Discover millions of ebooks, audiobooks, and so much more with a free trial

Only $11.99/month after trial. Cancel anytime.

Ausradiert: Wenn Hass zu Liebe wird
Ausradiert: Wenn Hass zu Liebe wird
Ausradiert: Wenn Hass zu Liebe wird
Ebook390 pages5 hours

Ausradiert: Wenn Hass zu Liebe wird

Rating: 0 out of 5 stars

()

Read preview

About this ebook

Damian Drake nennt sein neues Buch AUSRADIERT, eine wahre Geschichte, die mein Leben schrieb. Und wie auch schon bei Amoklauf Tagebuch oder Im Rausch der Love Parade öffnet der junge Autor aus Neuseeland eine Schachtel, in der er all jene Ereignisse aus seinem Leben sammelt, um sie früher oder später zwischen zwei Buchdeckel zu packen. AUSRADIERT hat Damian Drake bereits mit 13 Jahren geschrieben, allerdings erst jetzt zur Veröffentlichung freigegeben. Und in dem autobiographischen Roman schockt der Autor erneut seine Leser mit der nackten Wahrheit um seine Person. Denn seine Kindheit und Jugend war alles andere als schön verlaufen! Doch der neue Roman hat auch magische und phantastische Elemente, die AUSRADIERT zu einem ganz besonderen Buch machen. In dieser Geschichte entdeckt der Junge sein Talent, dass er sich eine eigene Welt erschaffen kann, in der er die Drähte zieht. Er malt eine triste Landschaft, in die allmählich Farbe kommt, nicht zuletzt, als er dort auf Lars trifft, einen Jungen, der von seinen Eltern nackt am Wegesrand ausgesetzt wurde ... Und mit der Zeit nimmt eine Geschichte ihren Lauf, die eine ganz besondere Wendung im Leben aller Beteiligten aufzeigt. Denn was passiert, wenn aus Hass Liebe wird oder aus Liebe Hass? Dann steuert der Junge auf ein Schicksal zu, das er sich so in seinen kühnsten Träumen nicht ausgemalt hätte ...
LanguageDeutsch
Release dateJun 10, 2014
ISBN9783955779306
Ausradiert: Wenn Hass zu Liebe wird

Read more from Damian Drake

Related to Ausradiert

Related ebooks

Biographical/AutoFiction For You

View More

Related articles

Reviews for Ausradiert

Rating: 0 out of 5 stars
0 ratings

0 ratings0 reviews

What did you think?

Tap to rate

Review must be at least 10 words

    Book preview

    Ausradiert - Damian Drake

    www.facebook.com/DamianDrakeAusradiert

    Kapitel 1

    Viele, die mich kennen, würden mit Gewissheit behaupten, dass ich ein sehr glückliches und zufriedenes Kind gewesen war, dass sich da hinter den dunkelbraunen Augen und dem stets lachend dreinblickenden Gesicht verbirgt. Das dem aber nicht so war, wird meine hier niedergeschriebene Geschichte verdeutlichen. Denn ich bin keineswegs das glückliche Kind gewesen, für das mich alle halten! Ich muss nicht einmal weit zurückgehen, um die Anfänge dieser Geschichte aufs Papier zu bringen. Viel zu schmerzvoll waren oder sind die Erinnerungen daran, als mich mein Vater mal wieder grundlos, jedenfalls für meine Begriffe, verprügelte und mir dabei die Nase brach.

    Das geschah vor wenigen Wochen, kurz nachdem ich 13 Jahre alt wurde. Doch das war nur einer der wenigen Höhepunkte der Eskalationen zwischen mir und meinem Vater, die wohl schon vor Jahren ihren Anfang genommen hatten. Jedenfalls kann ich mich nicht daran erinnern, dass es mal eine Zeit gegeben hatte, in der ich nicht geschlagen oder gar misshandelt wurde. Oft fragte ich mich, an was es nur liegen könnte, dass ich derart in Ungnade gefallen war bei meinem Vater und warum meine Mutter als Zaungast lediglich Zuschauerin blieb, die aber nie eingegriffen hätte, wenn es wieder und immer wieder zu Übergriffen kam.

    Dabei war ich kein Einzelkind, auch wenn ich mich sehr oft so fühlte. Ich hatte noch zwei Schwestern: Sabrina war zwei Jahre jünger als ich und das Nesthäkchen Jessica war sieben Jahre jünger. Die kleine Prinzessin, wie sie mein Vater immer nannte. Schon früh hatte ich bemerkt, dass er meine beiden Schwestern irgendwie anders behandelte, sie gar bevorzugte. Sie hatten förmlich Narrenfreiheit. Und nicht selten wurde ich für deren Fehler (mit) zur Verantwortung herangezogen. Ich hatte nie erlebt, dass mein Vater auch nur einmal seine Hand gegen sie erhob. Ganz im Gegenteil. Sie bekamen stets die Aufmerksamkeit und Geborgenheit, nach der ich mich so sehr sehnte. Und was ich auch anstellte, von diesen elementaren Dingen etwas abzubekommen, scheiterte ich immer an der väterlichen Gewalt, die mir entgegengebracht wurde.

    Längst waren die Gewaltausbrüche meines Vaters nicht das Einzige, vor denen ich mich fürchtete. Denn mein Vater hatte noch eine andere Methode, mich zu quälen oder zu demütigen. Wann immer es eine Kleinigkeit zu bestrafen gab, verdonnerte er mich oft zu tage- oder wochenlangem Hausarrest, in denen ich nicht einmal mein Zimmer verlassen durfte.

    Ich fühlte mich in diesen Zeiten wie ein Gefangener, wie ein Verstoßener. Schlimmer noch, denn einem Gefangenen stand zumindest eine Freistunde im Hof zu, von der ich nur träumen konnte. Wenn er mich wenigstens für Dinge bestraft hätte, die einen Sinn machten, dann hätte ich diese Strafen zähneknirschend hingenommen. Aber oft waren es völlig belanglose Dinge, die in keinem Verhältnis zu den Strafen standen.

    Nur um mal ein Beispiel hier anzuführen, damit ihr euch vorstellen könnt, was ich damit meine: Er hat mir doch tatsächlich mal eine Woche lang Hausarrest erteilt, nur weil ich die Decke im elterlichen Schlafzimmer unordentlich machte und das auch nur, weil ich wütend geworden war, dass er mir meine Stifte weggenommen hatte. Solche belanglosen Beispiele könnte ich hier zu hunderten aufzählen und damit unzählige Seiten füllen, die stets in einem Hausarrest endeten.

    Doch das möchte ich nicht. Vielmehr möchte ich euch erzählen, was ich während meiner Isolation auf meinem Zimmer erlebte und was für ein Schauspiel aufgeführt wurde, wenn wir mal Besuch bekamen, ich aber noch immer einen Hausarrest absitzen musste. Weil aber Besuch von meinen Großeltern eher zur Ausnahme gehörte, will ich euch zuerst berichten, wie ich trotz der Entfremdung zu meiner Familie nie den Mut verlor, dass alles irgendwann besser werden würde.

    Zu meinem 13. Geburtstag hatte ich von meinen Großeltern eine riesige Packung mit 48 Buntstiften und einen dicken Malblock geschenkt bekommen, den ich allerdings monatelang nicht angesehen hatte. Viel zu sehr war ich damit beschäftigt, mich an meinen Möbeln austoben.

    Während dieser Zeit waren zwei Bettrahmen unter mir zerbrochen, die natürlich wieder neue Strafen nach sich zogen. Statt mir aber endlich mal zuzuhören, hielt man mich lieber unter Verschluss!

    Die Stofftiere aus meiner Kindheit mussten oft Folterungen über sich ergehen lassen, da ich mich an denen für meine Situation zu rächen versuchte. Irgendjemand musste doch meinen stetig anwachsenden Frust auffangen. Und da kamen hilflose Stofftiere, wie der dicke Bär, doch gerade recht. Nicht selten flogen ihre Gliedmaße in alle Himmelsrichtungen, bis alle zerstört in einer Truhe unter meinem Schreibtisch ihr letztes Grab fanden. Erst kurz vor Weihnachten, als es kaum noch ein heiles Spielzeug in meinem Zimmer gab, besann ich mich auf die Buntstifte und den Malblock.

    Wie jeder andere Junge in meinem Alter war auch ich beladen mit tonnenweise Wünschen und Hoffnungen, die mir vor dem Weihnachtsfest durch den Kopf gingen.

    Darin unterschied ich mich nicht von meinen Klassenkollegen, die alle ein oder zwei Jahre jünger waren, weil ich bereits die zweite Ehrenrunde drehte. Meine Wünsche unterschieden sich jedoch von denen von gewöhnlichen Jungen meines Alters. Denn welcher Dreizehnjährige würde ganz weit oben auf seinem Wunschzettel Dinge aufführen, wie das er gerne einen Freund hätte, oder einfach mal nur eine Woche erleben wollte, in der es keine Bestrafungen oder Schläge gab. Dabei wusste ich schon seit Langem, dass es keinen Weihnachtsmann gibt. Dieser Illusion war ich bereits im zarten Alter von sechs Jahren beraubt worden, als mein Vater den von mir geschriebenen Wunschzettel vor meinen Augen zerriss und ihn in der Toilette herunterspülte.

    Alles, was er damals dazu meinte, war, dass ich besser erwachsen werden und der bitteren Realität ins Auge blicken sollte. Und das sagte er zu einem Sechsjährigen, der doch noch voller Hoffnungen und Fantasien war. Trotz dieser Tatsache schrieb ich jedes Jahr aufs Neue einen Wunschzettel, den ich allerdings nicht mehr meinen Eltern gab, sondern in einer kleinen Schachtel unter dem Bett aufbewahrte. Einzig meinen Großeltern äußerte ich noch meine Wünsche, wobei diese damit nicht selten überfordert waren.

    Woher sollten sie auch wissen, warum ich mich derart stark nach einem Freund sehnte? Sie gingen davon aus, dass ich in der Schule jede Menge Freunde hatte – aber was war mit meinem Zuhause? In der Tat, die Schule war für mich die einzige Möglichkeit, noch Kind zu sein. Jede Pause und auch die kurze Zeit davor und danach gehörten zu den wenigen Augenblicken in meinem Leben, in denen ich mit sogenannten Schulkameraden spielen konnte.

    Daher fürchtete ich mich stets vor den Wochenenden aber allem voran den Ferien. Jeder andere Junge fieberte den Schulferien oder einem langen Wochenende entgegen. Sie konnten es kaum noch erwarten, sich in neue Abenteuer zu stürzen. Aber wenn ich mal danach gefragt wurde, ob oder wie viele Freunde ich hatte, dann musste ich nicht lange nachdenken, da es nur einen einzigen Jungen gab, der trotz, dass wir uns in der Schule sahen, so etwas wie ein Freund für mich war.

    Es war der gleichaltrige Dennis, der nur wenige hundert Meter von mir entfernt wohnte. Und obwohl dies keine allzu große Distanz war, so bedeutete diese für mich eine unüberwindbare Entfernung. Dennis lebte im Hier und Jetzt. Er konnte so gut wie alles tun, wonach ihm der Sinn stand. Einzig an unserer Haustür scheiterte er zuweilen, wenn er mich besuchen wollte.

    Wann immer er den Mut aufbrachte und an unsere Tür klingelte, wurde ihm unmissverständlich klargemacht, dass ich entweder nicht da war oder nicht raus durfte, weil ich Hausarrest hatte. Das sprach sich schnell unter den Kindern in meiner Nachbarschaft herum, und so riskierte erst keiner mehr, bei mir zu klingeln. Denn wenn mein Vater die Tür öffnete, so drohte er selbst diesen fremden Kindern körperliche Gewalt an. Aus dieser Angst heraus mieden es alle anderen aus der Nachbarschaft, sich mit mir anzufreunden. Sie machten regelrecht einen großen Bogen um mich, wenn ich denn mal vor die Tür durfte.

    Das diesjährige Weihnachten sollte aber vieles in meinem Leben ändern. Ich konnte jedenfalls meine Mutter davon überzeugen, dass ein Hund doch eine tolle Anschaffung wäre.

    Doch bis zu Weihnachten war es noch ein langer Weg.

    Als ich mal wieder einen ausführlichen Wunschzettel zu Papier gebracht hatte und diesen in der kleinen Schatulle versteckte, in der die gesamten weiteren Wunschzettel zu Weihnachten oder meinem Geburtstag im März sich anhäuften, kramte ich den Malblock hervor. Eigentlich wollte ich auf dem Block ein Bild für die Schule malen, da die Lehrerin von uns wissen wollte, wie wir uns das diesjährige Weihnachten vorstellten. Aber nachdem ich auch noch den vierten Versuch in den Mülleimer unter den Schreibtisch getreten hatte, weil ich mir einfach nicht vorstellen konnte, was sich in diesem Jahr an diesem Fest und auch an meiner beschissenen Situation verändern sollte, saß ich fast den ganzen weiteren Nachmittag vor einem leeren Blatt Papier. Niemandem störte dies. Niemand fragte, ob ich vielleicht Hilfe bräuchte.

    Meine Tür blieb zu. So wie schon unzählige Stunden, Tage und Wochen zuvor. Nur zum Abendessen durfte ich gelegentlich in die Küche hinuntergehen, um mit meiner Mutter und meinen Schwestern gemeinsam zu essen. Das war aber nur möglich, wenn mein Vater wieder Überstunden machen musste. Denn war er pünktlich zuhause, so war es keineswegs selten, dass mir meine Mutter einen Teller aufs Zimmer brachte, und dabei den Teller vom Vortag mit nach unten nahm. Wann immer meine Mutter ins Zimmer kam, lächelte sie, als wäre es die normalste Sache der Welt, seinen Sohn wie einen Aussätzigen, ja wie einen Fremdkörper zu behandeln, den man lediglich am Leben erhalten musste.

    Aber waren die belegten Brötchen und ein Glas Milch wirklich alles, was mich am Leben erhielt? Sie verlor jedenfalls nur selten ein Wort darüber. Noch viel seltener kam es zu einem flüchtigen oder oberflächlichen Gespräch, dessen einziger Inhalt es war, über meine schulischen Leistungen zu sprechen. Da gab es kein Wort darüber, ob ich vielleicht noch gerne etwas mit ihnen spielen wollte. Denn ich spielte für mein Leben gern Gesellschaftsspiele, die sich zu allem Überfluss auch noch in meinem Zimmer in den Regalen stapelten.

    Viele davon sogar noch in ihrer Originalverpackung.

    Und als wäre das nicht schon Strafe genug, sie täglich in meinem Zimmer zu haben, mit der Gewissheit, dass sie niemand mit mir spielte, so war es nicht selten, dass eine meiner Schwestern in mein Zimmer hinaufgeschickt wurde, um von dort eines der Spiele zu holen. Das war blanke Ironie!

    Die Spiele gehörten mir zwar, spielen durfte ich sie aber nicht, da es mir an einen Mitspieler fehlte. Es gab nur wenige Spiele, die ich mit mir selbst spielen konnte. Nicht selten breitete ich ein Brettspiel auf der Matratze meines Bettes aus und schlüpfte einfach auch in die Rolle meines Gegenübers. Da lag es quasi auf der Hand, mich zu betrügen und zu belügen, sodass ich als Gewinner hervorging. Doch diese verzweifelten Versuche, mich in den Nachmittagsstunden ein wenig abzulenken oder zu zerstreuen, waren eher selten.

    Als der Malblock so vor mir lag, und ich stundenlang nicht wusste, was ich malen sollte, fing ich an, mit einem Bleistift darauf herumzukritzeln. Fast schon beiläufig entstanden so ein paar Hügel sowie ein langer schmaler Pfad, der sich am Horizont verlor. Ich wollte diese Skizze schon aus dem Block reißen, als meine Mutter an die Tür pochte und mich aufforderte, endlich ins Bett zu gehen.

    Ich ließ das Bild jedoch auf meinem Schreibtisch liegen und genoss einen der wenigen körperlichen Berührungen, die mir nicht wehtaten. Wann immer mich meine Mutter zudeckte oder zärtlich auf die Stirn küsste, waren alle Tränen und Schmerzen vergessen. Und ich sog diese kurzen Augenblicke wie ein Lebenselixier in mich auf. Hätte es diese kurzweiligen Momente nicht gegeben, wäre ich mit Sicherheit unter meiner Last zerbrochen, ein Kind dieser schrecklichen Familie zu sein.

    Doch es waren gerade diese wenigen Tage vor Weihnachten, die stets einen Silberstreif am Horizont entlang zauberten, wenn mich meine Mutter in den Arm nahm und liebevoll an sich drückte. Oft verharrte sie für eine Weile auf der Bettkante, ehe sie das Licht löschte und mir eine erholsame Nacht wünschte. Dabei fragte ich mich sehr oft, was sie eigentlich damit meinte. Sollte ich mich von dem anstrengenden und kräftezehrenden Tag erholen, oder nur von den Spuren meines geschundenen Körpers, der nicht selten mit Blessuren und blauen Flecken übersät war.

    Das konnte selbst meiner Mutter nicht verborgen bleiben, dass es Stellen an meinem Körper gab, die nicht mehr aufhören wollten zu bluten. Diese schmerzten nicht nur an den Tagen, sondern verfolgten mich auch während der Nacht. Mit jeder Bewegung oder Drehung, mit jedem Strecken, zuckte mein geschwächter Körper zusammen. Wenn es mal wieder überhandnahm, dass man die Flecken schon am Halsansatz sah, wurde ich kurzerhand vom Schulsport und anderen schulischen Aktivitäten freigestellt.

    Obwohl ich glaube, dass es keinem Lehrer verborgen blieb, was bei uns zuhause vor sich ging. So blind konnte doch niemand sein. Die Lehrer hatten bestimmt nur Angst vor meinem Vater und keiner wollte es daher wagen, sich ihm entgegenzustellen. Wer wollte auch schon ein blaues Auge riskieren, nur weil er sich um die Belange eines Jungen scherte? Ich kenne keinen!

    Noch immer lag der Malblock auf dem Schreibtisch, als ich einschlief. Durch die Ritzen des Rollladens fielen vereinzelte Lichtstrahlen in mein Zimmer. Sie zauberten einen Sternenhimmel gegen die Wand und auf die Zimmerdecke und ein einzelner Lichtstrahl schien auf meine Zeichnung.

    Wie ein Vollmond schimmerte dieser über den Hügel, den ich wenige Stunden zuvor gezeichnet hatte. Und ehe ich mich versah, befand ich mich plötzlich auf dem schmalen Pfad. Ich hätte diesen Pfad in zwei Richtungen folgen können. Doch ich entschied mich dazu, den Pfad in Richtung des hell leuchtenden Mondes zu folgen. Außer den dünnen Linien am Wegesrand und der immer wieder wechselnden Horizontlinie gab es nichts weiter zu sehen. Aber dennoch folgte ich diesem Weg. Ich konnte gar nicht mehr aufhören, zu laufen und wurde immer schneller.

    Fast rannte ich sogar und bemerkte, wie der Mond stetig wuchs und mir den Weg wies. Hatte ich einen Hügel erklommen und hinter mir gelassen, da erschien auch schon der nächste am Horizont, den es zu erreichen galt. Der Weg schien unendlich zu sein, bis ich eine Gestalt am Wegesrand erblickte, deren Schatten vom Mond auf den nahegelegenen Hügel projiziert wurde.

    Je näher ich kam, umso mehr sah ich, dass die Gestalt menschliche Züge hatte. Dort am Wegesrand saß ein zierlicher Körper, der seine Beine an sich zog und das Gesicht unter seinen verschränkten Armen verbarg. Als ich vor ihm stand, lunzte dieser kurz auf aber wagte nicht, sich zu bewegen.

    Erst als ich mich vor ihm hinkniete und seine Arme berührte, hob er seinen Kopf und blickte mich mit seinen großen, fragenden Augen an. Das Gefühl, was mich dabei überkam, war das gleiche, als wenn ich in einen Spiegel schaute. Sollte ich etwa einen Seelenverwandten getroffen haben? Hier draußen in diesem Nichts aus weißen Feldern und leblosen Hügeln?

    Die Landschaft erinnerte mich an schneebedeckte Weiten, in denen nichts weiter zu sehen war, als der lange Pfad mit meinen hinterlassenen Fußspuren und die mächtigen Hügel, die den Horizont säumten. Der Mond leuchtete grell und durchbrach das Dunkel, soweit meine Augen sehen konnten. Leise sprach ich den Jungen am Wegesrand an:

    ››Hallo, mein Name ist Manuel, und wie heißt du?‹‹

    ››Sie nennen mich Lars‹‹, antwortete der Junge und löste seine Knie von den umschlungenen Armen. Er war splitternackt und für sein Alter von hagerer Statur. Nur mühsam richtete er sich auf, um mir die Hand zu reichen, die ich dankend annahm.

    ››Sie?‹‹, fragte ich nach. ››Du bist also nicht allein?‹‹

    ››Sie haben mich hier ausgesetzt‹‹, sagte Lars und eine dicke Träne perlte über sein Gesicht, die er zugleich mit der rechten Handfläche über die Wange strich. ››Ganz allein haben sie mich hier zurückgelassen, ohne Kleider und ohne eine Zuflucht für die Nacht.‹‹

    Spontan wollte ich Lars helfen. Am liebsten hätte ich ihm ein Hemd von mir gegeben. Doch als ich mich selbst betrachtete, musste ich feststellen, dass ich nur mit einer Boxershorts bekleidet war – genauso wie ich mich schlafengelegt hatte.

    ››Aber wo sind denn die anderen?‹‹

    ››Siehst du das flackernde Licht hinter dem Horizont?‹‹, erklärte Lars und deutete mit seinem Zeigefinger in die entsprechende Richtung. ››Die anderen sind dort.‹‹

    ››Wieso gehst du dann nicht einfach zu ihnen?‹‹, wollte ich wissen und rätselte darüber, wer diese anderen waren. Bestimmt gab es noch weitere Personen, denen sich Lars anschließen konnte.

    ››Die sind gefährlich‹‹, antwortete Lars. ››Die wollen mir Böses.‹‹

    ››Kann ich dir irgendwie helfen? Wir könnten doch gemeinsam zu ihnen gehen.‹‹

    ››Das versuche ich schon seit vielen Tagen‹‹, meinte Lars und setzte sich wieder hin, da sein Körper zu zittern begann. ››Ich folge diesem Flackern schon seit unzähligen Tagen. Doch je näher ich ihnen komme, umso mehr scheinen sie sich von mir zu entfernen. Egal wie schnell ich auch renne, sie sind mir immer um eine Horizontlänge voraus.‹‹

    ››Sind deine Eltern auch dort … Bei den anderen?‹‹

    ››Ich denke schon. Jedenfalls sind sie mit den anderen losgezogen, als sie mich hier ausgesetzt haben. Ich bin ganz allein, Manuel. Das macht mir Angst.‹‹

    ››Jetzt bin ich ja bei dir‹‹, meinte ich und setzte mich ganz dicht an Lars heran, sodass er sich an mir wärmen konnte.

    ››Aber auch du wirst wieder gehen, so wie alle anderen vor dir‹‹, sagte Lars und rieb sich die Arme und Beine warm. ››Spätestens wenn der Mond erlischt, wirst auch du wieder von mir gehen.‹‹

    ››Gab es denn schon andere, die deinen Weg kreuzten?‹‹

    ››Unzählige! Aber keiner von ihnen machte sich erst die Mühe, mich anzusprechen. Die übersehen mich einfach, oder wollen nicht mit mir sprechen.‹‹

    ››Das kenne ich nur allzu gut‹‹, meinte ich und legte meinen Arm um Lars Schultern. ››In meiner Welt gibt es auch viele, die mich meiden und nicht mit mir reden wollen. Auch meine Familie ist gemein zu mir, wo sie nur kann …‹‹

    Und am liebsten hätte ich Lars noch mehr von mir und meiner Situation erzählen wollen. Doch der Mond verschwand jählings hinter dem flackernden Horizont und ich spürte eine kalte Hand auf meinem Schulterblatt.

    Kapitel 2

    Es war mein Vater, der mich mahnend daran erinnerte, dass ich aufzustehen hatte. Schon in eineinhalb Stunden sollte mich der Schulbus holen kommen. Meine Güte: eineinhalb Stunden verlorener Zeit, und so viele verlorene Träume.

    Noch immer müde und aus dem Schlaf und meiner Traumwelt gerissen, kroch ich aus dem Bett. Doch es war schon zu einer Gewohnheit geworden, dass mich Vater viel zu früh wach machte, nur um dann mit mir zu streiten. Er war der Meinung, dass auch ich um Punkt 6:00 Uhr aufstehen musste, wenn er sich für die Arbeit zurechtmachte. Dabei war es ihm scheißegal, ob ich noch schlief oder in meiner Traumwelt versunken war.

    Das Erste, was ich stets von ihm zu hören bekam, war nicht etwa ein ››Guten Morgen‹‹, sondern es waren Vorwürfe, warum ich so war, wie ich bin! Ständig konfrontierte er mich damit, dass ich doch endlich erwachsen werden sollte. Ich sollte ein Mann werden und das besser heute als morgen. Dabei war ich noch nicht einmal 14 und hatte gar kein Interesse daran, meine kindliche Welt schon jetzt aufzugeben. Für mich war es kein lohnenswertes Ziel, meinem Vater nachzueifern. Würde ich einst so werden wie er, würde ich es vorziehen, mich lieber umzubringen!

    Was für ein Vorbild saß mir da gegenüber, als ich mit ihm zum Frühstück am Küchentisch saß? Mit jedem seiner gesprochenen Worte blieben mir die trockenen Toastbrotscheiben im Halse stecken. Ich wagte zumeist kein Gegenwort, da diese ohnehin zwecklos waren. Mein Vater war derart von sich selbst überzeugt, dass er sein Handeln nie infrage stellte. Für ihn zählt nur, dass er einen nach ihm geratenen Sohn vorweisen konnte. Ein Produkt, das ihm gelungen war und somit gerne vorzeigte.

    Allzu gern posaunte er damit, wie ähnlich ich ihm doch war. Dabei erwähnte er mit keinem Wort, dass ich gerne malte oder mit großer Vorliebe jedes Buch verschlang, dass ich meine Hände bekam. Ich flüchtete regelrecht in die Welten der dicken Wälzer, die mich mein eigenes Schicksal wenigstens für einige Stunden vergessen ließen. Doch meine Vorlieben blieben besser unausgesprochen.

    Viel interessanter war es, den Betrachtern meine Muskeln und die strammen Waden mit väterlichem Stolz zu präsentieren. Wie gut ich doch in Schuss war und wie schnell ich mich entwickelte. Fast zu schnell für meinen Geschmack.

    Denn die Pubertät hinterließ bereits erste sichtbare Spuren, und nicht nur auf meinem Körper. Wie eine Trophäe der aufkommenden Männlichkeit war einst das Bettlaken mit meinem ersten Samenerguss herumgezeigt und tagelang aufbewahrt worden. Ohne Rücksicht auf meine Scham wurde ich aus meiner kindlichen Welt gerissen. Das oberste Gebot seitdem lautete:

    Werde endlich erwachsen!

    Werde endlich ein Mann! Ein richtiger Mann!

    Das beschäftigte meinen Vater seit dem verhängnisvollen Tag, an dem ich gerade einmal knapp elf Jahre alt war. Von diesem Zeitpunkt an wünschte ich mir, ich hätte nie einen Samenerguss gehabt, hätte nie herausgefunden, dass mein Penis, außer zum Pinkeln, noch für andere Dinge gut war. Aber ich konnte diesem befriedigenden Gefühl nicht länger widerstehen und gab mich beinahe täglich meinen Gelüsten hin. Ich achtete aber darauf, dass ich keine weiteren Spuren mehr hinterließ, die ein Indiz für meine drohende Männlichkeit waren und den Finder in Entzücken versetzten, weil ich doch das Tor zum Erwachsenwerden durchbrochen hatte.

    Nach der morgendlichen Standpauke ging mein Vater seinen Geschäften nach. Wobei er sein Glück darin versuchte, als selbstständiger Hausmeister und Gelegenheitsarbeiter zu bestehen. Diesem Ideal sollte ich also nacheifern – es war mein fremdbestimmtes, vorausgeplantes Ziel. Dabei kamen wir gerade eben so über die Runden, obwohl mein Vater zu mehr fähig wäre.

    Das bewies er einst mit der Entwicklung eines besonderen Bodenbelags für Außenbereiche. Oder sollte ich besser sagen, ihm was als Erster gelungen, verfügbare Substanzen so anzurühren, dass ein besseres Ergebnis zu erzielen war. Darauf war er seither mächtig stolz. Ähnlich stolz, wie auf seinen einzigen Sohn, dessen erster Samenerguss das Gesprächsthema für Tage war. Egal ob in Kneipen, unter Kollegen oder in unserer Familie: Über beides wurde gleichermaßen offen und freizügig gesprochen.

    Meine Empfindungen standen dabei weit zurück und nicht selten wäre ich am liebsten im Erdboden versunken, wegen beider Sachen … Doch statt seine Rezeptur für den Bodenbelag gewinnbringend zu veräußern, klammerte er sich an die Hoffnung, einen riesigen Reibach damit machen zu können, eines Tages …

    Darauf wartete er noch heute!

    Keine Ahnung, wie er mich sah. Ob als Sohn, einen weiteren Mitesser oder als gewinnbringende Investitionen. Das kann ich bis heute nicht beantworten. Aber so liegen noch unzählige Fragen vor mir unbeantwortet auf einem Trümmerfeld aus kindlichen Fantasien und Wünschen, die jeden Jungen erfüllen – und das ganz besonders in der Vorweihnachtszeit.

    Endlich verließ er das Haus und ließ mich ungeschlagen am Küchentisch sitzen. Weder meine Mutter noch meine Schwestern waren von der lauten Diskussion über Sinn und Zweck des Lebens wach geworden. Es war gerade einmal kurz vor 7:00 Uhr. In einer halben Stunde musste ich mich sowieso auf den Schulweg machen. Jetzt war es also zu spät, um sich wieder schlafenzulegen, zu früh jedoch, um laut zu werden. Ich verzog mich auf mein Zimmer, zog den Rollladen hoch und öffnete das Fenster. Ein kalter Luftzug erfasste mich und ich fror am ganzen Körper.

    Da erinnerte ich mich plötzlich an meinen Traum und setzte mich an den Schreibtisch. Dort lag nach wie vor der Malblock aufgeschlagen mit der Zeichnung von gestern Nachmittag. Eigentlich war heute der Abgabetermin für das Bild in der Schule. Somit wollte ich die verbliebende Zeit nutzen, um noch ein Bild zu malen. Ich entfernte das sinnlose Blatt Papier mit den tristen Hügeln und dem schmalen Pfad darauf aus dem Block und wollte es bereits in den Händen zerknüllen und in den Papierkorb werfen. Da sah ich plötzlich den zierlichen Jungen wieder, der mit erhobener Hand am Wegesrand stand. Es sah so aus, als wollte er mir zuwinken.

    Noch gut konnte ich mich daran erinnern, wie er darüber klagte, dass er nichts am Leibe trug und auch keine Behausung hatte. Somit machte ich mich gleich ans Werk und malte dem Jungen eine kleine Hütte mit dem Bleistift. Danach waren seine Kleider dran. Ich gab ihm eine knielange Hose, einen wärmenden Pullover und zudem noch Schuhe. So gut es mir gelang, veränderte ich die Umstände des Jungen, in denen er sich befand. Gleich neben der kleinen Hütte gab es ein wärmendes Lagerfeuer für die Nacht mit ausreichend Holz für die nächsten Tage.

    Ich hätte am liebsten noch weiter an dem Bild arbeiten wollen, doch die Zeit verflog derart schnell, dass ich mich beeilen musste, um noch den Bus zu erwischen.

    In der zweiten Schulstunde stand Kunst auf dem Plan, und alle holten ihre farbenfrohen Werke aus den Schulranzen.

    Ich hatte meines nicht dabei. Viel wichtiger war mir das Wohlergehen von Lars gewesen. Doch Frau Walter, unsere Kunstlehrerin, hätte es bestimmt nicht verstanden, wenn ich ihr jetzt von meinem Traum und dem Jungen aus der letzten Nacht erzählt hätte. Klassenkollegen hätten womöglich auch nur ein spöttisches Lächeln für mich übriggehabt. So schwieg ich darüber und offenbarte Frau Walter stattdessen, dass ich kein Bild über das anstehende Weihnachtsfest gemalt hatte. Auf ihre Frage, warum ich denn keines gemalt hätte, obwohl sie doch wusste, dass Malen eines meiner Lieblingsbeschäftigungen war – und das nicht nur im Kunstunterricht –, zuckte ich mit den Schultern.

    Ich wusste mir in dieser Situation keinen besseren Rat, als sie treudoof anzublicken und zu hoffen, dass sie nochmals Gnade mit mir hatte. Denn es war schon das zweite Bild in Folge, das ich nicht rechtzeitig abgegeben hatte. Frau Walter trat an meinen Tisch heran, klopfte mir auf die Schultern und meinte anschließend: ››Weil es in einer Woche Weihnachtsferien gibt, will ich dir das noch einmal nachsehen. Du kannst dann in den Ferien ein Bild malen mit dem Thema, was du in deinen Ferien erlebt hast. Solltest du dieses Bild aber wieder nicht abgeben, so muss ich dir leider eine 6 geben.‹‹

    ››Ich werde Ihnen ein wunderschönes Bild malen‹‹, sagte ich leise und schaute währenddessen verlegen auf meine Tischplatte. ››Ich habe da schon eine Idee, die Ihnen bestimmt gefallen wird.‹‹ Dass ich allerdings keinen blassen Schimmer hatte, was ich ihr nach den Ferien präsentieren wollte, behielt ich besser für mich.

    In meinem Zimmer gab es eine Mappe mit Bildern und Zeichnungen, die ich in den letzten Wochen und Monaten gemalt hatte. Vielleicht wäre eines dieser Bilder geeignet, dass ich nur noch fertigstellen müsste. Denn Bilder, auf denen ich tolle Sachen erlebte, malte ich zuhauf; auch wenn diese niemals so geschehen waren. Sie waren vielmehr ein Sammelsurium meiner größten Wünsche und Hoffnungen – gemalt aus reinster Verzweiflung!

    Das meine Familie in den Urlaub fuhr, war schon lange her, jedenfalls der, bei dem sich mich auch mitgenommen hatten. Vor fast vier Jahren waren wir das letzte Mal gemeinsam in den Urlaub gefahren. An die Ostsee, um genau zu sein. Im darauffolgenden Urlaub hatten sie mich einfach bei Oma abgeladen, weil sie mich nicht dabeihaben wollten. Das war dann auch der Zeitpunkt gewesen, als ich damit begann, so viele Bilder zu malen.

    Und längst nicht alle Bilder waren für fremde Augen bestimmt.

    Es gab immer häufiger auch Bilder, die in einem blutigen Gemetzel endeten, um es mal vorsichtig zu umschreiben. Auf die unterschiedlichsten Arten rächte ich mich so bei meinem Vater für das, was er mir tagtäglich antat. Oft nur mit einem roten Stift dahin geschmiert, hackte ich ihm seine Hände und Füße ab, oder stopfte ihn in den Gartenhäcksler hinter dem Haus.

    Was passiert wäre, wenn er diese Bilder je gesehen hätte, wollte ich gar nicht wissen. Deshalb hielt ich diese auch versteckt in meiner Mappe. Das wäre der letzte Ort, an dem mein Vater nachsehen würde. Schließlich konnte er mit meinen Neigungen und Vorlieben so rein gar nichts anfangen. Wenn es um Fußball oder sonstige Männerthemen ging, ja da war er immer Feuer und Flamme. Aber meine Hobbys, meine Verlangen, die interessierten ihn einfach nicht. Die waren ihm sogar ein Dorn im Auge.

    Viel lieber hätte er mich auf dem Fußballplatz Tore schießen sehen, statt dass ich mich für andere Dinge interessierte. Dinge, die ihm größtenteils sogar peinlich waren. Behandelte er mich deshalb so gering schätzend? Wie sollte ich das aber herausfinden, wenn wir nie darüber sprachen?

    Schon im Ansatz erstickte er alle Fragen, die ich zu diesen Themen hatte. Ein richtiges Gespräch von Mann zu Mann war gar nicht erst möglich, obwohl ich mich so sehr nach einem Vater-Sohn-Gespräch gesehnt hätte – auch heute noch!

    Die letzten beiden Schulstunden fielen aus. Was für ein Glückstag! Somit hatte ich noch genügend Zeit, nach der Schule durch die Innenstadt zu schlendern. Schon vor Wochen waren die Straßen in buntes Licht getaucht worden und überall gab es mächtig viel zu sehen. An den gigantischen Schaufenstern drückte ich mir regelrecht die Nase platt. Und erst die vielen Düfte, die von den Marktständen in meine Nase strömten. Da gab es Anisplätzchen zu probieren und auch Lebkuchen und gebrannte Mandeln.

    Dennis, der mit mir durch die Straßen zog, spendierte mir einen kandidierten Apfel. Denn ich war mal wieder pleite. Doch auch ohne Geld konnten wir uns bestens in der Stadt amüsieren. Wer weiß, wann ich mal wieder ein Taschengeld bekommen sollte? In diesem Jahr wahrscheinlich nicht mehr. Und dabei wollte ich meiner Familie doch noch Geschenke kaufen, ja selbst für meinen Vater hatte ich etwas im Auge, was ich ihm schenken wollte. Ich konnte nicht einmal sagen, ob ich ihn nur deshalb beschenken wollte, weil es Weihnachten war und es somit einfach dazugehörte – irgendwie – oder weil ich ihm damit zeigen wollte, dass noch ein Rest Liebe in mir vorhanden war.

    Mein Vater war mir jedenfalls nicht gleichgültig. Nicht zu dieser Zeit. Doch bis zum Fest war es ja noch eine Weile hin. Irgendwie ließ sich für Geschenke immer Geld auftreiben. Darin war ich schon geübt. Ich ließ mir aber nicht die Laune verderben und genoss die kurze, freie Zeit, die wir hatten.

    Pünktlich um 13:00 Uhr nahm ich dann die Straßenbahn nach Hause, niemand sollte davon erfahren, wie gut es mir in den

    Enjoying the preview?
    Page 1 of 1