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Es ist das Ziel dieses Textes, theoretische Grundlagen allem von rassistischen Ideologien geprägt und getrieben.
für eine linke antirassistische Diskussion und Praxis in Beispielhaft mag man die Debatte um die Neuregelung
Deutschland bereitzustellen. Darum wird das Thema Ras- des Staatsangehörigkeitsrechtes nennen,
sismus auf die in Deutschland vorzufindenden gesell- in deren Folge Roland Koch immerhin [1] Das Migrationsregime bein-
schaftlichen Verhältnisse fokussiert. Es kann offen blei- hessischer Ministerpräsident werden haltet die Kontrolle, die
ben, ob die Repressalien gegen weiße Farmer in Simbab- konnte. Dennoch ist die Kritik der Steuerung und die Bedin-
gungen von Migration nach
we rassistisch und mit den hier vorgestellten Ansätzen eigentlich rassistischen Ideologien fru- Deutschland. Die wichtig-
analysierbar sind. Es interessiert schlicht nicht. Ansätze, strierend fruchtlos. Der naturwissen- sten Elemente des Migrati-
die mit solchem Allgemeinheitsgrad erklärten, trügen das schaftlich richtige Hinweis, dass es so onsregimes sind die Asyl-
hohe Risiko, politisch wirkungslos zu bleiben. etwas wie menschliche Rassen nicht und Ausländergesetzge-
bung, die als Kontroll-,
In diesem Text wird Antisemitismus nicht als Form des gibt, klingt arg nach Sozialkundeunter- Regulierungs- und
Rassismus verstanden, auch wenn einige AutorInnen, auf richt und lässt den rassistischen Normal- Abschreckungsinstrumente,
die Bezug genommen wird, Antisemitismus in ihren Ras- zustand in Deutschland gänzlich unbe- die Möglichkeit von Migrati-
sismusbegriff ausdrücklich einschließen. Viele andere ver- eindruckt. on nach Deutschland und
die verschiedenen Rechtssi-
wendete Modelle taugen für das Verständnis von Antise- Rassistischen Ideologien liegt stets die tuationen der Flüchtlinge
mitismus in Deutschland nicht. Viele Zusammenhänge Idee zugrunde, Menschen in unterschied- und MigrantInnen festset-
würden bei einer um Antisemitismus erweiterten Rassis- liche Gruppen einzuteilen. Von diesen zen, und die Umsetzung
musdefinition fehlen. wird behauptet, sie seien voneinander durch Ausländerbehörden,
Bundesgrenzschutz,
Zwei weitere Aspekte, die ebenfalls den Rahmen eines abgrenzbar und zunächst anhand äußerli- Arbeitsämter und Polizei.
Artikels im gegebenen Rahmens sprengen würden: Zum cher, biologischer Merkmale wie Haut-
einen wird auf die theoretisch wie politisch sehr wichtige farbe und Physiognomie,
Zusammenschau von Rassismus und Sexismus verzichtet, oft ergänzt um den Fak-
zum anderen kann ein Text dieser Form keine Literaturar- tor Herkunft, unter-
beit sein. Ebenfalls fehlt die Diskussion über Ansätze und scheidbar. Diesen Grup-
linke Interventionsmöglichkeiten in Bezug auf Antidiskri- pen, die dann als ”Ras-
minierungspolitik und eine Einschätzung von bestehenden sen” bezeichnet werden,
linken und linksradikalen antirassistischen Projekten. werden weitere Eigen-
Alles das wäre eine Aufgabe für Folgeartikel in LOTTA. schaften zugeschrieben,
die in aller Regel ein
Rassistische Ideologien Wertigkeitsgefälle zwi-
schen diesen Gruppen
Die Frage, welche Rolle das Verständnis rassistischer beinhalten. Dabei steht
Ideologien spielt, will man Rassismus verstehen und angeblich die ”weiße”
bekämpfen, kann nur spezifisch für die bundesrepublika- Rasse an der Spitze, die
nische Gesellschaft beantwortet werden. Auf den ersten - übrigen folgen in unter- Migration nach Deutschland und Westeuropa
kritischen und von emanzipatorischem Erkenntnisinteres- schiedlichen Abstufungen. gibt es nicht erst seit den 60er Jahren. Hier
Arbeiter im französischen Le Havre 1931.
se geleiteten - Blick ist Rassismus in Deutschland vor In der rassistischen Ideolo-
giebildung wird häufig diese explizite Wertung in dem Asylgesetzgebung, beauftragt, sie vor der projizierten
Wissen, dass sie ohnehin implizit hinzugedacht wird, aus- Bedrohung durch ”afrikanische Drogendealer” zu schüt-
gelassen. Statt dessen wird eine Unterscheidbarkeit und zen. Wer in diese Gruppe fällt, bestimmen sie selbst.
Abgrenzbarkeit der Gruppen, der “Rassen”, als ”natürli- Auch wenn die normative Eigenzuordnung, die Projek-
cher” Ausgangszustand behauptet, den es mit politischen tion und die ausschließende Fremdzuordnung keinerlei
Anstrengungen zu bewahren gelte (Segregation, Apart- reale Grundlage benötigen, so finden sie doch in einem
heid). Eine Modernisierung der rassistischen Ideologien, gesellschaftlichen Machtverhältnis statt.
deren bekannteste unter dem “neurechten” Begriff ”Eth- Obige BGS-Beamte müssen nicht tatsächlich den Auf-
nopluralismus” firmiert, stellt die Flexibilisierung des trag haben, rassistische Übergriffe zu verüben. Die Bedro-
Begriffes der ”Rasse” dar. Die Rolle der biologisch defi- hung durch ”afrikanische Drogendealer” muss nicht real
nierten Unterscheidungsmerkmale zwischen ”Rassen” sein, und die Person, die ihr Opfer wird, muss keinE
spielen nun ”Kultur” und ”Identität”. Hauptziel dieser StaatsangehörigeR eines afrikanischen Landes sein,
Neudefinition in Westeuropa und der Bundesrepublik ist geschweige denn mit Drogen handeln. Dennoch können
die Erklärung rassistischer Ressentiments gegen Migran- diese BGS-Beamten darauf hoffen, dass ein Übergriff
tInnen oder Menschen mit Migrationshintergrund als zumindest in Kauf genommen wird. Sie können darauf
natürliche Abwehrreaktion gegen das Fremde und als legi- hoffen, dass die Projektion ”afrikanischer Drogendealer”
time Schutzmassnahme zum Erhalt des eigenen Identität- als Entschuldigungsgrund verstanden wird und dass die
Konzeptes. Auch wenn in der herrschenden politischen von ihnen vorgenommene Zuordnung ihres Opfers zu die-
Auseinandersetzung diese modernisierten rassistischen ser Gruppe als verständlicher Irrtum angesehen wird.
Ideologien in ihrer eigentlichen Form kaum angeführt Obwohl die Zuordnung von dem/der rassistischen
werden, so spielen sie auf den zweiten Blick eine erhebli- AkteurIn vorgenommen wird, kann sie also nicht unab-
che Rolle. Rassismus ist - unterschiedlich neu codiert - in hängig von gesellschaftlichen Machtverhältnissen sein.
der deutschen Gesellschaft eine mehrheitsfähige Position. Wäre die Leserin / der Leser dieses Textes nun zufällig der
Er wird zum Beispiel codiert durch Auslassungen. So wird Auffassung, alle weißen Männer in Uniformen seien Dep-
die türkisch-deutsche und die afrikanisch-deutsche Migra- pen und nähme er / sie dies zum Anlass, einen BGS-Beam-
tionsgeschichte in der Kaiserzeit und in der Weimarer ten oder einen Bahnschaffner anzugreifen, dann mag der
Republik ignoriert. Damit wird auch die Anwesenheit Anlass des Angriffes Projektion sein. Es wird der Leserin /
einer „afrikanischen“ oder „türkischen“ Minderheit zu dem Leser allerdings kaum gelingen, sein Handeln erfolg-
einem angeblich neuen, keinesfalls selbstverständlichen reich als stellvertretend für eine normative Gruppe zu ver-
und damit politisch diskutierbaren Phänomen. Politisch mitteln. Auch wird es ihm nicht gelingen, eine gemeinsa-
diskutiert wird es oft in Zusammenhang mit dem Migrati- me Lebensrealität von Bahnschaffner und BGS-Beamten
onsregime1. Dabei ist die Ablehnung künftiger Migration zu schaffen, oder auch nur die gemeinsame Zuordnung
nach Deutschland und der Widerstand gegen die Realität von Schaffner und BGS-Beamten zu vermitteln.
der bereits stattgefundenen Migration eine innerhalb der Dieses absurde Beispiel mag auch eine Kritik am Ansatz
deutschen Gesellschaft mehrheitsfähige und politisch der ”hate crimes” andeuten, der Rassismus Antisemitis-
mobilisierbare Position. mus, Sexismus und Schwulenfeindlichkeit unter Verbre-
chen subsummiert, die ihr Opfer nicht anonym oder indi-
Funktionsweise von Rassismus viduell, sondern aufgrund von Gruppenzugehörigkeit tref-
fen. Dieser Ansatz behauptet implizit eine Unabhängigkeit
Unabhängig von ideologischer Prägung muss der/die der in ”hate crimes” ausgeprägten Unterdrückungsmecha-
rassistische AkteurIn für die konkreten rassistischen Mani- nismen von gesellschaftlichen Machtverhältnissen.
festationen sich selbst als Subjekt und seine Opfergruppe
als Objekt herstellen und die konkreten Opfer dem Objekt Formen von Rassismus
zuordnen. Der/die rassistische AkteurIn sieht sich stellver-
tretend für eine normative Gruppe. Die Spricht man über Formen des Rassismus, so wird man
rassistischen Denk- und Handlungsmu- als ”ideologischen Rassismus” das Vertreten und Umset-
ster richten sich zunächst als abstrakte zen einer der eingangs geschilderten Ideologien verstehen.
Projektion auf die von ihnen betroffenen Beispielsweise fällt die Propaganda und das Handeln der
Menschen als Gruppe. Die Zuordnung extremen Rechten in Deutschland darunter.
eines konkreten Opfers rassistischer Unter ”staatlichen Rassismus” erfasst man hingegen
Handlungsmuster zu dieser Gruppe wird jene rassistischen Machtverhältnisse, in denen der Staat in
ebenfalls von dem/der rassistischen Gesetzgebung, organisatorischem Handeln oder in seiner
AkteurIn vorgenommen. Rechtssprechung als rassistischer Akteur auftritt, zum Bei-
Beispiel: Die BGS-Beamten, die einen spiel bei der Ausländer- und Asylgesetzgebung.
rassistischen Übergriff verüben, sehen Als ”institutionellen Rassismus” oder ”institutionali-
Rassismus als Verkaufsargu- sich selbst als Teil einer ”normalen” sierten Rassismus” bezeichnet man rassistische Machtver-
ment. Positiver Rassismus weißen deutschen Gesellschaft, die sie, hältnisse, die von einer Organisation oder Institution
projiziert Wünsche und
Sehnsüchte auf seine Opfer.
ausgestattet mit entsprechender Medien- reproduziert werden, die Institution als Ganzes also als
berichterstattung und Ausländer- und rassistischer Akteur auftritt. Beispielsweise attestiert die