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:antifaschistische Nr.

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nachrichten g 3336 29.6.2006 22. jahrg./issn 0945-3946 1,30 ¤
www.antifaschistische-nachrichten.de

Ein Aufruf der Friedensbewegung

Not welcome, Mr. President!


Bush und Merkel: Kriege beenden –
Kriegsplanungen stoppen!
Wir empfangen US-Präsi- Wir fordern:
dent Bush bei seinem Be- ◗ Kein Krieg gegen den Iran
such am 14. Juli 2006 in ◗ Abzug der Besatzungstruppen
Stralsund mit gebührend breitem aus Irak und Afghanistan
Protest. Seine arrogante Macht- ◗ Schluss mit der Beteiligung
politik wird mittlerweile von ei- von NATO, EU und Bundes-
nem Großteil der Gesellschaft in wehr an den Kriegen weltweit
den USA abgelehnt. Auch hier ◗ Bestrafung aller Verantwortli-
muss ihm deutlich gemacht wer- chen für Folter, Misshandlung
den, dass er nicht willkommen von Gefangenen und Angriffen
ist. gegen Zivilisten
Von der Gastgeberin, Bundes- ◗ Eine Atomwaffenfreie Zone in
kanzlerin Merkel, verlangen wir, der Region des Nahen und
dass sie keine Kriegsaktionen ge- Mittleren Ostens
gen den Iran unterstützt. Alle bis- ◗ Eine neue internationale Initia-
herigen Versuche, politische Pro- tive zu weltweiter systemati-
bleme militärisch zu lösen, sind scher atomarer Abrüstung, wie
opferreich gescheitert. Krieg darf kein Die Bundesregierung hat erstmals im im Atomwaffensperrvertrag
Mittel der Politik mehr sein! Ein Krieg Krieg gegen Jugoslawien 1999 das völ- festgelegt
gegen Iran würde nicht nur viele Men- kerrechtlich verbindliche und im Grund- ◗ Einrichtung einer ständigen Konferenz
schenleben kosten und die Infrastruktur gesetz verankerte Verbot des Angriffs- für Sicherheit und Zusammenarbeit im
des Landes zerstören. Die Zivilgesell- krieges gebrochen. Sie betreibt zielstre- Mittleren und Nahen Osten
schaft, die in Frieden und frei von Unter- big den Umbau der Bundeswehr zu einer ◗ Keine Kriege um Öl oder andere Res-
drückung, solidarisch und demokratisch weltweit einsetzbaren Interventionsar- sourcen: Ausstieg aus Atom- und fossi-
leben will, würde zerschlagen werden. mee. Mit dem angekündigten neuen ler Energie, Einstieg in erneuerbare
Dennoch lässt die US-Regierung kei- „Weißbuch“ des Verteidigungsministers Energien
nen Zweifel daran, den Iran militärisch Jung sollen der „Verteidigungsfall“ um- Dafür treten wir ein:
angreifen zu wollen. Selbst den Einsatz definiert und weltweite Kampfeinsätze ◗ Um die drängenden Probleme der
eigener Atomwaffen will sie nicht aus- der Bundeswehr gerechtfertigt und zum Menschen global friedlich lösen zu
schließen. Widerspruch aus Europa kann Normalfall erklärt werden. können, braucht die Welt keine Kriegs-
diese Pläne verhindern. Innenpolitisch begleitet den sog. allianzen, wie sie z.B. bei den G8-Gip-
Die Bundesregierung leistete bereits „Kampf gegen den Terror“ ein zuneh- feln geschmiedet werden, sondern Ab-
beträchtliche Hilfe für den Kriegskurs mender Abbau sozialer Leistungen und rüstung und solidarische Zusammenar-
der USA: durch die Nutzung der hier ge- demokratischer Rechte. Bald soll die beit.
legenen Militärflughäfen, durch die Be- Bundeswehr auch im Inneren eingesetzt ◗ Wir wollen die Respektierung des Völ-
wachung der US-Militäreinrichtungen; werden. Die Fußballweltmeisterschaft kerrechts, staatlicher Souveränität und
durch den Bundeswehreinsatz in Afgha- dient als erster Probelauf. Innenminister Grenzen sowie ein ziviles und soziales
nistan und am Horn von Afrika sowie Schäuble will durch Folter beschaffte In- Europa mit der Verpflichtung zur Ab-
durch die Ausbildungs- und Materialhil- formationen verwerten und so das welt- rüstung.
fe für irakische Truppen. Diese Kompli- weite Folterverbot durchlöchern. ◗ Wir brauchen vorrangig öffentlich ge-
zenschaft muss beendet werden! Die US-Regierung braucht die euro- förderte Arbeitsplätze und Investitio-
päischen Staaten als enge Verbündete für nen in Kinderbetreuung, Bildung, Ge-
ihre „Koalition der Willigen“, um weite- sundheit und Umweltschutz.
Aus dem Inhalt: re „Kriege gegen den Terror“ führen zu
18. Antifa-Camp in Weimar/ können. Aber die Kriege der USA sind
Buchenwald . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 selbst Terror und Quelle immer neuer Dafür werden wir gemeinsam
Frankreich: Staat und Bahn- Gewalt. Tatsächlich geht es ihnen um die am 14. Juli in Stralsund, und am
gesellschaft wegen Zuarbeit zu Kontrolle der wichtigsten Öl- und ande- 13. bzw. 15. Juli überall im Land
NS-Deportationen verurteilt . . . . . 8 rer Energiequellen im Nahen und Mittle-
demonstrieren! – Kein Blut für Öl!
ren Osten bis nach Zentralasien.
: meldungen, aktionen
treten und mit diesen Möglichkeiten zur
Einrichtung dieser Gedenkstätte auf dem
Gelände zu eruieren.
„Aktion Deutsche er“ zu zahlen und sein Leben vor der Er- 3) Sollte eine solche Lösung nicht mög-
Ortsnamen“ mordung in einem KZ zu retten. Seine lich sein, wird der Magistrat aufgefor-
beiden Söhne haben nun in großherziger dert, alternative Standorte vorzuschla-
München. Mit einer Unterschriften- Weise auf die Rückgabe aus persönli- gen.
sammlung will eine „Aktion Deutsche chen Gründen verzichtet, wenn die Stadt 4) Der Magistrat wird mit den Profiteuren
Ortsnamen“ erreichen, dass künftig auf Köln ihrerseits 15.000,- Euro für ge- der Zwangsarbeit in Frankfurt in Verhand-
allen Karten, Plänen, Dokumenten und meinnützige Zwecke nach Wahl der Er- lungen treten, um diese in angemessener
elektronischen Medien die Ortsbezeich- ben zahlt. Das tut sie. Und das ist gut so. Form an der Finanzierung zu beteiligen
nungen, geographischen Bezeichnungen Die Fraktion Die Linke.Köln im Köl- und diese nachhaltig sicher zu stellen.
sowie kulturelle Bauwerke aus den ehe- ner Stadtrat sieht in der Rückgabe (Resti- aus Frankfurter Info ■
maligen deutschen Siedlungsgebieten in tution) erneut einen Anlass, nachhaltig
Mittel-, Ost- und Südosteuropa sowohl eine museenübergreifende Personalstelle Ermittlungen eingestellt
in deutscher Sprache als auch in der jet- Raubkunst in der Stadt Köln ab 2007 zu
zigen Landessprache genannt werden. fordern. Berlin. Konservative Politiker und Kir-
Initiiert wurde die Aktion von der Kreis- Sie könnte auch landes- oder sogar chenfunktionäre hatten sich mächtig
gruppe München der „Sudetendeutschen bundesweit tätig sein, sofern hierfür zu- über die angekündigte Comic-Serie „Po-
Landsmannschaft“ und dem Bezirksver- sätzlich finanziell und gesetzlich Dritte petown“ aufgeregt. Die Staatsanwalt-
band Oberbayern der „Landsmannschaft wie Land, Bund und EU einstehen. schaft in Berlin hat die Ermittlungen ge-
Schlesien“. Der Aktion angeschlossen Wolfgang Breuer ■ gen den Fernsehsender MTV nun einge-
haben sich neben der „Sudetendeutschen stellt. Eine Beschimpfung der christli-
Landsmannschaft“ auch die „Paneuropa Für eine Dokumentations- chen Religion oder des Papsttums durch
Union“ und der „VDA“. Beworben wird die Comic-Serie „Popetown“ sei nicht
die Aktion auch von der Zeitschrift „Der und Informationsstätte zu ansatzweise erkennbar, schrieb die Jus-
Eckart“ der deutschtümelnden „Österrei- Zwangsarbeit tizbehörde an den Fraktionschef der
chischen Landsmannschaft“. Frankfurt. Der DGB-Seniorenkreis CSU in Bayern, Joachim Herrmann, der
hma ■ forderte kürzlich erneut eine solche Stät- Anzeige gegen den Sender erstattet hatte.
te und wird dabei jetzt durch den Orts- Die Werbekampagne des Senders mit
Bildnis der Versöhnung beirat 1 unterstützt. Folgender Antrag der dem vom Kreuz herabgestiegenen, vor
Linke.WASG wurde bei Enthaltung der dem Fernseher sitzenden Christus mit
Köln. Das NS-verfolgungsbedingt ent- CDU vom Ortsbeirat angenommen und der Aufforderung „Lachen statt rumhän-
zogene Gemälde „Geburtstagsbild für als Anregung an die Stadtverordneten- gen“ entweihe zwar ein christliches
Charlotte“ des deutschen Malers Lovis versammlung weitergeleitet: Symbol, sei aber nicht ganz besonders
Corinth von 1911 (siehe Bild) aus dem herabsetzend. Der öffentliche Friede
werde nicht gestört. Erst kürzlich hatte
sich CSU-Chef Stoiber dafür ausgespro-
chen, schwere Gotteslästerung künftig
härter zu bestrafen. hma ■

Antifaschistische Infoveran-
staltung von Polizeiaufge-
bot gestürmt!
Heidelberg. Am Mittwoch, den 14. Juni
sollte im Jugendhaus „Café Central“ in
Weinheim eine Informationsveranstal-
tung zu rechten Strukturen in der Region
stattfinden. Schon lange vor Beginn des
für 19.30 Uhr geplanten Vortrags parkte
vor dem Gebäude ein Auto mit mehreren
Personen, die von Gästen später als An-
gehörige des Dezernats Staatsschutz
Heidelberg identifiziert wurden.
Etwa 35 BesucherInnen waren schon
in dem städtischen Jugendzentrum ver-
sammelt, als erste PolizeibeamtInnen
eintrafen und sich – begleitet von den
Staatschützern – Zugang verschaffen
wollten. Eine Diskussion mit dem dort
Verwahrbestand des Wallraf-Richartz- 1) Der Magistrat wird mit der Grün- angestellten Sozialarbeiter, der von sei-
Museums am Rathausplatz wurde jetzt dung einer Dokumentations- und Infor- nem Hausrecht Gebrauch machen wollte,
endgültig in den kommunalen Museums- mationsstätte zu Zwangsarbeit während wurde mit dem Hinweis auf „Gefahr im
bestand aufgenommen. Das 1951 für des 2. Weltkriegs in Frankfurt am Main Verzug“, die zunehmend als Rechtferti-
21.000,– DM auf dem Kunstmarkt er- beauftragt. gung für polizeiliche Willkürmaßnah-
worbene Bild gehörte zur NS-Raub- 2) Der Magistrat wird aufgefordert men aller Art herhalten muss, abgebro-
kunst: Ursprünglich hat sich davon ein dazu mit den Eigentümern des histori- chen. Gäste, die den Veranstaltungsort
Berliner jüdischer Kunstsammler tren- schen Geländes des ehemaligen KZ verlassen wollten, wurden von den staat-
nen müssen, um die „Reichsfluchtsteu- „Katzbach“ Adlerwerke in Kontakt zu lichen Repressionsorganen daran gehin-

2 : antifaschistische nachrichten 13/2006


Aufruf: Kein Naziaufmarsch
am 1. Juli in München!

Kickt
Nazis raus!
Am 1. Juli 2006 will die NPD in Mün-
chen eine Kundgebung mit Demonstrati-
on abhalten. Während die Welt auf
Deutschland blickt und München sich
als weltoffene Stadt präsentieren möch-
te, wollen Neonazis unter anderem mit
der widerlichen Parole „Massenzuwan-
derung ist Völkermord“ ihre rassisti-
schen, militaristischen, antisemitischen
und fremdenfeindlichen Parolen verbrei-
ten. Während die Stadt voll ist mit Gäs-
ten aus aller Welt, wollen sie alles
„Fremde“ bekämpfen ...
Am 1. Juli werden die Münchner be-
stimmen, welche Bilder während der
Fußball-WM von dieser Stadt um die
Welt gehen – und dabei wird das Vorge-
hen der staatlichen Organe an diesem Tag
von den internationalen Medien sehr ge-
nau beobachtet werden: Es dürfen nicht
die Bilder von Neonazis und ihrer men-
schenverachtenden Propaganda sein, de-
nen von Polizisten der Weg freigemacht
wird, indem Teile der Innenstadt gesperrt
und Nazigegner festgenommen und ver-
prügelt werden. Es müssen die Bilder
couragierter Münchner sein, die sich die-
sen Rechtsextremisten in den Weg stellen
und sagen: „Faschismus ist keine Mei-
nung, sondern ein Verbrechen.“
Wir wollen an diesem Tag auf der Stra-
ße sein und den Versuch der Neonazis
verhindern, sich in dieser Stadt breit zu
machen. Die Stadt gehört den Münchne-
rInnen mit und ohne deutschen Pass und
allen, die gegen Rassismus und Faschis-
mus auf die Straße gehen!
aus dem Aufruf ■

dert. Inzwischen war Verstärkung einge- ben wurden. Danach fand die Veranstal- tisch gesinnte Menschen in Baden-Würt-
troffen, so dass sich nun etwa 40 Einsatz- tung mit über einstündiger Verspätung temberg auf Grund fadenscheiniger An-
kräfte vor Ort befanden. statt. lässe zu kriminalisieren.
Gegen den entschiedenen Protest des Als Vorwand gegenüber dem Sozialar- Ob es sich nun um Personen handelt,
zuständigen Sozialarbeiters, der Veran- beiter hatte die Polizei eine Auseinander- die durchgestrichene bzw. zerschlagene
stalterInnen und BesucherInnen drängten setzung beim WM-Eröffnungsspiel am Hakenkreuze mit sich führten, die Flug-
sich die PolizeibeamtInnen in das Ge- vergangenen Freitag in Weinheim ange- blätter mit dem Hinweis auf antifaschis-
bäude und zwangen alle Anwesenden, führt. Nach einer Open-Air-Übertragung tische Demonstrationen verteilten, die
ihre Personalien abzugeben. des Spiels war ein Linker von rechten beim Plakatieren von Anti-Nazi-Plakaten
Fragen nach der juristischen Grundla- Fußballfans mit einer abgeschlagenen erwischt wurden oder einen Plattenver-
ge der Maßnahme blieben unbeantwor- Bierflasche verletzt worden. sand haben, der auch Antifa-Zeichen ver-
tet, lautstarke Proteste wurden mit einer Tatsächliches Ziel der Razzia im städ- treibt – immer war das Ziel der Ermitt-
Festnahme wegen Widerstands gegen die tischen Jugendzentrum war aber, einen lungsbehörden, antifaschistisches Enga-
Staatsgewalt bedroht. Alle, die bereits ei- Überblick über die antifaschistische Sze- gement, das sich außerhalb des parla-
ner Kontrolle unterzogen worden waren, ne der Region zu gewinnen und die meist mentarischen Parteinspektrums bewegt,
mussten sich bis zum Ende der Razzia in jugendlichen BesucherInnen durch poli- im Keim zu ersticken.
einem gesonderten Raum versammeln. tische Unterdrückung von weiter gehen- Wir protestieren entschieden gegen
Als gegen 20.30 Uhr die Einsatzkräfte dem Interesse an diesem Thema und ei- diese skandalöse Kriminalisierung einer
das Zentrum verließen, konnten die Be- genem Engagement abzuschrecken. politischen Informationsveranstaltung!
sucherInnen durch das Fester beobach- Diese staatliche Repressionsmaßnah-
ten, wie die neu gewonnenen Informatio- me reiht sich ein in einen seit längerem Rote Hilfe e. V.
nen sofort den Staatsschützern überge- zu beobachtenden Versuch, antifaschis- Ortsgruppe Heidelberg ■

: antifaschistische nachrichten 13/2006 3


Fußballfans
besuchen Dachau
Dachau. Fußballfans aus
England, Polen und
Deutschland besuchten
am 23. Juni gemeinsam
die KZ-Gedenkstätte in
Dachau und sprachen mit
dem Vorsitzenden der
Lagergemeinschaft Max
Mannheimer, der ein
Überlebender des Ver-
nichtungslagers der Nazis
ist.
Die WM-Fans wollten
mit diesem Besuch ein
Zeichen setzen gegen das
Klischee vom gewaltbe-
reiten, ultrarechten Hooli-
gan.
Bericht, nd, 24.6. ■

Rabehl bei DVU-Fraktion


Kirche und vielen Häusern waren Trans- Deutschland drakonische Strafen gegen
Berlin. Prof. Dr. Bernd Rabehl, einsti- parente wie „Rote Karte für die NPD“ rassistische Vorfälle anzuwenden.
ger Weggefährte Rudi Dutschkes, hat am oder „No Nazis“ angebracht. Am nahen Dr. Pierrette Herzberger-Fofana,
30. Mai vor der DVU-Fraktion im Bran- Donaumarkt hielten rund 300 Anhänger Stadträtin der Grünen Liste: „Auch wenn
denburger Landtag gesprochen. Der ehe- linker Gruppen eine Dauerkundgebung die Stadt Erlangen selbst kein Austra-
malige SDS-Aktivist informierte die und antifaschistisches Fest ab. gungsort der Fußballweltmeisterschaft
sechs DVU-Abgeordnete und ihre Mitar- Quelle: Yahoo ■ ist, sollten alle die Kampagne der ’inter-
beiterInnen über Theorie und Praxis der nationalen Liga für Menschenrechte’ und
„68er“. Das Gespräch soll nun bei einem Rote Karte gegen Rassisten des ’Afrika-Rates’ unterstützen und ih-
weiteren Termin fortgesetzt werden. ren Beitrag dazu leisten, damit sich ’die
hma ■ – Fußball WM 2006 Welt zu Gast bei Freunden’ sicher fühlt,
Erlangen. Die zunehmende rassistisch und dass es für uns alle ein friedliches
Protestaktionen gegen NPD motivierte Gewalt hat den Afrika-Rat als und freundschaftliches Ereignis bleibt.“
Dachverband von 50 Organisationen Dr. Pierrette Herzberger-Fofana, Stadt-
in Regensburg dazu veranlasst, eine Kampagne in Zu- rätin der Grünen Liste ■
Regensburg. Der sog. „Bayerntag“ der sammenarbeit mit der internationalen
NPD wurde wegen massiver Proteste Liga für die Menschenrechte und Klage gegen die
und der offensichtlichen Aussichtlosig- „Schwarze Fußballer gegen Rassismus“
keit eines erfolgreichen Rechtsstreits ge- zu initiieren. Stadt Butzbach
gen die Stadt Cham um die Nutzung des Diese Gewalt widerspricht einerseits Butzbach. Stellvertretend für die Orga-
Geländes in der Badstraße nach Regens- der Doktrin der Charta für Menschen- nisatorInnen der Demonstration „Den
burg verlegt. Auch dort protestierten am rechte auf körperliche Unversehrtheit Nazis die Idylle nehmen. Kein Nazizen-
17. Juni über 600 Menschen gegen Ras- und Bewegungsfreiheit und anderseits trum in Butzbach-Hochweisel oder an-
sismus und Fremdenfeindlichkeit. dem Geist der zur Zeit stattfindenden derswo“ hat der Anmelder, Dr. Stoodt,
Die stellv. bayerische SPD-Vorsitzen- Fußball-WM, die unter dem Motto „Die Klage beim Verwaltungsgericht Gießen
de Ulrike Mascher forderte unter großem Welt zu Gast bei Freunden“ steht. gegen die Auflagenverfügung der Ver-
Beifall: „Kickt die Nazis raus aus Re- Es gibt in Europa eine Form von Ras- sammlungsbehörde in Butzbach erho-
gensburg!“ sismus, die überwiegend Menschen afri- ben.
Der KZ-Überlebende Martin Löwen- kanischer Herkunft betrifft. Es geht von Die Behörde hatte gegen die Demons-
berg warf dem Regensburger Oberbür- verbalen Attacken bis hin zu körperlicher tration vom 28.1. dieses Jahres eine Auf-
germeister Hans Schaidinger (CSU) Un- Gewalt. Die letzten Fälle in Potsdam und lagenverfügung erlassen, die 22 Punkte
tätigkeit vor, weil er die Kundgebung am vergangenen Wochenende sprechen umfasste. Die Klage richtet sich exem-
von Jusos und DGB nicht unterstützt eine deutliche Sprache. plarisch gegen das Verbot, direkt am Na-
habe. Rund 700 Rechtsextremisten ver- Bereits bei der „Première Conférence zizentrum in der Langgasse 16 demons-
sammelten sich im Laufe des Nachmit- contre le Racisme Anti-Noir“ (Erste Eu- trieren zu dürfen. Die Polizei hatte 25
tags auf einer Halbinsel am Stadtrand zu ropäische Konferenz über den Rassismus Meter von den Gemarkungsgrenzen nach
einem Sommerfest, mit Hüpfburg für gegen schwarze Menschen) in Genf am beiden Seiten die Straße abgesperrt. Das
Kinder und Musikgruppen wie „Burning 16. März 2006 haben Fußballer, wie z.B. Haus lag so außerhalb der Sichtweite der
Hate“ („Brennender Hass“). Ein massi- Lilian Thuram, betont, dass sie den Ras- Demonstration.
ves Polizeiaufgebot riegelte die Brücken sisten die „rote Karte“ zeigen werden Die OrganisatorInnen haben sich we-
und Zugänge ab. Am Donausteg erwarte- und aktiv gegen die Fans, die sie be- gen der Entwicklung beim Umgang von
ten Demonstranten die in kleinen Grüpp- schimpfen, vorgehen. Notfalls sind sie Versammlungsbehörden und Polizei mit
chen eintreffenden Rechtsextremisten bereit, sofort wieder abzureisen. Der den Grundrechten der Versammlungs-
und skandierten im Sprechchor: „Haut Fußball-Weltverband FIFA hat in einer und Meinungsfreiheit entschieden. Im-
ab! Nazis raus!“ Die Polizei hielt die Resolution am 17. März 2006 in Zürich mer dreister und selbstverständlicher
Gruppen aber getrennt. An der St. Mang- beschlossen, schon bei der WM in

4 : antifaschistische nachrichten 13/2006


15. Juli 2006 in Stuttgart:

Gegen die vermehrten


Kriminalisierungsversuche linker
und antifaschistischer Politik
Am 15. Juli 2006 findet in Stutt- suchen im Großraum Stuttgart, antifa-
gart eine landesweite Demons- schistische Symbole wie zerschlagene
tration unter dem Motto „Lin- Hakenkreuze als „verfassungsfeind-
ke Politik verteidigen! Solidarität auf- lich“ zu diffamieren.
bauen!“ statt. Auftaktkundgebung ist z.B. Freiräume:
ab 13 Uhr in der Keplerstrasse vor Immer mehr selbstverwaltete linke
den Universitätsgebäuden KI/KII – Freiräume werden geräumt. In Karls-
Stadtmitte. Zu der Demonstration ruft ruhe betraf dies das Wohn- und Polit-
das Stuttgarter Bündnis gegen Re- projekt der „ex-steffi“, in Stuttgart das
pression auf, sowie das Antifaschisti- Jugendhaus OBW9, in Freiburg die
sche Aktionsbündnis Baden Württem- Wagenburg der „Schattenparker“. An-
berg. deren Initiativen wie dem Autonomen
Zentrum in Heidelberg werden weiter
In den letzten zwei Jahren sind die Be- Räume vorenthalten. Bestehenden Ju-
mühungen von Staatsanwaltschaft und gendhäusern wird damit gedroht, fi-
Polizeibehörden spürbar geworden, die nanzielle Zuschüsse zu kürzen, sollten
Kriminalisierungsversuche gegen linke sie sich politisch entsprechend positio-
und antifaschistische Aktivitäten in Ba- nieren.
den- Württemberg zu verschärfen: z.B. soziale Proteste:
z.B. Antifaschismus: Die revolutionäre 1.Mai- Demonstrati-
In Baden-Württemberg wird einem an- on 2004 endete mit massiven Angriffen
gehenden Heidelberger Lehrer die Auf- der Polizei. In der Folge gab es aber-
nahme in den Schuldienst aufgrund sei- mals Verurteilungen zu Bewährungs-
ner Mitgliedschaft in einer antifaschisti- und Geldstrafen. Linke Mobilisierungen StudentInnen. Nur gemeinsam können
schen Gruppe verwehrt. Ein Stuttgarter zu Protesten gegen Sozialabbau wurden wir uns erfolgreich gegen diese Angriffe
Antifaschist wurde zu einer Bewäh- verstärkt observiert und drangsaliert. zur Wehr setzen und über die verschiede-
rungsstrafe verurteilt, weil er ein krimi- Dazu Udo Koller vom Bündnis gegen nen Einzelkämpfe hinaus gemeinsame
nalisiertes Flugblatt verteilt haben soll. Repression Stuttgart: „Wir wollen mit der Diskussionen entwickeln um eine gesell-
Das Flugblatt stelle aufgrund seiner Auf- Demonstration ein gemeinsames und soli- schaftliche Perspektive jenseits von Aus-
forderung, einen juristisch abgesegneten darisches Zeichen setzen gegen die ver- beutung und Unterdrückung!“
Nazi- Aufmarsch „mit allen Mitteln“ zu stärkten Angriffe auf alle fortschrittlichen Bündnis gegen Repression Stuttgart, c/o
verhindern einen Aufruf zur Straftat dar. politischen Aktivitäten. Neben den ver- Infoladen, Ludwigstr.110a, 70197 Stutt-
Neben mehreren weiteren Prozessen mit schiedenen Aktionsfeldern linker Praxis gart. Kontakt für Stuttgart:
teils hohen Bewährungs- und Geldstra- wie etwa dem Antifaschismus oder dem aaas@gmx.de (Betreff: 15.07.2006)
fen sehen sich aktive AntifaschistInnen Kampf um Freiräume betrifft dies auch
mit einer Flut von Kleinanzeigen kon- die zunehmende Repression gegen kämp- Informationen zur Demonstration:
frontiert; bis hin zu den skandalösen Ver- fende Lohnabhängige oder streikende aabw.antifa.net ■

setzt sich die Exekutive über versamm- lichkeit bringen wollen. Über dieses Auf- zu Auflagen abgelehnt, da nur Verbote als
lungsrechtliche Vorgaben hinweg. lagenregime haben sich Behörden einen wesentliche Einschränkung der Ver-
So sieht das Versammlungsgesetz als rechtsfreien Raum geschaffen. Zwischen sammlungsfreiheit angesehen wurden. In
Ausführung des Grundrechts auf Ver- dem Zeitpunkt der Verfügung und der jüngster Zeit änderte sich diese Praxis.
sammlungsfreiheit für ein Verbot einer Veranstaltung selbst liegen regelmäßig Verfügte Auflagen griffen in immer ab-
Versammlung oder das Verhängen von nur wenige Tage, manchmal nur Stun- surderer Weise in Grundrechte von Ver-
Auflagen die Feststellung einer „unmit- den. Im Extremfall, wie bei der Demons- sammlungsteilnehmerInnen ein. Das
telbaren Gefährdung der öffentlichen Si- tration gegen den Opernball in Frankfurt, Bundesverfassungsgericht sah sich genö-
cherheit und Ordnung“ vor. Für diese werden Auflagen zu Beginn oder wäh- tigt, der Willkür der Behörden auch auf
Feststellung fordert das Bundesverfas- rend der Veranstaltung verhängt. Zur ju- dieser Ebene Grenzen zu setzen. Es ist
sungsgericht „Tatsächliche Anhaltspunk- ristischen Prüfung der Rechtmäßigkeit aber zu befürchten, dass diese Gangart
te“. „Bloße Vermutungen“ reichen ihm bleibt im Regelfall das Eilrechtschutz- nach den anstehenden Umbesetzungen in
explizit nicht aus. Regelmäßig setzen verfahren. Im Extremfall kann keine vor- der 1. Kammer des Bundesverfassungs-
sich Behörden über diese Vorgaben hin- herige Prüfung stattfinden. gerichts nicht weiterverfolgt wird. In der
weg. Auflagen werden nach jeweiliger Die Eilrechtschutzverfahren durchlau- Verhandlung am 26. Juni, wird das Ver-
politischer Vorgabe oder subjektiver Ein- fen den verwaltungsgerichtlichen Instan- waltungsgericht Gießen erstinstanzlich
schätzung als ordnungsrechtliches Mittel zenweg und enden spätestens unwider- Position zur geschilderten Klage bezie-
unter Verletzung der Grundrechte von ruflich bei der Entscheidung des Bundes- hen. Es wird sich zeigen, ob ord-nungs-
Menschen eingesetzt, die ihre Positionen verfassungsgerichts. In der Vergangenheit politische Interessen oder Verfassungs-
über Versammlungen oder Aufzüge unter hatte das Bundesverfassungsgericht Ent- Grundsätze den Ausschlag geben werden.
freiem Himmel an eine breitere Öffent- scheidungen im Eilrechtschutzverfahren hcstoodt, aus Frankfurter Info ■

: antifaschistische nachrichten 13/2006 5


Anschlag auf Asylbe- Auch in die-
werberheim aufgeklärt sem Jahr fin-
det wieder
Neuburg. Nach fast sieben Jahren hat ein Antifa-
die Polizei den Brandanschlag auf ein Camp in
Asylbewerberheim in Neuburg an der Weinmar/
Donau im Juli 1999 aufgeklärt. Drei Tat- Buchenwald
verdächtige wurden in Tapfheim, Neu- statt.
burg und Burgheim festgenommen. Sie
hätten ein Geständnis abgelegt. Ein vier- Siehe auch
ter Tatverdächtiger wurde den Angaben den Aufruf
zufolge in Unna (NRW) festgenommen. dazu auf
Zur Tatzeit waren die Beteiligten zwi- Seite 7
schen 17 und 26 Jahre alt und gehörten
der rechten Szene an. Die Polizei ermit-
telt wegen versuchten Mordes und
schwerer Brandstiftung und geht von
Fremdenfeindlichkeit als Tatmotiv aus.
Nach derzeitigem Stand der Ermittlun-
gen waren die Männer in der Tatnacht tern das Fach Biologie. Der Sexualkunde- ihre Verbindungen und Machenschaften
nach einer Geburtstagsfeier stark alkoho- unterricht sei für die „Reinheit“ der Kinder in der Kameradschaftsszene aufdecken
lisiert. Sie fuhren zu einer Tankstelle, schädlich, so die Kläger. Außerdem würde und ihre wirkliche Gesinnung entlarven
füllten dort Benzin in drei Bierflaschen die Evolutionslehre unterrichtet und nicht und an die Öffentlichkeit tragen.
und begaben sich dann zum Asylbewer- die biblische Schöpfungsgeschichte. Den Damit dies landesweit möglich ist, be-
berheim. Der 17-Jährige aus Neuburg in öffentlichen Schulen vermittelte Werte- nötigen wir Infos von anderen Recher-
lenkte das Auto, blieb aber während der pluralismus lehnten sie ab. Das sehen die che- und Antifa-Gruppen. Diese können
Tat im Fahrzeug. Die anderen drei Män- Verfassungsrichter anders. Die Eltern an keinestimmefuerrassisten@web.de
ner warfen die „Molotow-Cocktails“ ge- könnten nicht verlangen, „das ihre Kinder geschickt werden. Bitte belegt eure Infos
gen das Gebäude. Während zwei Brand- vollständig von fremden Glaubensbekun- so gut es geht. Infos können auch über
sätze keinen Schaden anrichteten, flog dungen oder Ansichten verschont bleiben“. die regionalen Strukturen an die beteilig-
einer durch ein geöffnetes Fenster im hma ■ ten Gruppen der Kampagne 200X wei-
Erdgeschoss ins Gebäude und setzte Ein- tergegeben werden
richtungsgegenstände in Brand. Das Feu- Keine Stimme für Nazis Quelle: indymedia ■
er wurde von den Bewohnern jedoch
rechtzeitig entdeckt und konnte gelöscht In Niedersachsen sind am 10. September
werden. Kommunalwahlen. Eine vermutlich ge-
www.mut-gegen-rechte-gewalt.de ■ ringe Wahlbeteiligung, die abgeschaffte
5%-Klausel, der Schwarz-rot-gold-Tau-
Chemnitzer Verwaltung mel zur WM und die in Vergessenheit ge-
ratenen Umstände des gescheiterten Ver-
verbietet Antifa-Demo botsantrags machen den Nazis den Ein-
Chemnitz. Die Chemnitzer Stadtver- zug in die Gemeinde- und Stadträte rela-
waltung hat für den 24. Juni eine De- tiv einfach. Neben der Kampagne „Keine
monstration der Jungnationalen, Jugend- Stimme den Nazis“ in Mecklenburg-Vor-
gruppe der NPD, genehmigt und alle Ge- pommern entsteht deshalb auch in Nie-
Blamabler NPD Wahl-
gendemonstrationen verboten. Die Nazis dersachsen das Projekt „Keine Stimme kampfauftakt in MV
wollen sich etwa um 9.30 Uhr am Thea- für Nazis“ von Aktivisten der Kampagne Lübtheen. Die NPD begann am Sonn-
terplatz treffen und zum Marx-Monu- 200X. tag ihren Wahlkampf in Mecklenburg-
ment marschieren. Da von staatlicher Seite die Bemühun- Vorpommern mit einer Veranstaltung in
Ein breites Bündnis von Anti-Nazis gen schon lange eingestellt wurden, die Lübtheen. Die Wahl dieses Ortes erfolgte
und Demokraten ruft trotzdem alle Geg- NPD zu verbieten, etabliert sich immer nicht zufällig, denn der Spitzenkandidat
ner des Faschismus dazu auf, ihren Un- stärker der gesellschaftliche Konsens, es Udo Pastörs betreibt in Lübtheen ein Ju-
mut über diese Entscheidung auszudrü- handele sich bei der Partei um eine recht- weliergeschäft.
cken und sich ab 9.00 Uhr als Spazier- mäßige, demokratische Partei. Kaum je- Begleitet wurde die NPD-Party von ei-
gänger im Raum Straße der Nationen mand erinnert sich noch an die dubiose nem Sternmarsch von ca. 500 aufge-
und im Park vor der Stadthalle zu bewe- V-Mann-Affäre. Hinzu kommt die brachten Lübtheener Bürgern. Damit war
gen. ■ Deutschland-Euphorie, die durch die die NPD-Veranstaltung schlechter be-
WM entfacht wurde. Argumente wie sucht als die Gegenveranstaltung. Bei der
Schule auch für Religiöse „Die setzen sich zumindest für ihr Land NPD hatte man wohl nicht bedacht, dass
ein“ werden wieder salonfähig. Wer sich im nahe gelegenen Ludwigslust der
Karlsruhe. Auch für die Kinder christli- als „demokratischer Patriot“ outete, wur- „Mecklenburg-Tag“ stattfand. Wie dem
cher Fundamentalisten, so entschied jetzt de früher zumindest von einem größeren auch sei, die heiße Phase des Wahlkamp-
das Bundesverfassungsgericht in Karlsru- Teil der Gesellschaft schräg angeguckt, fes wurde eingeläutet. Die Kampagne
he, gilt die Schulpflicht. Geklagt hatte ein jetzt wo an jedem dritten Auto ein gegen den Einzug der NPD in den Land-
Ehepaar aus Hessen, das seine acht Kinder Deutschland-Fähnchen hängt, scheint tag von MV war auch vor Ort und stellte
nach biblischen Grundsätzen bislang zu das ganz normal zu sein. das Fronttransparent. Auf ihrer Internet-
Hause unterrichtet hatte. Zuvor hatte das In Wirklichkeit stecken die Nazi-Kan- seite www.keine-stimme-den-nazis.info
Landgericht Gießen die Eltern wegen Ver- didaten aber mit beiden Beinen im brau- ist ein Bericht über die Aktion nachzule-
letzung der Schulpflicht zu 1600 Euro nen Sumpf. Deswegen wollen wir genau sen.
Strafe verurteilt. Am meisten stört die El- diesen Leuten auf die Finger schauen, www.keine-stimme-den-nazis.info ■

6 : antifaschistische nachrichten 12/2006


Aufruf zum 18. Antifa-Camp
Weimar/Buchenwald 2006
Im 61. Jahr nach der Kapitulati- zialistischen Anschauungen und Wurzeln gehen. Wir erkennen im Unterschied zur
on Deutschlands und der da- hinwegtäuschen. Die neue Rechte möchte Gedenkstättenleitung die Selbstbefreiung
raus resultierenden Befreiung als wählbare Alternative zu den bestehen- des KZs durch die Häftlinge an und stel-
vom Hitlerfaschismus ist antifaschisti- den parlamentarischen „Volks“parteien in len uns inhaltlich grundsätzlich gegen
scher Widerstand wichtiger und not- der derzeitig politikverdrossenen Mitte eine Gleichstellungspolitik der Zustände
wendiger denn je. Mit dem Fortschrei- der Gesellschaft angesehen werden. im „Konzentrationslager Buchenwald“
ten der Zeit verlieren sich die histori- Als „Volksfront“ von Rechts werden mit denen des alliierten Gefangenenlagers
schen Zusammenhänge und das Ge- nicht nur parlamentarische Erfolge (z. B. für militärische und zivile Nazi-Verant-
denken an die Zeit und die Verbrechen Sachsen) anvisiert, auch der Kampf um wortungsträger, wie dies beim „Spezialla-
des Nationalsozialismus, was den zu die Strasse bleibt eine wichtige Aktions- ger II“ der Fall ist.
beobachtenden Geschichtsrevisionis- form der braunen Seuche und erreicht Veranstaltungen:
mus in der Bundesrepublik geradezu eine noch nie da gewesene Militanz ge- Im Rahmen des Camps werden verschie-
begünstigt. genüber Andersdenkenden und Menschen dene Veranstaltungen angeboten. Zum ei-
anderer Herkunft. Doch von Politikern nen handelt es sich dabei um Zeitzeugen-
Das Wiedererstarken neofaschistischer und Medien werden die sprunghaft ange- berichte, die die Grundlage einer antifa-
Strukturen in der Bundesrepublik hat in stiegenen Übergriffe zumeist immer noch schistischen Arbeit bilden, und zum ande-
den letzten Jahren eine völlig neue Quali- als Einzeltaten von Einzeltätern abgetan. ren um Vorträge zu aktuell-politischen
tät erreicht. Fast wöchentlich stattfinden- Das Antifa-Camp Weimar/Buchenwald Themen. Zudem wird es in diesem Jahr
de Naziaufmärsche im gesamten Bundes- Sich diesen Zuständen entgegenstellen, einen multikulturellen Austausch interna-
gebiet, gepaart mit dem Auftreten der Na- das Gedenken an den millionenfachen tionaler linker Jungendlichen geben.
zis mit stilistischen Anleihen aus fast allen Mord an Menschen anderer Herkunft und Grundkonsens und Basis des Camps ist
existierenden Subkulturen und das Über- anderer Gesinnung, wie beispielweise Ju- die gemeinsame antifaschistische Arbeit
nehmen von politisch-sozialen und bis den, Sinti und Roma, politisch Verfolgten und nicht das Aufarbeiten innerlinker Kon-
dato eindeutig linken Belangen bilden und allen anderen nicht ins nationalsozia- flikte. Das Camp definiert sich nicht durch
eine neue explosive Mischung im Land listische Weltbild passenden Menschen, nationale Zusammenhänge oder deren
der Täter. aufrecht zu erhalten, ist das Anliegen des Symbolik, sondern durch antifaschistische
Querfront, Styles und Straßenterror 18. Antifa-Camps Weimar/Buchenwald. Inhalte als kleinsten gemeinsamen Nenner.
Wo in den Neunzigern Springerstiefel und „Die Vernichtung des Nazismus mit Das Gedenken an die Opfer des Hitlerfa-
Bomberjacken das vorherrschende Er- seinen Wurzeln ist unsere Losung! Der schismus an diesem historisch bedeutsa-
scheinungsbild der Neonazis prägten, Aufbau einer neuen Welt des Friedens men Ort soll an oberster Stelle stehen.
wandelte es sich Anfang des 21. Jahrhun- und der Freiheit ist unser Ziel!“ Die braune Seuche zu Gast in Weimar
derts grundlegend. Um in der Mitte der Dieser Teil des Schwurs von Buchen- Eine besondere Perversion stellt die für
Gesellschaft akzeptiert zu werden und wald wurde am 19. April 1945 von den den 12.8.2006 angemeldete Doppeldemo
vom Klischee des glatzetragenden Schlä- Überlebenden des KZs Buchenwald nach Thüringer Nazis in Weimar dar. Unter
gers abzurücken, bedienen sich die Rech- deren Selbstbefreiung auf der Trauer- dem Motto „Schluss mit linksextremer
ten in politischen, musikalischen und mo- kundgebung für die 51.000 ermordeten Gewalt – Schluss mit dem jährlichen An-
dischen Bereichen vor allem linker und Häftlinge und stellvertretend für alle Op- tifa-Workcamp in Weimar“, versuchen die
alternativer Erscheinungsformen. Und so fer des NS-Regimes geleistet. Er war und Nazis, gegen linke Strukturen mobil zu
ist das Auftreten autonomer Nationalisten ist Ziel- und Leitmotiv zugleich, damals machen. In diesem Kontext ist auch die
kaum noch von dem antifaschistischer wie heute soll er uns an die Notwendig- Gründung eines „Aktionsbündnisses ge-
Aktivisten zu unterscheiden. Mit Aussa- keit antifaschistischen Arbeitens erinnern, gen Linksextremismus“ am 23.4.2006 in
gen wie beispielsweise: „Der Black- um das Vermächtnis der Opfer und Über- Weimar durch den NPD Kreisverband
Block ist national“ zeigt sich das bewuss- lebenden aufrecht zu erhalten. Weimar-Weimarer Land und die JN-Thü-
te Einverleiben linker Aktionsformen bis Gedenkstättenarbeit: ringen zu sehen ... Hinter diesen Angriffen
hin zu antifaschistischer Symbolik auf Das Hauptaugenmerk richtet das Antifa- steht jedoch nicht nur der Angriff extrem
Transpis, T-Shirts, etc. Auch musikalisch Camp auf die aktive Arbeit in und um die rechter Strukturen gegen den Antifaschis-
versuchen sie sich an der linken Bewe- Gedenkstätte Weimar/Buchenwald. So mus und antifaschistische Basisarbeit,
gung zu orientieren, so ist es kein Einzel- hat die Erhaltung von nicht direkt auf dem sondern auch der Angriff auf das Geden-
fall, dass auf nationalen Demonstrationen Gelände der Gedenkstätte befindlichen ken an die Opfer nationalsozialistischer
Ärzte-, Quetschenpaua- oder gar Ton, Anlagen, wie der Steinbruch, der Bahn- Barbarei selbst. Der Kampf gegen den Fa-
Steine, Scherben- Songs gespielt werden. damm und der Pferdestall, in dem die Ge- schismus muss auch der Kampf um das
Teilweise sind komplett neue Musikrich- nickschussanlage untergebracht war, Gedenken an dessen Opfer sein! Sich den
tungen im nationalen Spektrum (z. B. Ha- oberste Priorität, denn aufgrund ihrer Au- Nazis in den Weg stellen, ist nicht nur des-
tecore als Kopie des Hardcore) zu beob- ßenlage stehen diese Projekte beim Erhalt halb Pflicht!
achten. des KZs durch die Gedenkstättenleitung ■ Linke Freiräume erkämpfen und
Selbst in politischer Hinsicht begeht eher hinten an. Des Weiteren werden aber verteidigen!
der moderne Neonazi für ihn neue Wege. auch Arbeitsprojekte, wie z.B. das „kleine ■ Kein Naziaufmarsch in Weimar und
Im Mittelpunkt der heutigen rechtsextre- Lager“ oder Ausgrabungs- sowie Archiv- anderswo!!!
men Politik steht neben Kapitalismus- arbeiten, direkt auf der Gedenkstätte
und Globalisierungskritik auch der durchgeführt. Das Antifa-Camp arbeitet Infos zum Antifa-Camp und dessen
Kampf um Umweltschutz und gegen die bei allen diesen Projekten eng mit der Ge- Struktur sowie den Gegenaktivitäten zur
Hartz IV-Gesetze. Ihre Forderung nach denkstättenleitung zusammen, was aber geplanten Nazidoppeldemo erhaltet Ihr
nationalem Sozialismus soll über die ei- nicht heißt, dass wir mit der Politik der unter: www.antifacamp.de.vu oder
gentlichen rassistischen und nationalso- Gedenkstättenleitung gänzlich konform www.aab.antifa.net . ■

: antifaschistische nachrichten 13/2006 7


Frankreich:

Staat und Bahngesellschaft


wurden erstmals wegen Zuarbeit
zu NS-Deportationen verurteilt
Gemischte Reaktionen auf das „historische“ Urteil
Eine „historische Entscheidung“ Transport von Personen im ersten Halb- keit“ über Beschäftigte der Eisenbahn ver-
nennt der französische Europa- jahr. Die Rechnung war im November hängt, d.h. ihr Zusammenwirkung mit den
parlamentsabgeordnete der 1944 durch das befreite Frankreich unter NS-Kollaborateuren bestraft. Bei 450.000
Grünen Alain Lipietz das Urteil, das Mit- Charles de Gaulle beglichen worden. Sie Eisenbahnern, die es zu jener Zeit gab,
te Juni vom Verwaltungsgericht Tou- wurde 1992 durch Kurt Werner Schächter eine wirklich vergleichsweise geringe
louse gefällt wurde. Zum ersten Mal ausgegraben, einen Franzosen österrei- Zahl. Aber die SNCF hatte eben auch je-
verurteilte ein französisches Gericht in chisch-jüdischer Herkunft, der seinerseits nes andere Gesicht, dass ihre Verwaltung
direkter Form den Staat, aber auch ein Klage wegen der Deportation seiner Eltern konkret die Anordnungen „von oben“
Staatsunternehmen in Gestalt der Eisen- erhob, damit aber abgewiesen wurde. (Die hinsichtlich der Deportationszüge ausführ-
bahngesellschaft SNCF, aufgrund ihrer Abweisung der Klage wurde 2004 im Be- te. Zumindest hätte sie über diverse Kanä-
Zuarbeit zur vom nationalsozialisti- rufungsverfahren bestätigt.) le die Résistance von der Durchführung
schen Deutschland betriebenen „Endlö- Georges Lipietz verstarb 2003, doch der Deportationen benachrichtigen bzw.
sung der Judenfrage“. Beide Parteien sein Sohn Alain und seine Tochter Hélène diese vorwarnen können. Dies ist allem
waren angeklagt, in der ersten Hälfte – sie sitzt für die Grünen im Pariser Regio- Anschein nach nicht passiert.
der 40er Jahre Personentransporte zu nalparlament – führten den juristischen Der Rechtsanwalt der SNCF, Yves Bau-
Deportationszwecken mit Zügen der Kampf an seiner Stelle fort. Sie begleiteten delot, berief sich darauf, dass die Vorwürfe
Nationalen Eisenbahngesellschaft SNCF den noch lebenden Onkel in seiner Klage. verjährt seien; sowie auf das Argument,
durchgeführt zu haben. Sie betrafen so- Das Gericht von Toulouse hat den Staat die Eisenbahngesellschaft habe damals
wohl jüdische Menschen als auch so ge- und die SNCF nun dazu verurteilt, pro de- unter dem Zwang ihrer Dienstverpflich-
nannte Zigeuner sowie Homosexuelle. portiertes Familienmitglied 15.000 Euro tung durch die deutsche Besatzungsmacht
Schadensersatz zu leisten. Die 60.000 gehandelt. Die Anwendung der gültigen
Konkret ging es um den Vorwurf, Georges Euro müssen zu zwei Dritteln vom Staat Verjährungsvorschriften (die ansonsten
Lipietz – den Vater des heutigen Europa- und zu einem Drittel durch die SNCF auf- gegriffen hätten) wurde aber deshalb ver-
parlamentariers –, dessen Eltern und sei- gebracht werden. Zudem müssen beide worfen, weil die Kläger erst aufgrund jün-
nen Halbbruder Guidéon im Mai 1944 von Streitparteien Justizkosten in Höhe von gerer Entwicklungen davon Kenntnis hat-
Südfrankreich in das Lager von Drancy 2.000 Euro zu gleichen Hälften überneh- ten, dass sie erfolgreich vor Gericht um
nahe bei Paris transportiert zu haben. men. Anerkennung der französischen Mitver-
Drancy diente damals als Durchgangsla- antwortung für ihre Deportation streiten
ger, dessen Insassen von dort aus in die Urteilsgründe und Entfall konnten.
von Nazideutschland betriebenen Konzen- der Verjährung Die SNCF hatte seit 1992 ihre Archive
trations- und Vernichtungslager im geöffnet, um Historikern – ohne Bedin-
Reichsgebiet und im unterworfenen Polen Verurteilt wurden der französische Staat gungen und ohne ihre Arbeit zu kontrollie-
transportiert wurden. Die Lipietz’ waren und die SNCF wegen Freiheitsberau- ren – die Suche nach der Wahrheit über
am 8. Mai desselben Jahres, aufgrund der bung und menschenunwürdiger Unter- ihre Rolle bei den Deportationen zu erlau-
Denunziation durch Nachbarn, von der bringung, in den zum Transport benutz- ben. Diese Entscheidung der SNCF wurde
deutschen Gestapo in Pau verhaftet wor- ten Viehwaggons oder im Internierungs- und wird durch die jüdische Community
den. Die Gestapo übergab sie jedoch den lager. Nicht übernommen hat das Gericht und durch Opferanwälte wie Serge Klars-
französischen Behörden, die sie zwei Tage dagegen den durch die Kläger vorgetra- feld stets positiv hervor gehoben. Vor die-
lang in einem Gefängnis in Toulouse ein- genen Vorwurf der Beihilfe zum Völker- sem Hintergrund legte der Forscher Chris-
sperrten und dann durch die SNCF ins In- mord. Denn es ist nicht erwiesen, dass tian Bachelier im September 1996 einen
ternierungslager Drancy weiter transpor- die ausführenden Organe auf französi- ausführlichen Untersuchungsbericht vor.
tieren lie?en. In Drancy verbrachten sie scher Seite die volle Wahrheit über das Erst seitdem kann die Verantwortung der
drei Monate, doch das Vorrücken der alli- deutsche Völkermordprogramm wuss- SNCF als offiziell erwiesen gelten.
ierten Truppen und der französischen Ré- ten. Und im Jahr 2001 verurteilte das obers-
sistance verhinderten in letzter Minute ih- Zu Lasten der SNCF wurde aber gewer- te Verwaltungsgericht den französischen
ren Abtransport in die deutschen Todesla- tet, dass es keinerlei Hinweise darauf gibt, Staat dazu, die Hälfte der 720.000 Euro zu
ger. Am 17. August 1944 kamen sie frei. dass ihre Repräsentanten gegenüber dem übernehmen, zu deren Bezahlung an De-
Georges Lipietz hat sein ganzes Leben Staat oder den Deutschen hinsichtlich der portationsopfer der französische Nazikol-
hindurch für die Anerkennung der Mitver- Deportationen Protest eingelegt hätten. laborateur – und spätere Polizeifunktionär
antwortung französischer Behörden bei Entsprechende Spuren liegen jedenfalls sowie Minister – Maurice Papon 1998 ver-
der Durchführung der durch die Deut- nicht vor. Zwar hat es historischen Wider- urteilt worden war. Erst seit diesem Urteil
schen programmierten „Endlösung“ stand seitens vieler Eisenbahner während kann eine Mitverantwortung des französi-
gekämpft. Im November 2001 gelang es der nazi-deutschen Besatzung in Frank- schen Staates als „juristisch festgestellt“
ihm und seinen Angehörigen, eine Scha- reich gegeben: Insgesamt sind 8.900 fran- vorausgesetzt werden. Bis Mitte der neun-
densersatzklage einzureichen. Als Beweis- zösische Eisenbahner wegen Beteiligung ziger Jahre hatte die offizielle Staatsdok-
grundlage diente eine Rechnung über an der oder Hilfeleistung für die Résistan- trin noch gelautet, es gebe keine Kontinui-
210.385 Francs, welche die SNCF im Au- ce durch die Nazis erschossen worden. tät zwischen dem Vichy-Regime, das als
gust 1944 den französischen Behörden im Dagegen wurde nach dem Kriegsende nur widerrechtliche Herrschaft der deutschen
August 1944 ausgestellt hatte – für den in 467 Fällen die „nationale Unwürdig- Besatzungsmacht gedient hätte, und der

8 : antifaschistische nachrichten 13/2006


der französischen Republik. Letztere trage und anderen Anwälten
damit auch keine Verantwortung. Erstmals – vorgeworfen, Auftrit-
hatte Jacques Chirac im Juli 1995 sich ex- te in den Medien zu
plizit zu einer Mitschuld französischer sehr der konkreten
Staatsorgane an den Judenrazzien der Mi- Prozesstätigkeit vorzu-
liz und der Gendamerie, und zur Übernah- ziehen und Maurice
me einer „untilgbaren Schuld“ Papon gefährliche Zu-
durch die Republik bekannt. geständnisse bei der
Die Verjährungsfristen begannen dem- Verhandlungsführung
nach also erst mit der Vorlage des Untersu- gemacht zu haben.
chungsberichts von 1996, sowie dem Ur- In jüngster Zeit ist
teil von 2001 zu laufen. Entsprechend, so Arno Klarsfeld im
stellen die Richter von Toulouse fest, kön- Umfeld des amtieren-
nen Deportationsopfer oder ihre Nach- den Innenministers Ni-
kommen noch bis im September 2006 ge- colas Sarkozy als Be-
genüber der SNCF sowie bis Ende dieses rater aktiv geworden Gedenkveranstaltung am 30.1.06 im Kölner Hauptbahnhof
Jahres gegenüber dem Staat ihre Entschä- und ist nebenbei auch
digungsansprüche geltend machen. Die als Anwalt der SNCF tätig – in einem den aus der südwestfranzösischen Region.
SNCF ihrerseits hat bereits angekündigt, ähnlichen Verfahren wie dem jetzt in 1945 kann er ein, manipuliertes, Zertifikat
Berufung gegen das Urteil von Toulouse Toulouse entschiedenen. Darin verteidigt aus Widerstandskreisen liefern, das seine
einzulegen. er die Bahngesellschaft gegen Schadens- Eigenschaft als ehemaliges Mitglied der
ersatzansprüche, die von den Nachfahren Résistance belegen soll. Später taucht er
Strittige Bewertung von Deportierten aus den USA gestellt als Präfekt (Statthalter) im damaligen fran-
werden. Arno Klarsfeld hatte die Klage zösischen Département Constantine, im
Die Bewertung des jüngsten Urteils ist un- der Lipietz’ nach der Hauptverhandlung nördlichen Algerien, wieder auf. Dort
ter Historikern, Anwälten und auch jüdi- vom 16. Mai 2006 als „demagogisch, zeichnet er sich durch seine Brutalität bei
schen Vertretern umstritten. Strittig ist und historisch falsch“ bezeichnet. der Niederschlagung der algerischen natio-
etwa der Autonomiespielraum, über den Ohne selbst so weit zu gehen, kritisiert nalen Befreiungsbewegung gegen die fran-
die SNCF tatsächlich verfügte. Das Ver- auch Serge Klarsfeld die Verurteilung der zösische Kolonialherrschaft aus. Am 17.
waltungsgericht in Toulouse hatte ihr er- SNCF, die sich durch die Archivöffnung Oktober 1961 amtiert Maurice Papon als
schwerend zur Last gelegt, dass die Bahn- und die Bemühung um die geschichtliche Préfet de police (Entsprechung zum deut-
gesellschaft Viehwaggons für die Trans- Wahrheit in den letzten 15 Jahren muster- schen Polizeipräsidenten) von Paris. Als
porte nach Drancy benutzt habe – aber die gültig verhalten habe. Und in seiner Ei- solcher trägt er die politische Verantwor-
französischen Staatsorgane in Vichy ihr genschaft als Vorsitzender der Vereinigung tung für den berüchtigten Polizeieinsatz,
die Kosten für einen „Personentransport von Söhnen und Töchtern von jüdischen bei dem 300 algerische Demonstranten –
dritter Klasse“ erstattet hätten. So seien die Deportierten fügte Serge Klarsfeld hinzu, die der durch Papon über ihre Bevölke-
Transportbedingungen noch härter ausge- von den zurückgekehrten Überlebenden rungsgruppe verhängte Ausgangssperre
fallen als vorgeschrieben. Die SNCF, so der Todeslager sei ihm nicht bekannt, dass trotzen – mitten in Paris getötet werden.
stellt Alain Lipietz entsprechend fest, habe sie sich bei ihrer Rückkehr negativ über Weitere 11.000 werden verhaftet und in
„noch mehr gemacht, als die Deutschen die Rolle französischer Eisenbahner geäu- Fußballstadien und Pferderennbahnen, die
von ihr verlangten“. Dies sei historisch ßert hätten. zu Sammellagern umfunktioniert wurden,
falsch, meint dagegen deren Anwalt, Yves Michel Slitinsky, der im Prozess gegen interniert. Noch in den späten siebziger
Baudelot. Denn vergleichen dürfe man die Maurice Papon wegen der Deportation Jahren amtiert Papon als Haushaltsminis-
realen Bedingungen der Deportierten nicht von Juden aus Bourdeaux als gemeinsa- ter (1978 bis 81) unter dem bürgerlichen
mit den theoretischen Vorschriften der mer Sprecher der Klägerparteien auftrat Premierminister Raymond Barre, und be-
französischen Autoritäten – sondern mit (er war als 17-Jähriger den von Papon or- tätigt sich zur gleichen Zeit als Lobbyist
den konkreten Vorgaben der Deutschen, ganisierten Deportationen durch eine der argentinischen Militärdiktatur – er fä-
unter deren Kommando sich die SNCF Flucht über die Dächer entronnen), dage- delt einen französischen Rüstungsverkauf
real befunden habe. Tatsächlich liefen die gen befürwortet das Urteil von Toulouse: an die Generäle in Buenos Aires ein.
Transporte in die Vernichtungslager im Endlich komme die Mitverantwortung 1981 tauchen die ersten belastenden
ganzen deutsch besetzten Europa in Vieh- französischer Behörden auf den Tisch. Dokumente über seine Rolle im Zweiten
waggons ab. (Vgl. dazu: Weltkrieg auf, die durch Michel Slitinsky
Auch Arno Klarsfeld, der Sohn des be- http://aquitaine.france3.fr/info/21828293- beigebracht werden konnten und in der
rühmten „Nazijägers“ Serge Klarsfeld fr.php ) Satire und Enthüllungszeitung ,Le Ca-
und selbst Rechtsanwalt, schließt sich nard enchaîné‘ veröffentlicht werden.
dieser Auffassung an. Die Verantwortung Anmerkungen zu einer Person: Aber von da ab wird es noch 15 Jahre
für die Deportationen und den Genozid Maurice Papon dauern, bis Papon 1997/98 in Bordeaux
liege bei den Deutschen, und die SNCF der Prozess gemacht wird. Wegen Beihil-
habe keinen Entscheidungsspielraum ge- Niemand verkörpert so sehr die Kontinui- fe zu Verbrechen gegen die Menschheit
habt. Letztere 60 Jahre nach den Ereig- tät des Staatsapparats als (sofern radikale- wird er dort zu 10 Jahren Haft verurteilt,
nissen zu verfolgen, bedeute, „die realen re Brüche ausbleiben) über alle finsteren und 1999 wird er nach einem ebenso fei-
Verantwortlichkeiten zu verwischen“, politischen Zeiten und Regimewechsel gen wie erfolglosen Fluchtversuch in die
eine Bewertung, der man sich im Hin- hinfort dauernde Machtstruktur, wie er. Schweiz dann schlussendlich inhaftiert.
blick auf die Rolle Deutschlands viel- Niemand repräsentiert sie auf so grauen- Doch „aus Gesundheits- und Altersgrün-
leicht anschließen mag. hafte Weise wie diese Figur. den“ bereits nach drei Jahren aus der
Arno Klarsfeld ist allerdings ansons- Maurice Papon organisiert in den Jahren Zelle entlassen. Heute lebt er im Ruhe-
ten (in der jüdischen Community und an- 1942 bis 44, als Sekretär der Präfektur (ju- stand in Gretz-Armainvilliers, in der
dernorts) selbst nicht unumstritten. Wäh- ristischen Vertretung des Zentralstaats in Nähe von Paris, wo er 1910 geboren
rend des Papon-Prozesses 1997/98 hatte einem Verwaltungsbezirk) von Bordeaux, worden ist.
der Zivilkläger Michel Slitinsky ihm – die Deportation von annähernd 1.700 Ju- Bernhard Schmid, Paris ■

: antifaschistische nachrichten 13/2006 9


Menschenrechte sind grenzenlos
fiel. Diese Vorfälle führt sie auf ih-
ren Mann zurück. Also floh sie un-
ter schwierigen Bedingungen nach
Deutschland und stellte einen Asyl-
antrag. Dieser wurde jedoch abge-
lehnt, da sie nicht glaubwürdig ge-
nug sei und es sich nicht um staatli-
che oder politische Verfolgung
handle. Stattdessen erhielt sie eine
Duldung und lebt nun in ständiger
Angst, in den Iran abgeschoben zu
werden. Damit einher geht, dass sie
Nordrhein-Westfalen wegen der Re-
sidenzpflicht nicht verlassen darf
und Sozialleistungen erhält, die 25
bis 30 Prozent unter dem Existenz-
minimum liegen.
Bleiberecht für alle!
Um die unerträgliche Situation für
diese iranische Frau und alle ande-
Köln. Am 13. Juni demonstrier- wird oder die nie eine erhalten haben. ren Geduldeten und Illegalisierten zu be-
ten rund 200 Menschen für das Häufig ist für sie selbst ein Leben in der enden, forderten die Demonstrierenden
Bleiberecht und gegen die Ab- Illegalität besser als die Abschiebung in die Anerkennung frauenspezifischer
schiebung von Flüchtlingen. Gerade von Krieg und Menschenrechtsverlet- Fluchtgründe nicht nur auf dem Papier
zur Fußball-Weltmeisterschaft, wo zungen betroffene Länder. Dabei stellt sowie eine umfassende Legalisierung
Köln keine Mühen scheut, sich als sie selbst der normale Alltag vor größte und ein menschenwürdiges Bleiberecht
weltoffen und tolerant zu präsentie- Probleme und fordert ihnen ein Höchst- für alle.
ren, wollten die Demonstrierenden maß an unauffälligem Verhalten ab. Eine Dominik Düber ■
ein Zeichen setzen, dass dafür mehr rote Fußgängerampel zu überqueren,
erforderlich ist als bunte Image-Pla- kann die Abschiebung bedeuten. Es be- Flüchtlingsrat unterstützt
kate und große Fußball-Feste. deutet aber auch, die Kinder nur unter Bleiberechtsforderungen
Schwierigkeiten in die Schule schicken
Nach Auskunft eines Mitglieds von Kein und bei Krankheit nicht zum Arzt gehen Der Kölner Flüchtlingsrat erinnert da-
Mensch ist illegal (kmii) wurde die zu können. Das eigene Überleben kann ran, dass sich bereits 140.000 Menschen
Demo insbesondere durch kmii und den nur durch Schwarzarbeit gesichert wer- seit fünf Jahren hier aufhalten. 50.000
Rom e.V. getragen, da „Sinti und Roma den, wobei man jede Bedingung des Ar- Menschen befinden sich sogar länger
in besonderem Maße von rassistischer beitgebers akzeptieren muss, will man als 10 Jahre in Deutschland. 35% aller
Hetze betroffen sind.“ Beispielhaft hier- nicht seinen Aufenthalt in Deutschland geduldeten Flüchtlinge – 67.000 Men-
für sei nur die Debatte um die „Klau- gefährden, klärt Jan Henkel von kmii schen – sind minderjährig, viele der
kids“ genannt. auf. Kinder wurden in Deutschland geboren
„Ich fand die Demonstration sehr gut, Frauen besonders betroffen und sind hier vollständig integriert.
weil sie vor allem von den Betroffenen Claus-Ulrich Prölß, Geschäftsführer des
getragen wurde. Ein klares Zeichen war Die spezifischen Probleme von Frauen Kölner Flüchtlingsrates: „Jetzt endlich
auch, dass die Geduldeten selbst die For- erläuterte Beshid Najafi. Frauen und muss Schluss sein mit den jahrelangen
derung nach einem Bleiberecht für alle Kinder stellen etwa 80 Prozent der Vertröstungen der Innenminister und
aufgestellt haben“, so der Aktivist weiter. Flüchtlinge. Genau wie Männer fliehen des Bundesgesetzgebers. Eine wirksa-
Noch mehr als die Individualität eines je- sie vor Hunger, Armut, Krieg, mangeln- me Bleiberechtsregelung, die ihren Na-
den Leidenswegs fallen die gemeinsa- der medizinischer Versorgung und vie- men auch verdient, muss jetzt endlich
men Probleme der Flüchtlinge, die es lem mehr. Doch Frauen sind zusätzlich her! Am besten gesetzlich verankert.“
überhaupt ins reiche Europa geschafft von Menschenrechtsverletzungen wie Der Flüchtlingsrat begrüßt die mit allen
haben, ins Gewicht. Wie Beshid Najafi Zwangsabtreibungen, Prostitution, Ver- Stimmen der demokratischen Parteien
von agisra e.V. in ihrer Rede herausstellt, heiratung, Genitalverstümmelung und verabschiedete Resolution des Rates der
stellen diese eine kleine Minderheit dar. Vergewaltigung betroffen. Seit 2005 hat Stadt Köln vom 15.12.2005, in der eine
Hunderte andere bezahlen ihre Flucht- dies auch im Aufenthaltsgesetz seinen Bleiberechtsregelung für langzeitgedul-
versuche mit dem Leben oder enden in Niederschlag gefunden, ohne jedoch re- dete Flüchtlinge gefordert wird.
Flüchtlingslagern außerhalb Europas. In levante Änderungen an der Abschiebe- Claus-Ulrich Prölß: „Die Resolution
Köln geht man von rund 5.000 Gedulde- praxis nach sich zu ziehen. Beispielhaft des Rates geht zwar über den Vorschlag
ten aus. Die Betroffenen sind zum Teil in berichtete Najafi von einer 24-jährigen von NRW-Innenminister Ingo Wolf hi-
Deutschland geboren und haben hier Iranerin, die sich von ihrem Mann trenn- naus. Dennoch würden viele wieder
Abitur gemacht. Doch stets erhalten sie te. Dieser drohte ihr mit Rache. Nach durch alle Maschen fallen. Eine Rege-
nur befristete Duldungen und leben so- dieser Trennung wurde sie von der irani- lung muss jedoch so ausgestaltet sein,
mit in der ständigen Angst vor Abschie- schen Polizei aufgegriffen und auf der dass die betroffenen Flüchtlinge auch
bung. Wache vergewaltigt. Einige Wochen spä- tatsächlich Zugang zu ihr erhalten kön-
Noch prekärer gestaltet sich das Leben ter wurde sie von einem Auto so schwer nen.“ ■
derjenigen, denen die Duldung entzogen verletzt, dass sie zwei Wochen ins Koma

10 : antifaschistische nachrichten 13/2006


: ausländer- und asylpolitik
richtung betreut viele Personen, deren
Ehegatten, Kinder oder Eltern sich in
Äthiopien befinden. Da die Botschaft in
„International Refugee der Aktion lautete „Keine erneute Hexen- Addis Abeba aber Personen ohne Identi-
Human Rights Tour 2006“ verbrennung in Düsseldorf!“. tätsdokumente den Zutritt verweigert,
Vom 29. Juli bis zum 5. August 2006 Kristian Kaiser ■ können diese ihren Rechtsanspruch gar
zieht die International Refugee Human nicht geltend machen. Die Botschaft und
Rights Tour durch Bayern. Unter dem Abschiebehäftling in der JVA das Außenministerium verlangen von ih-
Motto ,Deutschland Lagerland’ wird sie nen, sich zwecks Dokumentenbeschaffung
darauf aufmerksam machen, dass überall Suhl-Goldlauter im Hunger- an die eigenen Verfolger, die in der Über-
in Bayern Menschen unter menschenun- streik gangsregierung vertreten sind, zu wenden.
würdigen Bedingungen leben müssen, Erfurt. Der togoische Oppositionelle und Berichte von Menschenrechtsorganisatio-
dazu gezwungen durch Gesetze, Verord- Künstler Attikpasso Latevi Lawsson, der nen bestätigen allerdings, dass derzeit kei-
nungen und Ausländerbehörden. Ge- sich seit dem 30. Mai 2006 in der JVA nerlei Möglichkeit existiert, sich offizielle
meinsam werden Flüchtlinge und deut- Suhl-Goldlauter in „Vorbereitungshaft“ somalische Dokumente zu besorgen, viel-
sche AktivistInnen lautstark fordern, (Abschiebehaft) befindet, hat einen Hun- mehr würde dadurch ein illegaler Handel
dass eine wesentliche Verbesserung die- gerstreik begonnen. Er verweigert jede mit Dokumenten gefördert. Die Botschaft
ser Zustände einzutreten hat. Im Rahmen Nahrungsaufnahme und fordert seine Frei- ist außerdem der Ansicht, dass sich Perso-
der Kampagne wurde auch eine Internet- lassung. Mehrere Organisationen, darunter nen ohne Dokumente auch an äthiopische
seite erstellt. Sie soll nicht nur für die auch der Thüringer Flüchtlingsrat, unter- Behörden wenden könnten. Da die Bezie-
Tour mobilisieren, sondern vor allem stützen die Forderung nach einer unver- hungen zwischen Somalia und Äthiopien
auch eine Informationsquelle rund um züglichen Freilassung des Togoischen Re- allerdings höchst gespannt sind, ist auch
das Lagersystem in Deutschland sein. gimegegners. Darüber hinaus werden die dies für somalische Flüchtlinge nicht mög-
Dokumentiert werden alle gesetzlichen Verantwortlichen aufgefordert, Attikpasso lich. Zudem:
und gesellschaftlichen Zustände, die Lawsson ein humanitäres Bleiberecht zu Wird von AsylwerberInnen in Öster-
Flüchtlinge zu Menschen zweiter Klasse gewähren sowie eine therapeutische Be- reich, die sich nicht ausweisen können,
machen. Die Seite wird auch über die handlung zu ermöglichen. „Eine Abschie- verlangt, sich an irgendeine Behörde zur
Tour hinaus bestehen und ständig er- bung nach Togo ist inhuman und die Fol- Ausstellung von Dokumenten zu wenden?
gänzt: gen unabsehbar“, so Sandra Jesse vom Österreich bricht durch bürokratische Hür-
www.deutschland-lagerland.de ■ Flüchtlingsrat. „Statt der rechtlich zweifel- den das Asylgesetz sowie das elementare
haften Inhaftierung braucht Attikpasso Menschenrecht auf Familienleben.
Landesregierung schürt Lawsson eine fachlich kompetente Betreu- Nina Jakober, Daniel Bernhart
ung“, so Jesse weiter. Deserteurs- und Flüchtlingsberatung
antimuslimische Stimmung Zum Hintergrund: Der togoische Re- Schottengasse 3a/1/59,
Düsseldorf. Die geplante Änderung des gimegegner Attikpasso Latevi Lawsson A-1010 Wien ■
NRW-Schulgesetzes unterstellt muslimi- wurde in seiner Heimat von staatlichen Si-
schen Lehrerinnen religiösen Fundamenta- cherheitskräften festgenommen und gefol- Anerkanntem Flüchtling
lismus und eine Gefahr für "den politi- tert. 1998 floh er schließlich nach
schen, religiösen oder weltanschaulichen Deutschland und beantragte Asyl. Auch droht Auslieferung
Schulfrieden“. Das neue Schulgesetz, wel- im Exil in Deutschland setzte er seine in die Türkei
ches das Tragen von Symbolen, die den künsterisch-politische Arbeit fort. Sein Frankfurt. Dem in Deutschland aner-
besagten Schulfrieden stören, verbietet, Asylgesuch wurde jedoch im Jahr 2006 kannten kurdischen Flüchtling Yusuf Ka-
wird von der Landesregierung so ausge- abgelehnt. raca droht die Auslieferung an die Türkei.
legt, dass das einzige Kleidungsstück, das Am 22. Juni 2006 ab 15.00 Uhr wies Er sitzt seit dem 3. Mai 2006 in Ausliefe-
unter diese Regelung fällt, das muslimi- der Flüchtlingsrat Thüringen e.V. gemein- rungshaft. Das zuständige Gericht, das
sche Kopftuch ist. Das Tragen eines Kopf- sam mit weiteren Unterstützern in einer Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt, hat
tuches für Lehrerinnen muslimischen öffentlichen Aktion auf die Situation von am 23. Mai 2006 die Auslieferungshaft
Glaubens wird daher ab dem kommenden Attikpasso Latevi Lawsson hin. ■ mit einem skandalösen Beschluss bestä-
Schuljahr verboten sein. Diese Regelung tigt.
resultiert jedoch nicht aus einer geforderten Österreich bricht Asyl- und Yusuf Karaca wurde in Deutschland als
Trennung von Staat und Religion, da allen Flüchtling im Sinne der Genfer Flücht-
anderen Lehrerinnen und Lehrern weiter- Menschenrecht lingskonvention rechtskräftig anerkannt.
hin das Tragen ihrer religiösen Zeichen, Wien. Die österreichische Botschaft in Sowohl das Bundesamt für Migration und
wie z.B. Ordenskleidung, erlaubt sein Addis Abeba verletzt systematisch den Flüchtlinge als auch das Verwaltungsge-
wird. Vielmehr sieht die Koalition allein im Rechtsanspruch von Familienangehörigen richt Frankfurt stellten fest, dass er in der
Symbol des Kopftuches eine Gefährdung somalischer Konventionsflüchtlinge, in- Türkei politisch verfolgt worden ist. Herr
des weltanschaulichen Schulfriedens. dem sie ihnen „aus Sicherheitsgründen“ Karaca hatte 10 Jahre lang in der Türkei
Die Bezirksschülervertretung (BSV) ohne Identitätsdokumente den Zutritt ver- aufgrund eines erfolterten Geständnisses
aus Düsseldorf sieht in einer solchen Un- weigert. Sie verlangt von Flüchtlingen, im Gefängnis gesessen. Herr Karaca schil-
terstellung an alle Muslime die Gefahr, sich entweder an die somalische Bot- dert in einer Erklärung an die Presse vom
dass eine antimuslimische Stimmung ge- schaft, die zur Gänze aus ihren Verfolgern 1.6.2006 die erlebte Folter: „In der Zeit in
schürt wird, womit eine Schulpolitik auf zusammengesetzt ist, oder an irgendeine meiner Haft in der Polizeiabteilung für
Kosten von Minderheiten geht. Aus die- äthiopische Behörde zur Beschaffung von politische Angelegenheiten wurde ich un-
sem Grund rief die BSV Düsseldorf zum Identitätsdokumenten zu wenden. zählige Male mit Elektroschocks (an Ge-
öffentlichen Protest auf vor dem Düssel- Familienangehörige von Konventions- schlechtsorganen, Zunge und Ohren) ge-
dorfer Landtag am Mittwoch, 21. Juni, um flüchtlingen haben einen Rechtsanspruch foltert. Mehrmals wurde ich am ,palästi-
11 Uhr auf. Um die Maßnahme der Lan- auf Gewährung desselben Schutzes. So- nensischen Haken‘ aufgehängt, mehrere
desregierung zu chrakterisieren, wurde fern sie sich noch im Ausland befinden, ist Tage musste ich ohne Schlaf und nackt an
eine symbolische Hexenverbrennung vor es nötig, bei der österreichischen Bot- kalten Stellen verbringen. Sie tauchten
dem Landtag – durchgeführt. Das Motto schaft einen Antrag zu stellen. Unsere Ein- meinen Kopf ins Wasser, indem sie mir

: antifaschistische nachrichten 13/2006 11


währenddessen die Nasenlöcher zustopf-
ten. Ich wurde zu einsamen Orten gebracht
und mit dem Tode bedroht. Sie drohten
mir damit, meine Familienangehörigen
der Folter auszusetzen und sie umzubrin- Biedermann
gen.“
Herr Karaca gibt weiter an, dass er auch
in der 10 Jahre dauernden Strafhaft immer
als Brandstifter
wieder Angriffen und Folter ausgesetzt
war. Erst als die Haft unterbrochen wurde,
weil er wegen dauerhafter Nahrungsver-
weigerung (so genanntes „Todesfasten“)
medizinisch behandelt werden musste, ge-
lang ihm die Flucht. In Deutschland hat er
Kölner
den Flüchtlingsstatus am 28.9.2005 erhal-
ten. Postkarte
Die vom OLG Frankfurt nun getroffene
Entscheidung ignoriert die Flüchtlingsan-
erkennung vollständig. Die Vorwürfe des
gegen
türkischen Staates gegenüber Yusuf Kara-
ca werden ungeprüft übernommen und zur rechte
Grundlage der Auslieferungshaft gemacht.
Die Tatsache, dass Herr Karaca als Flücht-
ling anerkannt wurde, wird nicht erwähnt.
Moschee-
Als Haftgrund wird Fluchtgefahr ange-
führt. Zur Fluchtgefahr argumentiert das Hetze
OLG Frankfurt mit kaum zu überbieten- 
dem Zynismus. Die Gefahr, erneut gefol-
tert zu werden, wird als Anreiz gewertet,
sich dem Auslieferungsverfahren zu ent-
ziehen ... Hier werden menschenrechtliche
Maßstäbe völlig ad absurdum geführt. Das Wollen Sie diesen Leuten
OLG Frankfurt verkennt, dass Herr Kara-
ca wegen der drohenden Folter und auf-
grund des unfairen Verfahrens nach der
ihre Stimme geben?
Europäischen Menschenrechtskonvention
auf keinen Fall ausgeliefert werden darf. Stim mzeln tt el mber 2004
am 26. Septe
„Die Entscheidung des OLG Frankfurt of- Rates der Stadt Kö
für die Wahl des
fenbart unglaubliche Gleichgültigkeit ge- im Wahlbezirk 16
lz I
r Klettenberg, Sü
ste mme ungültig
genüber Folteropfern“, so Marei Pelzer
so t ist ihre Sti
von PRO ASYL. Mu Nur einen Bewerber/in ankreuzen,
ns

In seinem Beschluss fordert das OLG


Frankfurt die Zusicherung von Seiten des Anderegg, Marylin
Verkäuferin Bernd Moser
ß
ER
DIE REPUBLIKANinek
Hans Martin Bren REP
6 Frohnhofstr. 9 Klaus Wei
türkischen Staates, dass Herr Karaca seine 50827 Köln

Haft in einem Gefängnis Typ F fortsetzt


und dass die deutsche Botschaft Gelegen-
heit erhält, den Inhaftierten aufzusuchen Nein! Dann unterschreiben Sie auch nicht das Bürger-
und sich über die konkreten Haftbedingun- begehren der sogenannten „Anwohnerinitiative“ gegen
gen zu informieren. In einem Typ F-Ge-
fängnis war Herr Karaca aber bereits vor den Bau eines muslimischen Kultur- und Gemeinde-
seiner Flucht inhaftiert. In solch einem Ge- zentrums mit einer Moschee!
fängnis hat er Misshandlungen erlitten ... Von einem „parteiunabhängigen Zusammenschluss von
In einem Anfang des Jahres veröffent-
lichten Gutachten zur „Rechtsstaatlichkeit Ehrenfelder Bürgern“ kann man keineswegs sprechen.
politischer Verfahren in der Türkei“ Rechtsextreme Akteure machen Stimmung gegen unsere
kommt der Türkeiexperte Helmut Ober- türkischen Nachbarn und Mitbürger.
diek zu dem Ergebnis, dass trotz Abschaf-
fung der Staatssicherheitsgerichte erfolter- Die sogenannte Anwohnerinitiative, deren Sprecherin
te Geständnisse noch immer vor den Ge- Marylin Anderegg ist, versucht mit der rechtsextremen
richten als Beweise zugelassen werden. Gruppe „pro Köln“ zu zündeln.
Eine Aussicht auf ein faires Verfahren be-
stehe damit nicht. Wir treten ein für Religions- und Glaubensfreiheit.
PRO ASYL fordert, dass Herr Karaca
umgehend aus der Auslieferungshaft ent- Für mehr Toleranz – Nur gemeinsam sind wir Köln!
lassen wird. Als anerkannter Flüchtlinge
ist er dem Schutz des deutschen Staates
unterstellt. PRO ASYL fordert die Bun-
desjustizministerin Zypries auf, die Aus- DIDF
lieferung zu verhindern.
PM, 6.6.2006 ■ V.i.S.d.P. Jörg Detjen | Postkarte: hoelzel@lux72.de

12 : antifaschistische nachrichten 13/2006


Hamburg. Auschwitz ist zum
Synonym für die fabrikmäßige
Vernichtung menschlichen Le-
„Was kann ich machen?
bens geworden. Die in den Gaskam-
mern produzierten Leichenberge
mussten beseitigt werden, doch das
Ich bin doch im Lager“
wollte die SS nicht selber tun – dazu Das Leben des Henryk Mandelbaum, Häftling des
wurden KZ-Häftlinge abkomman- Sonderkommandos von Auschwitz
diert. Darunter der junge polnische
Jude Henryk Mandelbaum, der als ei-
ner von wenigen das „Sonderkom- setzt. „Aber was kann ich machen? Ich wieder“ ist ihm, Pauschalisierungen zu
mando Auschwitz“ überlebte. In bin doch im Lager.“ Innerhalb von Bruch- vermeiden. Nicht einmal alle SS-Männer
Hamburg wird derzeit die Ausstel- teilen von Sekunden ging ihm durch den seien schlecht gewesen, so Mandelbaum.
lung „Nur die Sterne waren wie ges- Kopf, was passieren würde, wenn er sich Ein SS-Mann und seine Familie hätten
tern“ über dessen Leben gezeigt. Am weigerte. „Na, dann bekomme ich eine ihn mehrere Wochen versteckt, bis sie ver-
Mittwoch vergangener Woche berich- Kugel in den Kopf und liege auch da. Ich raten worden seien, da musste er gehen,
tete er auf einer Veranstaltung im bin doch im Lager.“ lebte zunächst in verschiedenen Ghettos
Rahmen des Begleitprogramm per- Bis Januar 1945 musste Mandelbaum und wurde schließlich nach Auschwitz
sönlich von seinen schrecklichen Er- die grausame Arbeit verrichten, die darin deportiert.
lebnissen. bestand, den Leichen zunächst einmal die Für die Gegenwart empfiehlt er Ge-
Haare abzurasieren, dann deren spräche, auch – und vor allem – mit jun-
Münder nach Zahngold sowie gen Nazis. Auf gar keinen Fall Gewalt,
Nase und andere Körperöffnungen auch das ist ihm wichtig, denn Gewalt
nach heimlichen Verstecken absu- könne niemals eine Lösung sein. Die
chen. Alles unter Aufsicht der SS. Menschen sollten sich hinsetzen und mit-
Dann mussten die Leichen ver- einander reden, statt aufeinander einzu-
brannt werden, der körperlich prügeln - und vielleicht „ein bisschen zu-
schwerste Teil: „Ein toter Mann ist sammen tanzen“.
schwer wie Blei“, sagte Mandel-
baum. Er beschrieb, was wie Die Sozialpädagogin Karin Graf, die Li-
schnell von einem Menschen ver- teraturwissenschaftlerin Tina Henkel und
brennt und wie seine Kameraden der Fotodesigner Andreas Dahlmeier be-
und er das übrig gebliebene flüssi- gleiteten Henryk Mandelbaum eine Wei-
ge Fett mit großen Kellen über le, u.a. nach Auschwitz. Die Begegnun-
dem Scheiterhaufen verschütteten, gen und Gespräche wurden aufgezeich-
um das Feuer zu schüren. Bilder, net und ins Bild gesetzt. Daraus entstan-
die Mandelbaum immer noch mit den ist die Ausstellung „Nur die Sterne
sich herumträgt, und bis heute waren wie gestern“, mit wunderschönen
plagt ihn sein Gewissen, dass er ausdrucksvollen Fotographien von An-
„Ich würde Ihnen gerne von etwas Ange- auf diese Weise zum Handlanger der SS dreas Dahlmeier und prägnanten Begleit-
nehmeren erzählen“, entschuldigte Man- gemacht wurde. Trotzdem hat er sich texten von Karin Graf und Tina Henkel.
delbaum sich zu Beginn seines Vortrags nicht unterkriegen lassen und beteiligte Eine Dokumentation des Lebens Man-
für die unfassbaren Grausamkeiten, von sich im Oktober 1944 am Aufstand im KZ delbaums, in der Auschwitz breiten
denen er im Folgenden berichtete. „Ich Auschwitz. Wie durch ein Wunder ent- Raum einnimmt. Doch trotz der enormen
habe so viele Leichen gesehen, dafür rei- ging er dem Vergeltungsschlag der SS - Ausdruckskraft der Fotos und Texte lässt
chen die Worte nicht.“ Und damit so et- mehr als 250 Männer wurden dabei er- sich das unermessliche Leid der KZ-Op-
was „nie wieder“ passiere, müsse er darü- mordet – und überlebte. fer nur erahnen, das unfassbare Grauen
ber sprechen, so der Auschwitz-Überle- Die Gefangenen des Sonderkomman- kann nicht in Wort und Bild gefasst wer-
bende weiter. dos waren lebende Tote: Als Zeugen und den: Vor Auschwitz versagt die Sprache.
Henryk Mandelbaum wurde 1922 in Mitwisser musste die SS sie vernichten, Die Phantasie vermag selbst den Zeit-
die Familie eines jüdischen Fleischer hi- das war allen bewusst. Doch Henryk zeugenbericht Mandelbaums nicht in sei-
neingeboren. Schon früh musste er mit Mandelbaum wollte leben. Ausgerechnet ner ganzen Tragweite zu erfassen. Die
anpacken: Wenn ein Bauer sein Tier von die Toten, deren Beseitigung ihm bis heu- Ausstellung ist dennoch ein gelungener
Fleischer Mandelbaum schechten lassen te zu schaffen macht, sollten dazu beitra- und unentbehrlicher Beitrag zur Aufar-
wollte, musste Henryk die Tiere abholen. gen. Er organisierte sich Zivilkleidung beitung der Geschichte dieses Landes.
Doch die Geschäfte des Vaters gingen im- von den Ermordeten, die er unter dem Ein Muss für alle, die den Schwur „Nie
mer schlechter , so dass der Sohn sich zu- Sträflingsanzug trug. Als das KZ im Janu- wieder“ der KZ-Überlebenden als histo-
nächst bei einem Bauern in der Nachbar- ar 1945 evakuiert und die Gefangenen auf risches Erbe begreifen, sich Alt- und
schaft verdingte, dann schuftete er im den Todesmarsch geschickt wurden, „ver- Jungfaschisten entgegenstellen und für
Steinbruch. Doch die schwere körperliche lor“ er unterwegs die Häftlingskleidung Antisemitismus – egal, ob in Hamburg,
Arbeit war nichts im Vergleich zu dem, und konnte entkommen. Bochum oder Teheran – „keine Tole-
was ihm wenig später von den Hitler-Fa- Nach dem Krieg arbeitete er in einer ranz“ haben. Besonders empfehlenswert
schisten zugemutet werden sollte. staatlichen Vertriebsorganisation, dann für Schulklassen. Birgit Gärtner ■
Ende April 1944 wurde Mandelbaum züchtete er Schäferhunde und verdiente
nach Auschwitz deportiert, Vater, Mutter schließlich als Taxifahrer sein Geld. 1969 Die Ausstellung wird vom Hambur-
und seine Schwester waren dort schon er- heiratete er seine Frau Lydia – eine Deut- ger Arbeitskreis „Gegen das Verges-
mordet worden. Nach kurzer Quarantäne sche. Das sagt viel aus über den Umgang sen“ präsentiert, der zudem ein inter-
wurde er im Sonderkommando einge- Mandelbaums mit seiner persönlichen essantes Rahmenprogramm bietet.
setzt. „Ich, Leichen verbrennen? Men- Biographie, mit der Geschichte dieses Infos unter:
schenkinder“, dachte der junge Mann ent- Landes. Genauso wichtig wie das „Nie www.akgegendasvergessen.de.

: antifaschistische nachrichten 13/2006 13


: neuerscheinungen
Unheilige Allianzen Neues IMI-Buch
– Black Metal zwi- Welt-Macht EUropa:
Föhrenwald wird heute als Ortsteil von schen Satanismus, Auf dem Weg in
Wolfratshausen, als durch- Heidentum und Neo- weltweite Kriege
Das Projekt Föhrenwald hat schnittliches Wohngebiet nazismus Die Informationsstelle Milita-
ein Stück NS-Geschichte, wahrgenommen. Der zentrale risierung aus Tübingen stellt
Architekturgeschichte und Adolf-Hitler-Platz wurde zu- Im Schatten des Black-Metal- ihr neuestes Buch vor:
Nachkriegsgeschichte der nächst in Rooseevelt Square Mainstreams hat sich eine Un- „Liebe Freundinnen und
Vergessenheit entrissen. und dann in Seminarplatz derground-Szene aus Bands, Freunde, druckfrisch und in-
Die Herausgeberinnen Heike umbenannt. Nichts erinnert Fans und Magazinen entwi- haltlich topaktuell möchten
Ander und Michaela Melian auch nur entfernt an die leid- ckelt, die sich zwischen Sata- wir Euch hiermit unser neues-
inszenieren und dokumentie- volle Geschichte dieser NS- nismus, Heidentum und offe- tes Buch vorstellen: „Welt-
ren die Geschichte der in der Architektur. ner Glorifizierung des Natio- Macht EUropa: Auf dem Weg
Nähe von Wolfratshausen ge- Die Erinnerungsarbeit der nalsozialismus bewegt. Die in weltweite Kriege“ (VSA-
legenen, 1937 gebauten Mus- beiden Autorinnen, die in ih- Anhänger eines sozialdarwi- Verlag Hamburg). Auf 340
terwohnsiedlung Föhrenwald rem Buch Mitstreiter aus der nistisch geprägten Satanismus Seiten findet ihr eine umfas-
Philosophie, Architektur, Ar- beanspruchen als selbster- sende Analyse der rasanten
chäologie, Geschichte, Kul- nannte „Elite“ ein „Recht des Militarisierung der Europäi-
turwissenschaft und der Lite- Stärkeren“ und propagieren schen Union. Herausgeber
ratur gewinnen konnten, die Vernichtung all dessen, sind die beiden IMI-Vorstands-
wirkt körperlich – geht unter was in ihren Augen schwach mitglieder Tobias Pflüger und
die Haut. Teil der multime- ist. Um sich vom Christentum Jürgen Wagner. Die etwa 30
dialen Installation ist unter abzugrenzen, begeben sich an- Beiträge von IMI-Mitarbeite-
anderem ein begehbarer Zy- dere Musiker auf die spirituel- rInnen und anderen bekannten
linder – quasi ein fliegender le Suche nach ihren „eigenen“ AutorInnen ermöglichen zu-
Bau – der auf einer Panora- Wurzeln. Sie erheben das ger- sammengenommen einen tief-
madiaprojektion die Siedlung manische Heidentum zur gehenden Einblick in die glo-
aus schwarzen Linien auf Heilsreligion, fordern ein Le- balen und regionalen Auswir-
weißem Grund sichtbar ben nach vermeintlichen Ge- kungen der EUropäischen
macht. setzen der Natur und die Ver- Machtpolitik. Das Buch kann
Ein Soundtrack aus Musik treibung derer, die nicht ihren bei IMI über eine mail an
und Stimmen trägt die Ge- Vorstellungen entsprechen. imi@imi-online.de zum Preis
schichte ins Ohr. Die Abbil- Obgleich von der Öffentlich- von 19.80 Euro inkl. Porto be-
– das heutige Waldram – als dungen im Buch fesseln das keit weniger beachtet, haben stellt werden.
multimediale Installation und Auge. Nikolaus Hirsch, einer die extrem rechten Bands des Rezension von Johannes M.
Spurensuche. 1941 beschreibt der Autoren, spricht in sei- Genres unter dem Label NS- Becker, PD Dr., Zentrum für
der Ingenieur und Architekt nem Essay von einer „Neutra- Black-Metal den Schulter- Konflikt-forschung Marburg
Hermann Grünenwald: „Die lisierung und Verdrängung schluss mit ihren „Brüdern im
Anlage wurde im Voralpenge- der historischen Bedeutungs- Geiste“, den neonazistischen Ein ungemein wichtiges Buch
biet, in Flußnähe, auf fast schicht.“ Skinheads, längst vollzogen. ist da in Tübingen, um die um-
ebenem Waldgelände erstellt, Das zu verhindern, hatten Die Autoren Christian Dorn- triebige Informationsstelle Mi-
wobei unter möglicher Erhal- sich einst die Historiker und busch und Hans-Peter Kill- litarisierung (IMI) herum, ent-
tung des Baumbestandes ein Journalisten vorgenommen guss recherchieren seit einigen standen: Eine gründliche Auf-
organisch gewachsenes Orts- und vernachlässigen es zuse- Jahren in der Szene. Sie be- arbeitung und fundierte Ana-
bild entstand ...“ hends. Bildende Künstlern schreiben die Entwicklungen lyse der EU im Prozess ihrer
Blanker Zynismus in anbe- übernehmen hier immer wie- des Black Metals und seiner umfassenden Militarisierung.
tracht der Tatsache, dass in der stellvertretend geschicht- Szene, ana- Diese ist bekanntlich im Zuge
dieser Siedlung bis Kriegsen- liche Verantwortung. Melians lysieren die der Ablehnung des Verfas-
de bis zu 4500 Zwangsarbei- mehrfach ausgezeichnetes Motive des sungsentwurfes in Frankreich
ter und Zwangsarbeiterinnen, Hörspiel arbeitet der Verdrän- Genres so- und in den Niederlanden ein
die in der Rüstungsindustrie gung, der allgemeinen Amne- wie ihre Ver- wenig in Vergessenheit gera-
arbeiten mussten, hinter Sta- sie, entgegen. Es enthält knüpfung ten. Die Realität der EU der
cheldraht untergebracht wa- Stimmen von Zeitzeugen, die mit der Ide- 25 indes ist im Untertitel des
ren. Nach Kriegsende war als Überlebende der Shoah in enwelt der Buches angedeutet: „Auf dem
diese Siedlung dann ein soge- Föhrenwald zusammenkamen extremen Weg in weltweite Kriege“.
nanntes exterritoriales Lager und nur eines im Sinn hatten: Rechten und In drei Schritten nähern sich
jüdischer ,displaced persons‘, Deutschland so schnell wie benennen Bands und Akteure, die Herausgeber und ihr wei-
Menschen, die den Holocaust möglich zu verlassen. die zum neonazistischen Un- tes AutorInnenteam der The-
überlebt hatten, die es aus Ingrid Scherf, tergrund in Deutschland und matik: Im ersten Teil („Struk-
ganz Europa dorthin ver- Mitarbeiterin der Basis Europa gehören. turen und Grundlagen der
schlagen hatte. Buchhandlung ■ Weltmacht EU“) wird neben
Christian Dornbusch, Hans- vielen anderen Teilaspekten
Der Stacheldraht war Föhrenwald. Buch und CD Peter Killguss: Unheilige Al- die „Konzernmacht Europa“
immer noch da herausgegeben von Heike lianzen Black Metal zwi- unter die Lupe genommen, es
Ander und Michael Melian, schen Satanismus, Heiden- werden „Transatlantische
Erst als1957 kinderreiche erschienen im Revolverver- tum und Neonazismus. Konzepte einer militärischen
deutsche Heimatvertriebene lag in Frankfurt am Main, ISBN 3-89771-817-0 Absicherung der Globalisie-
einzogen, baute das Land 282 S., 24 Euro Unrast-Verlag, 352 Seiten rung“ bearbeitet, es werden
Bayern ihn ab. Die Siedlung Preis: 18 Euro die Institutionen der EU ana-

14 : antifaschistische nachrichten 12-2005


: ostritt
herrschenden Politik („Perspektiven für
eine andere Welt eröffnen“) aufgezeigt.
Die Beiträge sind wohltuend über-

D
ie deutschen Umgesiedelten haben
sichtlich geschrieben und anschaulich ein neues Denkmal. Es steht in Un-
kurz – in der Regel unter 15 Seiten. Eini- garn, in Budaörs, und ist am 18.
ge Statistiken, Internetquellen und Litera- Juni dort eingeweiht worden. Errichtet hat
turhinweise machen das Buch zu einem es die Landesselbstverwaltung der Ungarn-
äußerst lesefreundlichen Kompendium. deutschen, die auch für den Aufbau einer
Wer demnächst im politischen Diskurs zentralen Gedenkstätte am selben Ort ver-
noch sagt, er habe das Ausmaß und die antwortlich ist; dort wird der so genannten
Tiefe der laufenden Umstrukturierung der Vertreibung der Deutschen in Folge des
EU-Politik nicht überschaut, der hat die- Zweiten Weltkriegs gedacht. Zur Finanzie-
ses Buch nicht gelesen. Es sollte zur rung des Projektes haben deutsche Umge-
Standard-Lektüre aller gehören, die die siedelte gemeinsam mit der ungarischen
ungeheueren Potenzen der EU der 500 Regierung beigetragen. Dies zeigt, urteilt
Millionen ProduzentInnen und Konsu- der Bund der Vertriebenen (BdV), „dass
mentInnen der sich mit großer Schnellig- Ungarn mitten in Europa angekommen ist
keit formierenden Europäischen Union und mit beiden Beinen auf dem Boden der
zum Wohle der Menschheit genutzt wis- europäischen Werteordnung steht“.
sen wollen und nicht zu einem weiteren Die Einweihung fand im Beisein hoher
Rüstungsdurchlauf in der Konkurrenz mit politischer Prominenz statt. Deutschland
lysiert, nicht zuletzt wird die tragende dem „Atlantischen Partner“ der EU. Die war durch seine Budapester Botschafterin
Rolle der Bundesrepublik Deutschland Frage bleibt, wie die Schweigewand der Ursula Seiler-Albring vertreten, deren
aufgezeigt. Um die Absicherung neokolo- herrschenden Politik und ihrer Medien Amtssitz sich seit einigen Jahren wieder
nialer Bezüge – und deren hat die EU betreffend dieses Thema durchbrochen auf dem Burgberg der ungarischen Haupt-
viele! – und der knapper werdenden werden kann. Den Herausgebern, Auto- stadt befindet – dort, wo er bis 1945 ange-
Energieressourcen geht es der neuen rInnen und dem VSA-Verlag ist ein wich- siedelt war. Die ungarische Regierung hatte
„Weltmacht EU“, wie in den Beiträgen tiger Schritt zur Aufklärung gelungen. Ist Parlamentspräsidentin Katalin Szili ent-
schlüssig aufgezeigt wird. das Informationsbedürfnis über die EU – sandt, die während der Feier die so genann-
Im zweiten Teil des Buches („Zwi- völlig im Gegensatz zu ihrer Wichtigkeit ten Vertreibungsdekrete als „Dokumente
schen Nachbarschaftspolitik und globa- auch für uns alltägliches Leben – schon der Schande“ bezeichnete. Mit ihnen wurde
lem Einfluss“) finden sich Regionalana- gering genug, so betrifft dies in besonde- Abschnitt XIII des Potsdamer Abkommens
lysen. In wohltuender Klarheit wird u.a. rer Weise ihre Militarisierung. Hier haben umgesetzt, dem zufolge „die Überführung
das EU-Verhältnis zu den Balkan-Staa- sich die Herausgeber und viele ihrer Au- der deutschen Bevölkerung oder Bestand-
ten, zur Türkei und deren Bestreben, in torInnen bereits im Zusammenhang mit teile derselben, die in Polen, Tschechoslo-
die EU aufgenommen zu werden, es wird der Verfassungsanalye und -debatte große wakei und Ungarn zurückgeblieben sind,
die Nah- und Mittelostpolitik, die EU-In- Verdienste erworben. In der derzeit wie- nach Deutschland durchgeführt werden
teressen ihrer Osterweiterung vom der aufkeimenden Debatte um den EU- muß“. Diese Bestimmung ist nach Ansicht
1.5.2004, das Verhältnis zu Russland, zu Verfassungsentwurf muß mit diesem sämtlicher bisheriger Bundesregierungen
Lateinamerika und zu Afrika analysiert. Werk unbedingt gearbeitet werden. nicht nur eine „Schande“, sondern „Un-
Der dritte Teil schließlich („Die Milita- Friedensbewegung und -forschung recht“.
risierung von Gesellschaft, Politik und können sich – ungeachtet dessen – auf Wie der BdV berichtet, hat Ungarn jetzt
Ökonomie stoppen“) enthält Beiträge zu weitere zehn Jahre IMI freuen! nicht nur ein Denkmal und eine zentrale
den Kosten und zu den Konsequenzen Gedenkstätte für die umgesiedelten Deut-
der vorher aufgezeigten Politik („Zwei Tobias Pflüger, Jürgen Wagner schen. In Budapest wird derzeit eine Aus-
Seiten einer Medaille: Sozialabbau im In- (Hrsg.):Welt-Macht EUropa. Auf dem stellung über die Umsiedlung gezeigt, das
neren und Militarisierung nach außen“), Weg in weltweite Kriege. VSA-Verlag, ungarische Parlament will einen Gedenktag
nicht zuletzt werden, wie im Titel des Ab- Hamburg 2006, 339 S., brosch., ISBN- für die so genannten Vertriebenen abhalten.
schnitts angekündigt, Alternativen zur Nr. 3-89965-183-9, 19.80 Euro Einem Bericht der Netzeitung zufolge
soll sich der ungarische Staatspräsident
Laszlo Solyom in einem Grußwort für die
Denkmal-Einweihung sogar bei den Um-
Der Herausgabekreis und die Redaktion sind zu erreichen über:
GNN-Verlag, Zülpicher Str. 7, 50674 Köln Tel. 0221 / 21 16 58, Fax 0221 / 21 53 73. gesiedelten, ihren Familien und ihren
email: antifanachrichten@netcologne.de, Internet: http://www.antifaschistische-nachrichten.de Nachkommen entschuldigt haben.
Erscheint bei GNN, Verlagsges. m.b.H., Zülpicher Str. 7, 50674 Köln. V.i.S.d.P.: U. Bach Ungarn gehört zu den Staaten, die von
Redaktion: Für Schleswig-Holstein, Hamburg: W. Siede, erreichbar über GNN-Verlag, Neuer Kamp 25, der völkischen Neuordnung Europas durch
20359 Hamburg, Tel. 040 / 43 18 88 20. Für NRW, Hessen, Rheinland Pfalz, Saarland: U. Bach, Deutschland profitieren und sich daher ent-
GNN-Verlag Köln. Baden-Württemberg und Bayern über GNN-Süd, Stubaier Str. 2, 70327 Stuttgart,
Tel. 0711 / 62 47 01. Für „Aus der faschistischen Presse“: J. Detjen c/o GNN Köln. sprechenden deutschen Initiativen anschlie-
Erscheinungsweise: 14-täglich. Bezugspreis: Einzelheft 1,30 Euro. ßen. Denn es gibt etwa analog zur deutsch-
Bestellungen sind zu richten an: GNN-Verlag, Zülpicher Str. 7, 50674 Köln. Sonderbestellungen sind sprachigen Minderheit in Tschechien eine
möglich, Wiederverkäufer erhalten 30 % Rabatt. ungarischsprachige Minderheit in der Slo-
Die antifaschistischen Nachrichten beruhen vor allen Dingen auf Mitteilungen von Initiativen. Soweit ein- wakei, deren Wohngebiete bis zum Ende
zelne Artikel ausdrücklich in ihrer Herkunft gekennzeichnet sind, geben sie nicht unbedingt die Meinung des Ersten Weltkriegs zu Ungarn gehörten.
der Redaktion wieder, die nicht alle bei ihr eingehenden Meldungen überprüfen kann. Ungarischsprachige Minderheiten in be-
Herausgabekreis der Antifaschistischen Nachrichten: Anarchistische Gruppe/Rätekommunisten (AGR); Annelie
Buntenbach (Bündnis 90/Die Grünen); Rolf Burgard (VVN-BdA); Jörg Detjen (Forum kommunistischer Arbeitsgemein-
deutendem Umfang sind auch in Rumänien
schaften); Martin Dietzsch; Regina Girod (VVN - Bund der Antifaschisten); Dr. Christel Hartinger (Friedenszentrum e.V., und Serbien anzutreffen. Wird völkische
Leipzig); Hartmut-Meyer-Archiv bei der VVN - Bund der Antifaschisten NRW; Ulla Jelpke (MdB); Jochen Koeniger (Ar- Revisionspolitik in Europa gestärkt, dann
beitsgruppe gegen Militarismus und Repression); Marion Bentin, Edith Bergmann, Hannes Nuijen (Mitglieder des Vor-
standes der Arbeitsgemeinschaft gegen Reaktion, Faschismus und Krieg–Förderverein Antifaschistische Nachrichten);
stärkt das auch den Einfluss Ungarns auf
Kreisvereinigung Aachen VVN-BdA; AG Antifaschismus/ Antirassismus in der PDS NRW; Angelo Lucifero (Landesleiter seine Minderheiten in den Nachbarstaaten.
hbv in ver.di Thüringen); Kai Metzner (minuskel screen partner); Bernhard Strasdeit; Volkmar Wölk. jk ■

: antifaschistische nachrichten 13/2006 15


: aus der faschistischen Presse
tend und heischte wie selbstverständlich
Anpassung und Unterordnung“.
Menschenrechte nur für nig später die ersten Jeans-Träger.... Es Keiner soll sagen, der Autor würde seine
ging jovialer, lockerer zu – im Rückblick Absichten verbergen: Vokabeln wie „Un-
Deutsche der Anfang vom Ende“. tertanen“, „Anpassung“ und „Unterord-
Nation & Europa Juni 2006 Allerdings weiß Richter natürlich, dass nung“ für die Einen sowie „kulturelle
„Ein Volk will Weltmeister werden“ – dem sein Lamento über den pädagogischen Sit- Überlegenheit“ und „Kulturbringer“, de-
allgemeinen Fußball-Patriotismus kann tenverfall blühender Unsinn ist, den er nur nen „Respekt“ entgegen gebracht wird, für
sich auch die „Nation & Europa“-Redakti- verzapft, um die Erwartungen seiner Le- die Anderen sind absolut deutlich. Aller-
on nicht völlig entziehen. Aber eigentlich ser(innen) nicht zu enttäuschen. Die dings hat Richter dabei übersehen, dass so-
passt ihr die ganze Richtung nicht – weiß Schulreformen der späten sechziger und wohl das britische wie auch das französi-
Herausgeber HARALD NEUBAUER, der der siebziger Jahren waren nur der, biswei- sche Kolonialregime zerbrochen ist – auch
sein Editorial treffend „Fußball-Patrioten“ len hilflose, Versuch, die längst überfällige wegen der rassistischen Herrenmenschen-
betitelte, doch, dass sich das Land zur Zeit Modernisierung des im internationalen Ideologie seiner Träger.
in einem „patriotischen Ausnahmezu- Vergleich bereits damals anachronisti- Auch JÜRGEN SCHWAB befasst sich
stand“ befindet und die meisten deutschen schen Bildungssystems nachzuholen. In in seinem Beitrag mit einer grundlegenden
Fahnen nach der WM wieder in die Keller seinen Augen hat das schulpolitische De- ideologischen Frage, der Frage der Men-
wandern. „Aber zugleich entbehrt es nicht saster deshalb tiefer liegende Gründe: schenrechte. Nachdem er richtig schildert,
einer gewissen Komik, daß sich die Deut- „...hat nur zum Teil mit dem... Ausländer- wie die führenden kapitalistischen Staaten
schen guten Gewissens offenbar nur noch anteil zu tun: Abseits davon ist das Pro- unter Führung der USA versuchen, Men-
als Fußball-Nation zu definieren vermö- blem ein disziplinarisches, ein Qualitäts- schenrechte in ihrem Sinne zu instrumenta-
gen. Andere Völker sind sich ihrer Identität problem, ein Problem der Führung.... Die lisieren und sogar als Begründung für völ-
und Interessenlage auch außerhalb der Bankrotterklärung geht zu gleichen Teilen kerrechtswidrige Angriffskriege zu miss-
Sportarenen bewußt; deutscher Patriotis- auf das Konto einer verfehlten Ausländer- brauchen, tritt er „für eine nationale Ausle-
mus ist eine Ausnahmeerscheinung für politik wie auf das einer ebenso verfehlten gung der Menschenrechte“ ein und lehnt
Turnierzeiten“. Als Titelthema kommt die Bildungspolitik“. Abhilfe schaffen soll damit ihre Universalität, die doch ihr We-
WM den Verantwortlichen daher gerade nach Meinung Richters eine Herrenmen- sen ausmacht, ab. Menschenrechte, die nur
recht – inhaltlich spielt sie dagegen keine schen-Ideologie, allerdings keine rein für einen privilegierten Teil der Menschen
Rolle. deutsche mehr (dies Konzept hat sich gelten, sind keine. Schwabs Konzept ba-
„Überfremdete Schulen, überforderte schließlich am 8. Mai 1945 für lange Zeit siert dagegen auf alten demokratiefeindli-
Lehrer: Die Bildungskatastrophe“: für erledigt) sondern eine weiße, europäische: chen Stichwortgebern und ihren Konzep-
KARL RICHTER eine willkommene Fo- „Daß es nichtsdestotrotz möglich ist, Wer- ten: „Schon Friedrich Nietzsche wußte:
lie zur Darstellung einiger rechter „Grund- te, Sprache und Bildung auch über ethni- ,Die liberalen Institutionen hören alsbald
wahrheiten“. Es beginnt mit konservati- sche Grenzen hinweg zu vermitteln, zeig- auf, liberal zu sein, sobald sie erreicht sind:
vem Stehsatz: „Jahrzehnte des Schlend- ten zu allen Zeiten erfolgreiche Kolonial- es gibt später keine ärgeren und gründli-
rians und der vorsätzlichen Absage an das regime... So banal es ist: Kolonialländer cheren Schädiger der Freiheit, als liberale
Leistungsprinzip“, „Leistung, Kopfnoten wie Frankreich oder England traten ihren Institutionen. Man weiß ja, was sie zuwege
und der alte Frontalunterricht gerieten in außereuropäischen Untertanen im selbst- bringen: sie unterminieren den Willen zur
Verruf, dafür schossen allenthalben ,Nei- verständlichen Bewußtsein ihrer kulturel- Macht, sind die zur Moral erhobene Nivel-
gungsgruppen‘ aus dem Boden und die len Überlegenheit gegenüber. Vergleichba- lierung von Berg und Tal, sie machen klein,
,Reform der gymnasialen Oberstufe‘ setz- re Selbstgewißheit im Angesicht Hundert- feige und genüsslich – mit ihnen trium-
te, nach dem Mengenlehre-Experiment in tausender türkischer, nord- oder schwarz- phiert jedesmal des Herdentier‘“. Schwab
den Grundschulen, dem Irrsinn nur noch afrikanischer Immigranten sucht man bei folgert daraus: „Menschenwürde basiert
die Krone auf“. Schuld an der Entwick- den europäischen Zuwanderungsgesell- auf Differenz, nicht auf Gleichmacherei....
lung sind natürlich die Lehrer: „Während schaften vergeblich.... Denn die Vermitt- Die Akzeptanz des anderen setzt allerdings
die letzten Vertreter der Kriegs- und Nach- lung von Werten, Sprache und kulturellen räumliche Distanz voraus.... Insofern ist
kriegsgeneration in den Ruhestand gingen, Traditionen war immer eine Frage des das Ausländerrückführungskonzept, wie es
rückten andere Erscheinungen nach: mit Respekts vor den als überlegen empfunde- von der nationalen Opposition vertreten
Nickelbrillen versehene Gewerkschafter- nen Kulturbringern.... hier wie dort war die wird, der richtige Lösungsansatz“. „Aus-
typen in honigfarbenen Cordanzügen, we- Welt der Kolonialmächte achtunggebie- länder raus“ also – nur bürokratischer for-
muliert. Das sein Menschenrechtsrelativis-
mus dem Grundgesetz widerspricht, ist
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dem Autoren klar: „Mit dem deutschen
O Halbjahres-Abo, 13 Hefte 22 Euro
Erscheinungsweise: Grundgesetz wird sich die ,Leitkultur‘
O Förder-Abo, 13 Hefte 27 Euro 14-täglich kaum verteidigen lassen. Das Bekenntnis
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zur Menschenwürde gipfelt dort in dem
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Satz: ,Alle Menschen sind vor dem Gesetz
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gleich‘ (Artikel 3). Früher waren nach gu-
O Ich möchte Mitglied im Förderverein Antifaschistische Nachrichten werden. Der Verein unterstützt finanziell
und politisch die Herausgabe der Antifaschistischen Nachrichten (Mindestjahresbeitrag 30,- Euro). ter demokratischer Verfassungstradition
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meines Kontos abzubuchen. (ansonsten gegen Rechnung) setz gleich“. Wohin das geführt hat, ist be-
kannt. Deshalb gilt es für Antifaschist
Name: Adresse: (inn)en, bei aller richtigen Kritik am Miss-
brauch der Menschenrechte für imperialis-
Konto-Nr. / BLZ Genaue Bezeichnung des kontoführenden Kreditinstituts tische Zwecke, die Unteilbarkeit dieser
Rechte (zu denen auch soziale Rechte ge-
Unterschrift
hören) und damit das Grundgesetz gegen
Angriffe von rechts, die häufig von der
GNN-Verlag, Zülpicher Str. 7, 50674 Köln, Tel. 0221 – 21 16 58, Fax 21 53 73, email: gnn-koeln@netcologne.de
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Mitte der Politik übernommen werden, zu
verteidigen. tri ■

16 : antifaschistische nachrichten 13/2006

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