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wendelinus
bote
02/2010
Ausschnitt
unserer Krippe
in St. Vitalis
Der Statthalterhof im Spiegel
historischer Urkunden der Antoniter.
Es mag sein, dass dem heimatgeschichtlich interessierten Betrachter der
liebevoll gestalteten Krippe in St. Pankratius anstelle der Weihnachtsge-
schichte oder vielleicht anstelle der Dreikönigsreliquien der tragische Ein-
sturz des Historischen Archivs der Stadt Köln in den Sinn kommt. Nämlich
dann, wenn er schon einmal die für Junkersdorf heimatgeschichtlich so
bedeutsamen Urkunden in Händen hielt, von denen nun niemand genau
sagen kann, ob sie geborgen
wurden und in welchem Zustand
sie sich befinden.
Fotos:
Krippenbauer
St. Pankratius
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Die Urkunde von1280:
Wie es zum Namen „Sterrenhof“ kam
Die erste bedeutsame Urkunde ist eine besonders eindrucksvolle mit ur-
sprünglich neun und zuletzt noch sieben erhaltenen Siegeln. Sie ist die
älteste Urkunde des Antoniterbestandes und gleichzeitig die älteste Urkunde
zum Statthalterhof.
Aus dem lateinischen Text lässt sich der ältere Name „Sterrenhof“ herleiten,
denn der Name „Sterrenhof“ geht sicherlich auf jenen Hermann Sterre
(„Hermano da Sterre“) und seine Gattin Agneta zurück, die gemäß dieser
Urkunde am 29. November 1280 den Hof hinter der Kirche mit 108
Morgen Land zu je 19 Solidos von Daniel von Bachem und seiner Ehefrau
Sophia erwarben.
Der Verkäufer Daniel von Bagheym (Sohn von Winrich von Bagheym und
seiner Gemahlin Sophie) ist Nachkomme des des kölnischen Ritterge-
schlechts Scherffgen, dass politischer Inhaber der Dörfer Bachem, Frechen,
Buschbell und Junkersdorf war.
Mit der Übertragung des Hofes wird auch die Herrlichkeit übertragen.
Damit geht die Rechtsprechung für die Burschaft von Junkersdorf auf den
Eigentümer über aber auch und das Recht mit Hilfe der Halfen und der
Lehensleute und die Wege und Wasserstellen (wie zum Beispiel das
„Himmelreich“ an der
danach benannten
Straße Am Himmel)
in Ordnung zu halten“.
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Abb. links: Ausschnitt aus der Urkunde von 1425 aus dem 2009 eingestürzten historischen
Archiv der Stadt Köln, Nr. 181/3/170 im Findbuch (Foto R. Selbach, Januar 2009).
Abb. rechts: Der Sterrenhof „hinder der kirchen“; Ausschnitt aus bekannten Karte von 1777.
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zur 1000-Jahr-Feier im Jahre 1962 eine stilisierte Plastiknachprägung gab,
die vermutlich der ein oder andere Bürger verwahrt hat, hängt im Original
an der dritten hier vorgestellten Urkunde.
Das Siegel, zeigt mit St. Antonius (für den Tönneshof) und St. Gereon (für
den Frohnhof) die Patrone des Klosters des hl. Antonius und des Stifts
St. Gereon, also der beiden Kölner Konvente, die in Junkersdorf reichen
Grundbesitz und Einfluss hatten.
Für die Antoniter steht (links) der Heilige Einsiedler Antonius Abbas mit
Kreuzstab, Glocke und dem Antoniterkreuz auf dem Wppen (links, fast
vollständig in der Legende).
Der „T“-förmige Kreuz der Antoniter ist wohl vielmehr aus der frühen Dar-
stellung des Heiligen Antonius des Großen entstanden, der meist (z.B. am
Isenheimer Altar) mit einem Stab (urspünglich wohl dem Wandestab des
Heiligen) dargestellt wird, welcher in einem »T«-förmigen Kreuz ausläuft.
Das ist beim Junkersdorfer Schöffensiegel auch der Fall, wenngleich
spätere Zeichnungen und Nachbildungen einen Kreuzstab zeigen. Da sich
die Antoniter der Krankenpflege widmeten, wird das Antoniterkreuz regel-
mäßig auch als Krücke für Gelähmte gedeutet, die an der durch den
Mutterkornpilz (claviceps purpurea) an Roggenähren ausgelösten und
„Antoniusfeuer“ genannten Seuche erkrankten. So wurde also aus dem
Wanderstab der stilisierte Krückstock.
Auch die abgebildete Glocke in der linken Hand des Heiligen Antonius
hat ihre Bedeutung. Sie weist auf Almosensammlungen hin. Die benötigten
Geldmittel für die Krankenpflege wurden durch sogenannte „Terminierer
aufgebracht. Zu erkennen an dem hellblauen Taukreuz, das sie an ihrem
schwarzen Mantel trugen, durchstreiften sie mit päpstlichen Empfehlungen,
oft eine Reliquie („Heiltumb") mit sich führend, alljährlich die Region. Bei
ihren Kollekten machten sie sich mit (teilweise auch am Wanderstab ange-
brachten) Glöckchen bemerkbar.
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St. Gereon (rechts) erkennt man am Wappen des Stiftes St. Gereon auf
dem Schild. Als Heerführer in Ritterrüstung hält er eine Fahne mit dem
Kreuzzeichen. Das bedeutungsvollere und weitaus am meisten begüterte
Stift St. Gereon scheint somit die Antoniter unter seinen Schutz zu stellen,
wobei die Antoniter Wert darauf legten, dass die „Herren von St. Gireon“
in „gemehntsachen nicht mit zu reden“ hätten. Dies mag sich im Zeitverlauf
auch geändert haben denn es wird vermutet, dass der „Tönneshof“ und
der Frohnhof (im Besitz des Stift St. Gereon) sich zeitweise die Zuständig-
keiten teilten und daher das Siegel mit den Patronen beider Konvente ge-
meinsam benutzen.
In der Legende am Rand des Siegels liest man bei späteren Zeichnungen
und Nachbildungen häufig „Siegel der Schöffen von Junkersdorf“. Tat-
sächlich kann man links oben eher entziffern: „S. des hohe(n)“ und rechts
oben „Gerichtz“. Die Schrift im unteren Teil kann man leider beim besten
Willen nicht mehr entziffern.
Kommen wir nochmals zurück zum
„Taukreuz“ am Beginn dieser
Legende, das in der Mythologie des
alten Orients als Zeichen der
assyrischen Herrscher die Voll-
endung symbolisiert und das eben-
so zum Symbol des Franziskaner- Abb. oben:
ordens wurde: Schlussstein in der Zeichnung des Siegels des Hohen Gerichts
Antoniterkirche der Schildergasse zu Gunterstorp, bekannt als Schöffensiegel.
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Abb. links: Wappen der Gemeinde Lövenich mit dem Taukreuz für Junkersdorf vom 9.
Januar 1937. Abb rechts: Schlussstein in der Antoniterkirche der Schildergasse
(http://www.antonitercitykirche.de)
Das Taukreuz führt uns abschließend auch noch in die Antoniterkirche auf
der Schildergasse in der Kölner Innenstadt. Dort zur Decke blickend findet
man das Taukreuz in leuchtendem Gold auf rotem Hintergrund auf dem
zweiten Schlussstein des Deckengewölbes.
Die Kirche der Antoniter in der Schildergasse wurde in der Zeit von 1350
bis 1378 erbaut, also von der Vollendung gerechnet etwa 50 Jahre bevor
die Antoniter den Besitz in Junkersdorf erwarben. Das Grundstück hatten
die Antoniter aber schon 1298 bei der Auflösung des Bettelordens der
Sackbrüder erhalten. 1802, im Zuge der Säkularisation während der
französischen Besatzung des Rheinlandes, wurde den Protestanten, denen
erstmals das Recht der freien Religionsausübung zugestanden wurde, die
Antoniterkirche und die angrenzenden Gebäude zugesprochen.
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Einer der Halfen während der Herrschaft der Antoniter ist übrigens 1696
Johann Herr(i)ger (Sohn des Stüsserwirthen am Nippes). Dieser heiratet als
Witwer Christina Clemens (St. Gertrudshof). Deren am 12. Januar 1716
geborener Sohn Wilhelm Herriger spielt auch eine besondere Rolle für
Junkersdorf. Er war nämlich 22 Jahre lang Abt von Brauweiler und
schenkte der Junkersdorfer Pfarrkirche am 1. August 1765 Reliquien des
heiligen Pankratius. Der Abt starb am 4. Juli 1778 „am Schlage“. Hierzu
darf ein weiterer kleiner Exkurs nicht fehlen: Das Reliquiar wurde nämlich
1919 von Einbrechern gestohlen, woraufhin die Pfarrei 1928 Ersatz aus
der Lipsanothek in Rom erhielt (vermutlich zu dieser Zeit aus der Lateran-
basilika, da die Reliquien erst 1966 wieder in der Basilika S. Pancrazio
überführt wurden). Der Heimatforscher Dünn fand 1896 in den Kirchen-
büchern außerdem noch folgende Statthalfen 1629 Kneustgen, 1636
Knisgen, Peter Damen und Margaretha Höningen, 1676 Friedrich
Wermelskirchen, 1739 Jacob Knapp (durch Heirat von Margaretha
Herriger), 1783 Fredericus Paefgen und Christine K(n)app.
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Dompropst und späteren Weihbischof Anton Gottfried Clässen. Um 1896
kaufte die Stadt Köln den Hof, deren letzter Pächter bis nach 1950 der
Landwirt Matthias Bauer („Buursch Matthes“) war. Nach dessen Tod er-
warb Sophie Stegemann, eine Nichte von Franziskus Graf Wolff Metternich
zur Gracht, das Anwesen. Zeitweise diente der Besitz als Reitschule.