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nachrichten g 3336 20.11.2003 19. jahrg./issn 0945-3946 1,30 ¤
www.antifaschistische-nachrichten.de
„Heldengedenken“
Ca. 550 Alt- und Neonazis haben
am 15. November in Halbe meh-
rere Stunden bis in den frühen Abend hin-
ein ihr auf nationalsozialistischer Tradi-
tion basierendes sogenanntes Heldenge-
denken zelebriert. Die zuständigen Ver-
waltungsgerichte hatten sich mit ihren Ur-
teilen eindeutig auf die Seite der Rechts-
extremisten gestellt. Das ursprüngliche
Verbot des Naziaufmarschs von Halbe
wurde vom Polizeipräsidium Frankfurt/
Oder u. a. damit begründet, dass die Ver- Oben: 350 AntifaschistInnen kamen nach
anstaltung „als Verherrlichung des Natio- Halbe, auf der Kundgebung sprachen u.a.
nalsozialismus zu verstehen ist“. Dieser Heinrich Fink und Ludwig Baumann (im Bild)
richtigen Einschätzung der Polizei woll- Rechts: die Nazidemonstration
ten das Verwaltungs- und Oberverwal- Bilder: indymedia
tungsgericht Frankfurt/ Oder nicht folgen.
Besonders empörend: das Amt Schen- Der „Fall Hohmann“ ist durch den Ausschluss Hohmanns aus der CDU-Fraktion noch nicht beendet.
kenländchen verweigerte eine Ehrung Die Diskussion darüber, wo Konservatismus aufhört und Rechtsradikalismus anfängt, wird nicht nur
der Opfer des deutschen Faschismus, der die CDU sicher noch weiter beschäftigen. Der folgende Artikel entstand zu einem Zeitpunkt, als die
Rede Hohmanns noch kaum Beachtung gefunden hatte, das mindert aber nicht seine Aktualität.
sowjetischen und ukrainischen Zwangs-
arbeiterInnen und der ebenfalls dort ru- MdB Martin Hohmann zum Nationalfeiertag:
henden 57 ermordeten Wehrmachtsde-
serteure auf dem Waldfriedhof Halbe,
genehmigte aber der rechtsextremen Par-
„Gerechtigkeit für Deutschland“
von Andrea Livnat
tei DVU eine Kranzniederlegung.
Trotzdem gelang es am 15.11. auf den Vor gut einem Jahr berichtete das Niederschlag mehr: „Der Zeitgeist und die
Grabsteinen der sowjetischen/ukraini- ARD-Magazin Panorama über eher linksliberal beherrschten Medien sor-
schen ZwangsarbeiterInnen rote Rosen Rechtsradikale in der CDU. Die gen dafür, dass jeder, der eine Meinung äu-
im Gedenken niederzulegen. Ebenfalls Sendung führte zahlreiche Beispiele von ßert, die nicht so ganz auf der Hauptlinie
wurden hiermit die 57 ermordeten Wehr- CDU-Mitgliedern an, die in rechtsradika- des Zeitgeistes liegt, es schon nicht mehr
machtsdeserteure geehrt. Das Betreten len Vereinen sprechen, in rechten Verla- wagt, sich zu äußern.“
des Friedhofs wurde erst nach einein- gen publizieren, kurzum, CDU-Mitglie- Herr Hohmann scheut sich nie, das zu
halbstündiger Verhandlung mit der poli- dern, die sich in Kreisen bewegen, die sagen, was er im Sinne hat und zu zeigen,
zeilichen Einsatzleitung genehmigt. Le- vom Verfassungsschutz eindeutig als wo er steht. Beispielsweise im November
diglich der Vorsitzende der Bundesverei- rechtradikal eingestuft und entsprechend letzten Jahres, als er die Entscheidung des
nigung Opfer der NS-Militärjustiz e.V. beobachtet werden. CDU-Generalsekre- britischen Oberhauses, homosexuellen
Ludwig Baumann und ein Begleiter tär Laurenz Meyer wusste damals von Paaren das Adoptionsrecht zu gewähren,
durften den Waldfriedhof Halbe betreten, nichts, bat aber um die Übermittlung von als „Denaturierung des Leitbildes der Fa-
allerdings nur mit polizeilicher Beglei- Fakten, damit man gegebenenfalls han- milie“ bezeichnete, dieser Entwicklung
tung. Ludwig Baumann empfand diese deln könne. Die genannten Personen sind müsse mit „aktiver Zivilcourage“ entgegen
Situation als Diffamierung und Verach- weiterhin CDU-Mitglieder. getreten werden. Darüber hinaus machte er
tung. In der Sendung fiel auch der Name Mar- die Tolerierung von Homosexualität für
PM „Initiative gegen Heldengedenken tin Hohmann. Der 55jährige Major der Re- das „größte Problem der deutschen Gesell-
in Halbe“, mail: halbeinfo@oleco.net, serve sitzt seit 1998 für den Wahlkreis Ful- schaft, ihrem Bevölkerungsrückgang“ ver-
Weitere Infos:www.redhalbe.de.vu ■ da im Bundestag. Zuvor war er 14 Jahre antwortlich. Oder zu Paul Spiegels Rede
lang Bürgermeister in Neuhof bei Fulda. zum 9. November 2000, als Hohmann dem
Nach einem Abschluss in Rechtswissen- Zentralratsvorsitzenden riet, sich zu über-
Schon mal vormerken: schaften arbeitete Hohmann zunächst als legen, ob er „das Klima zwischen den Ju-
Jahrestagung der Jurist im Bundeskriminalamt, zuletzt als den und Nichtjuden in Deutschland nicht
Antifaschistischen Nachrichten Kriminaloberrat in der Abteilung „Terro- nachhaltig schädige“. „Ist es etwa deutsche
rismus“ in Wiesbaden. Martin Hohmann Leitkultur, Fremde zu jagen, Synagogen
Die Tagung findet am sieht sich selbst in guter konservativer Tra- anzuzünden, Obdachlose zu töten?“ hatte
24. Januar 2004 in Köln statt. dition. Konservativ heißt für ihn „zu- Spiegel in seiner Rede gefragt, für Martin
Thema: kunftszugewandt sein“, wie er in einem Hohmann eine „schlimme Entgleisung“,
Interview mit dem Magazin der Deutsch- und eine falsche Unterstellung, genauso
Deutsche Mitteleuropa- land-Stiftung einmal sagte. Im Grunde falsch „wie Spiegel zu unterstellen, er sei
konzepte vom Kaiserreich seien die meisten Menschen konservativ, mitverantwortlich, dass beim letzten Ra-
bis Joschka Fischer solche Aussagen fänden jedoch in der ver- cheakt der israelischen Armee zwei un-
öffentlichten Meinung so gut wie keinen schuldige Frauen getötet wurden“.
Fortsetzung Seite 2
In bester antisemitischer Tradition
So richtig ausgeteilt hat Martin Hohmann
erst wieder vor Kurzem, in einer Rede
zum deutschen Nationalfeiertag, also am
3. Oktober 2003, bei der Neuhofer CDU.
Eine Rede in bester antisemitischer Tradi-
tion, die da ganz unbescholten auf der
Seite der Neuhofer CDU verlinkt ist. Der
ehemalige Bürgermeister darf offensicht-
lich sagen, was er möchte, entweder traut
man sich in Neuhof nicht zu kritisieren
oder aber man ist voll und ganz einver-
standen mit Hohmanns Gedankengängen.
Worum geht es also in Hohmanns
Rede? Es geht um die Krise in Deutsch-
land, die für Hohmann daher kommt, dass
man „als Deutscher in Deutschland keine
Vorzugsbehandlung“ erhält. Er habe drei
Anfragen an den Bundestag gestellt.
„Ist die Bundesregierung angesichts Frankfurt/Oder. Bundesweite Wanderausstellung „Deutschkunde – Karikaturen
der Wirtschaftsentwicklung und des gegen rechte Gewalt“ startet. Über 30 Bilder bekannter Karikaturisten (Skott, Tom,
Rückgangs der Staatseinnahmen bereit, Kurowski, Rauschenbach etc.) zu den Themen: Rassismus, Antisemitismus und
ihre Zahlungen an die Europäische Union Rechtsextremismus. Das Projekt entstand auf Initiative von Berndt A. Skott, der 80
zu verringern?“ Karikaturisten dazu veranlasste, ihre Werke unentgeltlich in dem Buch „Deutsch-
„Ist die Bundesregierung bereit, sich kunde“ bei der fiftyfifty-Edition (17 Euro) zu veröffentlichen. Der Verkaufserlös
auch für deutsche Zwangsarbeiter einzu- wird Opfern von rechter Gewalt gespendet. www.opferperspektive.de ■
setzen, nachdem für ausländische und jü-
dische Zwangsarbeiter 10 Milliarden DM
zur Verfügung gestellt worden sind?“
„Ist die Bundesregierung angesichts der werden.“ Die Frage sei jedoch, ob „das Ausgerechnet Henry Fords „Der inter-
Wirtschaftsentwicklung und des Rück- Übermaß der Wahrheiten über die verbre- nationale Jude“ muss für Hohmanns Argu-
gangs der Steuereinnahmen bereit, ihre cherischen und verhängnisvollen 12 Jahre mentation herhalten. Die Juden, so die
Entschädigungszahlungen nach dem der NS-Diktatur nicht a) instrumentali- Kernaussage von Fords gesammelten Auf-
Bundesentschädigungsgesetz (also an – siert wird und b) entgegen der volkspäda- sätzen, hätten sich in verschwörerischer,
vor allem jüdische – Opfer des Nationalso- gogischen Erwartung in eine innere Ab- geheimbündlerischer Absicht zusammen-
zialismus) der gesunkenen Leistungsfähig- wehrhaltung umschlagen könnte.“ Die getan, um die Weltmacht mittels wirt-
keit des deutschen Staates anzupassen?“ immer gleiche Wahrheit müsse geradezu schaftlicher Macht, insbesondere durch
Die Antworten hätten Hohmann klar psychische Schäden bewirken. die Kontrolle der Geldwährung an sich zu
gemacht, dass es sich genau so verhalte, Um das bisher Gesagte zusammenzu- reißen. Fords Schriften basieren auf den
wie er es vermute: „Hauptsache, die deut- fassen: Die Deutschen sind also davon ge- „Protokollen der Weisen von Zion“, die er
schen Zahlungen gehen auf Auslandskon- schädigt, dass sie immer wieder mit der auszugsweise in seiner Wochenzeitung
ten pünktlich und ungeschmälert ein. Da- eigenen Schuld konfrontiert werden, des- „The Dearborn Independent“ publizierte.
für müssen die Deutschen den Gürtel halt wegen geben sie ihr Geld ins Ausland an- 1927 kam es zu einer offiziellen Entschul-
noch ein wenig enger schnallen.“ statt in die eigene marode Wirtschaft zu digung Fords für seine antisemitischen Pu-
Grund dafür ist natürlich die deutsche investieren. blikationen, der einzige Ausweg für den
Geschichte. Niemand könne ernsthaft den So weit so gut, mag sich der Leser den- Industriellen aus einem langwierigen ima-
Versuch unternehmen, die deutsche Ge- ken, mit diesen Ansichten steht der Abge- ge-schädigenden Prozess. Ford blieb
schichte vergessen zu machen, „wir alle ordnete ja nicht alleine da, Herr Walser selbstverständlich der alte und wurde
kennen“, so Hohmann, „die verheerenden hat bereits vor fünf Jahren Entsprechen- schließlich zu einem großen Bewunderer
und einzigartigen Untaten, die auf Hitlers des verlauten lassen. Hitlers. 1938 nahm er einen hohen Orden,
Geheiß begangen wurden.“ Aber – es gibt Wer bisher versucht haben sollte, Herrn das „Adlerschild des Deutschen Reiches“
natürlich ein Aber –, je weiter die Nazi- Hohmann in gutem Licht zu sehen, dem entgegen.
Zeit zurückliege, desto stärker werde sie werden bald die Haare zu Berge stehen. Auch jüdische Kronzeugen führt Martin
in der deutschen Gegenwart präsent. Denn der CDUler stellt darauf die provo- Hohmann für seine Argumentation ins
Damit meint Hohmann nicht etwa die zierende Frage: „Gibt es auch beim jüdi- Feld. So habe der „Jude Felix Teilhaber“
Horden von Neonazis, die durch das de- schen Volk, das wir ausschließlich in der 1919 gesagt: „Der Sozialismus ist eine jü-
mokratische Deutschland ziehen. Von die- Opferrolle wahrnehmen, eine dunkle Sei- dische Idee... Jahrtausende predigten unse-
sen Leuten würde keine Gefahr ausgehen, te in der neueren Geschichte oder waren re Weisen den Sozialismus.“ Auch die Be-
schließlich erteilen die deutschen Wähler Juden ausschließlich die Opfer, die Leid- gründer von Kommunismus und Sozia-
an der Wahlurne „diesen Dumpfbacken tragenden?“ lismus, alle voran Karl Marx, seien Juden
jeweils eine klarere Abfuhr, als das in ver- Die Juden und der Bolschewismus gewesen.
gleichbaren Nachbarländern geschieht.“ Es folgt in Hohmanns Rede eine detail-
Nein, Hohmann sorgt sich wegen der „all- Hohmann findet denn auch so einiges, wo lierte Auflistung, wie viele Juden in revo-
gegenwärtige(n) Mut-Zerstörung im na- die Juden Dreck am Stecken haben. Es lutionären Gremien vertreten waren. Vier
tionalen Selbstbewußtsein“, die aus dem geht einmal wieder in die Ecke von Ernst Juden im siebenköpfigen Politbüro der
ständig präsenten Vorwurf, die Deutschen Nolte, die Verbrechen des Nationalsozia- Bolschewisten von 1917. 28,6% des revo-
seien das „Tätervolk“, herrühre. lismus werden mit den Verbrechen des lutionären Zentralkomitees in Rußland
Martin Hohmann ist ein Mensch, der Bolschewismus aufgerechnet und die Ein- von 1917. Ferdinand Lassalle, Eduard
für Klarheit und Wahrheit ist, „es soll, zigartigkeit des NS-Genozids an den Ju- Bernstein, Rosa Luxemburg, sechs von
darf nicht verschwiegen und beschönigt den verschleiert. vier KP-Führern in Deutschland waren
Hamburg. Wer meint, die CDU würde „Wer ist Herr Nitzsche?“, soll schismus, heute ist es die ‘Vergangen-
nach der Hohmann-Affäre nun mit ihrem CSU-Fraktionsgeschäftsführer heitsbewältigung’ und der ‘Dank für die
extrem rechten Rand aufräumen, irrt. Die Peter Ramsauer nach bekannt Befreiung’ - aufzwingen will.“ Zudem
CDUler, die sich um die „Die Deutschen werden rassistischer Äußerungen gegen- sieht das Ex-DSU-Mitglied Nitzsche die
Konservativen e.V.“ (Ehrenpräsident über Muslimen des Bundestagsabgeord- deutsche Vergangenheit in für ihn ganz ei-
Heinrich Lummer, CDU) versammelt ha- neten Henry Nitzsche (CDU) gefragt ha- genem Licht: „Wir sollten nicht verges-
ben, stehen dem CDU-Rechtsausleger ben. Vielleicht kennt Ramsauer den sen, daß weder Amerika noch die ‘Ver-
Hohmann in nichts nach. Ein Blick in die sächsischen Hinterbänkler wirklich gangenheitsbewältigung’ unser Souverän
neueste Ausgabe der „DZ - Konservative nicht, bei dessen Affinität zur bayrischen ist, sondern das deutsche Volk.“
Deutsche Zeitung“, die sich auch in der CSU allerdings schwer vorstellbar. Ein frei gewählter CDU-Bundestagsab-
Tradition des mittlerweile eingestellten Bekannter ist Nitzsche da schon bei der geordneter ist Nitzsche also, der nach
„Deutschland-Magazins“ sieht, beweist rechtsextremen Zeitschrift „Junge Frei- 1989 nun endlich sagen darf, was er
die engen Beziehungen vom rechten Rand heit“. Im März 2003 gab er als „CDU- denkt. Ein Politiker, der Vergangenheits-
der CDU/CSU zur extremen Rechten. Bundestagsabgeordneter“ und „Mitbe- bewältigung auf ganz eigene Art betreibt.
„DZ“-Chefredakteur Ivan Denes ge- gründer des Demokratischen Aufbruch“ Nitzsche führt in der „Jungen Freiheit“
hört der „Preußischen Gesellschaft Ber- dem rechten Periodikum unter dem Titel außerdem an, er habe seinen damaligen
lin-Brandenburg“ an und war auch Autor „Die deutsche Fahne schwenken“ ein „Protest“ gegen den Irak-Krieg satzungs-
in der „Jungen Freiheit“ und dem „Ost- Interview. Das Gespräch in der rechtsex- gemäß der Fraktionsführung vorher infor-
preußenblatt“. Denes referierte bei der tremen Postille firmierte unter der Headli- mativ zur Kenntnis gegeben. Kann man
Berliner Burschenschaft Gothia und war ne „Der CDU-Bundestagsabgeordnete also davon ausgehen, die CDU/CSU-
unlängst noch Teilnehmer des Sommer- Henry Nitzsche widersetzt sich in der Fraktionsspitze sei nicht unbedingt so uni-
festes der „Jungen Freiheit“. Als Autor Irak-Frage seiner Fraktion und fordert na- formiert über Nitzsches aktuelle rassisti-
der „DZ“ darf natürlich auch der bereits tionales Selbstbewußtsein statt ‘Dank für sche Ausfälle gewesen?
wegen „Volksverhetzung“ verurteilte ehe- die Befreiung’“. Ebenfalls in der „Jungen Freiheit“ ver-
malige „BILD“-Redakteur Joachim Sie- Angesprochen auf seine bekannte Hal- suchte Nitzsche bereits im November
gerist nicht fehlen. Der hat gerade als Vor- tung zum Mangel an deutscher Souverä- 2002 mit einer politischen Verbal-Attacke
sitzender des Hamburger Vereins in einem nität, antwortete Nitzsche „dass viele über die von „Rot-Grün angestrebte Zu-
Rundbrief zur Solidarität mit Martin Hoh- Menschen in den alten Bundesländern of- wanderung und damit Veränderung des
mann („hochanständiger Mann“) aufgeru- fenbar vergessen haben, wie die deutsche Deutschen Volkes“ braun punkten zu wol-
fen und berichtet in der „DZ“, dass er nun Fahne aussieht!“ Er weiß es und habe sie len. Der Ort solcher Veröffentlichungen
auch Mitglied des „Freundeskreises der natürlich auch geschwenkt, betont Nitz- spricht, wie Nitzsche selbst, eine deutli-
Konrad-Adenauer-Stiftung“ geworden sche, und zwar „nicht nur für die Einheit che Sprache.
sei. Dort hatte sich Siegerist auch zu- unseres Vaterlandes, sondern auch für die Aber vielleicht ist das ja alles nur „eine
gleich über die angebliche „Verhunzung“ Freiheit und den ‘aufrechten Gang’“. Sei- Erfindung des Jusos“, wie ein CSU-Mann
und „Vermischung“ der deutschen mit der ne Begründung für schwarz-rot-gold ist die „Nitzsche-Affäre“ gegenüber den Me-
englischen Sprache in einer Informations- simpel wie politisch eindeutig: „Für viele dien einstufte. Auf der Homepage von
schrift der Stiftung beschwert. Deutsche hier war sie ein Zeichen, end- Nitzsche sind derzeit, aus welchen Grün-
Die Mitgründerin der Berliner CDU, lich das sagen zu dürfen, was man denkt den auch immer, Gästebuch und Link-
Ursula Besser, macht sich für ein „Zen- und seinem Gewissen folgen zu können, sammlung nicht auffindbar. Immerhin er-
trum gegen Vertreibungen“ in Berlin stark statt tun zu müssen, was man uns im Na- reicht man Nitzsches Website noch unter
und auch der Ehrenpräsident der „Deut- men der angeblichen ‘Lehren aus der Ver- „power-cdu“. Wem das nicht Kraft für Ta-
schen Konservativen“, der Berliner CDU- gangenheit’, - damals war das der Antifa- ten gibt? Olaf Meyer, Dresden ■
Rechtsaußen Heinrich Lummer, ist mit ei-
nem Beitrag vertreten. Neben dem Präsi-
denten der „Preußischen Gesellschaft
Berlin-Brandenburg“, Volker Tschapke Mit einem Beitrag über den „Mythos“ tung „Deutsche Stimme“ ein Interview
(„Das Vaterland ist in Gefahr“), neuer- RAF ist der ehemalige SDSler Bernd Ra- gab, lobt in seinem Artikel die Initiative
dings einer der beiden Komture des „Bis- behl vertreten. Der Mitarbeiter des „Fo- Siegerists, rechte Kleingruppen und
marckordens“, findet sich in der „DZ“ schungsverbundes SED-Staat“ referiert Kleinparteien einen zu wollen und hofft,
auch ein Artikel von Klaus C. Holmar. heute vor Burschenschaftlern und beim nun endlich zu einer „vereinigten politi-
Holmar berichtet dort über eine umstritte- um die „Junge Freiheit“ angesiedelten schen Kraft“ auf der Rechten zu kommen.
ne Kranzschleife einer „Kameradschaft „Institut für Staatspolitik“. Die Achse Auf dem nächsten Kongreß der „Die
Ostara“ in Nordhausen. Holmar weiß, zum FPÖler Jörg Haider, zu dem „Die Deutschen Konservativen“ Ende Februar
wovon er spricht. 1994/95 war er für das Deutschen Konservativen“ Verbindungen 2004 im Harz soll auch wieder der CDU-
„Deutsche Rechtsbüro“ tätig, das in neo- unterhalten, wird in der „DZ“ von Dr. An- Mann Prof. Hans-Helmuth Knütter spre-
faschistischen Publikationen für seine dreas Skorianz repräsentiert, der über die chen. Der „Experte“ in Sachen Anti-Anti-
„Merklisten“ mit Verhaltensmaßregeln „Koskaken-Tragödie in Tirol“ schreibt. fa („Handbuch des Linksextremismus“)
und Rechtsmitteln wirbt. 1994 erschien Die Bundesvorsitzende der christlich-fun- tritt auch bei der neofaschistischen „Ge-
auch ein Text von Holmar in der neofa- damentalistischen „Christlichen Mitte“, sellschaft für freie Publizistik“ (GfP) auf.
schistischen Zeitschrift „Deutschland in Prof. Adelgunde Mertensacker, Mitgrün- Auch Jan Timke, zuletzt Landesvorsitzen-
Geschichte und Gegenwart“ („Grabert- derin des Hamburger Vereins und Refe- der der Schill-Partei „PRO“ in Bremen
Verlag“), wo er unter der Überschrift „Die rentin bei den sog. „Republikanern“, be- und Interviewpartner der „Jungen Frei-
Gaskammern und die bundesdeutsche richtet über „Scharlatane und Quacksal- heit“ und die Hamburger Rechtsanwältin
Justiz“ über den „Volksverhetzungs“-Pro- ber“ auf dem Gebiet der Medizin. Dr. Hei- Gisa Pahl, einst Mitarbeiterin in der
zess gegen den damaligen NPD-Bundes- ner E. Kappel, Vorsitzender der „Deut- Kanzlei des Neonazi-Anwalts Jürgen Rie-
vorsitzenden Günter Deckert berichtete. schen Partei“, der im Mai der NPD-Zei- ger werden dort erwartet. hma ■
S
eit der Reichspogromnacht vor 65 Am 9. November wurde der Grund- im Juni 1938 noch vor der Reichspogrom-
Jahren spielte sich das alltägliche stein für das neue jüdische Zentrum nacht von den Nazis abgerissenen Haupt-
jüdische Leben in München un- in München gelegt synagoge in der Herzog-Max-Straße. Es
sichtbar hinter streng bewachten Mauern ist die einzige noch existierende Grund-
ab. Mit der Grundsteinlegung am 9.11. für Neue Heimat für steinbüchse einer zerstörten Synagoge.
das neue jüdische Zentrum auf dem „Ein Schandfleck verschwindet“, hatte
Sankt-Jakobsplatz kehrt es wieder sicht- jüdisches Leben der „Stürmer“ gejubelt, als auf
bar und erfahrbar in das Herz der Stadt dem Gelände des jüdischen Got-
zurück. „Wer baut, der bleibt“ bekannte garten, eine Sozialsta- teshauses ein Parkplatz gebaut
Charlotte Knobloch, Präsidentin der Is- tion, eine Grund- und wurde. Für Juden in ganz
raelitischen Kultusgemeinde München eine Volkshochschule, Deutschland war dies das Signal,
und Oberbayern. „Seit dem 9.November ein Jugend- und ein Se- dass die nationalsozialistische Ju-
1938 war ein Teil von mir immer noch auf minarzentrum sowie denverfolgung in eine neue elimi-
der Flucht. Heute Abend werde ich damit eine Bibliothek befin- natorische Etappe ging, die keinen
beginnen, diese Koffer zu öffnen und je- den. Ein koscheres Res- Platz mehr für jüdisches Leben in
des einzelne Teil an den Platz zu räumen, taurant und ein Kultur- Deutschland lassen sollte. Kurz
den ich dafür freigehalten habe. Heute zentrum sollen dazu nach dem 9. November 1938 be-
nach 65 Jahren bin auch ich ganz wieder beitragen, das Zentrum gann die Deportation jüdischer
in meiner Heimat angekommen.“ Unter zu einem Ort der Be- Männer ins KZ Dachau. 1945 fan-
den geladenen Gästen befanden sich gegnung von Juden und den die amerikanischen Truppen
Bundespräsident Johannes Rau, Minister- Nichtjuden zu machen. in der ehemaligen „Hauptstadt der
präsident Edmund Stoiber, Oberbürger- Ein Drittel des 60 Milli- Bewegung“ gerade noch 84 Ju-
meister Christian Ude, der Präsident des onen teuren Neubaus wird durch den Ver- den. Vor Beginn der NS-Diktatur waren
Zentralrats der Juden in Deutschland Paul kauf des Grundstücks finanziert, auf dem es 9000. Fast so viele Münchner beken-
Spiegel und der Israelische Botschafter die 1938 zerstörte Hauptsynagoge stand. nen sich heute wieder zum Judentum.
Simon Stein. Nach der Grundsteinlegung Der Freistaat Bayern fördert das Projekt Nachdem in den 90er Jahren viele Juden
wurde der Bauplatz für die Allgemeinheit mit sieben Million Euro. Den Rest des aus der ehemaligen Sowjetunion nach
geöffnet. Prominente und Zeitzeugen Geldes bringen Spender auf. Den Bau- München gekommen sind, verfügt die
stellten sich Fragen zur Vergangenheit grund selber hatte die Stadt München der Stadt heute über die zweitgrößte jüdische
und Zukunft der fast 1000 jährigen jüdi- Israelitischen Kultusgemeinde kostenlos Gemeinde in Deutschland. „Die Erinne-
schen Gemeinde in München und Paul überlassen. Die Stadt tritt auch als Bau- rung an die Vergangenheit ist ein wesent-
Spiegel beantwortete bei einer Buchprä- herrin des Jüdischen Museums auf, des- licher Teil des geistigen Fundaments, auf
sentation die Frage „Was ist koscher?“ sen Schwerpunkt auf der Geschichte der dem wir unsere Zukunft bauen“, erklärte
Bis zum Jahr 2007 soll die neue Heimat Münchner jüdischen Gemeine als Ein- Charlotte Knobloch bei der Grundsteinle-
der Münchner jüdischen Gemeinde voll- wanderergemeinde liegt. gung. Symbolisch hierfür wurde eine
endet werden. Eine gläserne Kuppel über Rechtzeitig zur Grundsteinlegung hat- Kassette mit Namenslisten der während
der neuen Hauptsynagoge wird Offenheit ten Historiker im Münchner Stadtarchiv des Holocaust ermordeten jüdischen
und Zuversicht symbolisieren. Im Ge- einen Fund von hoher historischer Bedeu- Münchner zusammen mit der Grundstein-
meindezentrum werden sich ein Kinder- tung gemacht: die Grundsteinbüchse der büchse im Jakobsplatz versenkt.