicht mehr erreichbar, man hat mich einfach abgekappt. All das dient offensichtlich
dazu, eine Drohkulisse aufzubauen: Strohm, wir observieren Dich und wenn Du nicht zur
Vernunft kommst, musst Du damit rechnen, dass wir Dich nachts einfach abholen und dann
verschwindest Du, bist Du geläutert bist. Eine weitere Taktik ist die Verleumdung im Internet
über esowatch und wikipedia, die mich als bekennenden rechten Verschwörungstheoretiker
gebrandmarkt hatten. Vieles spricht dafür, dass esowatch ein Kind des Verfassungsschutzes
bzw. BND ist, das unter der Antifa-Flagge segelt. Und wikipedia wurde in Portugal
wiederholt wegen Verleumdung zu empfindlichen Geldstrafen verurteilt.

Menschenverachtend ist auch der Umgang der EU mit Atomgegnern. Seit fast 25 Jahren fahre
ich regelmäßig nach Portugal, ohne jemals kontrolliert worden zu sein. Aber von 2008 an bis
heute wurde ich während der Durchfahrt in jedem der Länder (Spanien, Frankreich, Belgien,
Deutschland) häufig von mehreren Polizisten oder Zöllnern mit Drogen- und
Sprengstoffhunden peinlich genau kontrolliert. Dabei ist offensichtlich, dass ich gezielt
herausgegriffen wurde, man hinter mir herfuhr oder mich hinten und vorne eskortierte, mich
mitten im Lande zu speziellen Plätzen dirigierte, um mein Fahrzeug auseinander zu nehmen.
Angeblich wäre ich als Terrorist, Waffen- und Drogenhändler im großen Stil im Interpol-
Computer gelandet – wohl auf Betreiben der Atomlobby. Mein Rechtsanwalt erklärte mir,
man wolle den Druck erhöhen. Aber richtig gefährlich würde es erst, wenn man mir Drogen
unterschieben würde, und ich dann im spanischen bzw. französischen Knast verfaule. Es sei
damit zu rechnen, dass ich keine Hilfe des Deutschen Konsulates erhalten würde.

Doch richtig ungemütlich wurde es, nachdem ich von 2010 bis 2012 den atomkritischen
Dokumentarfilm „Friedlich in die Katastrophe“ produziert hatte. Und obgleich mir Granden
aus Film und Fernsehen bereits Anfang 2012 prophezeiten, dass der Film zu kritisch sei, um
ihn auf Festivals zuzulassen, wir weder einen Verleih, noch Förderung bekämen, er weder in
regulären Kinos noch im Fernsehen gezeigt würde, die Mainstreammedien ihn ignorieren
würden und uns selbst aus der eigenen Anti-Atombewegung der Dolch in den Rücken
gestoßen würde, da diese vom Verfassungsschutz und der Atomlobby unterwandert sei, hätte
ich mir, selbst in meinen schlimmsten Träumen, nicht das Ausmaß des Hasses und der
Unterwanderung vorstellen können. Als erstes wollten mir Dutzende Menschen vorschreiben,
was aus dem Film raus muss. Dann folgte eine Verleumdungskampagne, ich wäre Nazi,
Antisemit, Holocaust-Leugner und Ausländerfeind. Erschreckend war, dass sich sogar die
Spitzen der Anti-Atom-Bewegung, als auch Grüne Landesvorstände an der Kampagne
beteiligten und versuchten, die Aufführung des Filmes zu verhindern. Aus alten Zeiten
verfüge ich noch über Kontakte zu Verfassungsschützern, die noch über einen Rest Anstand
verfügen. Aus diesen Kreisen hieß es, es handele sich hierbei um „green-washing“. Die
letzten vertrauenswürdigen Umweltschützer und Atomgegner sollten unglaubwürdig gemacht
werden und V-Leute und Atomlobbyisten in Schlüsselpositionen geschoben werden, um im
Namen der Umwelt- und Anti-AKW-Bewegung dafür zu plädieren, dass das private
Stromnetz mit Steuergeldern ausgebaut werden sollte; dass für den Fall, das die
Energiewende scheitere, weitere Atomkraftwerke als „Interimslösung“ am Netz bleiben und
dass, nachdem man alle Standorte für den hochaktiven Müll untersucht habe, Gorleben von
allen schlechten Lösungen als die Beste übrig bleibt. Mit den Äußerungen aus den eigenen
Reihen sollen Bevölkerung und Umweltschützer beruhigt werden.

Dass selbst angebliche Atomgegner und Grüne Landesvorstände bei diesen Methoden auf die
Nazi- und Antisemitenkeule zurückgriffen, ist entlarvend und zugleich erschreckend. Grüne
Mitglieder und Mandatsträger schrieben dazu im April 2013: „Holger Strohm ist einer der
federführenden Umwelt- und Mitweltschützer mit einer langen Geschichte von Anfeindungen
und Verunglimpfungen, wie kaum einer der >>Jetztgrünen<< Mandatsträgern es sich nur
annähernd vorstellen kann. Ohne seine zahlreichen Bücher und Vorträge gäbe es weder die
Öko- und Atombewegung, noch die Grünen in ihrer gegenwärtigen Form. Früher wurde er als
Radikalkommunist diffamiert und mit Berufsverboten belegt. Heute wird aus dem linken
Anarchisten Dr. Strohm ein Nazi gemacht und man will ihm vorschreiben, was er denken,
sagen und mit wem er reden darf. Das ist ein faschistoides Vorgehen, wie es die Nazis bei
den Juden praktizierten. Die jüdische Zeitschrift „europäische ideen“ dazu: >>Holger Strohm
wird in Deutschland so behandelt, wie die Nazis die Juden behandelt haben.<< „ 54

1. Dr. Prasß: 9. Tagung des Atlantikrates in Paris. Bonn, Bundesministerium für Verteidigung, 9.Jan.
1957, S.138f.

2. Strohm, H.: Die stille Katastrophe. Frankfurt/M, Zweitausendeins, 1999,


3. Strohm, H.: Politische Ökologie. Reinbek, Rowohlt Verlag, 1979, S.103-109.

4. Bissinger, M.: Wir sind alle Geiseln. München, Natur, Sonderdruck Atomstaat, 1987, S.3.

5. Deutscher Bundestag, Bonn, 8. Legislaturperiode, 28. Sitzung, Plenarprotokoll 8/28, Frage


16, 25. Mai 1977.

6. Auch im Pfarrhaus wacht das Auge des Gesetzes. Frankfurter Rundschau, 11.9.1976, S.4.

7. Niedersächsischer Landtag, Hannover, Achte Wahlperiode, Nr. 2534 Drucksache Nr.


2430/18,

Abgeordnete Hoffmann (SPD) vom 8.3.1977 und Antwort der Landesregierung vom
27.4.1977.

8. Spoo, E.: Beschattet beim Brötchenholen und beim abendlichen Trimmtrab. Frankfurter
Rundschau,

16.5.1978.

9. Bechert, K.: Da heben wir den Atomstaat!“ Gau-Algesheim, Nr.9/80, 22.8.1980, S.2a.

10. Spoo, E.: Diese Fratze des Atomstaats. Frankfurter Rundschau, 10.6.1995.

11. Jungk, R.: Der Atom-Staat. München, Kindler Verlag, 1977, S.94,101ff.,128,129,182-
199.

12. Jungk, R.: Vom 1000jährigen Atomreich. Hamburg, Der Spiegel, 7.3.1977, S.46,47.

13. Der bewegte Bauer und eine gewisse Leere im herzen. Frankfurter Rundschau, 26.4.1995.

14. Zint, G.: Gegen den Atomstaat. Frankfurt, Zweitausendeins, 1979.

15. Grohnde Prozesse. Informationspapier zu Arbeitstreffen der Bürgerinitiativen, 1978.

16. Auf Teufel komm raus vor Gericht bringen. Hamburg, Der Spiegel, 16.4.1987, S.45-51.

17. Der grüne Rock zählt einfach mehr. Hamburg, Der Stern, 21.5.1987, S.222-230.

18. Politik an die Front. Hamburg, Der Spiegel, 7.11.1994, S.76.

19. Lieber vorbestraft. Hamburg, Der Spiegel, 27.6.1988, S.54.

20. Martyrum fortsetzen. Hamburg, Der Spiegel, 3.4.1989, S.113f.

21. Der Widerstand geht weiter & Die Solidarität beginnt am Bauzaun. Sulzbach-Rosenberg,

Mittelbayerische Nachrichten, 17.6.1988.

22. Storim, F.: Vorwärts und nicht vergessen – die Solidarität. Berlin, Edition ID-Archiv,
1990.
23. Robert Jungk in Friedlich in die Katastrophe – Der Film. Hamburg, 2012.

24. Jungk, R.: Wo bleibt das Umweltrecht? München, Natur, Februar 1989, S.15.

25. Wagner, F.: Uranbomben. Berlin, Kai Homilius Verlag, Compact Nr.18, 2010.

26. Wagner, F: Todesstaub. Köln, Ochoa-Wagner Filmproduktion, 2004.

27. Günther, H.-S.: Zwischen den Grenzen. Berlin, Verlag am Park, 2006.

28. Wagner, F: Todesstaub. Köln, Ochoa-Wagner Filmproduktion, 2004.

29. Friedlich in die Katastrophe – Der Film. Hamburg, 2012.

30. Wollny L.: Es wird wie ein Kartenhaus zusammenbrechen. Gartow, Rechtshilfegruppe
Gorleben,1998.

31. Mysteriöser Mord vor der Öko-Station. Hamburg, Morgenpost, 1.12.1995, S.5.

32. Diverse Briefe an die Staatsanwaltschaft beim Landesgericht, Oberlandesgericht,


abgedruckt in:

Umweltschutzreport, Hrsg.: Strohm, H., Darmstadt, Melzer Verlag, 1973, S.357-362.

33. Niese/Ketelboeter. Brief an Senator Dr. Rolf Biallas. Hamburg, 24.3.1977, S.1-6.

34. Bavendamm, D.: Der Besuch der drei geheimen Herren. Hamburg, Allgemeines Sonntagsblatt,
24.4.1977.

35. Wertz, A.: Ein Kilo Rauschgift unterm Bett. Hamburg, Der Stern, 14. Juli 1977.

36. Rohlf: Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Hamburg. Protokoll, G.Nr.: 830 Js 88/77,
6.5.1977, S.4,5,

37. Kersten. Klageschrift & Erwiderung Niese/Ketelboeter vor dem Landgericht Hamburg, A.Z.: 74
0 59/80;

N 34/80 n/e, 29.2.1980, S.1,2.

38. Kleeblatt, G.: Unser Schulsystem – Eine Verhöhnung der Demokratie? Hamburg, Rotstift,
Nr.3/1974.

39. Hanke/HEW: Brief an den Elternratsvorsitzenden Otfried Halfer des Helene-Lange-


Gymnasiums.

Hamburg, 13.10.1978.

40. Jungk, R.: Der Atom-Staat. München, Kindler Verlag, 1077, S.94, 101ff., 128, 129, 182-
199.
41. War das schwarze Amberg wirklich williger? & 1500 DM Geldstrafe oder einen Monat Haft.
Amberger

Stadtnachrichten, 11.5.1988.

42. Geisteskranke in AKWs. Hamburg, Oxmox, Juni/Juli 1988, S.51,52.

43. Bayern: Rosenkranz beten. Hamburg, Der Spiegel, Nr.5/1987, S. 93-97.

44. Auf Teufel komm raus vor Gericht bringen. Hamburg, Der Spiegel, 16.4.1987, S.45-51.

45. Strohm, H.: Ein persönlicher Rückblick. Aus: Die stille Katastrophe, Frankfurt/M,
Zweitausendeins,

1999, S.XV,XIV.

46. Brief von Jan Figel, EU-Kommission, Brüssel, FVV-clA-346 D(2009) 165, 17.Feb.2009.

47. Brief von Jose Manuel Barroso, EU-Kommission, Brüssel, EAC C5/HH D(2007), 14.Mai
2007.

48. Schirrmeister, B.: Kein Titel für den alten Helden. Bremen, taz, 6.10.2011, S.5.

49. Strohm, H.: Lehrergewalt und strukturelle Gewalt an Schulen. Elbingen, Schild Verlag,
2013.

50. Schirrmeister, B.: Das Ende der Bremer Doktorspiele. Bremen, taz, 26.4.2012, S.21.

51. Alteracoes Climáticas: Calor Insuportável ou Idade do Gelo? Lagos, Maré Alta, Juli 2005,
S.18.

52. Finanzgericht Hamburg: Urteil im Namen des Volkes. Aktz: 5 K 126/09. 15.April 2011,
S.5-8.

53. United Nations: Human Rights Committee. International Covenant on Civil and Political
Rights,

Genf, 102nd Session, CCPR/C/GC/14, 11-29 Juli 2011.

54. Siehe dazu die Briefe von Friedrich Bode und Ulrich Uffrecht an den Niedersächsischen
Landesvorstand

der Grünen vom 28. und 29.April 2013, einsehbar unter holger-strohm.npage.de.

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