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56 Buchbesprechungen

Verfasser den in Vorschlag gebrachten Mar-


quard von Lindau ausschließen und gewisse Be-
ziehungen des Traktates zur Lehre und dialogi-
schen Form Anselms von Canterbury feststellen.
Die Arbeit erfuhr eine sehr wertvolle Erwei-
terung und Abrundung, weil sich der Autor ent-
schloß, eine Gesamtübersicht über das erhaltene
mittelhochdeutsche Gnadenschrifttum beizuge-
ben (1-39) und die wichtigsten dieser Stücke
mitzuedieren (71-138). Diese deutschen Texte
über die Gnade machen allerdings, aufs ganze
gesehen, nur einen verschwindenden Bruchteil
von dem aus, was die Theologen jener Jahr-
hunderte in ihren theologischen Summen, Sen-
tenzenkommentaren und Quästionensammlun-
gen über dieses Thema erörtert haben. Jeden-
falls vermittelt St.s Studie ein klares und zu-
verlässiges Bild über Umfang und A r t der Re-
zeption der scholastischen Gnadenlehre wäh-
rend des 14. und 15. Jahrhunderts in der
deutschsprachigen Welt.
Dies geschah teils durch Übersetzungen von
lateinischem Schrifttum, teils durch Fixierung
deutschsprachiger Unterweisungen, die schola-
stisch gebildete Theologen mündlich gegeben
hatten. Als bedeutendste Übersetzungen sind
die Gnadentexte des Compendium theologicae
veritatis des Hugo von Straßburg und die der
S t e e r, Georg, Scholastische Gnadenlehre in freilich stark gekürzten Prima Secundac des
mittelhochdeutscher Sprache. (Band 14 der Aquinaten zu erwähnen. Hugos Kapitel über
»Münchener Texte und Untersuchungen zur die Gnade legte St. in einer gediegenen Edition
deutschen Literatur des Mittelalters«.) München, vor, die neben dem lateinischen Text drei ver-
Verlag C.H.Beck, 1966. Gr.-8°, X I und schiedene mittelhochdeutsche Ubersetzungen des
246 Seiten. - Geb. D M 35,-. Werkes bietet. Wenn später einmal, hoffentlich
in nicht allzu ferner Zeit, eine Gesamtausgabe
St.s Werk reiht sich würdig den 13 stattlichen
der mittelhochdeutschen Ubersetzungen des
Bänden an, die im Laufe von nur 5 Jahren
Compendiums geschaffen werden sollte, wird
(1961-1965) in den neubegründeten »Münche-
man auf St.s Arbeit zurückgreifen müssen, zu-
ner Texten und Untersuchungen zur deutschen
mal er in mühsamer Kleinarbeit die Frage der
Literatur des Mittelalters« erschienen sind. Die-
Handschriftenfiliation schon vorbildlich geklärt
ser neue Band besitzt überdies nicht geringes
hat.
Interesse für die theologiegeschichtliche For-
schung, weil er einen beachtenswerten Vorstoß Im letzten Teil seiner Arbeit (195-207) gibt
in die noch wenig erschlossene deutschsprachige der Autor unter Zugrundelegung der edierten
theologische Literatur des Mittelalters darstellt. Texte eine Darstellung der mittelhochdeutschen
Wie der Verfasser im Vorwort mitteilt, ist Gnadenterminologie. Gerade für den Theolo-
seine Arbeit aus der Beschäftigung mit einem giehistoriker dürfte es von Interesse sein zu
Einzeltext erwachsen, einem anonymen Traktat sehen, wie sich im Anschluß an die lateinischen
über die göttliche Gnade, der in der spätmittel- Termini eine mittelhochdeutsche theologische
alterlichen Handschrift der Züricher Zentralbi- Begriffssprache auszuformen beginnt. Ein von
bliothek C 127 (67-125) überliefert ist. Diesen St. beigefügtes ausführliches Glossar (209-229)
Traktat, der dem Umkreis der deutschen Domi- gestattet überdies, sich schnell über einzelne Be-
nikanermystik entstammen dürfte, hat der Ver- griffe zu informieren.
fasser nicht nur vorbildlich ediert (41-71), son- St. berührt einmal kurz die Frage, ob in den
dern auch mit einem ausführlichen quellen- von ihm edierten Gnadentexten Beziehungen
kundlichen, terminologischen und formalanaly- und Verflechtungen zur zeitgenössischen Theo-
tischen Kommentar (139-194) versehen. Er in- logie des 14. und 15. Jahrhunderts nachweisbar
formiert darin zuverlässig und erschöpfend sind (1 Anm. 1). Es sei hier auf eine Stelle des
über Bibelzitate, theologische Quellen, theolo- Züricher Gnadentraktats hingewiesen, die gut in
gische und dogmengeschichtliche Probleme, so- die theologischen Kontroversen der Zeit hin-
wie über die Terminologie, die literarische einpaßt. Der »Jünger« wirft mit einem gewissen
Form und den Aufbau. Aufgrund der Darstel- Nachdruck die Frage auf (Z. 590 ff): »Aber
lungsform und des Lehrgehalts konnte er als uon der minne wundret mich: wan mag die na-
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tur, daz die warheit, die got is vnd ain gut hatten. Die klare Antwort des »Meisters« auf
über alles gut ist, - warvmb mag es denne der die aufgeworfene Frage und auch die sonstige
wille nit über alles gut minnen?« Gewiß ist Gnadenlehre des Züricher Traktats, die ganz im
diese Frage schon in der Hochscholastik erörtert Rahmen der Tradition verbleiben, dürften mit
worden. Doch wurde sie im 14. Jahrhundert hinreichender Deutlichkeit zeigen, daß der ano-
außerordentlich aktuell, seit Adam Wodham nyme Autor der ockhamistischen Theologie ab-
und Robert Holkot die Möglichkeit einer Got- lehnend gegenübersteht.
tesliebe über alles ohne Gnadenhilfe behauptet Rom Adolar Z u m k e l l e r OSA

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